OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25.07.2012 - 7 KE 1/11
Fundstelle
openJur 2012, 136522
  • Rkr:

Die Angemessenheit der Dauer eines gerichtlichen Verfahrens richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und der Bedeutung für den Kläger sowie des Verhaltens der Verfahrensbeteiligten.

Eine lediglich pauschalisierte zeitliche Würdigung der Dauer des Gesamtverfahrens reicht nicht aus; vielmehr muss eine konkrete Betrachtung einzelner Verfahrensabschnitte erfolgen.

Die Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zum Abschluss zu bringen, ergibt sich aus der ihm gemäß Art. 2 Abs.1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG bzw. Art. 6 Abs. 1 EMRK obliegenden Justizgewährleistungspflicht.

Das Bestehen von Entschädigungsansprüchen gegen den Staat gem. § 198 GVG setzt kein individuelles schuldhaftes Fehlverhalten einzelner Richterinnen oder Richter voraus.

Der Entschädigungsanspruch gem. § 198 Abs. 1 S. 1 GVG ist nicht einem Schadenersatzanspruch gem. § 249 BGB gleichzustellen.

Die Gewährung einer Entschädigung für immaterielle Nachteile gem. § 198 Abs. 2 GVG kann gem. § 198 Abs. 2 S. 2, Abs. 4 GVG ausgeschlossen sein, wenn die Feststellung der Verfahrensverzögerung allein eine hinreichende Entschädigung darstellt.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in ihrem erstinstanzlichen Gerichtsverfahren gegen die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) vor dem Verwaltungsgericht Halle (5 A 221/09 HAL) in Anspruch.

Gegenstand des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Halle war folgender:

Die Klägerin steht als Polizeiobermeisterin im Polizeidienst des Landes Sachsen-Anhalt. Bis zum (...) März 2007 wurde sie in der Revierstation A. des Polizeireviers W. verwendet. Mit Verfügung vom 21. März 2007 setzte die zuständige Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) die Klägerin mit Wirkung vom (..) März 2007 zum Revierkommissariat G. um. Hintergrund dieser Entscheidung war ein angeblich gestörtes Vertrauensverhältnis aufgrund von der Klägerin im Dienst vermeintlich geführter Privattelefonate.

Der von der Klägerin gegen die Umsetzungsverfügung vom 21. März 2007 zunächst vor dem Verwaltungsgericht Dessau-Rosslau (1 A 158/07 DE) geführte Rechtsstreit wurde nach beidseitiger Erledigungserklärung aufgrund einer Zusage der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) durch Einstellungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. August 2008 (1 L 165/07) beendet. Darin wurden die Kosten des gesamten Verfahrens der Polizeidirektion mit der Begründung auferlegt, ein sachlicher Grund für deren Umsetzungsverfügung dürfte nicht vorgelegen haben. Denn allein der Vorwurf, die Klägerin habe private Telefongespräche unrichtig abgerechnet, dürfte die Annahme einer erheblichen Störung des Dienstbetriebes nicht rechtfertigen. Bereits mit Schreiben vom 22. Juli 2008 teilte die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) der Klägerin mit, dass ihr Einsatz im Revierkommissariat G. nunmehr bis zum 31. Dezember 2008 befristet und sie zum 01. Januar 2009 wieder in der Revierstation A. eingesetzt werde. Demgegenüber beschied die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) die Klägerin mit weiterem Schreiben vom 18. Dezember 2008, dass sie "entgegen meines Schreibens vom 22.07.2008 aus dienstlichen Gründen" ab dem 1. Januar 2009 weiter im Revierkommissariat G. eingesetzt werde. Der dagegen gerichtete Widerspruch vom 13. Februar 2009 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2009 zurückgewiesen.

Mit ihrer bei dem Verwaltungsgericht Halle am 8. Juni 2009 eingegangenen Klage (5 A 221/09 HAL) begehrte die Klägerin die Verpflichtung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...), sie wieder in den Dienstposten einer Sachbearbeiterin Einsatz in der Revierstation A. einzuweisen. Bereits in der Klageschrift erklärte sich die Klägerin mit der Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter "im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens" einverstanden. Am 9. Juni 2009 verfügte der Vorsitzende der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Halle die Zustellung der Klage an die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...); zugleich hörte er die Polizeidirektion wegen einer evtl. Übertragung auf den Einzelrichter gem. § 6 VwGO an. Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2009 erwiderte die Polizeidirektion auf die Klage und beantragte Klageabweisung; Bedenken gegen eine Einzelrichter-Übertragung wurden nicht erhoben. Mit Schriftsatz vom 12. August 2009 nahm die Klägerin zur Klageerwiderung Stellung; auf jenen Schriftsatz replizierte die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) mit Schriftsatz vom 24. August 2009. Dem folgte der - abschließende - Schriftsatz der Klägerin vom 18. September 2009, welcher dem Vorsitzenden am 25. September 2009 vorgelegt wurde. Dieser verfügte (lediglich) die Weiterleitung des Schriftsatzes an die Gegenseite.

Bereits am 10. September 2009 hatte der Vorsitzende verfügt: "Wiedervorlage 3 Monate"; bei dieser Verfügung blieb es, so dass ihm die Gerichtsakte am 10. Dezember 2009 wieder vorgelegt wurde. Am 11. Dezember 2009 verfügte der Vorsitzende sodann: "Wiedervorlage auf Abruf". Aus den Gerichtsakten ergibt sich nicht, wann diese dem Vorsitzenden wieder vorgelegt worden sind; jedenfalls verfügte er am 16. September 2010 die Ladung zur mündlichen Verhandlung auf den 24. November 2010.

Am 12. November 2010 hob die stellvertretende Kammervorsitzende den Verhandlungstermin "wegen Erkrankung des Berichterstatters" auf und bestimmte einen neuen Termin von Amts wegen. Als ihr die Gerichtsakten am 13. Dezember 2010 wieder vorgelegt wurden, verfügte sie am 13. Dezember 2010 sowie erneut am 12. Januar 2011 jeweils: "Wiedervorlage 1 Monat". Am 14. Februar 2011 wurde die Gerichtsakte dem Vorsitzenden vorgelegt, der am 16. Februar 2011 verfügte: "Wiedervorlage auf Abruf". Am 12. April 2011 schließlich veranlasste der Vorsitzende die (erneute) Ladung des Verfahrens zur mündlichen Verhandlung am 22. Juni 2011.

