OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.04.2012 - 9 U 61/11
Fundstelle
openJur 2012, 131205
  • Rkr:
Tenor

In dem Rechtsstreit … ist beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main – 7. Zivilkammer – vom 10.05.2011 gem. § 522 Abs. 2 zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen angeblich fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten in Anspruch.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Landgerichts Frankfurt vom 10.05.2011.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 37a WpHG a.F. verjährt sei. Diese Bestimmung erfasse neben vertraglichen Schadensersatzansprüchen auch - hinsichtlich fahrlässiger Begehungsweise - Ansprüche aus Delikt. Sämtliche in Betracht kommenden Ansprüche seien hier mit Ablauf des 30.03.2010 verjährt.

Hinsichtlich der Behauptung, der Mitarbeiter der Beklagten B habe Anfang 2009 ihre Frage, ob die angelegten 12.000 € zumindest sicher zur Auszahlung kommen würden, fehlerhaft bejaht, sei sie beweisfällig geblieben. Außerdem sei der Vortrag der Klägerin zu pauschal. Es fehlten hinreichende Ausführungen dazu, wann und in welchem Zusammenhang der Mitarbeiter der Beklagten B die Frage nach der Sicherheit der Kapitalrückzahlung beantwortet habe.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter und macht geltend, das Landgericht sei fehlerhaft von der Verjährung möglicher Schadensersatzansprüche ausgegangen. Deliktische Ansprüche verjährten in 3 Jahren, wobei die Verjährungsfrist aber erst mit dem Schluss des Jahres beginne, in dem sie Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt habe. Aufgrund der falschen Angaben sowohl des Zeugen C als auch des Zeugen B sei es ihr vor der Hinzuziehung einer anwaltlichen Beratung nicht möglich gewesen, zu beurteilen, ob ihr Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zustünden.

Ihrer Substantiierungspflicht sei sie in ausreichendem Maße nachgekommen.

Sie habe erstinstanzlich dargelegt, dass sie nicht ihrem Anlageprofil entsprechend beraten worden sei. Auf eventuelle Rückvergütungen zu Gunsten der Beklagten sei sie nicht hingewiesen worden.

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf ihr erstinstanzliches Vorbringen das Urteil des Landgerichts verteidigt und beantragt, ihr die Berufung zurückzuweisen.

II.

Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Das Landgericht hat zu Recht die Schadensersatzklage der Klägerin abgewiesen. Das Berufungsvorbringen der Klägerin lässt nicht erkennen, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht oder nach § 529 zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§ 513 Abs. 1 ZPO).

1) Soweit die Klägerin ihre Schadensersatzansprüche mit einer fehlerhaften Beratung anlässlich des Erwerbs der Zertifikate im März 2007 begründet, sind etwaige Schadensersatzansprüche nach § 37a WpHG a.F. in 3 Jahren verjährt. Nach der Übergangsregelung in § 43 WpHG gilt diese Bestimmung für Ansprüche, die in der Zeit vom 01.04.1998 bis zum Ablauf des 04.08.2009 entstanden sind.

Auf welche Rechtsgrundlage der Anspruch gestützt wird, ist dabei unerheblich. Von der Verjährungsregelung des §§ 37 a WpHG a.F. werden vertragliche Schadensersatzansprüche (aus §§ 311 Abs. 2, 280 BGB bzw. c.i.c.) und auch - hinsichtlich fahrlässiger Begehungsweise - deliktische Ansprüche z.B. aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 31 WpHG erfasst (OLG Frankfurt, 23 U 287/05, Rn. 16 - zitiert nach Juris).

