OLG Hamm, Urteil vom 29.10.2012 - I-17 U 130/11
Fundstelle
openJur 2012, 131283
  • Rkr:

Zur Abgrenzung eines Werkvertrages vom Werklieferungsvertrag bei der Produktion von Steuereinheiten.

Zur Unzulässigkeit eines Feststellungsantrages (gerichtet auf Feststellung, zukünftige weitere Schäden zu ersetzen), wenn die für vertragliche Schadensersatzansprüche zum Schutz des Vermögens notwendige Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens fehlt.

Tenor

Auf die Berufungen der Parteien wird das am 26.07.2011 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Detmold teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 70.335,98 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2005 zu zahlen.

Hinsichtlich des Feststellungsantrages wird die Klage als unzulässig abgewiesen. Im Übrigen wird die Klage (als unbegründet) abgewiesen.

 

Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

 

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte zu 62 % und die Klägerin zu 38 %.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird - in Abänderung der bisherigen Festsetzung - für die Berufung der Klägerin auf 8.398,11 € und für die Berufung der Beklagten auf 104.463,87 €, insgesamt auf 112.861,98 € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz i.H.v. insgesamt 82.861,98 € sowie die Feststellung weiteren Schadensersatzes wegen einer nach ihrer Behauptung fehlerhaft entwickelten elektronischen Steuereinheit für ein Kleinteilereinigungsgerät.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Feststellungen und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 74.463,87 € (nebst Zinsen) verurteilt und die beantragte Feststellung getroffen; die weitergehende Klage hat es abgewiesen (8.398,11 € nebst Zinsen).

Zur Begründung hat es ausgeführt, nach dem Ergebnis der beiden eingeholten Sachverständigengutachten stehe fest, dass die Steuereinheit mangelhaft sei. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen L sei die thermische Dimensionierung nicht korrekt, weshalb es zu Baugruppenausfällen gekommen sei. Nach dem Pflichtenheft hätte die Steuerung der Betriebsströme nicht nur auf 9.03 A, sondern mindestens auf 10,38 A ausgelegt sein müssen. Zudem sei für alle Steuerungen kein ausreichend sicherer Betrieb ohne Gefährdung von Personen möglich. Der Schaden bestehe nur in Höhe von 55.913,87 € nebst nutzlos aufgewendeter Kosten von 18.550 € für die von der Beklagten empfohlene Speziallackierung, die nicht zu Beseitigung der Mängel geeignet gewesen sei.

Gegen dieses Urteil haben beide Parteien form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Die Klägerin verfolgt ihre Restforderung im Umfang der Klageabweisung weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Das Landgericht hätte die Schadenspositionen nicht um die Mehrwertsteuer kürzen dürfen, weil sich aus den jeweiligen Belegen eindeutig ergebe, dass es sich um Nettobeträge handele.

Dies gelte sowohl für die Rechnung der Firma J (Bl. 27; Pos. 10. der Schadensberechnung) als auch für die Kosten des Einbaus von Austauschsteuerungen (Bl. 116 ff.; Pos. 7. der Schadensberechnung); dies ist zwischen den Parteien in 2. Instanz unstreitig.

Hinsichtlich der Schadenspositionen 11. (Fehleranalyse durch Klägerin) als auch der Pos. 4.-6. (Austausch Steuerungseinheiten) seien bereits in der Klageschrift Nettokosten geltend gemacht worden, so dass keine weitere Kürzung um die MWSt vorzunehmen sei.

Rechtsirrig habe das Landgericht außerdem von den Kosten der Fehleranalyse (Pos. 10.-12. der Schadensberechnung) nur die Hälfte angesetzt. Weder aus dem angefochtenen Urteil noch den Sachverständigengutachten gehe hervor, welche weiteren konstruktiven Probleme nicht in den Verantwortungsbereich der Beklagten fallen sollen. Die angefallenen Kosten seien bereits in erster Instanz mit den Schriftsätzen vom 05.01. und 22.05.2007 im Einzelnen dargelegt und unter Beweis gestellt worden.

Im Übrigen enthalte das Urteil einen Additionsfehler; die Gesamtsumme auf Seite 7 UA betrage nicht 66.537,50 €, sondern 66.587,50 €.

