LG Hamburg, Urteil vom 20.10.2008 - 415 O 48/08
Fundstelle
openJur 2013, 520
  • Rkr:
Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt Deckung aus einer Einbruchdiebstahlversicherung.

Der Kläger war Inhaber zweier in Hamburg und einer in Reinbek belegenen Gaststätten, die er durch Geschäftsführer betreiben ließ, u.a. des Restaurants „Restaurant S.“ in Hamburg-..., Erdgeschoss. Mit Vertragsbeginn vom 22.09.2005 versicherte ihn die Beklagte im Hinblick auf diese Gaststätte gemäß Versicherungsschein vom 18.11.2005 unter der Bezeichnung „Firmenversicherung a...“ gegen verschiedene Risiken. Ihre Leistungen umfassten danach neben der Sach-Inhalt-Versicherung auch einen etwaigen Ertragsausfall.

Dem Vertrag lagen ihre AVB a... Gastronomie zugrunde (Anlage K 1). In deren Teil B II. 1.1 § 1 Nr. 2 übernahm sie Schäden, die durch „Einbruchdiebstahl, Vandalismus und Beraubung“ entstehen würden. In § 3 Nr. 1 wird der Versicherungsfall „Einbruchdiebstahl“ beschrieben. In § 3 Nr. 7 „Vandalismus nach einem Einbruch“ heißt es:

„Vandalismus nach einem Einbruch liegt vor, wenn der Täter auf eine der in Nr. 1.1, 1.5 oder 1.6 bezeichneten Arten in den Versicherungsort eindringt und versicherte Sachen vorsätzlich zerstört oder beschädigt. Vandalismus nach einem Einbruch wird nur in Verbindung mit Einbruchdiebstahl versichert.“

Ab dem Spätsommer bis zunächst Ende Oktober 2006 erhielt der Kläger ca. zwei- bis dreimal monatlich unter seinem Telefonanschluss im Büro der Gaststätte anonyme Anrufe, in denen ihm eine männliche Stimme, die er wegen ihres Akzentes einem Osteuropäer zuordnete, sinngemäß „Schutz und Versicherung“ anbot, da immer irgendetwas passieren könne. Darauf ging er nicht ein. Im Januar 2007 meldete sich der Anrufer erneut und forderte nunmehr, für den offerierten „Schutz“ monatlich € 750,00 zu zahlen, und zwar ab Januar. Bisher sei noch nichts passiert. Man wisse, dass er mehrere Restaurants habe. Er solle sich weder an die Polizei noch an andere Personen wenden. Der Kläger vertraute sich seiner Ehefrau an, unternahm aber sonst nichts.

Im Februar oder März 2007 erkundigten sich vier männliche Gäste bei dem Geschäftsführer wiederholt nach dem „Chef“, den sie zu sprechen wünschten.

Am 09.03.2007 brachen unbekannte Täter durch eine Tür im Treppenhaus des Gebäudes, die zur Gaststättenküche führt, in das Restaurant „Restaurant S.“ ein und entwendeten Bargeld und technische Geräte, so die elektrische Kasse Marke Vectron mit Drucker. Wegen des Vorgehens der Einbrecher, der dabei angerichteten Schäden und des Stehlguts wird auf die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Hamburg 89 UJs 1946/07 Bezug genommen.

Die Beklagte regulierte diese Schäden jedenfalls zum überwiegenden Teil. Weder bei seiner Anzeige gegenüber der Polizei noch gegenüber der Beklagten erwähnte der Kläger die Erpressungsversuche.

Zwei Tage nach dem Einbruch erhielt er einen weiteren Drohanruf, in dem er erneut unter Hinweis auf die Tat zur Zahlung aufgefordert wurde. Man wisse, wo er wohne und dass er Familie habe. Ein bis zwei Anrufe mit ähnlichem Inhalt folgten. Am 21.04.07 abends schlugen unbekannte Täter die Heckscheibe des vor seiner Wohnung abgestellten PKWs ein und zerkratzten diesen. In der Folgewoche rief ihn der Erpresser wieder an und sagte, er habe sehen können, was alles passiere. Er ordnete diese Aussage der Sachbeschädigung des Fahrzeugs zu.