In der mündlichen Verhandlung vor der 5. Kammer am 22. Juni 2011 gab das Gericht zu verstehen, dass sich die angefochtenen Bescheide voraussichtlich als rechtswidrig erwiesen, denn es fehle an dem für eine Um-/Versetzung erforderlichen Vorliegen von Tatsachen zu etwaigen dienstlichen Spannungen. Auf diesen Hinweis des Gerichts hob die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) sogleich die streitgegenständlichen Bescheide auf. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten wurde das Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung durch Beschluss eingestellt; die Kosten des Verfahrens wurden in dem Beschluss der Polizeidirektion auferlegt.

Mit ihrer am 22. Dezember 2011 bei dem Oberverwaltungsgericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Bewilligung einer Entschädigung gemäß §§ 198 ff. GVG wegen der ihrer Ansicht nach unangemessenen Verfahrensdauer des Ausgangsverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Halle, und zwar sowohl für den von ihr geltend gemachten materiellen Schaden als auch unter dem Gesichtspunkt des Ausgleichs für den von ihr zugleich geltend gemachten Nichtvermögensnachteil. Zur Begründung der Entschädigungsklage trägt die Klägerin - zusammengefasst - wie folgt vor:

Die Verfahrensdauer in dem Hauptsacheverfahren 5 A 221/09 HAL sei unangemessen lang gewesen. Hinsichtlich einer Definition der angemessenen Verfahrensdauer sei dabei nicht von der für das Jahr 2010 maßgeblichen durchschnittlichen Verfahrensdauer eines Hauptsacheverfahrens vor den Verwaltungsgerichten mit 11,1 Monaten auszugehen, wie sich diese aus den Veröffentlichungen des statistischen Bundesamtes ergebe. Es erscheine vielmehr gerechtfertigt, die Verfahrensdauer "offenbar hinlänglich ausgestatteter Zivilgerichte" zum Maßstab zu nehmen und die durchschnittliche Verfahrensdauer vor den Amtsgerichten zugrunde zu legen, welche im Jahr 2010 5,9 Monate betragen habe.

Die fachliche Spezialisierung der Verwaltungsrichter auf bestimmte Rechtsgebiete, die Prüfung eines "regelmäßig feststehenden und weitgehend unstreitigen Sachverhalts" sowie der sich aus § 86 VwGO ergebende Untersuchungsgrundsatz mit dem Verbot der "ungefragten Fehlersuche" spreche dafür, dass die Verwaltungsgerichte einen deutlich geringeren rechtlichen Prüfungsrahmen zu absolvieren hätten als die Zivilgerichte. Es scheine daher angemessen, die regelmäßige Dauer eines Verwaltungsverfahrens, entsprechende personelle und sachliche Ausstattung unterstellt, mit 5 bis 6 Monaten zu veranschlagen. Bei einer Verfahrensdauer von 12 Monaten liege demzufolge angesichts einer gebotenen Regelbearbeitungszeit von 6 Monaten bereits eine Verdoppelung der Verfahrensdauer vor, ab deren Überschreitung eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens angenommen werden könne. Die Klägerin gehe danach von einer unangemessenen Verfahrensdauer ab einem Jahr seit Klageerhebung, mithin seit dem 9. Juni 2010 aus.

Zur Begründung des geltend gemachten Vermögensschadens macht die Klägerin den durch die "Fahrtmehraufwendung" entstandenen Abnutzungsschaden an ihrem privaten Pkw sowie die Aufwendungen für die zurückgelegte Wegstrecke von ihrem Wohnort A-Stadt und dem Dienstort in G. geltend. Für die Klägerin ergibt sich danach folgende Rechnung:

Der einfache Fahrtweg zwischen ihrer Wohnung und dem Dienstort A. betrage 6 km, derjenige zwischen ihrer Wohnung und dem Dienstort G. 36 km; demzufolge ergebe sich pro Arbeitstag ein Fahrtmehraufwand von 60 km. Auf der Basis der Rechtsprechung des OLG Celle sei für ihren Privat-Pkw Peugeot "Bipper" ein Wertminderungsschaden von 0,15 € je gefahrenen Mehrkilometer anzusetzen. Ausgehend von dem Zeitraum einer Verfahrensverzögerung vom 9. Juni 2010 bis zur Zustellung des Einstellungsbeschlusses am 28. Juni 2011 ergebe sich eine - durch Monatsnachweise belegte - Summe von 178 Arbeitstagen in G., welche zu einem Kilometermehraufwand von insgesamt 10.680 km und demzufolge zu einem Wertminderungsschaden von 1.602,00 € geführt hätten.

Daneben macht die Klägerin für den vorgenannten Zeitraum für jeden der von ihr geltend gemachten Mehrkilometer einen pauschalierten Betrag von 0,21 €/km für anteilig aufgewendete Kosten für Versicherung, Dieselverbrauch, Kfz-Steuer und Wartung in einer Gesamthöhe von 2.242,80 € geltend. Insoweit bringt sie indes - aufgrund des Hinweises des Senats - einen Betrag in Höhe von 403,13 € in Abzug, welcher ihr im Wege der Steuerrückerstattung unter dem Gesichtspunkt der Werbungskosten zufließe.

Zudem erhebt die Klägerin wegen eines Nachteils, welcher nicht Vermögensnachteil sei, einen zusätzlichen Entschädigungsanspruch, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts stellt. Zur Begründung führt sie aus, sie habe an jedem Arbeitstag 60 km mehr Wegstrecke zurücklegen müssen, was nicht nur zu einem Verschleiß an ihrem Pkw, sondern auch zu einer erheblichen Freizeiteinbuße geführt habe, die für die einfache Wegstrecke zwischen 30 und 45 Minuten in Ansatz zu bringen sein dürfte. Diese Freizeiteinbuße stelle einen Nachteil dar, welcher nicht als Vermögensnachteil zu klassifizieren sei.

Nachdem die Klägerin die Klage in Höhe eines Betrages von 403,13 € zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr:

1.Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 3.441,67 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2.Der Beklagte wird zudem verurteilt, an die Klägerin eine angemessene Entschädigung - deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, welche jedoch 1.200,00 € nicht unterschreiten sollte - zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3.Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei verpflichtet ist, auf die von der klägerischen Partei gezahlten Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage insgesamt abzuweisen.