Die Verjährung beginnt mit der Entstehung des Anspruchs. Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHZ 162,306 m.w.N.) ist der Schaden des Anlegers, der aufgrund einer fehlerhaften Empfehlung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, in der Regel bereits mit dem Erwerb der Anlage entstanden. Dieser Erwerbszeitpunkt ist vorliegend bereits mit der Zeichnung der Anlage am 30.03.2007 gegeben. Auf den Zeitpunkt der dinglichen Übertragung der Papiere oder auf den Zeitpunkt der Wertpapierabrechnung kommt es nicht an (OLG Frankfurt, Urteil vom 15.04.2011, 19 U 213/10, Rn. 9 -zitiert nach Juris). Entgegen der Auffassung der Klägerin spielt es für den Beginn der Verjährungsfrist des § 37a WpHG a.F. auch keine Rolle, wann die Klägerin von dem Schadensersatzanspruch Kenntnis erlangt hatte bzw. Kenntnis hätte haben müssen. Der vom Landgericht erkannte Verjährungseintritt zum 30.03.2010 ist damit aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Es liegt auch kein Fall einer vorsätzlichen Beratungspflichtverletzung vor, bei der nicht § 37a WpHG, sondern die Regelverjährung für deliktische Ansprüche zur Anwendung käme. Für eine vorsätzliche Pflichtverletzung ergeben sich aus dem Vortrag der Klägerin keinerlei Anhaltspunkte. Das Vorliegen einer von ihr behaupteten objektiven Pflichtverletzung indiziert noch kein vorsätzliches Handeln des Mitarbeiters der Beklagten (zur Darlegungs-und Beweislast für vorsätzliches Handeln im Falle einer Beratungspflichtverletzung vgl. OLG Frankfurt, 23. Zivilsenat, Urteil vom 18.02.2011, 23 U 69/10).

Die vom BGH aufgestellte Vorsatzvermutung (BGH NJW 2009, 2298) bezieht sich, wie auch der Verweis auf für die Fortführung von BGHZ 170,226 zeigt, ausschließlich auf die vom vorliegenden Fall abweichende Situation einer Verletzung der Aufklärungspflicht der Bank hinsichtlich der von ihr vereinnahmten Rückvergütungen. Der bisherige Sach-und Streitstand lässt nicht erkennen, dass die Beklagte aus dem Vertrieb der Zertifikate an die Klägerin aufklärungspflichtige Rückvergütungen vereinnahmt hat. Vielmehr ist auf der Basis des bisherigen Vorbringens von einem Eigengeschäft der Beklagten auszugehen. Eine Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die Gewinnmarge der von ihr an die Klägerin verkauften Zertifikate besteht jedoch nicht. Der Bundesgerichtshof hat in 2 Entscheidungen vom 27.09.2011 (XI ZR 178/10 Rn. 40 ff und XI ZR 182/10 - beide zit. nach juris) ausgeführt, dass eine Bank, die Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäft zu einem über dem Einkaufspreis liegenden Preis veräußert, grundsätzlich nicht verpflichtet ist, darüber aufzuklären, dass sie mit diesen Produkten einen Gewinn erzielt. Denn in einem solchen Fall ist es für den Kunden offensichtlich, dass die Bank eigene (Gewinn-) Interessen verfolgt, so dass darauf nicht gesondert hingewiesen werden muss. Nach der gesetzgeberischen Grundentscheidung trifft die Bank als Verkäuferin der vom Anleger georderten Wertpapiere keine Pflicht zur Offenlegung ihrer Gewinn-oder Handelsspanne.

2) Scheitert der Schadensersatzanspruch der Klägerin somit bereits an der eingetretenen Verjährung kann die von der Klägerin mit der Berufung aufgeworfene Frage, ob sie mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen der ihr obliegenden Substantiierungspflicht betreffend die Beratungspflichtverletzung genügt hat, dahingestellt bleiben.

Zutreffend hat das Landgericht die Klägerin hinsichtlich der Behauptung, der Mitarbeiter der Beklagten B habe ihre Anfang 2009 gestellte Frage nach der Sicherheit der Rückzahlung des angelegten Kapitalbetrages fehlerhaft beantwortet, als beweisfällig angesehen. Die entsprechenden landgerichtlichen Ausführungen - es wird insoweit auf Seite 5 des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen - sind mit der Berufung von der Klägerin nicht angegriffen worden. Weiterer Ausführungen zur Begründung erübrigen sich daher.

Die Berufung bleibt nach alledem ohne Erfolg.

3) Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Die vorstehenden Erwägungen des Senats stützen sich nicht auf eine neue rechtliche Würdigung, die mit der Berufungsführerin nicht im schriftlichen Verfahren angemessen erörtert werden könnte. Trotz der Schmerzhaftigkeit des von der Klägerin geltend gemachten finanziellen Verlustes kann dem Rechtsstreit keine „existentielle“ Bedeutung für die Klägerin beigemessen werden.

Zur Meidung weiterer Kosten wird die Prüfung der Frage einer Rücknahme des Rechtsmittels anheimgestellt.