Saarländisches OLG, Beschluss vom 09.10.2007 - 5 W 253/07 - 85
Fundstelle
openJur 2010, 2177
  • Rkr:

Ein Sachverständiger kann bereits im selbständigen Beweisverfahren abgelehnt werden. Unterlässt eine Partei die Ablehnung, ist die spätere Ablehnung im Hauptprozess regelmäßig verspätet.

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 10.09.2007 (2 O 93/07) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 10.096,67 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Zwischen denParteien war vor dem Landgericht Saarbrücken unter dem Aktenzeichen 2 OH 10/06 ein selbstständiges Beweisverfahren bezüglich behaupteter Baumängel anhängig. In diesem Verfahren wurde der Sachverständige Dipl.-Ing. B. W. mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt, welches er unter dem 08.01.2007 fertig stellte.

Im vorliegenden Rechtsstreit machen die Kläger auf der Grundlage dieser gutachterlichen Feststellungen Schadensersatz geltend.

Die Beklagte hat den Sachverständigen in der am 28.06.2007 eingegangen Klageerwiderung wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Sie hat zur Begründung ausgeführt, der Sachverständige habe einen Herrn R. von der Fa. G. S. als Gehilfen eingeschaltet. Die Beklagte sei aber mit dessen Hinzuziehung nicht einverstanden gewesen, da zwischen ihr und der Fa. S. bzw. Herrn R. massive Probleme bzw. Streitigkeiten bestanden hätten, so dass ein negativer Ausgang zu Lasten der Beklagten regelrecht zu erwarten gewesen sei. Darauf sei der Sachverständige bei der Ortsbesichtigung hingewiesen worden. Außerdem habe der Sachverständige mit Schreiben vom 30.10.2001 den Parteien die Einschaltung der Fa. S. lediglich zur Kenntnis gegeben, sie jedoch nicht um ihr Einverständnis gebeten.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 10.09.2007 hat das Landgericht den Befangenheitsantrag zurückgewiesen, da dieser nicht innerhalb der Frist des § 406 Abs. 2 ZPO gestellt worden sei.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 11.09.2007, in der auf die Gründe des zurückgewiesenen Antrags Bezug genommen wird.II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 406 Abs. 5 ZPO statthaft und innerhalb der Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Ablehnungsantrag nicht innerhalb der Frist des § 406 Abs. 2 ZPO gestellt wurde.

Die Ablehnung eines Sachverständigen ist bereits im selbstständigen Beweisverfahren möglich. Erfolgt sie erst im nachfolgenden Hauptprozess, so ist sie daher regelmäßig gemäß § 406 Abs. 2 ZPO verspätet, wenn die ablehnende Partei nicht ohne Verschulden gehindert war, die Ablehnung bereits im selbstständigen Beweisverfahren geltend zu machen (vgl. OLG Köln, VersR 1993, 1502; Stein/Jonas-Leipold, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 22. Auflage, § 406 ZPO, Rdnr. 51).

Im vorliegenden Fall hätte die Beklagte den Sachverständigen bereits im selbstständigen Beweisverfahren ablehnen können. Zwar hatte sie von dem geltend gemachten Ablehnungsgrund, nämlich der Hinzuziehung der Fa. G. S. bzw. des Mitarbeiters R., nicht schon innerhalb von zwei Wochen nach der Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen Kenntnis. Jedoch hat die Beklagte nicht in Abrede gestellt, dass ihr der Sachverständige die Zuziehung der Fa. S. mit Schreiben vom 30.10.2006 mitgeteilt hatte. Die Beklagte hat darüber hinaus selbst vorgetragen, dass sie bei dem Ortstermin am 08.11.2006 den Sachverständigen auf die behaupteten Streitigkeiten mit dieser Firma und dem im Termin anwesenden Herrn R. aufmerksam gemacht habe, woraufhin der Sachverständige die Begutachtung unter Beteiligung von Herrn R. fortgesetzt habe. Somit aber war der Beklagten der für ihren Ablehnungsantrag maßgebliche Sachverhalt spätestens am 08.11.2006 bekannt. Sie hätte bis zur Erstellung des Gutachtens am 08.01.2007 ausreichend Zeit gehabt, den Sachverständigen abzulehnen. Dass sie dies nicht getan hat, beruht auf Fahrlässigkeit.

Die Beklagte kann daher den Sachverständigen im Hauptprozess nicht mehr ablehnen.

Im Übrigen besteht auch der Sache nach kein Ablehnungsgrund. Der Sachverständige hat den Parteien die Hinzuziehung der Fa. S. zum einen rechtzeitig mitgeteilt, was nur dahingehend ausgelegt werden kann, dass ihnen Gelegenheit gegeben werden sollte, Einwände geltend zu machen. Dies ist seitens der Beklagten nicht geschehen. Auf den Vorhalt während des Ortstermins hat der Sachverständige die Begutachtung nur deshalb fortgesetzt, weil die Bauteilöffnung bereits am Vortag vorgenommen worden und eine Verschiebung daher nicht mehr möglich war. Im Übrigen hat der Sachverständige darauf hingewiesen, dass alle von Herrn R. ermittelten Ergebnisse von einem anderen Bodengutachter überprüft werden könnten. Er hat hierdurch gerade seine Neutralität und Unvoreingenommenheit unter Beweis gestellt. Dass er erst während des Ortstermins über die Bedenken der Beklagten informiert wurde, hat nicht der Sachverständige, sondern die Beklagte zu vertreten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens war auf ein Drittel des Streitwerts der Hauptsache festzusetzen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.12.2003, II ZB 32/03, AGS 2004, 159; Senat, Beschl. v. 12.06.2006, 5 W 98/06 – 35; OLGR Koblenz 2005, 466; OLGR Düsseldorf 2004, 372).

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts nicht erfordert (§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 u. 2 ZPO).

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