LAG Düsseldorf, Urteil vom 11.05.2012 - 6 Sa 1345/11
Fundstelle
openJur 2012, 131359
  • Rkr:

Ein böswilliges Unterlassen von Erwerb im Sinne der §§ 615 S. 2 BGB, 11 Nr. 2 KSchG liegt nicht vor, wenn ein Arbeitnehmer nach Erhalt einer offensichtlich unwirksamen fristlosen Kündigung das Angebot des Arbeitgebers zum Abschluss eines Prozessarbeitsverhältnisses mit einer geringerwertigen Tätigkeit ablehnt.

Tenor

I.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.10.2011 - AZ: 6 Ca 2663/11 - teilweise abgeändert und zum Zwecke der Klarstellung insgesamt neu gefasst.

1.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Erklärung der Beklagten vom 18.04.2011 aufgelöst worden ist.

2.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.04.2011 aufgelöst worden ist.

3.

Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die hilfsweise ordentliche Änderungskündigung der Beklagten vom 28.04.2011 rechtsunwirksam ist.

4.

Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 08.06.2011, zugegangen am 09.06.2011, nicht aufgelöst werden wird.

5.

Es wird festgestellt, dass der Widerruf der Übertragung der Funktion der Klägerin als Fachbereichsleitung Controlling/ Pflegesätze gem. Schreiben vom 18.04.2011 unwirksam ist.

6.

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt.

7.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.077,42 € brutto abzüglich von der BKK gezahlter 964,34 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2011 zu zahlen.

8.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 13.800- € brutto abzüglich von der Agentur für Arbeit geleisteter 2.835,- € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 4.600,- € für die Zeit vom 01.07.2011 bis zum 06.10.2011 sowie aus 4.195,- € seit dem 07.10.2011, aus weiteren 4.600,- € für die Zeit vom 02.08.2011 bis zum 06.10.2011 sowie aus 3.385,- € seit dem 07.10.2011 und aus weiteren 4.600,- € für die Zeit vom 01.09.2011 bis zum 06.10.2011 sowie aus 3.385,- € seit dem 07.10.2011 zu zahlen.

9.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

10.

Die Widerklage wird abgewiesen.

II.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin zu 34% und die Beklagte zu 66% zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin zu 24% und der Beklagten zu 76% auferlegt.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um die Wirksamkeit einer fristlosen und hilfsweise fristgerechten Änderungskündigung, einem Weiterbeschäftigungsantrag sowie Ansprüchen auf Annahmeverzugslohn bzw. Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Die Beklagte, die ständig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, betreibt sog. Seniorenresidenzen. Die am 08.03.1970 geborene Klägerin ist seit dem 01.04.2006 bei der Beklagten beschäftigt. Sie wurde als Controllerin eingestellt. Durch Änderungsvertrag vom 01.06.2009 wurde ihr die Funktion der "Fachbereichsleiterin Controlling/Pflegesätze" übertragen. In dieser Funktion hatte die Klägerin Verantwortung für das laufende operative Controlling und Pflegesatzmanagement. Zudem oblag ihr die Führung der ihr unterstellten Mitarbeiter/innen. Die Position der Fachbereichsleiterin ist direkt unterhalb der Geschäftsführungsebene angesiedelt. Die Klägerin ist im Rahmen einer 35-Stunden-Woche tätig und erhält ein monatliches Bruttoentgelt von 4.600,- €.

Mit einem Schreiben vom 28.04.2011, der Klägerin am selben Tag zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis "außerordentlich zum 30.04.2011 und vorsorglich ordentlich zum 31.12.2011". Zugleich bot die Beklagte ihr eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Controllerin zu einer monatlichen Vergütung von 3.500,- € brutto ab dem 01.05.2011 und hilfsweise ab dem 01.01.2012 an. Das Schreiben war von der Inhaberin der Firma "X. Büro- und Personaldienstleistungen" mit dem Zusatz "D.X. Personalleitung" unterzeichnet.

Mit einem Schreiben vom 02.05.2011 wies die Klägerin die Kündigung wegen der Nichtvorlage einer Originalvollmacht zurück. Das Änderungsangebot zum 01.05.2011 lehnte die Klägerin ab, das Angebot zum 01.01.2012 nahm sie unter Vorbehalt an. Mit der am 12.05.2011 zugestellten Klage hat sie u.a. die Unwirksamkeit der Änderungskündigungen geltend gemacht.

Mit einem Schreiben vom 13.05.2011 bot die Beklagte der Klägerin ein bis zum 31.12.2011 befristetes Prozessarbeitsverhältnis als "Mitarbeiterin Fachbereichsleitung Controlling/Pflegesätze" zu einem monatlichen Entgelt von 4.600,- € brutto an. Unter dem Datum des 27.05.2011 stellte die Beklagte klar, dass es sich hierbei um eine Tätigkeit als Controllerin handeln sollte. Die Klägerin nahm das Angebot nicht an.

Die Klägerin war vom 28.03. bis zum 15.04.2011 sowie vom 21.04. bis einschließlich zum 30.05.2011 aufgrund derselben Krankheit arbeitsunfähig. In der Zeit vom 01.05.2011 bis zum 30.05.2011 hat sie gemäß einer Bescheinigung der DAK-Gesundheit vom 28.03.2012 (Anlage K 39) ein Krankengeld in Höhe von 2.225,40 € bezogen. Eine weitere Arbeitsunfähigkeit in der Zeit vom 09.11. bis zum 25.12.2011 beruhte auf einer anderen Erkrankung.

Mit Bescheid vom 29.09.2011 bewilligte die Agentur für Arbeit Düsseldorf der Klägerin ab dem 21.06.2011 ein Arbeitslosengeld in Höhe von kalendertäglich 40,50 €. Dieses wurde nach der am 06.10.2011 durchgeführten mündlichen Verhandlung erster Instanz erstmals ausgezahlt.

Am 21.06.2011 hatte die Klägerin erfahren, dass sie in der sechsten Woche schwanger ist. Nach der Entbindung hat sie für drei Jahre Elternzeit genommen.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Kündigungen vom 28.04.2011 seien bereits gemäß § 174 BGB unwirksam. Jedenfalls fehle es an einem wichtigen Grund bzw. einer sozialen Rechtfertigung der Kündigungen. Eine etwaige unternehmerische Entscheidung habe die Beklagte nicht hinreichend substantiiert. So sei nicht erkennbar, wie ihre Tätigkeiten als Fachbereichsleiterin Controlling/Pflegesätze in Zukunft erledigt werden sollten. Sie hat behauptet, zu ihren Aufgaben hätten u.a. die Steuerung und Überwachung des laufenden Controllings, das Erstellen des Monatsreportings, die Vorbereitung der Monatsbesprechung mit der Residenzleitung, die Budgetetierung sowie diverse sonstige Funktionen gehört. Wegen der Einzelheiten wird auf Seite 13 - 16 des Schriftsatzes der Klägerin vom 31.08.2011, Bl. 255 d.A., Bezug genommen.

