FG des Saarlandes, Urteil vom 12.06.2003 - 2 K 211/98
Fundstelle
openJur 2010, 1130
  • Rkr:

Gehörten 1994 im Erbwege erworbene einbringungsgeborene GmbH-Anteile nicht zum Betriebsvermögen, so fand auf sie der Freibetrag des § 13 Abs. 2a ErbStG 1994 keine Anwendung.

Tatbestand

Am 4. Februar 1994 verstarb in B Frau M J, die vormals in S wohnhaft war. Sie wurde ausweislich des Erbscheins des Amtsgerichts S vom 9. August 1994, der sich nur auf das im Inland belegene Nachlassvermögen bezog, vom Kläger, ihrem Adoptivsohn, allein beerbt. Belastet war die Erbschaft mit Vermächtnissen, die die Erblasserin in ihrem notariellen Testament vom 4. September 1984 zugunsten ihres Enkels DJ angeordnet hatte.

Im Nachlassvermögen waren u.a. Geschäftsanteile an der XJ GmbH, an der die Erblasserin zu 100 v. H. beteiligt war, mit einem Nennwert in Höhe von 100.000 DM. Der gemeine Wert der Anteile war vom Beklagten mit 3.222.000 DM festgesetzt. Im Rahmen der am 2. Dezember 1994 eingereichten Erbschaftsteuererklärung beantragte der Kläger, die Beteiligung der Erblasserin an der v.g. GmbH in Höhe von 500.000 DM von der Besteuerung freizustellen, weil es sich bei den Anteilen um sog. einbringungsgeborene Anteile handele, die als Betriebsvermögen im Sinne des § 13 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) anzusehen seien.

Mit Bescheid vom 8. Februar 1995 wurde die Erbschaftsteuer gegen den Kläger auf 332.224 DM festgesetzt (Bl. 50 ErbStA). Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung sowie wegen verschiedener Punkte gem. § 165 Abs. 1 AO vorläufig. Hiergegen erhob der Kläger Einspruch. Der v.g. Bescheid wurde durch Bescheid vom 20. April 1998 nach § 165 Abs. 2 AO geändert. Die Änderung betraf einen hier nicht streitigen Sachverhalt. Die Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 AO blieb bestehen. Die Erbschaftsteuer wurde auf 327.984 DM festgesetzt.

Der Einspruch wurde durch Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 1998, am selben Tag zur Post gegeben, als unbegründet zurückgewiesen.

Am 4. August 1998 erhob der Kläger Klage.

Der Kläger führt zur Begründung aus: Die Anteile an der v.g. GmbH seien 1984 durch die Umwandlung der X KG entstanden. Es handele sich somit um sog. einbringungsgeborene Anteile im Sinne des § 21 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Nach § 13 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 ErbStG (i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Februar 1991, zuletzt geändert durch Standortsicherungsgesetz vom 13. September 1993, BGBl. I S. 1569) bleibe Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG) bis zu einem Wert von 500.000 DM bei der Ermittlung der Erbschaftsteuer außer Ansatz. Einbringungsgeborene Anteile im Sinne von § 21 Abs. 1 UmwStG würden aufgrund ihrer Steuerverstrickung im Falle der späteren Veräußerung ertragsteuerlich wie Betriebsvermögen behandelt. Insoweit handele es sich bei diesen GmbH-Anteilen um die Fortführung von Betriebsvermögen im Sinne von § 12 ErbStG in anderer steuerverhafteter Rechtsform. Dies sei auch die Meinung im Kommentar von Kapp/Ebeling, ErbStG, 11. Aufl., 36. Ergänzungslieferung, Stand Februar 1998, § 13, Rz 187. Diese Auffassung entspreche auch der gesetzlichen Systematik. § 13 Abs. 2 a Satz 4 ErbStG führe als freibetragsschädliche Verfügung innerhalb des 10-Jahreszeitraumes die Veräußerung von einbringungsgeborenen Anteilen auf. Die Schaffung solcher Anteile durch Einbringung einer Mitunternehmerschaft in eine Kapitalgesellschaft würde vom Gesetzgeber somit nicht als freibetragsschädliche Verfügung betrachtet. Damit würde deutlich, dass die Vererbung oder Schenkung von einbringungsgeborenen Anteilen durch den Betriebsvermögensbegriff des § 13 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 ErbStG erfasst wurde. Die Steuerverstrickung der einbringungsgeborenen Anteile sei somit vom Gesetzgeber auch für erbschafts- und schenkungssteuerliche Zwecke angeordnet.