Er ist der Auffassung, die von der Klägerin geltend gemachten Entschädigungsansprüche seien von vornherein nicht gegeben, denn das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Halle - 5 A 221/09 HAL - habe nicht ungemessen lang i. S. d. §§ 173 VwGO, 198 Abs. 1 GVG gedauert. Jedenfalls rechtfertige die angeblich unangemessene Verfahrensdauer keinen Ausgleich der behaupteten materiellen und immateriellen Nachteile.

Die unangemessene Dauer eines Gerichtsverfahrens sei zentrale Tatbestandsvoraussetzung für einen Entschädigungsanspruch gemäß § 198 GVG. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richte sich gemäß §§ 173 VwGO, 198 Abs. 1 GVG nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten sowie Dritter. Dieser unbestimmte Rechtsbegriff sei inhaltlich mit der Gewährleistung des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG bzw. derjenigen des Art. 6 Abs. 1 EMRK auszufüllen. Dementsprechend knüpfe der Wortlaut des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG an die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des EGMR an.

Die formelhafte Feststellung durch die Klägerin, dass die durchschnittliche Verfahrensdauer überschritten worden sei, könne nicht überzeugen. Die insgesamt zweijährige Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgericht Halle sei nicht erkennbar zu lang und deshalb hinnehmbar. Der Prozess sei nicht verzögert worden; aus der Verfahrensakte ergebe sich ein normaler Geschäftsgang. Die Absage der ersten mündlichen Verhandlung aufgrund der Erkrankung des Berichterstatters habe zu einer kurzfristigen, unvorhersehbaren Verzögerung geführt, welche nicht zu Lasten des Staates gehen könne, da eine solch kurzfristige, unvorhersehbare Erkrankung nicht auf strukturelle Fehler und Mängel innerhalb organisatorischer Einheiten zurückzuführen sei. Dem Rechtsschutzanspruch des Art. 19 Abs. 4 GG sei dadurch Rechnung getragen worden, dass eine Vertreterin tätig geworden sei. Krankheit sei im Übrigen durch den EGMR (Urteil vom 16. Juli 2009 - 8453/04 -) als "force majeur" anerkannt worden, wenn der Fall nicht zu lange liegen bleibe; so sei es hier.

Dem Gericht müsse ein angemessener Zeitraum eingeräumt werden, um sich über die Sach- und Rechtslage ein Bild machen zu können, Literatur und Rechtsprechung zu studieren und sich eine Meinung darüber zu bilden, ob weitere Anordnungen erforderlich seien. Zudem sei zu bedenken, dass Richter eine Vielzahl von Verfahren zu bearbeiten hätten; im Übrigen gebe es in der Regel ältere Verfahren, die schon aus diesem Grund vorrangig zu terminieren seien. Es sei kein Grund vorgetragen worden, warum das Verfahren der Klägerin hätte vorgezogen werden müssen. Aus der Verfahrensakte ergebe sich auch nicht, dass sie sich um eine Beschleunigung des Verfahrens bemüht oder sich nach dem Sachstand erkundigt hätte.

Die Erkrankung eines Richters stelle einen sachlichen Grund dar, welcher eine Verzögerung rechtfertige. Es handele sich um einen Umstand des Einzelfalls i. S. d. § 198 Abs. 1 GVG. Zwar folge aus Art. 19 Abs. 4 GG, dass organisatorische Maßnahmen ergriffen werden müssten, um im Krankheitsfall eines Richters den Rechtschutzanspruch des Bürgers sicher zu stellen. Dies bedeute aber nicht, dass ein Richter zur Verfügung stehen müsste, um den Ausfall von Kollegen vollständig, vor allem ohne Zeitverlust kompensieren zu können. Erkrankungen könnten also nicht ausnahmslos ohne Verzögerung der Verfahrensdauer aufgefangen werden. Dies sei hinzunehmen und begründe noch keine Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz.

Dem zuständigen Richter habe die Verfahrensakte nach seiner Rückkehr am 14. Februar 2011 wieder vorgelegen; er habe einen neuen freien Termin für die mündliche Verhandlung am 22. Juni 2011 finden müssen. Eine unangemessene Verzögerung begründe dies nicht.

Weil das Verfahren danach nicht unangemessen lang gedauert habe, bestehe schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Entschädigung nach § 198 Abs. 1 GVG. Lediglich hilfsweise werde geltend gemacht, dass die Klägerin keinen materiellen oder immateriellen Nachteil vorgetragen habe, für welchen ihr ein Ausgleich gemäß § 198 Abs. 1 GVG gezahlt werden müsse.

Der Anspruch auf eine angemessene Entschädigung nach § 198 Abs. 1 GVG sei nicht auf eine vollständige Kompensation aller materiellen Nachteile nach der Differenzhypothese des allgemeinen verschuldensabhängigen Schadenersatzrechtes gerichtet. Der Gesetzgeber habe es als ausreichend erachtet, für immaterielle und materielle Nachteile lediglich einen angemessenen Ausgleich zu gewähren; damit werde dieser Anspruch im Vergleich zum Ersatzumfang bei Amtspflichtverletzungen sachgerecht abgestuft. Der Ausgleichsanspruch sei in der Regel niedriger als ein Schadenersatzanspruch und als Billigkeitsentschädigung grundsätzlich nach den Grundsätzen der Enteignungsentschädigung zu bemessen. Ein eingetretener Substanzverlust könne nur ausgeglichen, aber nicht vollständig ersetzt werden; ein entgangener Gewinn sei überhaupt nicht ausgleichsfähig. Bei der Bemessung einer Entschädigung müsse daher - ähnlich wie in den Fällen des enteignungsgleichen Eingriffs und der Aufopferung - neben der Höhe des entstandenen Schadens berücksichtigt werden, wie schwerwiegend die Verzögerung war und ob die Schäden unmittelbar oder lediglich mittelbar durch die Verzögerung verursacht worden sind.

Hiernach könne der von der Klägerin geltend gemachte Schaden nicht im Rahmen des begehrten angemessenen Ausgleichs berücksichtigt werden. Die Wertminderung am Fahrzeug sowie die anteiligen Aufwendungen für Versicherung, Kraftstoff usw. seien schon nicht unmittelbar durch die vermeintliche Verzögerung des Rechtsstreits verursacht. Überdies müsse sich die Klägerin zurechnen lassen, dass sie sowohl nach dem letzten Parteivortrag als auch nach der Aufhebung der ersten Terminierung nichts für eine Beschleunigung des Verfahrens unternommen habe. Diese Untätigkeit deute zumindest darauf hin, dass die scheinbare Verzögerung für die Klägerin nicht sehr schwerwiegend gewesen sei; dies sei bei der Bemessung der Ausgleichshöhe zu berücksichtigen.