In der Nacht vom 03. auf den 04.06.2007 brachen erneut unbekannte Täter durch dieselbe Tür wie im März in das Lokal ein. Sie verwüsteten große Teile der Inneneinrichtung des Lokals und der Küche vollständig, vermutlich mit einer Axt, und besprühten das gesamte Innere mit schwarzer Lackfarbe. Wegen der Zerstörungen wird auf das Protokoll des aufnehmenden Polizeibeamten vom 04.06.07 (Bl. 1 der Ermittlungsakte der StA Hamburg 86 UJs 3950/07) und die Lichtbildanlage (Bl. 6 – 15) verwiesen. Entwendet wurden nach den Angaben des Klägers bei seiner Anzeige lediglich Bargeld in Höhe von ca. € 2.700,00 und die Musikanlage.

Auch den neuen Schaden meldete der Kläger am 07.06.07, 18.06.07 und 26.06.07 („Verhandlungsprotokoll“ Anlage B 6) bei der Beklagten und schilderte darin auch die versuchte Schutzgelderpressung und deren Entwicklung.

Außerdem reichte er ihr eine Schadensliste ein (Anlage K 9), in der er auch die „elektr. Kellnerkasse „Vectron“ m. Drucker“ als zerstört aufführte. Die Nachfrage der Beklagten insoweit vom 30.08.07 (Anlage B 11) beantwortete er zunächst nicht, ließ dann auf Erinnerung durch seinen späteren Prozessbevollmächtigten mit dessen Schreiben vom 30.10.2007 (Anlage B 13) erklären, es habe sich um einen Irrtum gehandelt; tatsächlich seien Kasse und Drucker einer anderen Marke beschädigt worden.

In der formularmäßigen „Sach-Schadenanzeige“ vom 26.06.07 (Anlage B 8) gab er auf die Frage nach dem Eigentümer der vom Schaden betroffenen Sachen an: „ich bin uneingeschränkter Eigentümer.“ Tatsächlich hatte er das Inventar einer Brauerei sicherungsübereignet (Anlagenkonvolut B 9).

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 29.06.07 (Anlage B 1) den Versicherungsvertrag, nämlich vorsorglich fristgemäß wegen des eingetretenen Schadenfalls, primär aber fristlos wegen der unterlassenen Anzeige einer Gefahrerhöhung aufgrund der Schutzgelderpressung. Mit Schreiben vom 12.12.2007 lehnte sie aus demselben Grund ihre Deckungspflicht ab (Anlage K 6).

Mit der Klage verlangt der Kläger Entschädigung für die zerstörte Einrichtung und Ausstattung in Höhe von € 121.922,00, für unbrauchbar gewordene Lebensmittel in Höhe von € 2.976,38, für die Betriebsunterbrechung in Höhe von € 5.816,24 und für weitere Mietaufwendungen in Höhe von € 15.000,00. Außerdem verlangt er Befreiung von Verbindlichkeiten aus einem gerichtlichen Vergleich in Höhe weiterer € 15.000,00, weil sich bei rechtzeitiger Zuführung entsprechender Liquidität und ihm dadurch möglicher Zahlung der Vergleichsbetrag in diesem Umfang ermäßigt hätte, die und von Rechtsanwaltskosten.

Er meint, die Schutzgelderpressungen stellten keine, allenfalls eine „mitversicherte“ und daher nicht anzeigepflichtige Gefahrerhöhung dar. Außerdem stehe nicht fest, dass die Einbrecher mit den Erpressern identisch seien oder in deren Auftrag gehandelt hätten.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn € 130.714,62 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf € 127.938,80 zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagte ihn von seiner Verbindlichkeit gegenüber der Hausverwaltung Hausverwaltung W...GmbH / Gbr Frau A. und Herr D. aus dem vor dem Landgericht Hamburg geschlossenen Vergleich vom 31.05.2007 (316 O 68/07) in Höhe von € 15.000,00 zzgl. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2007 freizuhalten habe;

3. festzustellen, dass die Beklagte ihn von den Kosten für die außergerichtliche Inanspruchnahme seiner Prozessbevollmächtigten freizuhalten habe.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, schon wegen der ihr nicht angezeigten Schutzgelderpressung leistungsfrei zu sein. Denn dadurch habe sich das übernommene Risiko erheblich erhöht. Der Kläger habe außerdem durch die falschen Angaben zur Kasse und zu den Eigentumsverhältnissen seine Obliegenheiten verletzt. Sie bestreitet schließlich – bis auf einen Sachschaden in Höhe von € 72.733,00 – den behaupteten Schaden dem Umfang und der Höhe nach.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 08.09.2008 (Bl.66ff d.A.) verwiesen. Das Gericht hat die zitierten Akten der Staatsanwaltschaft Hamburg beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Gründe

Die Klage ist unbegründet.