Hinsichtlich der Entgeltansprüche hat die Klägerin die Ansicht vertreten, durch Ausspruch der unwirksamen fristlosen Kündigung sei die Beklagte in Annahmeverzug geraten. Ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs liege nicht vor. Die Annahme des Änderungsangebots der Beklagten sei ihr vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zumutbar gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

1.festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 28.4.2011 nicht aufgelöst worden ist;

2.festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die hilfsweise ordentliche Änderungskündigung der Beklagten vom 28.4.2011 unwirksam ist;

3.festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die Erklärung der Beklagten vom 18.4.2011 aufgelöst werden wird;

4.hilfsweise zum Antrag zu 3) festzustellen, dass der Widerruf der Übertragung der Funktion der Klägerin als Fachbereichsleitung Controlling/Pflegesätze gem. Schreiben vom 18.4.2011 unwirksam ist;

5.die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein Zwischenzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

6.hilfsweise für den Fall der Abweisung der Feststellungsanträge zu 1), 2) oder 3) die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ein Endzeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt;

7.hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen zu 1), 2) oder 3) die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Fachbereichsleiterin Controlling/Pflegesätze weiter zu beschäftigen;

8.die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin das Fahrzeug PKW BMW 1, Kennzeichen D-AH 4040 herauszugeben und zur privaten Nutzung zu überlassen;

9.hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 8) die Beklagte zu verurteilen, an sie für den Entzug des Firmenfahrzeugs eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 600,00 € seit dem 1.6.2011 zu zahlen;

10.festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 8.6.2011, zugegangen am 9.6.2011, nicht aufgelöst werden wird;

11.die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.600,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.6.2011 abzüglich von der BKK gezahlter 928,20 € netto zu zahlen;

12.die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.800,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 4.600,00 € seit dem 1.7.2011, 1.8.2011 und 1.9.2011 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, Frau X. nehme die Aufgaben einer Personalleiterin wahr und sei in dieser Funktion auch zum Ausspruch von Kündigungen bevollmächtigt. Dies sei der Klägerin bei Erhalt der Kündigungen vom 28.04.2011 auch bekannt gewesen. Die Beklagte hat die Kündigungen vom 28.04.2011 damit begründet, dass sie die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, die Leitung im Bereich Controlling/Pflegesätze ab dem 18.04.2011 in die Hände des Geschäftsführers U. L. zu legen. Anlass der Entscheidung seien Beschwerden von Mitarbeitern über die Personalführungsqualitäten der Klägerin gewesen. Die der Klägerin bislang unterstellten Mitarbeiter G. X. und C. T. hätten E. X. anlässlich des Ausspruchs von Eigenkündigungen auf Defizite der Klägerin bei der Personalführung hingewiesen. Insbesondere habe die Klägerin Anweisungen der Geschäftsführung "1 zu 1 ungefiltert" weitergegeben, ohne Hilfestellungen zu leisten. Auch habe die Klägerin Optimierungsvorschläge ihrer Mitarbeiter ohne inhaltliche Prüfung verworfen. Es habe die Befürchtung bestanden, dass auch die Mitarbeiterin N., der von der Klägerin zu Unrecht eine fehlende fachliche Eignung attestiert worden sei, ihr Arbeitsverhältnis kündigen werde. Der Geschäftsführer U. L. sei sowohl rechtlich als auch tatsächlich in der Lage, sämtlich von der Klägerin bislang wahrgenommenen Aufgaben zu übernehmen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, Ansprüche auf Annahmeverzug bestünden nicht, da die Klägerin es böswillig unterlassen habe, das zumutbare Angebot eines Prozessrechtsarbeitsverhältnisses anzunehmen.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat der Klage mit einem am 17.10.2011 verkündeten Urteil (AZ: 6 Ca 2663/11) ganz überwiegend stattgegeben. U.a. hat es festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 28.04.2011 nicht beendet wird und die ordentliche Änderungskündigung vom selben Tag unwirksam ist. Des Weiteren hat es die Beklagte zur Weiterbeschäftigung und zur Entgeltzahlung für die Monate Mai bis August 2011 in Höhe von jeweils 4.600,- € brutto verurteilt, wobei für Mai eine Leistung der BKK in Höhe von 928,20 € netto in Abzug gebracht worden ist. Seine Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:

Es lägen keine betriebsbedingten Gründe vor. Auch wenn der Geschäftsführer kein Arbeitnehmer sei und deshalb nicht den Beschränkungen des Arbeitszeitgesetzes unterliege, hätte die Beklagte schildern müssen, welche konkreten Arbeiten der Klägerin tatsächlich auf den Geschäftsführer verlagert worden seien und weshalb der Geschäftsführer diese Aufgaben übernehmen könne. Denn andernfalls wäre der Sachvortrag des Arbeitgebers keiner Überprüfung zugänglich. Der Klägerin stehe gemäß § 615 BGB ein Anspruch auf Entgelt zu, da sich die Beklagte in den Monaten Mai, Juni und Juli 2011 im Annahmeverzug befunden habe. Ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs habe nicht bestanden. Insoweit dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass es der Arbeitgeber nicht in der Hand habe, durch Ausspruch einer - wie hier - offensichtlich unwirksamen fristlosen Änderungskündigung den gesetzlichen Regelungsmechanismus der Änderungskündigung zu unterlaufen. Denn gesetzlich vorgesehener Regelfall sei die ordentliche Änderungskündigung.

Wegen des Tenors, des Sach- und Streitstandes in erster Instanz sowie die Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil, welches ihr am 21.10.2011 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 21.11.2011 Berufung eingelegt und diese innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit einem am 23.01.2012 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Beklagte rügt u.a., das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass ein wichtiger Grund für die Übertragung sämtlicher Aufgaben der Klägerin auf den Geschäftsführer U. L. bestanden habe. Sie habe aufgrund der Beschwerden der Mitarbeiter X. und T. schnell reagieren müssen. Sie habe den Weggang der Mitarbeiterin N. N. befürchtet. Die Ausführungen des Arbeitsgerichts zur ordentlichen Änderungskündigung seien nicht überzeugend. So habe die Beklagte vorgetragen, welche Aufgaben der Klägerin als Fachbereichsleiterin oblegen hätten, nämlich die Führung der ihr unterstellten Mitarbeiter, die Verantwortung für das laufende operative Controlling und die Verantwortung für das laufende Pflegesatzmanagement. Auch die Aufgaben gemäß der als Anlage B 1 überreichten Aufgabenbeschreibung hätten zu den von der Klägerin geschuldeten Tätigkeiten gehört. Sämtliche genannten Aufgaben seien auf den Geschäftsführer U. L. übertragen worden. Näherer Darlegungen habe es nicht bedurft, da das Arbeitszeitgesetz für den Geschäftsführer nicht gelte. Auch habe das Arbeitsgericht unberücksichtigt gelassen, dass der Geschäftsführer tatsächlich diese Aufgaben seit dem 18.04.2011 ausübe.