Im Übrigen begegneten die als materielle Nachteile dargestellten Aufwendungen der Klägerin erheblichen Zweifeln. Die Annahme einer pauschalen Wertminderung von 15 Cent/km ohne Rücksicht auf Fahrzeugart, Alter des Kfz, bereits vorhandene Abnutzung, Wiederverkaufswert und ähnliche Aspekte sei nicht nachvollziehbar. Einen ausgleichsfähigen Substanzverlust habe die Klägerin damit nicht dargelegt. Auch die weiteren 21 Cent/km wegen anteiliger Aufwendungen für Versicherung, Kraftstoff, Kfz-Steuer und Wartung seien nicht nachvollziehbar dargestellt. Die von der Klägerin vorgelegte Berechnung lasse nicht erkennen, auf welchem Berechnungsmodus und auf welcher Datenbasis sie die Unterhaltskosten eines Fahrzeugs berechne. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die Aufwendungen für Kfz-Steuer, Versicherung und Wartung ohnehin anfielen; es handele sich also nicht um einen Substanzverlust aufgrund der vorgeblich unangemessenen Verfahrensdauer.

Ein immaterieller Ersatzanspruch bestehe schon von vornherein nicht. Zwar werde ein immaterieller Schaden gemäß § 173 VwGO i. V. m. § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG grundsätzlich vermutet; diese Vermutung könne hier aber als widerlegt angesehen werden. Eine etwaige psychische Belastung der Klägerin aufgrund der überlangen Verfahrensdauer sei nicht erkennbar.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Die gemäß Art. 23 Satz 1 2. Alt. i. V. m. Satz 5 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011 (BGBl. S. 2302 ff.) auch ohne vorherige Erhebung einer Verzögerungsrüge statthafte Entschädigungsklage, über welche der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist auch hinsichtlich der Klageerweiterung sowie der Klageänderung zulässig, indes nur teilweise begründet:

1. Zunächst ist unproblematisch, dass es sich bei dem hier zugrunde liegenden Ausgangsrechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Halle (5 A 221/09) um ein Gerichtsverfahren gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG handelt und die Klägerin als Verfahrensbeteiligte anzusehen ist.

2. Es ist davon auszugehen, dass das Gerichtsverfahren vor dem Verwaltungsgericht Halle insgesamt unangemessen lang angedauert hat i. S. d. § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG.

Nach der Legaldefinition des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG, welche wiederum auf den Vorgaben der Rechtsprechung des EGMR und des Bundesverfassungsgerichts beruht (vgl. hierzu etwa die Darstellungen von Althammer/Schäuble, NJW 2012, S. 1 ff., von Schenke, NVwZ 2012, S. S. 257 ff. sowie von Guckelberger, DÖV 2012, S. 279 ff.), gibt es keine gesetzlich definierte Grenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer; vielmehr hat der Gesetzgeber insoweit ausdrücklich von einer "Fristenlösung" abgesehen, weil sie der Vielfältigkeit prozessualer Situationen nicht gerecht würde (vgl. Steinbeiß-Winkelmann, ZRP 2010, S. 205 ff.).

Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG "nach den Umständen des Einzelfalls" (so auch der wörtlich oder sinngemäß immer wieder verwendete Einführungssatz des EGMR, etwa in seiner für den deutschen Gesetzgeber maßgeblichen Pilotentscheidung vom 2. September 2010 in dem Verfahren Rumpf/Bundesrepublik Deutschland, Nr. 46344/06). Dabei ist insbesondere auf die Schwierigkeit und die Bedeutung des Verfahrens sowie auf das Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter abzustellen. Der unbestimmte Rechtsbegriff der "unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens" ist inhaltlich mit dem Justizgewährungsanspruch des Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG bzw. dem Anspruch auf Rechtsschutz innerhalb angemessener Zeit gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK auszufüllen. Die Verfahrensdauer ist als unangemessen anzusehen, wenn eine Abwägung aller Umstände ergibt, dass die aus den genannten Normen folgende Verpflichtung des Staates, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen, verletzt ist (vgl. hierzu etwa Althammer/Schäuble, a. a. O., S. 2).

Im Rahmen der Prüfung der Schwierigkeit des Falles (vom EGMR als "complexity of the case" bezeichnet) sind sowohl rechtliche als auch tatsächliche Erschwernisse zu berücksichtigen, mithin etwa die Wichtigkeit und Sensibilität der zu beantwortenden rechtlichen Fragen und die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Sorgfalt der gerichtlichen Prüfung und Untersuchung. Von Bedeutung sind der Umfang der gebotenen Anhörungen, das Ausmaß an erforderlicher Tatsachenaufklärung sowie das Erfordernis der Einholung von Sachverständigengutachten (EGMR, Entscheidung vom 25. September 2007, Nr. 71475/01, Rdnr. 172). Der EGMR unterscheidet hinsichtlich der Komplexität eines Falles 5 Kategorien in folgender Abstufung:

1. nicht sonderlich bzw. besonders komplex ("not particularly complex")

(EGMR, Entscheidung vom 30. Juni 2011, Nr. 11811/10, Rdnr. 28; Entscheidung vom 26. März 2009, Nr. 7369/04, Rdnr. 31)

2. gewisse sachliche und/oder rechtliche Komplexität ("certain ... complexity")

(EGMR, Entscheidung vom 10. Februar 2011, Nr. 1521/06, Rdnr. 65)

3. ziemlich komplexe Sach- und Rechtsfragen bzw. erhebliche Komplexität ("considerable complexity")

(EGMR, Entscheidung vom 29. Juni 2010, Nr. 29035/06, Rdnr. 56; Entscheidung vom 11. Januar 2007, Nr. 20027/02, Rdnr. 76; Entscheidung vom 26. März 2009, Nr. 20271/05, Rdnr. 64)

4. sehr komplex ("very complex")

(EGMR, Entscheidung vom 25. September 2007, Nr. 71475/01, Rdnr. 172:

Sorgerechtsverfahren)

5. sehr große Komplexität der Sache ("great complexity of the case")

(EGMR, Entscheidung vom 2. März 2005, Nr. 71916/01 u. a., Rdnr. 131: Bodenreformgesetz).