Die Klägerin beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie weitere 8.398,11 € nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.11.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat diese Forderung in Höhe von 2.888,40 € nebst Zinsen anerkannt und beantragt im Übrigen,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte verfolgt den in erster Instanz gestellten Klageabweisungsantrag weiter. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht angenommen, zwischen den Parteien sei ein Werkvertrag geschlossen worden. Vielmehr handele es sich um einen Werklieferungsvertrag, auf den Kaufrecht Anwendung finde. Nach der Entwicklung der Steuerung sei ein Rahmenvertrag geschlossen worden, innerhalb dessen die Klägerin stets Losgrößen in unterschiedlicher Größenordnung abgerufen habe. Nach Gefahrenübergang sei die Klägerin für einen Mangel darlegungs- und beweispflichtig; sie habe nicht ausreichend vorgetragen, welche Steuerung genau (Seriennummer) im Einzelnen mangelhaft gewesen sei und zu welchem Zeitpunkt der Mangel festgestellt worden sei.

Im Übrigen berufe sie, die Beklagte, sich nunmehr in 2. Instanz auf die Einrede der Verjährung. Ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Bl. 457 ff.) seien Vertragsgrundlage geworden; die Verjährungsfrist für Mängelansprüche betrage danach 12 Monate ab Gefahrenübergang. Die Verjährungsfrist sei erst durch die Klageerhebung (Eingang beim Landgericht am 08.06.2006) unterbrochen worden; sämtliche Gewährleistungsansprüche für vor dem 08.06.2005 ausgelieferte Steuerungen seien deshalb verjährt. Vom 16.12.2003 bis zu 29.01.2004 seien 274 Steuerungen und im Zeitraum vom 09.06.2004 bis zum 31.03.2005 1193 Steuerungen an die Klägerin ausgeliefert worden. Die im nicht verjährten Zeitraum gelieferten Steuerungen seien mangelfrei.

Zwar möge zutreffend sein, dass die Forderungen laut Pflichtenheft für den kanadischen und amerikanischen Raum nicht erfüllt worden seien.

Unzutreffend habe der Sachverständige L allerdings ausgeführt, auch die in Europa eingesetzten Steuerungen könnten nicht ohne Gefährdung von Personen betrieben werden. Er habe sich mit dem Einsatzfeld der Steuerung im europäischen Markt überhaupt nicht oder nur am Rande und dann elementar fehlerhaft befasst; falsche und hypothetische Ausführungen würden gemacht, notwendige Berechnungen und die Erstellung eines Nomogramms auf der Grundlage im Einzelnen dargestellter Werte nicht durchgeführt. Auf diesen erheblichen Mangel des Gutachtens sei bereits in dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 01.02.2011 (Bl. 346 ff.) hingewiesen worden.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Es werde bestritten, dass die Beklagte seinerzeit über Allgemeine Geschäftsbedingungen verfügt habe und diese über das Internet abrufbar gewesen seien. Die Auftragsbestätigung vom 05.03.2003 enthalte keinerlei Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, diese seien, was zwischen den Parteien unstreitig ist, in 1. Instanz auch nicht vorgelegt worden.

Zutreffend habe das Landgericht angenommen, zwischen den Parteien sei ein Werkvertrag zu Stande gekommen. Die Haftung der Beklagten ergebe sich über im Übrigen aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz, dass ein Schutzgesetz sei. Danach hätte die Steuerungseinheit so hergestellt werden müssen, dass bei bestimmungsgemäßer Verwendung oder vorhersehbarer Fehlanwendung Dritte nicht gefährdet würden.

Die Einwendungen gegen das Sachverständigengutachten L seien verspätet. In ihrem Schriftsatz vom 01.02.2011 habe die Beklagte vorgetragen, grundsätzlich seien die Bewertungen des Sachverständigen sachlich korrekt; sie habe dort lediglich ausgeführt, die Prüfung des Geräts nach einer für den kanadischen Markt gültige Norm sei nicht Bestandteil des Entwicklungsauftrages gewesen. Im übrigen sei der Vortrag zum Ergebnis des Gutachtens L unzutreffend.

Im Senatstermin hat die Klägerin zur Begründung des Feststellungsantrages vorgetragen, da keine entsprechenden Listen geführt worden seien wisse sie nicht, ob alle über Händler an Kunden ausgelieferten Geräte in Ordnung seien, vermutlich sei nur ein Teil mit neuen Steuerungen ausgestattet worden. Es sei möglich, dass zukünftig Personen zu Schaden kämen, sie befürchte daher Haftungsbeträge in erheblicher Höhe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird Bezug genommen auf ihre in zweiter Instanz zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen.