Jedenfalls scheide ein Entgeltanspruch wegen Annahmeverzugs aus, da ein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs vorliege. Der Hinweis, der Regelungsmechanismus einer Änderungskündigung werde unterlaufen, wenn man akzeptiere, dass der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer fristlosen Änderungskündigung zur Vermeidung von Annahmeverzug für den Arbeitgeber mit der geänderten Aufgabe tätig werden müsse, sei falsch. Der Prüfungsmaßstab bei § 615 BGB bzw. § 11 Satz 1 Nr.2 KSchG sei ein anderer als bei einer außerordentlichen Änderungskündigung. Läge bereits ein wichtiger Grund vor, dann käme es gar nicht erst zu einem Annahmeverzug. Regelmäßig handle ein Arbeitnehmer böswillig, wenn er im Rahmen einer Änderungskündigung ein Änderungsangebot nicht annehme. Darüber hinaus fehlten Ausführungen zum Annahmeverzugslohnanspruch für den Monat August 2011.

Die Widerklage sei begründet. Nachdem die Klägerin - unstreitig - Zwangsvollstreckungsmaßnahmen und eine Klage für die Entgeltansprüche ab September 2011 angedroht habe, habe die Beklagte - ebenfalls unstreitig - die Zahlungen für die Monate Mai bis Dezember 2011 in der in den Entgeltabrechnungen gemäß Anlage B 13 (Bl. 515 - 524 d.A.) ausgewiesenen Höhe erbracht. Diese Zahlungen seien von der Klägerin zurück zu zahlen. Auch soweit die Klägerin in den Monaten November und Dezember 2011 arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei, hätten ihr keine Ansprüche zugestanden, da es an der Arbeitswilligkeit gefehlt habe. Außerdem seien für den Zeitraum Mai bis Dezember 2011 zu Unrecht Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. Den sich hieraus ergebenden Erstattungsanspruch gegen ihre Krankenkasse müsse die Klägerin der Beklagten abtreten.

Die Hilfsanträge beschränkten sich auf die Rückforderung der von Juni bis Dezember 2011 geleisteten Entgeltzahlungen bzw. die Abtretung des der Klägerin gegen ihre Krankenkasse zustehenden Anspruchs auf Erstattung der für diese Zeit zu Unrecht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.10.2011 - Az.: 6 Ca 2663/11 - abzuändern und

die Klage, soweit es die tenorierten Anträge zu Ziffern 2., 3., 7., 8. und 9. betrifft, abzuweisen;

sowie im Wege der Widerklage

1.

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 33.888,81 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 25.579,13 € brutto seit dem 10.11.2011, aus 4.600,00 € brutto seit dem 01.12.2011 sowie aus 3.709,68 € seit dem 01.01.2012 abzüglich abgeführter Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 6.275,26 € netto zu zahlen;

2.

die Klägerin zu verurteilen, ihren Erstattungsanspruch gemäß § 26 SGB IV gegen die BKK Gesundheit Kasse in Höhe von 6.275,26 € netto an die Beklagte abzutreten;

hilfsweise

3.

die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 31.309,68 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 23.000,00 € seit dem 10.11.2011 aus 4.600,00 € brutto seit dem 01.12.2011 sowie aus 3.709,68 € seit dem 01.02.2012 abzüglich abgeführter Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 5.832,44 € netto zu zahlen.

4.

die Klägerin zudem zu verurteilen, ihren Erstattungsanspruch gemäß § 26 SGB IV gegen die BKK Gesundheit Kasse in Höhe von 5.832,44 € netto an die Beklagte abzutreten.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie trägt vor, in einem Gespräch am 15.03.2011 habe der Geschäftsführer L. - unstreitig - mitgeteilt, dass Frau N. ab sofort als seine Assistentin beschäftigt werde. Ab diesem Zeitpunkt sei Frau N. dementsprechend - unstreitig - nicht mehr den Weisungen der Klägerin unterworfen gewesen. Die Beklagte habe keinerlei Veranlassung für die Annahme gehabt, dass irgendwelche weiteren Mitarbeiter aufgrund des nicht näher spezifizierten Personalführungsstils der Klägerin abzuwandern gedroht hätten.

Zu Recht habe das Arbeitsgericht auch die Annahmeverzugsansprüche für die Zeit ab Mai 2011 ausgeurteilt. Die Nichtannahme des Prozessarbeitsverhältnisses sei nicht als böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs zu würdigen. Die Annahme des Angebots sei ihr nicht zumutbar gewesen. Es könne nicht angehen, dass der Klägerin durch eine offensichtlich unwirksame Änderungskündigung mit sofortiger Wirkung ihr bisheriger Tätigkeitsbereich entzogen werde. Auch seien der Entzug des Dienstwagens und der Verlust von Sonderzahlungen zu berücksichtigen.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Widerklage sei bereits unzulässig. Es sei nicht sachdienlich, diese in den Prozess einzuführen, da auf diese Weise eine Tatsacheninstanz verloren gehe. Im Übrigen sei sie unbegründet. Selbst wenn der Beklagten ein Rückforderungsanspruch zustünde, könnte sich dieser nur auf das Nettoentgelt beziehen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Sitzungsprotokolle des Arbeitsgerichts vom 06.10.2011 und der erkennenden Kammer vom 11.05.2012 sowie ergänzend auf sämtliche Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Gründe

I. Es bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung. Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs.1, 64 Abs.6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft gemäß § 64 Abs.1, 2 lit. b) und c) ArbGG.

II. Die Berufung ist aber nur hinsichtlich des Weiterbeschäftigungsantrags sowie eines Teils der Vergütungsansprüche begründet.

1. Zutreffend ist das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass das Arbeitsverhältnis durch die außerordentliche Kündigung vom 28.04.2011 nicht beendet worden ist.

a) Gemäß § 626 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Die Prüfung, ob danach im konkreten Fall ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt, hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in zwei Schritten zu erfolgen (vgl. BAG v. 27.04.2006 - 2 AZR 386/05 - NZA 2006, 977; BAG v. 07.07.2005 - 2 AZR 581/04 - NZA 2006, 98; BAG v. 11.12.2003 - 2 AZR 36/03 - AP Nr. 179 zu § 626 BGB; BAG v. 02.03.1989 - 2 AZR 280/88 - EzA § 626 BGB n.F. Nr. 118; BAG v. 17.05.1984 - 2 AZR 3/83 - AP Nr. 14 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung). Zunächst ist festzustellen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles an sich geeignet ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Dabei muss auch festgestellt werden, ob der an sich zur außerordentlichen Kündigung geeignete Sachverhalt im Streitfall zu einer konkreten Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat. In einer zweiten Stufe ist zu untersuchen, ob nach Abwägung der in Betracht kommenden Interessen der Parteien des Arbeitsverhältnisses die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist.

b) Soweit die Beklagte die (Änderungs-) Kündigung auf betriebsbedingte Gründe stützt, wird gemäß § 69 Abs.2 ArbGG vollumfänglich auf die in jeder Hinsicht zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter Ziffer I. 3. der Entscheidungsgründe Bezug genommen. Im Hinblick auf die Ausführungen der Beklagten im Berufungsverfahren ist ergänzend nur noch Folgendes auszuführen:

aa) Der behauptete Wegfall des Arbeitsplatzes durch die vorgetragene unternehmerische Entscheidung ist schon an sich nicht geeignet, einen wichtigen Grund zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung abzugeben.