Unter Zugrundelegung der vorgenannten Abstufung ist der hier maßgebliche Ausgangsrechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Halle ohne weiteres der erstgenannten Kategorie "nicht sonderlich bzw. nicht besonders komplex" zuzuordnen. Es ging ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die beklagte Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) verpflichtet war, der Klägerin wieder einen Dienstposten in der Revierstation A. zuzuweisen. Dabei war zu berücksichtigen, dass die zunächst streitige Ausgangsfrage, ob die Polizeidirektion die Klägerin überhaupt zum Revierkommissariat G. hatte umsetzen dürfen, bereits in dem Einstellungsbeschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 1. August 2008 (1 L 165/07) in dem Sinne beantwortet worden war, dass sich die Umsetzung der Klägerin - jedenfalls mit der hierfür gegebenen Begründung der Annahme einer erheblichen Störung des Betriebsfriedens - als rechtswidrig erweisen dürfte.

Der Streitgegenstand des hier zugrunde liegenden Ausgangsverfahrens bezog sich (ausschließlich) darauf, ob die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) - entgegen ihrer ausdrücklichen Zusage, die Klägerin ab dem 01. Januar 2009 wieder in der Revierstation A. zu beschäftigen - diese weiterhin dem Revierkommissariat G. zuweisen durfte. Offensichtlich hat der Vorsitzende der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Halle bei Klageeingang den Rechtsstreit seinerseits nicht als besonders schwierig angesehen, denn er hat bereits mit seiner Eingangsverfügung das Einverständnis der Polizeidirektion mit einer Entscheidung durch den Einzelrichter gemäß § 6 VwGO erfragt und dieses für den Fall einer Nichtäußerung unterstellt. Die Polizeidirektion hat sich zur Frage der Einzelrichter-Übertragung nicht geäußert; gleichwohl ist eine solche nicht erfolgt.

Dass sich die Schwierigkeit bzw. Komplexität des Verfahrens im unteren Bereich der oben genannten Skala bewegte, zeigt schließlich auch der Gang der mündlichen Verhandlung in der - einzigen und abschließenden - Sitzung vom 22. Juni 2011. Der Sach- und Streitgegenstand ergab sich unschwer aus den Gerichtsakten; die Sache war seit dem letzten Schriftsatz der Klägerin vom 18. September 2010 "ausgeschrieben", die Positionen der Beteiligten klar und unverändert. Auf den Hinweis des Vorsitzenden, die angefochtenen Bescheide erwiesen sich voraussichtlich deswegen als rechtswidrig, weil sich das von der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt (...) über die Umsetzung der Klägerin herangezogene Spannungsverhältnis nicht durch Tatsachen belegen lasse, hob die Polizeidirektion sogleich in der mündlichen Verhandlung die streitgegenständlichen Bescheide auf. Der Rechtsstreit fand sodann durch die unmittelbar abgegebenen Erledigungserklärungen beider Beteiligten und den noch in der mündlichen Verhandlung verkündeten Einstellungsbeschluss mit Kostenentscheidung zum Nachteil der Polizeidirektion seinen Abschluss.

Hinsichtlich des Kriteriums der Bedeutung des Verfahrens ist vor allem darauf abzustellen, welche Bedeutung der Rechtsstreit für den Beschwerdeführer bzw. Kläger hat, mithin darauf, ob aus seiner Sicht ein erhebliches Interesse an einem schnellen Abschluss des Verfahrens besteht bzw. bestanden hat. Nach der auch insoweit zugrunde zu legenden Rechtsprechung des EGMR (etwa Entscheidung vom 23. April 2009, Nr. 1479/08, Rdnr. 65) ist besondere Eile "naturgemäß geboten" bei sog. Arbeitsstreitigkeiten ("employment disputes"). Zu diesen Streitigkeiten gehören nicht nur Arbeitssachen im arbeitsrechtlichen Sinne, sondern dazu zählen auch Rechtsstreitigkeiten aus dem öffentlichen Dienstrecht bzw. dem Beamtenrecht, welche die Verwendung von Beamtinnen und Beamten betreffen, sich mithin sich auf deren persönliche Arbeits- und Lebensumstände auswirken.

Ist unter Zugrundelegung dieses Kriteriums schon grundsätzlich davon auszugehen, dass ein erhebliches Interesse der Klägerin an einem schnellen Abschluss des Verfahrens bestand, so war dieses für das Verwaltungsgericht auch deswegen ohne weiteres erkennbar, weil sich die Klägerin schon in ihrer Klageschrift ausdrücklich "im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens" mit einer Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter einverstanden erklärt hatte.

Es besteht auch kein Anlass zu der Annahme, dass die Klägerin durch ein ihr zurechenbares Verhalten die Erledigung des Rechtsstreits in irgendeiner Weise verzögert hat. Die Klägerin war - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - auch nicht gehalten, ihrerseits (nochmals) ausdrücklich auf die Eilbedürftigkeit des Verfahrens hinzuweisen oder sonst aktiv auf eine zügige Erledigung hinzuwirken. Erst recht war die Klägerin nicht gehalten, zu dem hier maßgeblichen Sachverhalt ein (gesondertes) gerichtliches Eilverfahren nur zu dem Zweck zu betreiben, auf eine schnellere Entscheidung des Verwaltungsgerichts hinzuwirken oder sonst - etwa im Wege von Sachstandsanfragen - dem Verwaltungsgericht eine baldige Entscheidung des Verfahrens nahezulegen. Die Verpflichtung des Gerichts dazu, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen, ergibt sich unmittelbar aus der dem Staat gemäß Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 20 Abs. 3 GG bzw. Art. 6 Abs. 1 EMRK obliegenden Justizgewährleistungspflicht (vgl. etwa Guckelberger, a. a. O., S. 290 m .w. N.).

Hinsichtlich der Prüfung, ob die Dauer eines Gerichtsverfahrens dem Erfordernis der gerichtlichen Entscheidung innerhalb einer "angemessenen Frist" im Sinne Art. 6 Abs. 1 EMRK entsprochen hat, gibt es zwar keine konkreten zeitlichen Vorgaben, und zwar weder durch den deutschen Gesetzgeber (§ 198 Abs. 1 GVG) noch durch die Rechtsprechung des EGMR. Als grober Anhaltspunkt kann die Rechtsprechung des EGMR insoweit gelten, als dort in mehreren Entscheidungen eine Verfahrenslaufzeit von etwa einem Jahr pro Instanz als angemessen angesehen worden ist ("one year per instance may be a rough rule of thumb in Article 6 § 1 cases" - so etwa EGMR, Entscheidung vom 26. November 2009, Nr. 13591/05, Rdnr. 126).