B.

Die zulässigen Berufungen der Parteien sind teilweise begründet.

I. Berufung der Beklagten

Die Berufung der Beklagten hat nur teilweise Erfolg, soweit sie sich gegen eine zuerkannte Schadensersatzforderung von 11.771,58 € und die getroffene Feststellung richtet. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet; die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von insgesamt 62.692,29 € gemäß § 437 Nr. 3 BGB i. V. m. §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 Abs. 1 BGB oder i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB (je nach Schadensart, vgl. nachfolgend sowie zur Abgrenzung Palandt/Weidenkaff, § 280 BGB, Rn. 18).

1. Vertrag der Parteien: Werklieferungsvertrag (§ 651 BGB)

Entgegen der Meinung der Klägerin und des Landgerichts haben die Parteien keinen Werkvertrag, sondern einen Werklieferungsvertrag im Sinne von § 651 BGB geschlossen, auf den die Vorschriften des Kaufrechts anzuwenden sind.

Die Beklagte macht hier Mängel nicht des ursprünglich von der Beklagten hergestellten Prototyps geltend, sondern Mängel an den später gelieferten Serienprodukten und darauf gestützten Schadensersatz. Deshalb ist nicht der im Februar 2003 zustande gekommene Vertrag zwischen den Parteien über die Entwicklung eines Prototyps der elektronischen Steuereinheit maßgeblich, sondern der später geschlossene (unstreitige und wohl schriftlich geschlossene, aber nicht vorgelegte) Rahmenvertrag. Dieser ist als Werklieferungsvertrag und nicht als Werkvertrag zu qualifizieren.

Ein Werkvertrag fällt nicht unter § 651 BGB, wenn nach dem Vertragsinhalt nicht die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz im Vordergrund steht, sondern ein über die bloße technische Herstellung der beweglichen Sache hinausgehender Gesamterfolg den Schwerpunkt der Verpflichtung des Unternehmers bildet. Das ist vor allem der Fall, wenn für diesen Gesamterfolg weitere über die Pflicht zur reinen technischen Herstellung der Sache hinausgehende Leistungen erforderlich sind, die den Schwerpunkt des Vertrages bilden. Mit der Herstellung zusammenhängende Leistungen genügen dafür in der Regel nicht, z.B. eine planerische Tätigkeit des Unternehmers als Vorstufe der Herstellung (vgl. BGH, NJW 2009, 2877; Palandt/Sprau, 71. Auflage, § 651 BGB, Rn. 4 und Rn. 5).

Hier haben die Parteien nach dem unstreitigen zweitinstanzlichen Sachvortrag der Beklagten nach dem Vertragsschluss über die Entwicklung eines Prototyps der Steuereinheit im Februar 2003, der unzweifelhaft als Werkvertrag zu qualifizieren ist, einen weiteren Rahmenvertrag geschlossen über die serienmäßige Produktion der Steuereinheiten und deren Lieferung auf Abruf der Klägerin. Mangels anderer Anhaltspunkte (insbesondere mangels Vorlage der entsprechenden Vertragsurkunde) ist davon auszugehen, dass für diesen Rahmenvertrag, nachdem die Planungsleistung bereits aufgrund eines gesonderten Vertrages erbracht war, im Schwerpunkt auf die Lieferung der hergestellten Steuereinheiten gerichtet war. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte die Steuereinheiten in die Kleinteilereinigungsgeräte eingebaut hat.

Da sich bei den Steuereinheiten um nicht vertretbare Sachen i.S.v. § 91 BGB handelt (vgl. dazu Palandt/Sprau, § 651 BGB, Rn. 8), gelten gemäß § 651 S. 3 BGB teilweise werkvertraglichen Vorschriften, die für den vorliegenden Fall aber keine Rolle spielen.

2. Sachmangel bei Gefahrenübergang (Ablieferung oder Auslieferung, §§ 651 S. 3, 446 f. BGB)

Zur Begründung ihrer Schadensersatzansprüche beruft sich die Klägerin lediglich auf Mängel der Steuereinheiten, die für Kanada und die USA geliefert worden sind. Mängel dieser Steuereinheiten hat das Landgericht für den Senat gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend festgestellt. Die Beklagte zeigt keine konkreten Anhaltspunkte auf, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit dieser - auf dem Gutachten des Sachverständigen L beruhenden - Feststellungen begründen.