Eine außerordentliche und zugleich fristlose Kündigung aus betriebsbedingten Gründen ist regelmäßig unzulässig (vgl. nur BAG v. 18.03.2010 - 2 AZR 337/08 - AP Nr. 228 zu § 626 BGB, Rn. 16). Zu prüfen ist, ob dem Arbeitgeber im Fall ordentlicher Kündbarkeit eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar wäre. Das ist bei einer betriebsbedingten Kündigung regelmäßig nicht der Fall. Dem Arbeitgeber ist, wenn aus betrieblichen Gründen eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer entfällt, selbst im Insolvenzfall zumutbar, die Kündigungsfrist einzuhalten (BAG v. 18.03.2010 a.a.O., Rn. 16; BAG v. 08.04.2003 - 2 AZR 355/02 - AP Nr. 181 zu § 626 BGB, zu II 3b aa der Gründe). Auch im Streitfall wäre es der Beklagten ohne Weiteres zumutbar, ihre angebliche unternehmerische Entscheidung erst mit Ablauf der Kündigungsfrist umzusetzen.

bb) Darüber hinaus hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren nicht darzulegen vermocht, dass die behauptete unternehmerische Entscheidung auf Dauer durchführbar ist.

(1) Zutreffend hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass eine solche Darlegung erforderlich ist. Auch wenn die unternehmerische Entscheidung selbst nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit zu überprüfen ist, so obliegt es den Arbeitsgerichten nachzuprüfen, ob eine unternehmerische Entscheidung überhaupt getroffen wurde und ob sie sich betrieblich dahingehend auswirkt, dass der Beschäftigungsbedarf für den gekündigten Arbeitnehmer entfallen ist (BAG v. 06.07.2006 - 2 AZR 442/05 - AP Nr. 82 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl).

Reduziert sich die Organisationsentscheidung zur Personalreduzierung praktisch auf die Kündigung als solche, kommt also die Organisationsentscheidung dem Entschluss zur Kündigung selbst nahe, sind diese beiden Unternehmerentscheidungen ohne nähere Konkretisierung nicht voneinander zu unterscheiden. Deshalb sind wegen der Nähe zum bloßen Kündigungsentschluss, dessen Durchsetzung wegen § 1 Abs. 2 KSchG nicht bloß auf Unsachlichkeit oder Willkür zu überprüfen ist, die Anforderungen an den gemäß § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG vom Arbeitgeber zu erbringenden Tatsachenvortrag, der die Kündigung bedingen soll, nicht zu niedrig anzusetzen (BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - AP Nr. 101 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 522/98 - AP Nr. 102 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung; BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 456/98 - AP Nr. 103 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung).

Läuft die unternehmerische Entscheidung - wie hier - letztlich nur auf den Abbau einer Hierarchieebene hinaus, verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, bedarf es dementsprechend näherer Darlegungen, damit geprüft werden kann, ob der Beschäftigungsbedarf für den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich entfallen und die Entscheidung weder offensichtlich unsachlich noch willkürlich ist. Der Arbeitgeber muss konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher von dem betroffenen Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben auf die zukünftige Arbeitsmenge anhand einer schlüssigen Prognose konkret darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden können (BAG v. 16.12.2010 - 2 AZR 770/09 - AP Nr. 186 zu § 1 KSchG 1969 Betriebsbedingte Kündigung, Rn. 15, m.w.N.). Die Unternehmerentscheidung muss hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit ("Dauer") nachvollziehbar durch Tatsachenvortrag verdeutlicht werden (vgl. BAG v. 06.07.2006 - 2 AZR 442/05 - AP Nr. 82 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Im Wege einer abgestuften Darlegungslast wäre es dann Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu erwidern. Dann wäre es wiederum Sache des Arbeitgebers, sich darauf weiter einzulassen. Der Arbeitgeber muss substantiiert dartun, wie sich die Umsetzung seiner unternehmerischen Entscheidung auf die Beschäftigungsmöglichkeiten ausgewirkt hat (BAG v. 17.06.1999 - 2 AZR 141/99 - a.a.O.).

Zu Unrecht meint die Beklagte, diese Maßstäbe dürften nicht gelten, wenn der Abbau einer Hierarchieebene in der Weise erfolgt sei, dass Aufgaben komplett auf den Geschäftsführer übertragen werden. Zwar mag es richtig sein, dass sich dann eine Prüfung erübrigt, ob hierdurch von diesem überobligationsmäßige Leistungen verlangt werden, da der Geschäftsführer nicht unter das Arbeitszeitgesetz fällt. Der Sinn der Darlegungspflicht zur organisatorischen Durchführbarkeit und Nachhaltigkeit der unternehmerischen Entscheidung liegt aber nicht nur darin, eine rechtswidrige Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbliebenen Personals, insbesondere durch rechtswidrige Mehrarbeit bzw. Erhöhung der vertraglichen Arbeitszeit, auszuschließen. Verhindert werden soll vielmehr auch, dass die unternehmerische Entscheidung lediglich als Vorwand genutzt wird, um einen Arbeitnehmer aus dem Betrieb bzw. von seinem bisherigen Arbeitsplatz zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeit fortbestehen (BAG v. 06.07.2006 - 2 AZR 442/05 - AP Nr. 82 zu § 1 KSchG 1969 Soziale Auswahl). Dieses Erfordernis besteht aber bei der Umverteilung von Aufgaben auf einen Geschäftsführer in derselben Weise wie bei der Übertragung von Arbeiten auf andere Mitarbeiter.

(2) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beklagten nicht gerecht.

Auch in der Berufungsinstanz erschöpft sich ihr Vorbringen im Wesentlichen darauf, dass sämtliche Aufgaben, welche bisher die Klägerin wahrgenommen habe, nunmehr vom Geschäftsführer L. ausgeübt würden. Wie dies durchführbar sein soll, erläutert sie nicht. Auch wenn die Grenzen des Arbeitszeitgesetzes nicht gelten, so gelten doch zumindest die Grenzen des Machbaren. Da die Klägerin ihre Aufgaben bislang in einer 35-Stunden-Woche erledigt hat, ist mangels anderer Angaben davon auszugehen, dass auch der zeitliche Aufwand, den der Geschäftsführer hierfür erbringen muss, entsprechend ist. Es fehlt jeglicher Vortrag der Beklagten dazu, dass U. L. trotz der fortbestehenden Geschäftsführeraufgaben entsprechende zeitliche Kapazitäten frei hatte.