Dementsprechend vermag sich der Senat - jedenfalls hinsichtlich einfach gelagerter Rechtsstreitigkeiten wie der vorliegenden - nicht der vom OVG Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 27. März 2012 (3 A 1.12. - juris) vertretenen - pauschalen - Auffassung dahingehend anzuschließen, eine Verfahrensdauer von zwei Jahren verstoße "noch nicht gegen die vom EGMR zu Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK entwickelten Maßstäbe".

Soweit der Beklagte aus dem Urteil des EGMR vom 16. Juli 2009 (Nr. 8453/04) die Bestätigung seiner Rechtsauffassung herzuleiten sucht, die Krankheit eines Richters sei quasi als "force majeur" anzusehen und führe nicht zu Entschädigungsansprüchen, wenn "der Fall nicht zu lange liegen bleibe", vermag der Senat dem - jedenfalls in dieser Verallgemeinerung - nicht zu folgen: abgesehen davon, dass der EGMR die v. g. Formulierung selbst nicht verwendet hat und die vom Beklagten in Bezug genommene Textstelle des Urteils (Nr. 53) das Verhalten der Staatsanwaltschaft, nicht des Gerichts oder einzelner Richter betrifft, hat der EGMR lediglich ausgeführt, er "akzeptiere, dass eine Verzögerung der Erstellung der Anschuldigungsschrift durch die Krankheit des Vertreters der Einleitungsbehörde verursacht wurde ..", andererseits aber zugleich bemerkt, dass die damit verbundene Verzögerung von fast zwei Jahren zu lang war. Wenn der Beklagte hieraus - lediglich abstellend auf die dreimonatige Erkrankung des Kammervorsitzenden - den Schluss zieht, dass danach die (auch nach der Genesung des Richters) weiter verzögerte Erledigung des Verfahrens hingenommen werden müsse, so liegt dieser Auffassung ein Fehlverständnis der Rechtsprechung des EGMR zugrunde.

Nicht zu folgen ist allerdings auch dem von der Klägerin gewählten Ansatz dahingehend, hier sei die statistisch erhobene durchschnittliche Bearbeitungszeit eines Zivilrechtsstreits vor den Amtsgerichten (etwa 5 bis 6 Monate) zugrunde zu legen und ab einer nach Verdoppelung dieses Durchschnittswertes liegenden Bearbeitungsdauer eines Verwaltungsrechtsstreits ohne weiteres eine überlange, d. h. "unangemessene" Dauer des Gerichtsverfahrens zu unterstellen. Eine solche pauschalierte Betrachtungsweise ist schon per se unzulässig und verkennt im Übrigen den grundlegend unterschiedlichen Bearbeitungsaufwand eines durchschnittlichen Zivilrechtsstreits vor dem Einzelrichter eines Amtsgerichts und einer Verwaltungsrechtssache vor der Kammer eines Verwaltungsgerichts.

Ebenso wenig vermag der Senat pauschal die durchschnittliche Bearbeitungsdauer eines Verwaltungsrechtsstreits in Sachsen-Anhalt (ca. 12 Monate) zugrunde zu legen und allein hierauf abzustellen. Dies würde der vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgegebenen Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer "nach den Umständen des Einzelfalls" widersprechen. Vielmehr ist in jedem Fall eine konkrete Betrachtung der Aktivitäten des Gerichts zur Förderung bzw. Erledigung des konkreten Rechtsstreits geboten, wobei eine Verzögerung in gewissen Verfahrensstadien vertretbar ist, sofern die Gesamtverfahrensdauer nicht als überlang erachtet werden kann (vgl. EGMR, Entscheidung vom 2. Juni 2009, Nr. 36853/05, Rdnr. 45).

Allerdings setzt der Anspruch gemäß § 198 Abs. 1 GVG keine Pflichtwidrigkeit bzw. Verschulden des für das Verfahren zuständigen Gerichts oder des einzelnen Richters voraus. So können auch ein häufiger bzw. kurzfristiger Richterwechsel, eine ungleichmäßige Geschäftsverteilung oder eine mangelhafte Personalausstattung des Gerichts zu Entschädigungsansprüchen führen (vgl. die Nachweise bei Schenke, a. a. O., S. 4). Dementsprechend trifft die Entscheidung über das Bestehen etwaiger Ansprüche gem. §§ 198 ff. GVG auch von vornherein keine Aussage darüber, ob einzelnen Richterinnern oder Richtern ein Verschuldensvorwurf zu machen ist.

3. Die vorgenannten Kriterien zugrunde legend, stellt sich sowohl die Gesamtbearbeitungsdauer des Ausgangsrechtsstreits mit über zwei Jahren als auch dessen Bearbeitung in einzelnen Verfahrensstadien als unangemessen lang i. S. d. § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG dar:

Angemessen lang und demzufolge nicht zu beanstanden ist die richterliche Bearbeitung des Verfahrens vom Zeitraum des Klageeingangs am 9. Juni 2009 bis zum 25. Oktober 2009. Zwar war dem Vorsitzenden durchaus erkennbar, dass das Verfahren bereits mit Schriftsatz der Klägerin vom 18. September 2009 "ausgeschrieben" war, mithin weitere Schriftsätze - vor allem neuer Sachvortrag - nicht zu erwarten waren. Gleichwohl billigt der Senat dem Verwaltungsgericht zu, dass der Vorsitzende im Zusammenhang mit seiner Übersendungsverfügung vom 25. September 2009 noch eine (abschließende) Frist von einem Monat hätte verfügen können, um - vor einer prozessleitenden Verfügung - noch eine evtl. abschließende Stellungnahme der beklagten Polizeidirektion abzuwarten.

Ausgehend von der Verpflichtung des Gerichts, Gerichtsverfahren in angemessener Zeit zu einem Abschluss zu bringen, hätte daher bereits am 25. Oktober 2009 Veranlassung bestanden, das Verfahren weiter mit dem Ziel einer Erledigung konkret zu fördern, mithin entweder die von der Klägerin angeregte und vom Vorsitzenden selbst in Aussicht gestellte Übertragung auf den Einzelrichter gemäß § 6 VwGO vorzunehmen bzw. das Verfahren zu einer der nächsten Kammersitzungen zu laden oder das Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 101 Abs. 2 VwGO zu erfragen. Auch hätte es nahegelegen, die Beteiligten über die - später in der mündlichen Verhandlung sogleich zum Ausdruck gebrachte - Rechtsauffassung zu unterrichten und so auf eine evtl. unstreitige Erledigung hinzuwirken.