Auf den Streitfall ist das Gesetz über den Versicherungsvertrag in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung (VVG 1908) anzuwenden (nachstehend: VVG), da es sich um einen „Altvertrag“ handelt und der Versicherungsfall vor dem 31.12.2008 eingetreten ist (Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 EGVVG).

Der Kläger kann schon dem Grunde nach die begehrte Versicherungsleistung nicht verlangen.

Allerdings liegt mit dem Einbruchdiebstahl- und Vandalismusschaden vom 03./04.06.07 ein Versicherungsfall vor. Es käme nicht einmal darauf an, ob die Täter etwas stahlen oder dies versuchten oder von vornherein nur mit Zerstörungsabsicht eindrangen. Der Versicherungsfall „Vandalismus nach einem Einbruch“ setzt dies nach der Leistungsbeschreibung in den AVB nicht voraus (BGH NJW 2002, 85).

Die Beklagte ist jedoch gemäß § 28 Abs. 1 VVG leistungsfrei wegen der nicht angezeigten Schutzgelderpressungen. Sie kann sich insoweit mit Erfolg auf Teil A § 11 Nr. 4 ihrer AVB bzw. den gleichlautenden § 28 Abs. 1 i.V.m. § 27 Abs. 2 VVG beruft. Nach § 27 Abs. 2 VVG hat der Versicherungsnehmer den Versicherer unverzüglich zu informieren, sobald er davon Kenntnis erlangt, dass nach Vertragsschluss – unabhängig von seinem Willen – eine „Erhöhung der Gefahr“ eingetreten ist („Ungewollte Gefahrerhöhung“). Der Versicherer kann sodann binnen eines Monats den Vertrag unter Einhaltung einer Monatsfrist kündigen, § 27 Abs. 1 VVG. Unterlässt der Versicherungsnehmer die Anzeige, so ist der Versicherer gemäß § 28 Abs. 1 VVG leistungsfrei, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem ihn die Anzeige hätte erreichen müssen. Allerdings bleibt er u.a. dann entschädigungspflichtig, wenn „die Erhöhung der Gefahr keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls und auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat“ (§ 28 Abs. 2 VVG). Eine – quantitativ oder qualitativ – unerhebliche Gefahrerhöhung ist unerheblich, § 29 VVG. Nach dessen S. 2 kommt eine Gefahrerhöhung „dann nicht in Betracht, wenn nach den Umständen als vereinbart anzusehen ist, dass das Versicherungsverhältnis durch die Gefahrerhöhung nicht berührt werden soll.“

Eine Definition des Begriffs der Gefahrerhöhung liefert das VVG nicht. Nach Rechtsprechung und Literatur liegt sie dann vor, wenn gegenüber dem im Vertrag übernommenen Risiko ein neuer Gefahrumstand von einiger Dauer eingetreten ist, der generell geeignet ist, den Eintritt des Versicherungsfalls zu fördern, ihn also wahrscheinlicher zu machen. Bei Drohungen, „Brandreden“ und Erpressungen gegen den Versicherungsnehmer mit Zielrichtung auf die versicherte Sache, z.B. Gebäude, Fahrzeug, Wohnung und Hausrat, hat etwa der Bundesgerichtshof eine Gefahrerhöhung als möglich angenommen (VersR 99, 484). Das OLG Koblenz (r+s 88, 303) hielt wiederholte anonyme Drohungen mit Brand und Gewalt gegen das feuerversicherte Gebäude für geeignet, die bei Vertragsschluss vorhandene Gefahr zu erhöhen.

Dieser Bewertung folgt die Kammer. Denn die Gefahr eines Einbruchs und anschließender Verwüstung erhöhte sich aufgrund der dauerhaft versuchten Schutzgelderpressung, wovon schon der Geschehensablauf zeugt. Denn es blieb nicht einmal bei Drohungen, sie wurden – im März 2007 – im Hinblick auf das Lokal sogar schon verwirklicht. Der Kläger hat sie auch – was für seine Anzeigepflicht von Bedeutung ist – überaus ernst genommen; nach seiner Einlassung haben sie ihn dazu bewegt, das Lokal im Sommer 2007 verkaufen zu wollen. Er hätte demnach jedenfalls nach dem ersten Einbruch und dem, wie er erkannte, darauf gemünzten neuerlichen Erpressungsanruf die Beklagte informieren müssen, also noch im März 2007. Ob er die Anzeige schuldhaft unterließ, etwa mangels Kenntnis von seiner Obliegenheit, ist nach dem VVG1908 unerheblich.