Die Neufassung der Vorschrift des § 13 a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG erfasse ab 1997 nur Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn der Erblasser (oder Schenker) an der Kapitalgesellschaft zu mehr als 25 v.H. beteiligt gewesen sei. Einbringungsgeborene Anteile seien jedoch an keine Mindestbeteiligung geknüpft. Ihre Steuerverstrickung ergäbe sich bereits aus § 13 a Abs. 4 Nr. 1 und der Vorgängerregelung aus § 13 Abs. 2 a Satz 1 Nr. 1 ErbStG. Es sei daher davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bei der Einführung des § 13 a Abs. 4 Nr. 4 ErbStG nur die bisher nicht erfassten wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften in die Begünstigung habe aufnehmen wollen (so Crezelius, Der Betrieb 1997, 1584 ff.).

Der Kläger stellt daher den Antrag,

den Erbschaftsteuerbescheid vom 8. Februar 1995 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20. April 1998 und der Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 1998 dahingehend abzuändern, dass der Freibetrag für Betriebsvermögen nach § 13 Abs. 2 a ErbStG in Höhe von 500.000 DM gewährt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage als unbegründet abzuweisen.

Er hält an der Begründung der Einspruchsentscheidung fest. Die Freibetragsregelung des § 13 Abs. 2 a ErbStG sei mit Art. 13 Nr. 2 b des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993 eingeführt worden. Hierin würde ausdrücklich der Erwerb von Betriebsvermögen im Sinne des § 12 Abs. 5 ErbStG mit einem Freibetrag von höchstens 500.000 DM von der Erbschaftsteuer befreit. Aufgrund des strengen Stichtagsprinzips (§ 11 i.V.m. § 9 Abs. 1 ErbStG) seien jeweils die im Zeitpunkt der Steuerentstehung vorhandenen Wert- und Eigentumsverhältnisse maßgebend. Am Todestag der Erblasserin sei aber kein Betriebsvermögen im vorgenannten Sinne, sondern Privatvermögen in Form von GmbH-Anteilen hinterlassen worden. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass bereits für Erwerbsfälle nach dem 31. Dezember 1993 die Erweiterung der Freibetragsregelung auf Anteile an Kapitalgesellschaften anzuwenden sei, wie sie mit der Neuregelung des § 13 a ErbStG ab 1996 eingeführt worden sei, so hätte er dies in den Wortlaut des § 13 Abs. 2 a ErbStG aufgenommen. Da dies jedoch nicht geschehen sei, müsse davon ausgegangen werden, dass für Erwerbe von Anteilen an Kapitalgesellschaften vom 1. Januar 1994 bis zum 31. Dezember 1995 kein Freibetrag nach § 13 Abs. 2 a ErbStG in Betracht komme. Dies gelte auch für einbringungsgeborene Anteile. Auf die bewertungsrechtliche Eingruppierung solcher Beteiligungen habe der Umstand, dass bei der Einbringung einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft die Buchwerte fortgeführt und daher die stillen Reserven nicht aufgedeckt würden (Steuerverstrickung), keinen Einfluss. Der Besitz und die Verwaltung einbringungsgeborener Anteile stelle keine gewerbliche Betätigung im Sinne des § 15 EStG dar, sondern sei dem Privatvermögen zuzurechnen. Der Umstand, dass die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft 1984 auf einer Einbringung einer Personengesellschaft in eben diese Kapitalgesellschaft basiere, sei für die Frage der Anwendung des § 13 Abs. 2 a ErbStG nicht relevant. Auch der Hinweis des Klägers auf die Regelung des § 13 Abs. 2 a Satz 4 ErbStG sei nicht maßgeblich. Mit dieser Vorschrift werde zum Ausdruck gebracht, dass der Erwerb von begünstigtem Betriebsvermögen trotz einer späteren Umwandlung des Gewerbebetriebs in eine Kapitalgesellschaft freibetragsbegünstigt bleibe. Erst die Veräußerung innerhalb des fünfjährigen Behaltenszeitraumes würde eine schädliche Verfügung darstellen mit der Konsequenz, dass die Steuerbefreiung für die Vergangenheit entfiele (so Mönch, ErbStG, § 13 a, Tz 37 und 93; Troll, ErbStG, § 13 a, Tz 137 und 234). Der Erwerb von einbringungsgeborenen Anteilen könne daher auch nach der ab 1996 geltenden Neuregelung des § 13 a ErbStG nur bei Vorliegen der Mindestbeteiligung (mehr als 25 v.H.) nach § 13 a Abs. 4 Satz 3 ErbStG freibetragsberechtigt sein. Der Gesetzgeber habe hinsichtlich der einbringungsgeborenen Anteile damit gerade keine Differenzierung zu den übrigen Anteilen an Kapitalgesellschaften treffen wollen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Schriftsätze, der vorgelegten Verwaltungsakten und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet.