Hieran ändert auch die pauschale Behauptung nichts, der Geschäftsführer habe seit Ausspruch der Kündigung die Aufgaben der Klägerin übernommen. Die Klägerin hat sehr detailliert dazu vorgetragen, welche Aufgaben U. L. in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer wahrzunehmen hat und welche Aufgaben ihr bislang zukamen. Die Beklagte hat diese Behauptungen weder substantiiert bestritten noch ausgeführt, wie es möglich gewesen sein soll, dass der Geschäftsführer diese umfangreichen Aufgaben allesamt durchführt. Angesichts des Fehlens eines solchen Vortrags hätte die Durchführung einer Beweisaufnahme einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt.

Darüber hinaus vermag ein Vorbringen, dass eine unternehmerische Entscheidung nach Ausspruch der Kündigung faktisch umgesetzt worden ist, zwar die Richtigkeit einer Prognose indiziell stützen, nicht aber das schlüssige Vorbringen ersetzen, aufgrund welcher Tatsachen überhaupt eine Prognose erstellt worden ist. Außerdem lässt sich ohne nähere Darlegung nicht nachvollziehen, ob die Wahrnehmung sämtlicher Aufgaben durch den Geschäftsführer nicht nur vorübergehend, sondern auf Dauer möglich ist.

c) Soweit die Beklagte die Entscheidung zur Streichung der Stelle der Fachbereichsleiterin Controlling/Pflegesätze damit begründet, die Klägerin habe ihre Aufgaben als Führungskraft nicht ordnungsgemäß ausgeführt, vermag auch dies die Kündigung nicht zu begründen.

aa) Es fehlt schon an einem Sachverhalt, der geeignet wäre, einen wichtigen Grund abzugeben. Schlechtleistungen sind ein typischer Anlass für eine ordentliche Kündigung. Sie können nur ausnahmsweise eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn sie entweder vorsätzlich erfolgen oder infolge der Fehlleistungen ein nicht wiedergutzumachender Schaden entsteht und bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ähnliche Schäden zu erwarten sind (Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften [KR] - Fischermeier, § 626 BGB Rn. 442). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

bb) Darüber hinaus hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt, worin die Schlechtleistungen gelegen haben sollen. Soweit sich zwei Mitarbeiter darüber beschwert haben sollen, die Klägerin habe jegliche Hilfestellungen vermissen lassen und die Anforderungen der Geschäftsführung "1:1" weiterdelegiert, läge nur dann ein vorwerfbares Verhalten vor, wenn die Anweisungen der Geschäftsführung zum einen für die Mitarbeiter ohne nähere Erläuterungen nicht verständlich waren und dies zum anderen für die Klägerin - etwa aufgrund von Nachfragen der betroffenen Mitarbeiter - auch erkennbar gewesen wäre. Hierzu fehlt jeglicher Vortrag. Auch der Vorwurf, die Klägerin habe Optimierungsvorschläge ihrer Mitarbeiter ohne inhaltliche Prüfung verworfen, ist nicht konkretisiert worden.

cc) Selbst wenn man aber Schlechtleistungen der Klägerin in ihrer Aufgabenwahrnehmung als Führungskraft unterstellt, so hätte es vor Ausspruch einer (Änderungs-) Kündigung jedenfalls des vorherigen Ausspruchs einer Abmahnung bedurft.

d) Die Kündigung ist auch nicht als sog. Druckkündigung begründet.

Zwar begründet die Beklagte ihre Entscheidung, die Stelle der Klägerin zu streichen, damit, sie habe aufgrund der erfolgten Eigenkündigung zweier Mitarbeiter auch den Weggang der weiteren Controlling-Mitarbeiterin N. N. befürchtet. Dies vermag die Kündigung aber nicht zu rechtfertigen. Zum einen setzt eine Druckkündigung voraus, dass Dritte vom Arbeitgeber die Entlassung eines bestimmten Arbeitnehmers fordern (vgl. BAG v. 31.01.1996 - 2 AZR 158/95 - AP Nr. 13 zu § 626 BGB Druckkündigung; KR-Fischermeier, § 626 BGB Rn. 204). Dies war hier nicht der Fall. Zum anderen stand der Weggang der Mitarbeiterin N. ohnehin nicht ernsthaft zu befürchten, da bei Ausspruch der Kündigung bereits feststand, dass diese als Assistentin der Geschäftsführung nicht mehr der Klägerin unterstellt sein würde.

2. Auch die ordentliche Änderungskündigung vom 28.04.2011 ist gemäß §§ 1, 2 S.1 KSchG wegen einer fehlenden sozialen Rechtfertigung unwirksam. Die Kammer macht sich gemäß § 69 Abs.2 ArbGG die zutreffenden Ausführungen unter Ziffer I. 3. c) und 4. der Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung zu Eigen. Ergänzend wird auf die obigen Ausführungen zur außerordentlichen Kündigung unter Ziffer II. 1. b) bb), c) bb) und cc) sowie d) Bezug genommen, die auch für die ordentliche Änderungskündigung gelten.

3. Hingegen ist die Berufung begründet, soweit sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses wendet. Jedenfalls zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung in der zweiten Instanz besteht ein solcher Weiterbeschäftigungsanspruch nicht (mehr).

Der Weiterbeschäftigungsanspruch hätte von vornherein auf die Zeit bis zum 31.12.2011 begrenzt werden müssen, da die Klägerin zum 01.01.2012 das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt des § 2 S.1 KSchG angenommen hat. Wenn ein Arbeitnehmer eine Änderungskündigung unter Vorbehalt angenommen hat, ist ein Arbeitgeber nicht aufgrund des allgemeinen Beschäftigungsanspruchs verpflichtet, den Arbeitnehmer bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu den bisherigen Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen (BAG v. 18.01.1990 - 2 AZR 183/89 - AP Nr. 27 zu § 2 KSchG 1969). Sinn und Zweck einer Vorbehaltsannahme gemäß § 2 KSchG ist es nämlich gerade, eine Regelung bis zum Abschluss des Streits über die Wirksamkeit der Änderungskündigung zu treffen. Da nur ein Streit über den Inhalt des Arbeitsverhältnisses besteht, nicht über dessen Fortbestand, besteht kein Bedarf für einen den Beendigungsstreitigkeiten entsprechenden Schutz des Arbeitnehmers. Dessen Weiterbeschäftigung - wenn auch zu geänderten Bedingungen - ist nämlich anders als im Beendigungsstreit gesichert.

Hinzu kommt, dass sich die Klägerin nunmehr in Elternzeit befindet, von der Beklagten also gar nicht zu unveränderten Bedingungen beschäftigt werden darf.