Soweit sich die Beklagte mit der Berufungsbegründung darauf beruft, der Sachverständige L habe unzutreffend festgestellt, dass auch die in Europa eingesetzten Steuerungen keinen ausreichenden Betrieb ohne Gefährdung von Personen gewährleisten, kommt es darauf für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Da sich das Schadensersatzbegehren der Klägerin nur auf die Steuereinheiten für die USA und Kanada bezieht, sind auch nur die Ausführungen des Sachverständigen in dieser Hinsicht maßgeblich. Die Beklagte gesteht allerdings in der Berufungsbegründung und nochmals im Senatstermin zu, dass die für den kanadischen und amerikanischen Raum bestimmten Steuereinheiten mangelhaft waren. Ihre Ausführungen in der Berufungsbegründung betreffend den europäischen Raum sollen dies nicht in Zweifel ziehen; das hat die Beklagte im Senatstermin klargestellt.

Entgegen der Ansicht der Beklagten hat die Klägerin die Mängel ausreichend substantiiert dargelegt. Sie liegen nach dem Sachvortrag der Klägerin bei allen Steuereinheiten vor und sind nach ihren Symptomen hinreichend beschrieben und dargelegt. Es kommt nicht darauf an, im Einzelnen vorzutragen, welche Steuereinheiten (Lieferung, Seriennummern) mangelhaft sind; denn alle Steuereinheiten sind unstreitig gleichermaßen konzipiert und hergestellt und weisen damit denselben Mangel auf.

3. Fristsetzung und deren Entbehrlichkeit

Eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung gem. §§ 440 S. 1, 281 Abs. 2 BGB war entbehrlich, weil die Beklagte bereits mit Schreiben vom 29.11.2005 von ihr zu vertretende Mängel und ihre Schadensersatzpflicht in Abrede gestellt und damit auch jegliche Mängelgewährleistung ernsthaft und endgültig verweigert hat.

4. Höhe des Schadens

Hinsichtlich der Höhe des Schadens hat die Berufung der Beklagten teilweise Erfolg; soweit sie zur Zahlung von mehr als 62.692,29 € verurteilt worden ist.

Dies ergibt sich aus folgender Berechnung:

Pos.

Bezeichnung

(Anzahl der Geräte)

Forderung Klägerin (€)

Belege Bl. …d.A.

Urteil Landgericht (€)

Berufung Beklagte (€)

Betrag Senat (€)

1.-3.

(Ungeeignete neue) Beschichtung in Kanada auf Vorschlag d. Beklagten durch Fa. X

(250 Geräte)

15.856,55

13

63-66

124 f.

14.050,00

0,00

14.050,00

4.-6.

Einbau neuer Steuereinheiten in Kanada u. USA durch Fa. X

(358 Geräte)

27.049,43

67-69

125 f.

31.344,54

0,00

27.049,43

7.

Materialkosten geschätzt zu Pos. 4.-6.

(380 Geräte)

18.430,00

116 ff.

15.202,10

0,00

15.202,10

8.

(Ungeeignete neue) Beschichtung in Dtschl.

(150 Geräte)

4.500,00

91

4.500,00

0,00

4.500,00

9.

Geschätzte Kosten Geräteersatz in Kanada

(7 Geräte)

4.026,00

3.947,06

0,00

0,00

10.

Kosten Privat-Sachverständiger Dr. X

4.500,00

27

1.890,76

0,00

1.890,76

11.

Geschätzte eigene Kosten der Klägerin in Kanada (Verhandlungen, Fehleranalyse, Besprechungen mit Beklagte)

7.500,00

91

3.151,26

0,00

0,00

12.

Kosten Klägerin für Reisen d. Mitarbeiters G nach Kanada

1.000,00

70-73

420,17

0,00

0,00

Summe:

82.861,98

74.463,87

0,00

62.692,29

a.

Der Senat hat gemäß § 287 ZPO aufgrund der vorgelegten Belege in Verbindung mit den Ausführungen im Gutachten des Sachverständige L den Schaden wie oben tabellarisch dargestellt auf den genannten Betrag geschätzt.

