FG des Saarlandes, Urteil vom 21.01.2004 - 1 K 466/02
Fundstelle
openJur 2010, 1149
  • Rkr:

1. Die Besteuerung der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Grundtarif des § 32a Abs. 1 EStG verfassungsgemäß.

2. Ob die für außergewöhnliche Belastungen geltende Abzugsbegrenzung des auf lebenspartnerschaftliche Unterhaltsleistungen grundsätzlich anwendbaren des § 33a Abs. 1 Satz 4 EStG 2001 verfassungsgemäß ist, ist ohne Belang, wenn der lebenspartnerschaftliche Leistungsempfänger über Einkünfte verfügt, die seinen angemessenen Lebensunterhalt offenkundig sicherzustellen.

Tatbestand

Der Kläger und Herr W, die im Streitjahr 2001 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 244.470 bzw. 48.794 DM erzielten (Bl. 72 ESt Kl.; 137 ESt W), sind am 1. August 2001 eine eingetragene Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz - LPartG - eingegangen (Bl. 70 ESt), nachdem sie zuvor am 27. Juli 2001 einen notariellen Lebenspartnerschafts- und Unterhaltsvertrag abgeschlossen hatten (Bl. 55 f.).

Wegen ihrer durch § 5 LPartG begründeten wechselseitigen Unterhaltsverpflichtung, die einer ebensolchen zwischen Ehegatten gleichkomme, beantragten sie in ihren Einkommensteuererklärungen für 2001 die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer (Bl. 69 ESt Kl.; 115 ESt W). Der Beklagte lehnte dies ab, weil § 26 EStG lediglich für Ehegatten einer bürgerlichrechtlichen Ehe gelte (Bl. 71 ESt Kl.; 140 ESt W) und erließ unter Zugrundelegung der Grundtabelle am 23. bzw. 21. Oktober 2002 jeweils getrennte Einkommensteuerbescheide gegen den Kläger und seinen Lebenspartner (Bl. 72 ff. ESt Kl.; 137 ff. ESt W). Ihre dagegen eingelegten Einsprüche wies er durch ebenfalls gesonderte Einspruchsentscheidungen vom 6. Dezember 2002 als unbegründet zurück (Bl. 1, 10 ff.).

Am 17. Dezember 2002 haben der Kläger und sein Lebenspartner Klage erhoben.

Durch Beschluss des Senatsvorsitzenden vom 6. März 2003 wurde auf Antrag der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens 1 K 467/02 des Lebenspartners des Klägers bis zum rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens des Klägers angeordnet (1 K 467/02, Bl. 14, 16, 19 f.).

Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Bescheides vom 23. Oktober 2002 in Form der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2002 den Beklagten zu verpflichten, den Kläger mit Herrn W zusammen zur Einkommensteuer 2001 zu veranlagen,

hilfsweise,

unter Änderung des Bescheides vom 23. Oktober 2002 in Form der Einspruchsentscheidung vom 6. Dezember 2002 eine außergewöhnliche Belastung in Höhe von 40.000 DM als bei seinem Lebenspartner zu versteuernde Unterhaltsleistung des Klägers steuermindernd zu berücksichtigen.<rdnr="9"></rd>Die Einzelveranlagungen entsprächen zwar der geltenden Gesetzeslage (Bl. 1, 67). Diese widerspreche jedoch den Art. 1, 2 GG sowie insbesondere dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Gebot der steuerlichen Gerechtigkeit, nachdem § 5 LPartG die entsprechende Anwendung der ehelichen Unterhaltspflichten der §§ 1360a, 1360b BGB statuiere, ohne den Lebenspartnern, anders als Eheleuten, die Möglichkeit zur Wahl einer Einzel- oder Zusammenveranlagung zu eröffnen. Letzterenfalls wäre die Steuerschuld des Klägers und seines Lebenspartners insgesamt um 7.521 DM niedriger ausgefallen (Bl. 2).

Dass der Gesetzgeber die eingetragene Lebenspartnerschaft und die Ehe nicht völlig habe gleichstellen wollen, sei nicht die entscheidende verfassungsrechtliche Frage, sondern vielmehr, ob die gegenwärtige Rechtslage im Einkommensteuerrecht, welche die gegenseitigen Unterhaltspflichten einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht ausreichend berücksichtige, mit dem GG vereinbar sei (Bl. 22). Der innere Grund für das Institut der Zusammenveranlagung liege in der ehelichen Unterhaltspflicht, die für die eingetragene Lebenspartnerschaft aufgrund der §§ 2, 5 LPartG in vergleichbarer Weise bestehe. Für diese Unterhaltsverpflichtung sei der jeweilige Güterstand ohne Belang. So habe z.B. die Gütertrennung nur zur Folge, dass sich bei Beendigung sowohl der Ehe wie der Lebenspartnerschaft ein Vermögensausgleich erübrige. In Gütertrennung zusammen lebende Ehegatten könnten deshalb problemlos ebenfalls die Zusammenveranlagung wählen (Bl. 43).