4. Bezogen auf die Vergütungsansprüche ist die Berufung nur teilweise begründet.

a) Für den Monat Mai 2011 steht der Klägerin lediglich ein Anspruch in Höhe von 2.077,42 € brutto abzüglich von der BKK gezahlter 964,34 € brutto zu.

aa) Für die Zeit vom 01.05. bis zum 13.05.2011 ergibt sich ein Anspruch aus § 3 Abs.1 EFZG, da die Klägerin arbeitsunfähig krank war. Für diese Zeit ist das geleistete Krankengeld in Abzug zu bringen.

bb) Hingegen steht der Klägerin abweichend von der erstinstanzlichen Entscheidung kein Entgeltanspruch für die Zeit vom 14.05. bis zum 30.05.2011 zu. Der 6-Wochen-Zeitraum des § 3 Abs.1 S.1 EFZG lief zum 13.05.2011 ab, da die Arbeitsunfähigkeiten in der Zeit vom 28.03. bis zum 15.04.2011 und vom 21.04.2011 bis zum 30.05.2011 auf derselben Erkrankung beruhten.

cc) Für den 31.05.2011 ergibt sich ein Anspruch der Klägerin aus §§ 611, 615 S.1 BGB.

(1) Die Beklagte befand sich gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug, da sie die von der Klägerin geschuldeten Dienste als Fachbereichsleiterin Controlling/Pflegesätze nicht angenommen hat.

Dafür bedurfte es keines tatsächlichen (§ 294 BGB) oder wörtlichen (§ 295 BGB) Angebots der Klägerin. Denn nach § 296 Satz 1 BGB ist ein solches Angebot überflüssig, wenn der Arbeitgeber zur Erbringung der Arbeitsleistung eine Mitwirkungshandlung vorzunehmen hatte, die kalendermäßig bestimmt war. Dem Arbeitgeber obliegt es, dem Arbeitnehmer für jeden Tag einen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen und den Arbeitseinsatz des Arbeitnehmers fortlaufend zu planen und durch Weisungen zu konkretisieren. Spricht ein Arbeitgeber eine Kündigung aus, die sich im Nachhinein als unwirksam herausstellt, so fehlt es für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist an der erforderlichen Mitwirkungshandlung. Ein Angebot des Arbeitnehmers ist dann nicht erforderlich (ständige Rechtsprechung, vgl. nur: BAG v. 15.09.2011 - 8 AZR 846/09 - zitiert nach juris, Rn. 22; BAG v. 21.03.1985 - 2 AZR 201/84 - AP Nr. 35 zu § 615 BGB; BAG v. 09.08.1984 - 2 AZR 374/83 - AP Nr. 34 zu § 615 BGB).

Unerheblich ist, dass die Klägerin bei Ausspruch der Kündigung arbeitsunfähig erkrankt war. Für den Annahmeverzug ab dem 31.05.2011 bedurfte es nicht einer Anzeige der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Der Arbeitgeber gerät bei Ausspruch einer unwirksamen Kündigung selbst dann in Annahmeverzug, wenn der Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Erhebung der Kündigungsschutzklage und nachfolgend arbeitsunfähig war (vgl. BAG v. 19.03.1995 - 2 AZR 552/94 - zitiert nach juris, unter Ziffer II. 1. der Entscheidungsgründe; BAG v. 24.11.1994 - 2 AZR 179/94 - AP Nr. 60 zu § 615 BGB; BAG v. 21.01.1993 - 2 AZR 309/92 - AP Nr. 53 zu § 615 BGB; BAG v. 19.04.1990 - 2 AZR 591/89 - AP Nr. 45 zu § 615 BGB). Entsteht der Annahmeverzug wegen einer fehlenden Mitwirkungshandlung des Arbeitgebers, so ist es seine Sache, dem Arbeitnehmer für den Fall des Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit vorsorglich den Arbeitsplatz anzubieten. Unterlässt er dies, so ist allein entscheidend, ob der Arbeitnehmer tatsächlich bereit und in der Lage war, zu arbeiten.

(2) Die Klägerin muss sich weder gemäß § 11 S.1 Nr.2 KSchG noch gemäß § 615 S.2 BGB das anrechnen lassen, was sie bei der Beklagten bei Annahme des Angebots zum Abschluss eines befristeten Prozessrechtsverhältnisses verdient hätte. In der Ablehnung des Angebots liegt kein böswilliges Unterlassen anderweitigen Verdienstes.

(a) Zu Recht hat das Arbeitsgericht offen gelassen, ob § 11 S.1 Nr.2 KSchG oder - wegen § 13 Abs.3 KSchG - § 615 S.2 BGB Anwendung finden. Beide Vorschriften sind nämlich inhaltlich deckungsgleich (vgl. BAG v. 17.11.2011 - 5 AZR 564/10 - NZA 2012, 260, Rn. 17; BAG v. 07.02.2007 - 5 AZR 422/06 - AP Nr. 12 zu § 615 BGB, Rn.15).

(b) Beide Bestimmungen stellen darauf ab, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar ist (BAG v. 17.11.2011 a.a.O., Rn. 17). Dabei kommt eine Anrechnung auch in Betracht, wenn die Beschäftigungsmöglichkeit bei dem Arbeitgeber besteht, der sich mit der Annahme der Dienste des Arbeitnehmers im Verzug befindet. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls. Die Unzumutbarkeit der Arbeit kann sich unter verschiedenen Gesichtspunkten ergeben. Sie kann ihren Grund in der Person des Arbeitgebers, der Art der Arbeit und den sonstigen Arbeitsbedingungen haben (BAG v. 17.11.2011 a.a.O., Rn. 17). Bei einer betriebsbedingten oder personenbedingten Kündigung ist die vorläufige Weiterbeschäftigung dem Arbeitnehmer im Gegensatz zu einer verhaltensbedingten, insbesondere außerordentlichen Kündigung in der Regel zumutbar (BAG v. 24.09.2003 - 5 AZR 500/02 - AP Nr. 4 zu § 11 KSchG 1969, unter II. 2. b der Gründe; vgl. zur verhaltensbedingten Kündigung auch BAG v. 17.11.2011 a.a.O., Rn. 18). Die außerordentliche Kündigung beeinträchtigt regelmäßig das Ansehen des Arbeitnehmers (BAG v. 24.09.2003 a.a.O.). Bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit der Arbeit sind auch vertragsrechtliche Umstände zu berücksichtigen. Allerdings ist die nichtvertragsgemäße Arbeit nicht ohne weiteres mit unzumutbarer Arbeit gleichzusetzen. Wie § 615 Satz 2 BGB schließt § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG den Fall mit ein, dass der Arbeitgeber nur vertragswidrige Arbeit anbietet. Denn das Angebot vertragsgerechter Arbeit zwecks Erfüllung des bestehenden Arbeitsverhältnisses würde den Annahmeverzug beenden (BAG v. 17.11.2011; vgl. weiterhin BAG v. 24.09.2003 - 5 AZR 500/02 - zu I der Gründe, BAGE 108, 27). Vielmehr handelt der Arbeitnehmer böswillig, dem ein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er während des Annahmeverzugs trotz Kenntnis aller objektiven Umstände vorsätzlich untätig bleibt oder die Aufnahme der Arbeit bewusst verhindert (BAG v. 17.11.2011 a.a.O.; BAG v. 07.02.2007 a.a.O., Rn. 15).