Die Anzahl der in der Schadensaufstellung der Klägerin angegebenen reparierten Steuereinheiten hat die Beklagte im Senatstermin unstreitig gestellt; einer Beweisaufnahme bedurfte es deshalb nicht.

Die Anzahl der Stunden und die Kostensätze sind durch die Belege und die Ausführungen des Sachverständigen L ausreichend nachgewiesen.

b.

Hinsichtlich der einzelnen vorgenannten Positionen gilt im Übrigen Folgendes:

Die Positionen 1.-3. sind ersatzfähig in Höhe des vom Landgericht zuerkannten Betrages. Nach dem Sachverständigengutachten ist die Beschichtung erforderlich für die mangelfreie Herstellung der Steuereinheiten zur Verhinderung von Kondensatbildung. Die Mängelbeseitigungskosten hat die Beklagte schon deshalb zu tragen. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob die Beschichtung darüber hinaus auch ungeeigneten zur Beseitigung des von der Klägerin ursprünglich gerügten Mangels der Steuereinheiten war.

Die Positionen 4.-6. sind nur im geltend gemachten Umfang zu erstatten, hinsichtlich des vom Landgericht zugesprochenen höheren Betrages liegt ein Verstoß gegen § 308 I ZPO vor, wonach das Gericht nicht befugt ist, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist.

Im Übrigen ist weder aus den Belegen noch aus den Ausführungen des Sachverständigen L ersichtlich, dass es sich insoweit um Bruttobeträge handelt und nicht um - ersatzfähige - Nettobeträge.

Hinsichtlich der Position 7. ist in zweiter Instanz unstreitig geworden und auch aus der Rechnung ersichtlich, dass es sich um einen Nettobetrag handelt.

Hinsichtlich der Position 8. gelten die Ausführungen zu Positionen 1.-3. entsprechend.

Die Position 9. ist nicht erstattungsfähig, weil die Klägerin auf das Bestreiten der Beklagten hin nicht vorgetragen hat, dass ein Schaden in der geltend gemachten Höhe tatsächlich eingetreten ist.

Hinsichtlich der Position 10. ist in zweiter Instanz unstreitig geworden und auch aus der Rechnung ersichtlich, dass es sich um einen Nettobetrag handelt.

Der vom Landgericht vorgenommene Abzug von 50 % auf den Komplex „Fehleranalyse“ und damit auch auf die Position 10. ist nicht gerechtfertigt. Der Sachverständige hat lediglich eine - nicht verifizierte - Vermutung geäußert, wegen chemischer Angriffe auf das Gehäuse könnten weitere konstruktive Probleme bestehen; die Beklagten hat diesen Gesichtspunkt allerdings weder vorgetragen noch konkret aufgegriffen, so dass er nicht berücksichtigt werden kann.

Bei den in Positionen 11. und 12. der Schadensaufstellung angesetzten Kosten handelt es sich um nicht ersatzfähigen Zeitaufwand von Mitarbeitern der Klägerin (vgl. dazu nur Palandt/Grüneberg, § 249 BGB, Rn. 59 und vor § 249 BGB, Rn. 44 m.w.N.).

5. Verjährung

Die in 2. Instanz erstmals erhobene und damit neue Verjährungseinrede der Beklagten greift nicht durch.

a.

Sie stützt sich dabei auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Ziffer VII. 2.: Verjährung der Sachmängelansprüche in 12 Monaten nach Ablieferung), „Stand Januar 2003“, hat allerdings auf das Bestreiten der Klägerin hin nicht schlüssig vorgetragen, dass diese wirksam in den (unstreitigen) Rahmenvertrag einbezogen worden sind. Vielmehr bezieht sie sich lediglich auf den Vertragsschluss aus Februar 2003 betreffend die Entwicklung des Prototyps und dabei insbesondere auf ihr Angebot vom 20.02.2003, nicht aber auf die (nicht vorgetragenen) Vereinbarungen des Rahmenvertrages, die für die Einbeziehung ggf. maßgeblich wären.

Hinzu kommt, dass sie auf das Bestreiten der Klägerin hin keinen Beweis dafür anbietet, dass sie bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Rahmenvertrages diese Geschäftsbedingungen verwendet hat; allein der Aufdruck "Stand Januar 2003" auf den vorgelegten Geschäftsbedingungen genügt zum Nachweis nicht.

b.