Die durch die Unterhaltsverpflichtung geminderte Leistungsfähigkeit des einzelnen Lebenspartners werde durch die Möglichkeit, Unterhaltszahlungen an den Partner gemäß § 33a EStG als außer-gewöhnliche Belastung abzuziehen, nicht ausreichend berücksichtigt (Bl. 3, 43). Während nämlich beispielsweise das sog. Realsplitting des § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG Unterhaltsleistungen an geschiedene oder getrennt lebende Ehegatten bis zum Betrage von 27.000 DM zum Sonderausgabenabzug zulasse (Bl. 3), könnten nach der Abzugsmöglichkeit des § 33a EStG, die vom BVerfG im Urteil zum LPartG zwar herausgestellt, jedoch zugleich als gegebenenfalls verfassungsrechtlich überprüfungswürdig bezeichnet worden sei, beim Kläger für das Streitjahr allenfalls 14.040 DM steuermindernd geltend gemacht werden (Bl. 2 f., 22). Das BVerfG habe aber bereits entschieden, dass es der Gesetzgeber für die steuermindernde Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen nicht beim Existenzminimum des Unterhalts-berechtigten belassen dürfe (Bl. 43).

Insoweit finde sich in den Gesetzesmaterialien auch ein deutlicher Anhaltspunkt dafür, dass diese beschränkte Abzugsmöglichkeit nach § 33a EStG als realitätsfern anzusehen sei. Denn der Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des LPartG und anderer Gesetze sehe ein dem Realsplitting für getrennt lebende oder geschiedene Ehegatten vergleichbares, ebenfalls Leistung unabhängiges Lebenspartnersplitting vor. Danach solle der Lebenspartner mit dem höheren Gesamtbetrag der Einkünfte die Hälfte des Differenzbetrages bis zu einem Höchstbetrag von 40.000 DM als Sonderausgaben abziehen können, während der jeweils abzugsfähige Betrag beim anderen Lebenspartner wie eine Unterhaltsleistung steuerpflichtig werden solle (Bl. 3).

Deshalb sei es ein Wertungswiderspruch, wenn der Gesetzgeber einerseits das verfassungsrechtlich zulässige Institut der Lebenspartnerschaft schaffe, ohne jedoch andererseits im geltenden Einkommensteuerrecht, nach welchem Lebenspartner vielmehr weiterhin wie Fremde behandelt würden, auf dieses Rechtsinstitut Rücksicht zu nehmen (Bl. 67).

Deswegen sei dem Urteil des SG Düsseldorf vom 23. Oktober 2003 S 27 RA 99/02 zuzustimmen (Bl. 32), wenn es wegen der Unterhaltersatzfunktion der Witwenrente dem überlebenden Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im Wege einer verfassungskonformen Auslegung des § 46 SGB VI eine Hinterbliebenenrente zugesprochen habe (Bl. 33 ff.).

Wolle der Senat den aufgezeigten Wertungswiderspruch daher nicht ebenfalls in verfassungskonformer Weise auflösen, müsse er die Sache gemäß Art. 100 GG dem BVerfG zur Entscheidung vorlegen (Bl. 32).

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung, wonach die §§ 26 bis 26b EStG eine Zusammenveranlagung der Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nicht vorsähen (Bl. 9, 11 f.), verweist er ergänzend auf das rechtskräftige Urteil des Niedersächsischen FG vom 4. Juni 2002  6 K 525/98 Ki, EFG 2003, 174. Dort werde ausdrücklich hervorgehoben, dass der Gesetzgeber eine völlige Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der Ehe nicht beabsichtigt habe (Bl. 20). Dies stehe mit Art. 6 GG und seiner Ausgestaltung im geltenden Einkommensteuerrecht im Einklang (Bl. 67).

Für weitere Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, auf das Sitzungsprotokoll und auf den Inhalt der Steuer- und Rechtsbehelfsakten betreffend den Kläger und seinen Lebenspartner sowie der gleichfalls beigezogenen Klageakte 1 K 467/02 verwiesen.