(c) Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Arbeitsgericht darin zu folgen ist, dass beim Annahmeverzug nach Ausspruch einer Änderungskündigung der Regelungsmechanismus des § 2 KSchG nicht unterlaufen werden darf. Unabhängig hiervon liegt jedenfalls im vorliegenden Fall kein böswilliges Unterlassen anderweitigen Erwerbs vor. Der Klägerin war die Annahme des befristeten Prozessarbeitsverhältnisses nicht zumutbar.

Allerdings ergibt sich die Unzumutbarkeit nicht aus der Art der angebotenen Beschäftigung. Dies zeigt sich schon daran, dass die Klägerin selbst die Tätigkeit für die Zeit ab dem 01.01.2012 für zumutbar erachtet hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ihr im Rahmen des Prozessarbeitsverhältnisses dasselbe Grundgehalt gezahlt worden wäre wie bei ihrer vertraglichen Beschäftigung als Fachbereichsleiterin Controlling/Pflegesätze. Auch unter Berücksichtigung des Dienstwagenentzugs sowie des Verlusts etwaiger Sonderzahlungen hätten sich die finanziellen Einschränkungen somit in Grenzen gehalten. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin vor ihrer Beförderung zur Fachbereichsleiterin als Controllerin gearbeitet hat.

Die Unzumutbarkeit folgt aber aus den sonstigen Umständen. Hier ist zu bedenken, dass die Beklagte das Ansehen der Klägerin durch den Ausspruch der fristlosen Kündigung beeinträchtigt hat. Zwar ist diese Kündigung vorrangig als betriebsbedingte Kündigung begründet worden. Gegenüber den anderen Mitarbeitern entsteht aber zwangsläufig der Eindruck, es müsse etwas vorgefallen sein, da eine fristlose betriebsbedingte Kündigung - abgesehen von Extremfällen wie z.B. der Zerstörung des Betriebs durch eine Naturgewalt - faktisch nicht existiert. Zudem wurde die angebliche unternehmerische Entscheidung mit dem Vorwurf verknüpft, die Klägerin sei als Führungskraft ungeeignet bzw. habe sich als Führungskraft in einer Weise falsch verhalten, die den Entzug dieser Position rechtfertige.

Die Unzumutbarkeit der Annahme des Angebots der Beklagten vom 13.05.2011 ergibt sich zusätzlich noch aus einem anderen Aspekt: Als Ausgestaltung des Grundsatzes von Treu und Glauben ist bei der Beurteilung der Böswilligkeit des Unterlassens anderweitigen Verdienstes auch das Verhalten des Arbeitgebers von Bedeutung (für das Verhalten des Arbeitgebers im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses: BAG v. 24.09.2003 - 5 AZR 500/02 - AP Nr. 4 zu § 11 KSchG 1969, unter II. 2. b der Gründe). Je weniger ein Arbeitgeber schutzwürdig ist, desto weniger muss der Arbeitnehmer auf ihn Rücksicht nehmen. Eine Schutzwürdigkeit der Beklagten vermag die Kammer nicht zu erkennen. Diese hat sich ungeprüft die von einigen Mitarbeitern gegen die Klägerin erhobenen Vorwürfe zu eigen gemacht, und versucht, durch Ausspruch einer offensichtlich unbegründeten fristlosen (Änderungs-) Kündigung ihre Vorstellungen nach Gutsherrenart durchzusetzen. Ein solcher Arbeitgeber kann nur in geringerem Umfang eine Rücksichtnahme erwarten als ein Arbeitgeber, der in gutem Glauben eine Kündigung ausspricht, die sich dann allerdings als unwirksam herausstellt. Hier bestand zudem - anders als in dem Sachverhalt, welcher der oben zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.11.2011 zugrunde lag - auch nie eine ernsthafte Unsicherheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

(3) Insgesamt sind der Klägerin somit für den Monat Mai 2011 14 Kalendertage zu vergüten. Hieraus errechnet sich folgender Anspruch:

4.600,- € : 31 Tage = 148,387 €.

148,387 € x 14 Tage = 2.077, 42 €.

Dies entspricht dem von der Beklagten abgerechneten Entgelt. Hiervon ist das für die Zeit vom 01.05. bis zum 30.05.2011 geleistete Krankengeld in Höhe von 964,34 brutto in Abzug zu bringen. Die Höhe des Krankengeldes für den vorgenannten Zeitraum wurde anhand der Bescheinigung der DAK-Gesundheit vom 28.03.2012 wie folgt errechnet:

Brutto-Leistung für die Zeit vom 01.05. bis zum 30.05.2011: insgesamt 2.225,40 €.

2.225,40 : 30 = 74,18 € (= kalendertägliche Leistung).

74,18 € x 13 = 964,34 € brutto.

b) Für den Zeitraum Juni bis August 2011 stehen der Klägerin Entgeltansprüche gemäß §§ 611, 615 BGB in Höhe von insgesamt 13.800,- € brutto abzüglich von der Agentur für Arbeit geleisteter 2.835,- € zu.

Zur Anspruchsbegründung kann vollumfänglich auf die obigen Ausführungen unter Ziffer 4. a) cc) verwiesen werden. Die Höhe des Anspruchs entspricht drei Monatsgehältern. Hiervon ist das Arbeitslosengeld, welches die Klägerin laut Bescheid der Agentur für Arbeit vom 29.06.2011 bezogen hat, in Abzug zu bringen. Der Abzugsbetrag von 2.835,- € errechnet sich wie folgt:

Der tägliche Zahlbetrag von 40,50 € ist mit 70 Kalendertagen zu multiplizieren, nämlich zehn Tagen im Juni und jeweils 30 Tagen (siehe den Hinweis auf S.2 des vorgenannten Bescheids) für die Monate Juli und August 2011.

c) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 Abs.1 BGB.

Insoweit ist auch von einem Verschulden der Beklagten auszugehen. Insbesondere liegt kein entschuldbarer Rechtsirrtum hinsichtlich des Bestehens der Schuld vor (zu den Voraussetzungen eines solchen vgl. nur BAG v. 13.06.2002 - 2 AZR 391/01 - AP Nr. 97 zu § 615 BGB).

Die Entgeltansprüche waren gemäß der Regelung im Arbeitsvertrag am Monatsende fällig, so dass sich die Beklagte jeweils am Folgetag in Verzug befand. Da der 31.07.2011 (= Ende des Monats, vgl. § 192 BGB) ein Sonntag war, verschob sich die Fälligkeit des Entgelts für diesen Monat gemäß § 193 BGB auf den nächsten Werktag, also den 01.08.2011. Verzugsbeginn war dementsprechend am 02.08.2011.