1. Der Beklagte hat zu Recht die Erbschaftsteuer mit Bescheid vom 8. Februar 1995 in der Fassung des Bescheides vom 20. April 1998 und der Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 1998 auf 327.984 DM festgesetzt. Diese Festsetzung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

2. Die Erblasserin hat dem Kläger Geschäftsanteile an der XJ GmbH vererbt, die sie im Privatbesitz hatte. Sie hat insoweit Privatvermögen vererbt, wiewohl diese Anteile aus der Umwandlung der X KG in die v.g. GmbH entstanden waren. Auf welche Art die streitigen Anteile entstanden sind, spielt für die Frage, ob Privat- oder Betriebsvermögen vererbt worden ist, keine Rolle. Für das Erbschaftsteuerrecht ist die Frage der ertragsteuerlichen Steuerverhaftung nicht maßgebend.

3. Nach § 13 Abs. 2 a ErbStG bleibt Betriebsvermögen (§ 12 Abs. 5 ErbStG) unter näheren Voraussetzungen (Satz 2) bis zu einem Wert von 500.000 DM außer Ansatz. Nach § 11 ErbStG ist für die Wertermittlung der Zeitpunkt der Entstehung der Steuer maßgebend. Abzustellen ist deshalb nach § 9 Abs. 1 ErbStG auf den Zeitpunkt des Todes der Erblasserin, also den 4. Februar 1994. Zu diesem Zeitpunkt lag jedoch bei der Erblasserin kein vererbbares Betriebsvermögen vor; sie besaß lediglich GmbH-Anteile, die sie im Privatvermögen hielt. Zwar umfasst § 17 EStG nicht solche Anteile im Privatvermögen, die durch Einbringung eines Betriebes oder Mitunternehmeranteils oder bestimmter Anteile an Kapitalgesellschaften in eine Kapitalgesellschaft unter Gewährung neuer Anteile an dieser Gesellschaft entstanden sind (sog. einbringungsgeborene Anteile, § 21 Umwandlungssteuergesetz - UmwStG). Die Frage der Steuerverhaftung und damit die Frage der Besteuerung ihrer Veräußerung ist vorrangig in § 21 UmwStG geregelt. Sie kommt auch nur dann zum Tragen, wenn diese neuen Anteile unter ihrem Teilwert erworben worden sind. Diese ertragsteuerliche Betrachtung spielt aber für die Betrachtung, ob diese Anteile zum Privatvermögen oder zu einem Betriebsvermögen gehören, keine Rolle.