Der Umstand, dass der Vorsitzende - offensichtlich ohne weitere rechtliche Prüfung - das Verfahren lediglich zur "Wiedervorlage auf Abruf" verfügt hat und sich der nächste Bearbeitungsgang erst aus der am 16. September 2010, mithin mehr als neun Monate später verfügten Terminierung ergibt, stellt - auch unter Zugrundelegung der erkennbar geringen Komplexität des Verfahrens und angesichts des dokumentierten Interesse der Klägerin an einem zügigen Fortgang des Rechtsstreits - eine Nichtbearbeitung des Verfahrens dar, die für den vorgenannten Zeitraum, mithin für eine Dauer von mehr als zehn Monaten als unangemessene Verzögerung des Verfahrens anzusehen ist.

Der Umstand, dass sodann der Verhandlungstermin vom 24. November 2010 wegen Erkrankung des Berichterstatters (und Vorsitzenden) aufgehoben worden ist, bietet als solcher keinen (weiteren) Grund zur Annahme einer unangemessen langen Bearbeitungsdauer. Die Verzögerung infolge einer kurzfristigen Erkrankung des zuständigen Richters ist hinzunehmen; allerdings bleibt es bei der Verpflichtung des Rechtsstaates, für eine möglichst baldige weitere Terminierung zu sorgen.

Danach waren die mehrfachen Verfristungen durch die stellvertretende Kammervorsitzende am 13. Dezember 2010 sowie am 12. Januar 2011 sowie vor allem die erneute Verfügung des Vorsitzenden vom 16. Februar 2011: "Wiedervorlage auf Abruf" nicht geeignet, das Verfahren in angemessener Weise weiter zu fördern. Vielmehr führten die mehrfachen Verfristungen dazu, dass erst am 12. April 2011 die abschließende Ladung des Verfahrens zum 22. Juni 2011 erfolgt ist, wodurch sich die Erledigung des Rechtsstreits schließlich weiter verzögert hat. Der Senat geht davon aus, dass eine erneute Terminierung des Verfahrens, wenn nicht schon durch die stellvertretende Kammervorsitzende, so aber spätestens nach Rückkehr des Vorsitzenden am 16. Februar 2011, mithin etwa 3 Monate nach der veranlassten Terminsaufhebung hätte erfolgen können und auch müssen.

Dazu ist zu bemerken, dass es hinsichtlich der Beurteilung der Angemessenheit der Dauer eines Gerichtsverfahrens gemäß § 198 ff. GVG nicht darauf ankommt, ob der einzelne Richter pflichtwidrig gehandelt hat oder ob ihn persönlich ein Verschulden trifft; auch die chronische Überlastung des Gerichts oder des mit der Sache befassten Spruchkörpers, länger bestehende Rückstände oder eine allgemein angespannte Personalsituation sind unerheblich (vgl. dazu auch die amtliche Begründung zu § 198 GVG, BT-Drs. 17/3802 S. 19, Schenke, a. a. O., S. 3 m. w. N.).

Es ist danach davon auszugehen, dass das Ausgangsverfahren auch in dem Zeitraum vom 16. Februar 2011 bis zum 12. April 2011 nicht hinreichend gefördert worden ist, obwohl sich das besondere Beschleunigungsgebot ohne weiteres aus dem Streitgegenstand ergeben hat.

Insgesamt hat sowohl für den Zeitraum vom 25. Oktober 2009 bis 16. September 2010 als auch für denjenigen vom 16. Februar 2011 bis 12. April 2011 eine Phase der nach den Umständen nicht gerechtfertigten mangelnden Förderung des Verfahrens vorgelegen, mithin für eine Gesamtdauer von etwas mehr als 12 Monaten.

4. Danach steht der Klägerin grundsätzlich ein Anspruch auf "angemessene Entschädigung" für den infolge der eingetretenen Verzögerung der Erledigung des Gerichtsverfahrens von 12 Monaten eingetretenen Vermögensnachteil gemäß § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG zu. Dieser Anspruch ist allerdings - worauf der Beklagte mit Recht hinweist - nicht einem Anspruch auf Schadenersatz gemäß § 249 BGB gleichzustellen. Vielmehr kann - in Anlehnung an die sich aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB ergebenden Grundsätze - lediglich eine Ausgleichszahlung zur Ersetzung des eingetretenen Substanzverlustes beansprucht werden (vgl. hierzu die Stellungnahme des Bundesrates, BT-Dr 17/3802 S. 34 und diejenige des BT-Rechtsausschusses, BT-Dr 17/7217).

Grundsätzlich ist der von der Klägerin für den Zeitraum der Verzögerung in der Erledigung des Rechtsstreits geltend gemachte Fahrtmehraufwand von 60 km je Arbeitstag für die Zurücklegung der Strecke zwischen ihrem Wohnort und dem Dienstort G. (an unstreitig 178 Tagen) berücksichtigungsfähig, denn insoweit sind der Klägerin tatsächlich - kausal bedingt durch die Verzögerung in der Erledigung des Gerichtsverfahrens - Mehrkosten entstanden, die sie ansonsten nicht zu tragen gehabt hätte. In Ansatz zu bringen sind dabei indes nicht die ohnehin anfallenden Kosten für Versicherung und Kfz-Steuer (Sowieso-Kosten) sowie hinsichtlich der ohnehin eintretenden Wertminderung, sondern lediglich die Ausgaben für den konkret zu berechnenden Mehrverbrauch an Diesel-Kraftstoff. Der geltend gemachte Entschädigungsanspruch für die Wertminderung des Fahrzeugs besteht nur insoweit, als er unmittelbar auf die zusätzlich gefahrenen Kilometer zurückzuführen ist.