Die Verzugsansprüche reduzieren sich um die Arbeitslosengeldzahlungen. Da die Klägerin zwar in der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz am 06.10.2011 erklärt hat, die Zahlungen seien noch nicht erfolgt, jedoch zweitinstanzlich nicht vorgetragen hat, wann anschließend die Zahlungen bei ihr eingegangen sind, war zugunsten der Beklagten ein Zahlungseingang im Laufe des 06.10.2011 zu unterstellen.

5. Die Widerklage war als unbegründet abzuweisen.

a) Bedenken gegen die Zulässigkeit der Widerklage bestehen nicht. Die Voraussetzungen des § 533 ZPO liegen vor.

Zum einen war die Erhebung der Widerklage im Berufungsverfahren sachdienlich, weil kein völlig neuer Streitstoff eingeführt wurde. Hinsichtlich der Rückforderung der zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil erster Instanz geleisteten Beträge ergibt sich dies schon daraus, dass die Begründetheit dieser Ansprüche im Wesentlichen davon abhängt, ob das erstinstanzliche Urteil abzuändern ist. Die weitergehende Widerklageforderung betrifft die Zahlungen für September bis Dezember 2011. Diese stehen mit den Klageforderungen in einem engen Zusammenhang.

Die Widerklage wird zudem ausschließlich auf Tatsachen gestützt, welche die streitentscheidende Kammer nach § 529 ZPO ohnehin ihrer Verhandlung und Entscheidung über die Berufung zugrunde zu legen hat.

b) Die Widerklage ist aber unbegründet.

a) Bezüglich der zum Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung erfolgten Zahlungen für die Monate Mai bis August 2011 scheidet ein Anspruch gemäß § 717 Abs.2 oder 3 ZPO aus. Zahlungen, die über das hinausgehen, was der Klägerin nach der zweitinstanzlichen Tenorierung zusteht, sind nicht erfolgt.

Da die Leistungen dementsprechend mit Rechtsgrund erfolgt sind, scheidet ein Rückerstattungsanspruch gemäß § 812 BGB ebenfalls aus.

b) Es besteht auch kein Rückforderungsanspruch bezogen auf die Entgeltzahlungen, welche die Beklagte für die Monate September bis Dezember 2011 gezahlt hat. Als Anspruchsgrundlage kommt § 812 Abs.1 S.1 Alt.1 BGB in Betracht.

aa) Für die Monate September und Oktober 2011 (mit Ausnahme des 03.10.) steht der Klägerin gemäß §§ 611, 615 BGB jeweils ein Entgeltanspruch wegen Annahmeverzugs zu. Die obigen Ausführungen bezüglich des Anspruchs für den 31.05.2011 (Ziffer II. 4. cc) (1) und (2) der Entscheidungsgründe) gelten entsprechend. Für den 03.10.2011 folgt der Anspruch aus § 2 Abs.1 EFZG.

bb) Auch für den Monat November 2011 hat die Klägerin einen Entgeltanspruch in Höhe von 4.600,- € brutto. Für den 01.11.2011 ergibt sich der Anspruch aus § 2 Abs.1 EFZG, für die Zeit vom 02.11. bis zum 08.11.2011 wiederum entsprechend den obigen Ausführungen aus §§ 611, 615 BGB. Ab dem 09.11.2011 besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung wegen einer Arbeitsunfähigkeit gemäß § 3 Abs.1 EFZG.

Dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung steht entgegen der Ansicht der Beklagten keine fehlende Arbeitswilligkeit der Klägerin entgegen. Abgesehen davon, dass die Klägerin - wie oben dargelegt - nicht verpflichtet war, zur Vermeidung von Annahmeverzug das von der Beklagten angebotene Prozessrechtsarbeitsverhältnis anzunehmen, ist dies im Rahmen des Anspruchs gemäß § 3 Abs.1 EFZG ohnehin irrelevant. Zwar ist es zutreffend, dass ein Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs.1 S.1 EFZG nur dann besteht, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Der Anspruch auf Arbeitsentgelt darf nicht bereits aufgrund anderer Ursachen - wie einer fehlenden Arbeitsbereitschaft - entfallen (vgl. BAG v. 24.03.2004 - 5 AZR 355/03 - AP Nr. 22 zu § 3 EntgeltFG; BAG v. 04.12.2002 - 5 AZR 494/01 - AP Nr. 17 zu § 3 EntgeltFG). Insoweit kommt es aber allein darauf an, ob der Arbeitnehmer bereit ist, die vertragsgemäße Arbeitsleistung zu erbringen (vgl. BAG v. 04.12.2002 a.a.O., unter II. 3. c) der Entscheidungsgründe). Eine Anrechnung des böswilligen Unterlassens eines Erwerbs durch anderweitige Verwendung der Dienste gemäß § 615 S.2 BGB bzw. § 11 Nr.2 KSchG findet im Falle einer Arbeitsunfähigkeit nicht statt. Auch eine entsprechende Anwendung dieser Grundsätze scheidet aus, weil sie gerade auf den Fall des Annahmeverzugs zugeschnitten sind. Ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank, besteht keine Obliegenheit zur anderweitigen Arbeit (BAG v. 24.03.2004 a.a.O., unter I. 3. a) der Entscheidungsgründe).

Die Klägerin war bereit, ihre vertragsgemäße Arbeit als Fachbereichsleiterin Controlling/Pflegesätze zu erbringen. Umstände, die es der Beklagten dennoch nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) als unzumutbar erscheinen ließen, Entgeltfortzahlung zu leisten (vgl. zu dem Einwand von Treu und Glauben im Rahmen des § 3 EFZG: BAG v. 24.03.2004 a.a.O. und BAG v. 04.12.2002 a.a.O.), sind nicht ersichtlich.

cc) Entsprechend den obigen Ausführungen unter bb) steht der Klägerin gemäß § 3 Abs.1 S.1 EFZG auch ein Entgeltfortzahlungsanspruch für die Zeit vom 01.12. bis zum 25.12.2011 in Höhe des von der Beklagten zutreffend errechneten Betrages von 3.709,68 € brutto zu.

c) Da der Klägerin der Entgeltanspruch für die oben genannten Zeiträume zustand, war die Beklagte verpflichtet, die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge zu erbringen. Dementsprechend sind auch die auf Abtretung eines Erstattungsanspruchs nach § 26 SGB IV gerichteten Widerklageanträge unbegründet.

B.

I. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs.1 ZPO und entspricht dem wechselseitigen Obsiegen bzw. Unterliegen in erster und zweiter Instanz. Dabei wurde berücksichtigt, dass sich die Widerklage nur insoweit streitwerterhöhend auswirkte, als sie sich auf die Zahlungen für September bis Dezember 2011 bezog. Für die Ansprüche der Monate Mai bis August 2011 gilt § 45 Abs.1 S.3 GKG.

II. Die Revision war nicht zuzulassen. Dem Rechtsstreit liegen keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zugrunde. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, bei der die vom Bundesarbeitsgericht aufgestellten Grundsätze zugrunde gelegt wurden. Auch sonstige Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

RECHTSMITTELBELEHRUNG

Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72a ArbGG verwiesen.

Barth Bauer Bargenda