Die Beklagte hätte dann beispielsweise kündigen, die Prämie nach einer Neukalkulation erhöhen oder zusätzliche Einbruchsicherungen verlangen können. Jedenfalls trat der neue Versicherungsfall vom Juni 2007 erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 28 Abs. 1 VVG ein. Soweit der Kläger geltend macht, es stehe gar nicht fest, dass die späteren Einbrecher mit den früheren identisch waren oder mit den Erpressungsversuchen zu tun hatten, hilft ihm dies nicht. Denn nicht die Beklagte muss die Kausalität der erhöhten Gefahr für den Versicherungsfall beweisen – der so genannte Kausalitätsgegenbeweis obliegt vielmehr dem Versicherungsnehmer. Dieser Beweis ist, worauf der Kläger selbst hinweist, mangels Täterermittlung nicht zu führen.

Nach einer neueren Ansicht in Literatur und Rechtsprechung soll allerdings bei Drohungen Dritter eineerheblicheGefahrerhöhung nicht anzunehmen sein. Das OLG Karlsruhe (VersR 98, 625) hat dies bei einer ganz ähnlich verlaufenen Schutzgelderpressung verneint. Sein Urteil beruht darauf jedoch nicht, denn es konnte sich leicht allein darauf stützen, dass zunächst dasLadengeschäftdes Versicherungsnehmers, später und nach weiteren Drohungen aber dieWohnungverwüstet wurde. Das OLG Karlsruhe und ihm folgend Prölss (NVersZ 2000, 154, 156ff) argumentieren zusammengefasst so: Die Drohungen als solche beeinflussten das versicherte Risiko nicht. Das geschehe erst durch den Entschluss des Erpressers, einen Versicherungsfall herbeizuführen. Darin aber liege eine „mitversicherte“ Gefahrerhöhung, weil der vereinbarte Versicherungsschutz sonst entwertet würde. Dies wiederum folge daraus, dass der Tatentschluss diezwangsläufigeVor- oder Zwischenstufe zur Verwirklichung der in der Risikobeschreibung angeführten versicherten Gefahr sei. Schlösse man ihn wegen Gefahrerhöhung aus, würde die Versicherung sinnlos. In der Versicherung von Vandalismusschäden werde aber ausdrücklich die – regelmäßig vorsätzliche – Herbeiführung des Schadens durch Dritte mitversichert. Deshalb sei der Entschluss des Täters, diesen Schaden herbeizuführen, einenotwendigmitversicherte Gefahrerhöhung.

Diese Argumentation überzeugt die Kammer nicht, jedenfalls angesichts der Besonderheiten des Streitfalls, in dem sich in Gestalt des jüngeren – streitgegenständlichen – Versicherungsfalls die versicherte Gefahr zumwiederholtenMale verwirklicht hat.

Ihr steht die interessengerechte Auslegung der Risikobeschreibung entgegen. Selbstverständlich ist – wie auch beim reinen Einbruchdiebstahl – der Vorsatz des Schädigers bei der Risikoübernahme des Versicherers von vornherein mitberücksichtigt, und dem Vorsatz ist der Tatentschluss immanent. Daraus folgt aber nicht, dass der Versicherer dies injedemFall hinnehmen muss. DemgewöhnlichenRisiko ist es nämlich eigentümlich, dass es jeden gleichartigen Versicherungsnehmer willkürlich treffen kann. Das bei der Risikoübernahme vorausgesetzte durchschnittliche Opfer eines Einbruchs – mit oder ohne Vandalismusschaden oder ausschließlich zum Zweck solcher Schädigung begangen – wird vom Täter nach ganz anderen Maßstäben ausgesucht als das Opfer einer Schutzgelderpressung.

Nur der durchschnittliche Gefahrstand aber liegt, wie beide Parteien des Vertrages wissen, der Leistungsbeschreibung und Prämienkalkulation zugrunde. Ist das Risiko „Vandalismus nach einem Einbruch“ übernommen, so sind damit zunächst erkennbar die klassischen Fälle erfasst, in denen Einbrecher aus Wut, Enttäuschung, Neid, Zerstörungslust das Opfer mutwillig schädigen. Dazu müssen sie allerdings eine Diebstahlsabsicht nicht gefasst haben (BGH NJW 2002, 85); der „reine“ Vandalismusvorsatz genügt, wenn er sich nur im Anschluss an einen Einbruch manifestiert. Dieser Gesichtspunkt schließt es indessen nicht aus, bei der Frage, welche Gefahrerhöhung notwendig „mitversichert“ ist , die Standardsituationen zu betrachten.