Unter Zugrundelegung eines verzögerungsbedingten Kilometermehraufwandes für den gesamten Zeitraum über eine zusätzliche Strecke von 10.680 km und einem - durchaus realistischen - Verbrauch von 6,2 l Diesel pro 100 km ergibt sich danach ein Mehrverbrauch von 700 l, mithin bei einem durchschnittlichen Dieselpreis von 1,50 € je Liter ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 1.050,00 €. Die anteiligen Wartungskosten schätzt der Senat gemäß §§ 173 S. 2 VwGO, 287 Abs. 1 ZPO auf 150,00 €, so dass der Klägerin insoweit unter dem Gesichtspunkt tatsächlich entstandener Zusatzaufwendungen ein Entschädigungsanspruch von 1.200,00 € zusteht. Die Wertminderung bemisst der Senat im Hinblick darauf, dass der Neupreis des Fahrzeugs nach den von der Klägerin selbst vorgelegten Unterlagen (Anlage K 2) bei lediglich etwa 9.000,00 € liegt, und unter weiterer Berücksichtigung, dass die Klägerin dieses nicht als Neufahrzeug erworben hatte, ebenfalls im Wege der Schätzung gemäß §§ 173 S. 2 VwGO, 287 Abs. 1 ZPO auf 0,10 € je km, mithin auf 1.068,00 €.

Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der verzögerungsbedingten Mehrkosten bedurfte es ebenso wenig wie der ausdrücklichen Bescheidung des von der Klägerin mit Schriftsatz vom 29. Juni 2012 gestellten Beweisantrags. Die Klägerin hat insoweit selbst angeregt, der Senat möge "gegebenenfalls unter Verwendung der vorgelegten Daten" im Wege der Schadensschätzung vorgehen und für diesen Fall offensichtlich die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht für geboten angesehen.

Von den sich danach errechnenden 2.268,00 € ist indes der Betrag in Abzug zu bringen, welcher der Klägerin im Wege der Steuerrückerstattung für die ihre entstandenen Fahrtkosten (Werbungskosten) für den hier maßgeblichen Zeitraum erstattet wird und den die Klägerin selbst ihrer teilweisen Klagerücknahme zugrunde gelegt hat. Mithin bleibt ein Entschädigungsbetrag von 1.864,87 € für den entstandenen Vermögensnachteil.

5. Neben der Entschädigung für den eingetretenen Vermögensnachteil kann auch eine Entschädigung für einen Nachteil bewilligt werden, welcher nicht Vermögensnachteil ist. Da der Nachweis einen immateriellen Nachteils schwierig ist, wird ein solcher vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren - wie hier - unangemessen lang gedauert hat (vgl. dazu Schenke, a. a. O.; IV. Nr. 3). Zwar kann die gesetzliche Vermutung des § 198 Abs. 2 Satz 1 GVG widerlegt werden. Für eine solche Widerlegung genügt die pauschale Einlassung des Beklagten, es fehle an "nachprüfbaren Hinweisen", allerdings nicht. Der Beklagte räumt selbst ein, dass eine überlange Verfahrensdauer eine psychische Belastung zur Folge haben könne. Eine derartige Belastung hat die Klägerin mit ihrem Hinweis auf den mehrmonatigen zusätzlichen Zeitaufwand für die Fahrten nach G. nachvollziehbar dargelegt, ohne dass der Beklagte dem weiter entgegengetreten ist.

Allerdings kann eine Entschädigung gemäß § 198 Abs. 2 Satz 2 GVG nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalls Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß § 198 Abs. 4 GVG, insbesondere durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war, ausreichend ist. Eine derartige Feststellung ohne Zuerkennung eines materiellen Entschädigungsanspruches kommt nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. Entscheidung vom 11. Januar 2007, Nr. 20027/02, Rdnr. 90; Entscheidung vom 7. Januar 2010, Nr. 40009/04, Rdnr. 177; Entscheidung vom 13. Juli 2006, Nr. 38033/02, Rdnr. 51) vor allem dann in Betracht, wenn die Feststellung einer Verletzung allein eine hinreichend gerechte Entschädigung von erlittenem Schaden darstellt. Dies gilt etwa in den Fällen, in welchen das Verfahren keine besondere Bedeutung für die Beteiligten hat oder dann, wenn ein Beteiligter keinen weitergehenden immateriellen Schaden erlitten hat und die Überlänge des Verfahrens den einzigen für ihn entstandenen Nachteil darstellt (vgl. hierzu Althammer/Schäuble, a. a. O., S. 3 ff.).

Der Senat vermag nach den Umständen des Einzelfalles nicht davon auszugehen, dass die bloße Feststellung der unangemessen langen Verfahrensdauer eine angemessene Entschädigung der Klägerin darstellt. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin auf die gerichtliche Klärung einer Situation wartete, welche sie persönlich beeinträchtigte und deren Rechtmäßigkeit sich durch einen zügig angesetzten Verhandlungstermin ohne weiteres hätte klären lassen können. Zudem hatte die Klägerin - wie sich schon aus den Ausführungen des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung zeigt - offensichtlich selbst keine Veranlassung für ihre von der Beklagten mit Nachdruck betriebene Umsetzung von ihrem bisherigen Dienstort nach G. gegeben und auch das gerichtliche Verfahren in keiner Weise verzögert. Angesichts dieser Umstände des Einzelfalls hält es der Senat für angemessen, der gesetzlichen Regelvorgabe des § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG zu entsprechen und der Klägerin somit einen Betrag von 1.200,00 € für das Jahr der insgesamt eingetretenen Verzögerung der Erledigung des Rechtstreits zuzusprechen.

6. Der Zinsanspruch - soweit der Senat diesen im Tenor festgestellt hat - beruht auf §§ 288 Abs. 1, 291 BGB. Demgegenüber ist der mit dem Klageantrag zu Ziff. 3 geltend gemachte Anspruch auf Verzinsung eingezahlter Gerichtskosten nicht begründet. Mit Recht weist der Beklagte darauf hin, dass ein derartiger Zinsanspruch einen verschuldensabhängigen Schadenersatzanspruch voraussetzt, an welchem es hier hingegen fehlt. Wie bereits ausgeführt, regelt § 198 Abs. 1 GVG einen verschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch, welcher allerdings nicht auf einen vollständigen Schadenausgleich gerichtet ist; jener umfasst weder einen entgangenen Gewinn noch einen entgangenen Zinsvorteil.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1, 2 VwGO; unter Berücksichtigung der teilweisen Klagerücknahme und des beiderseitigen Obsiegens/Unterliegens waren die Kosten des Rechtsstreits im Verhältnis 40: 60 zu teilen.

8. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 173 S. 2 VwGO, 201 Abs. 2 Satz 1 GVG i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 709 S. 1, 711 ZPO.

9. Die Revision war wegen der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der mit den Grundlagen und dem Umfang von Entschädigungsansprüchen gemäß §§ 198 ff. GVG verbundenen Fragen gemäß §§ 173 Satz 2 VwGO, 201 Abs. 2 Satz 3 GVG, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.