Es kommt angesichts dessen nicht darauf an, ob der Sachvortrag der Beklagten zu der Verjährungseinrede in 2. Instanz zuzulassen ist (vgl. dazu Großer Senat des BGH, Beschl. v. 23.06.2008, GSZ 1/08, NJW 2008, 3434; BGH, NJW 2009, 685; WM 2008, 2307; NJW 2005, 291, 292 f.; NJW-RR 2006, 630; OLG Hamm, 28. ZS, Urteil vom 23.2.2006, 28 U 217/04; OLG Celle NJW-RR 2006, 1530; Zöller/Gummer/Heßler, 26. Auflage, § 531 ZPO, Rn. 8 und 22 m. w. N.).

6. Feststellungsantrag

Der Feststellungsantrag der Klägerin nach § 256 I ZPO ist unzulässig und die Berufung der Beklagten auch insoweit erfolgreich.

Es fehlt die für vertragliche Schadensersatzansprüche zum Schutz des Vermögens notwendige Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadens, die die Klägerin hätte substantiiert darlegen müssen (vgl. nur BGH, NJW 2006, 830, 832; Zöller/Greger, § 256 ZPO, Rn. 9 m.w.N.). Auch nach Erörterung im Senatstermin hat sie nur eine nicht näher konkretisierte Befürchtung/Möglichkeit geäußert, dass zukünftig durch defekte Steuereinheiten Schäden entstehen könnten, für die sie haften müsste. Das genügt allerdings nicht, um die vorgenannten Voraussetzungen zu erfüllen.

II. Berufung der Klägerin

Über den oben genannten Betrag von 62.692,29 € hinaus kann die Klägerin von der Beklagten weitere 7.643,69 € als Schadensersatz verlangen; ihre weitergehende Berufung ist unbegründet.

In Höhe von 2.888,40 € hat die Beklagte den in 2. Instanz weiterverfolgten Anspruch anerkannt (§ 307 ZPO).

In Höhe von weiteren 4.755,29 € ist die Berufung der Klägerin aus der bereits oben im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel der Beklagten genannten Begründung erfolgreich.

Entsprechend der vorherigen tabellarischen Darstellung ergibt sich der Betrag von 7.643,69 € (2.888,40 € plus 4.755,29 €) und der begründete gesamte Schadensersatzanspruch der Klägerin (70.335,98 €) aus folgender Berechnung:

Pos.

Bezeichnung

(Anzahl der Geräte)

Forderung Klägerin (€)

Urteil Landgericht (€)

Betrag Senat (€)

1.-3.

(Ungeeignete neue) Beschichtung in Kanada auf Vorschlag d. Beklagten durch Fa. X

(250 Geräte)

15.856,55

14.050,00

15.856,55

4.-6.

Einbau neuer Steuereinheiten in Kanada u. USA durch Fa. X

(358 Geräte)

27.049,43

31.344,54

27.049,43

7.

Materialkosten geschätzt zu Pos. 4.-6.

(380 Geräte)

18.430,00

15.202,10

18.430,00

8.

(Ungeeignete neue) Beschichtung in Dtschl.

(150 Geräte)

4.500,00

4.500,00

4.500,00

9.

Geschätzte Kosten Geräteersatz in Kanada

(7 Geräte)

4.026,00

3.947,06

0,00

10.

Kosten Privat-Sachverständiger Dr. X

4.500,00

1.890,76

4.500,00

11.

Geschätzte eigene Kosten der Klägerin in Kanada (Verhandlungen, Fehleranalyse, Besprechungen mit Beklagte)

7.500,00

3.151,26

0,00

12.

Kosten Klägerin für Reisen d. Mitarbeiters G nach Kanada

1.000,00

420,17

0,00

Summe:

82.861,98

74.463,87

70.335,98

Hinsichtlich der Positionen 1.-3. folgt der vom Senat zuerkannte weitere Betrag aus der Auswertung der von der Klägerin vorgelegten Belege.

III. Prozessualen Nebenentscheidungen

Die Entscheidung zu den Kosten und der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§  92 Abs. 1, 708 Nr. 8 und Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen der Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Fortbildung des Rechts oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Das Urteil stellt eine Einzelfallentscheidung dar, die der Senat auf der Grundlage vertretener und anerkannter Auffassung in der Rechtsprechung, insbesondere des Bundesgerichtshofs, und der Literatur getroffen hat.