In diesen Situationen wird der Täter den Entschluss zur Zerstörung auch erst mit oder nach dem Eindringen fassen, nicht schon planmäßig längere Zeit zuvor. Selbst der reine Sachbeschädigungsvorsatz wird regelmäßig nicht langfristig und beharrlich verfolgt werden, schon weil das Täterrisiko im Hinblick auf die Aussicht der erstrebten Befriedigung durch Zerstörung unverhältnismäßig ist.

Gefahrerhöhend neben dem Entschluss wirkt sich außerdem – entgegen Prölss a.a.O. – doch bereits die Drohung selbst, genauer: deren Motiv, aus. Schon die durch Schutzgelderlangung motivierte Nötigung erhöht das Risiko des Versicherungsnehmers, denn anders als bei einem durch die Aussicht auf Beute oder Zerstörung verlockten Täter verfolgt der Erpresser sein Ziel nachhaltiger. Er hat Zeit, kann immer wieder neu ansetzen, andere Mittel und Wege beschreiten. Der Einbruch und die Verwüstung ist ihm nicht Selbstzweck oder Mittel zu einem unmittelbar durch die Tat erreichbaren Zweck, nämlich der Beute, sondern Mittel zu einem dahinter liegenden Zweck, die Zermürbung des Opfers. Und selbst wenn es sich – wie der Kläger – nicht beugt, wird seine Schädigung bis hin zur Zerstörung des zu „schützenden“ Objekts weiter betrieben. Damit taugt der vergeblich Erpresste, von dem nun keine Schutzgeldleistung mehr zu erwarten ist, immerhin noch als Druckmittel gegenüber neuen Opfern und zeugt von der kriminellen Energie der Täter. Ein ernst zu nehmender Erpressungsversuch bedeutet daher für die versicherte Sache eine weit über dem Durchschnitt liegende Gefahr. Das hat sich gerade im Streitfall erwiesen, in dem die Täter den Druck schrittweise erhöhten, auch andere Rechtsgüter des Klägers bedrohten, und bis zur vollständigen Zerstörung nicht locker ließen.

Hinzu tritt, dass ohne vorausgegangene Drohung die erhöhte Gefahr dem Versicherungsnehmer unbekannt bleiben muss; er wird von der – wenn auch als möglich erkannten und deshalb gerade versicherten – Gefahr im Fall ihrer Verwirklichung überrascht. Nur dieangedrohteTat, d.h. der ihm unter Bedingungen offenbarte Tatentschluss, gibt dem Versicherungsnehmer überhaupt die Chance, die ungewollte Gefahrerhöhung zu erkennen und ihr vielleicht zu begegnen. In den „gewöhnlichen“ Fällen bleibt sie ihm bis zur Verwirklichung des Risikos verborgen. Für diese Fälle können §§ 27ff VVG gar nicht einschlägig werden. Daher kann und muss hier auch keine Vorsorge gegen die Verwirklichung des Tatentschlusses getroffen werden.

Nach Auffassung der Kammer mag dem früheren Einbruch vom März 2007 trotz der damals schon ausgesprochenen Drohungen eine noch „mitversicherte“ Gefahrerhöhung vorausgegangen sein, um den Versicherungsschutz nicht zu entwerten. Spätestens nach der Wiederaufnahme der erpresserischen Anrufe, noch bekräftigt durch die weitere Sachbeschädigung am Kraftfahrzeug, musste aber der Kläger der Beklagten Informationen hierüber und damit eine Handlungsoption verschaffen. Denn nun stand die konkrete Realisierung eines sogar weit höheren Schadens bevor.

Aus diesen Gründen – wie auch bei einer natürlichen Betrachtung des Geschehens – erscheint die Wertung, es könne sich auch im Wiederholungsfall um eine „mitversicherte“ Gefahrerhöhung handeln, nicht interessengerecht.

Danach ist die Klage schon aus diesem Grund abzuweisen. Auf die Folgen etwaiger Obliegenheitsverletzungen nach § 6 Abs. 3 VVG i.V.m. den AVB-Klauseln (Teil A § 15) im Hinblick auf die Angaben des Klägers zu den Eigentumsverhältnissen und zur entwendeten Kasse kommt es nicht an.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 ZPO.