4. Nach § 12 Abs. 5 ErbStG gibt es keine Anhaltspunkte dafür, die von der Erblasserin gehaltenen Anteile als Betriebsvermögen im erbschaftsteuerlichen Sinne des § 12 Abs. 5 ErbStG anzusehen. Für den Bestand des Betriebsvermögens sind nach § 12 Abs. 5 die Vorschriften der §§ 95 bis 99, 103, 104, 109 Abs. 1 und 2 sowie 137 Bewertungsgesetz - BewG - maßgebend. Das Betriebsvermögen umfasst nach § 95 Abs. 1 BewG alle Teile eines Gewerbebetriebes im Sinne von § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören, (vgl. hierzu auch Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Januar 2001, 4 K 2810/99, EFG 2001, 642, rkr.).

5. Diese Rechtslage zum Zeitpunkt des Erbanfalls wurde später mit der Einführung des § 13 a ErbStG ab 1996 durch § 13 a Abs. 4 Nr. 3 ErbStG geändert, indem die Freibetragsregelung auf Anteile an einer Kapitalgesellschaft ausgedehnt worden ist, wenn die Kapitalgesellschaft zur Zeit der Entstehung der Steuer Sitz und Geschäftsleitung im Inland hatte und der Erblasser am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar beteiligt war.

Die ausdrückliche Erwähnung einbringungsgeborener Anteile in R 53 Abs. 1 Satz 2 zu § 13 a ErbStG (Amtl. ErbSt-Handbuch - ErbStHB) ist nach Ansicht des Senats daher lediglich klarstellend, bedeutet aber nicht, dass während der Geltung der früheren allein geltenden Steuerbefreiungsregelung des § 13 Abs. 2 a ErbStG einbringungsgeborene Anteile in jedem Fall (ob Betriebsvermögen oder nicht) unter die Steuerbefreiungsvorschrift fallen würden. Für die gegenteilige Annahme des Klägers ergibt sich nach Ansicht des Senats keine Grundlage aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung. Soweit sich der Kläger für eine Rechtsansicht auf Kapp/Ebling, aaO, beruft, folgt dem der Senat nicht. Es fehlt dort an jeglichem Begründungsversuch. Die Vorschriften des UmwStG regeln eine bestimmte ertragsteuerliche Behandlung solcher Anteile im Veräußerungsfall, nicht jedoch den Betriebsvermögensbegriff des ErbStG.

6. Von dieser Rechtslage geht letztlich auch Creszelius (aaO) aus. Er begrüßt die Regelung, dem Betriebsvermögen eine Begünstigung im Erbfalle zu gewähren, sieht aber auch die ordnungspolitischen Bedenken gegen die Zuweisung einer solchen Sonderrolle. Deshalb sind solche Sondervorschriften nur in Zeiten besonderer wirtschaftlicher Probleme ein geeignetes Mittel, die Sicherung der Fortführung von Unternehmen und der damit verbundenen Arbeitsplätze zu gewährleisten. Hierzu hat jedoch der Gesetzgeber einen weiten politischen Ordnungsspielraum, der sich nur schwerlich als Verstoß gegen Vorschriften des Grundgesetzes (etwa Art. 3, 12, 14) beurteilen lässt. Der Senat sieht jedenfalls weder verfassungsrechtliche Bedenken gegen die gesetzliche Regelung, noch gegen die diesbezügliche Anwendung und Auslegung der oben angeführten Vorschriften.

7. Die nach alledem unbegründete Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 135 Abs. 1 FGO als unbegründet abzuweisen.

Die Revisionszulassung beruht nach § 115 Abs. 1 und 2 FGO darauf, dass die Frage der erbschaftsteuerlichen Behandlung einbringungsgeborener Anteil, soweit ersichtlich, höchstrichterlich nicht entschieden ist und daher grundsätzliche Bedeutung im Sinne des Abs. 2 Nr. 1 der o.g. Vorschrift hat.

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