AG Zossen, Urteil vom 30.08.2012 - 5 C 418/11
Fundstelle
openJur 2012, 130699
  • Rkr:
Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 175,37 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.10.2011 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 73 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 27 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Beklagten sind aufgrund schriftlichen Mietvertrages Wohnungsmieter des Klägers; Betriebskosten im Sinne von § 2 der Betriebskostenverordnung und Heiz- und Warmwasserkosten waren danach auf die Beklagten unter Vereinbarung von Vorauszahlungen umgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag vom 26.02./27.02. 2008, Anlage K 2, Bl. 15 ff. d.A., Bezug genommen. Am 02.08.2010 ließ der Kläger durch die ihn vertretende Hausverwaltung A. mbH den Beklagten für den Zeitraum 01.01.2009 bis 31.01.2009 eine Nebenkostenabrechnung erteilen, die auf einen Nachzahlungssaldo von 656,07 Euro lautete. Wegen des weiteren Inhalts der Abrechnung samt Einzelabrechnungen Wasserkosten und Heiz- und Warmwasserkosten wird auf diese, Anlage K 1, Bl. 4 bis 10 d.A., Bezug genommen.

Die Beklagten ließen durch den Deutschen Mieterbund Z. und Umgebung e. V., in Person durch dessen stellvertretenden Vorsitzenden, den Zeugen T., am 30.08.2010 Einwendungen gegen die Abrechnung erheben; so wurde gerügt, dass die Kosten für Hausreinigung und Gartenpflege je ein Mehrfaches über dem in Brandenburg Üblichen lägen und dass vier verschiedene Verteilerschlüssel zugrunde gelegt worden seien. Nach Belegeinsicht erhob der Mieterbund weitere Einwendungen gegen die Positionen Hausreinigung und Gartenpflege; wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 17.02.2011, Anlage B 1, Bl. 56 f. d.A., Bezug genommen.

Der Kläger begehrt Zahlung des Saldos aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2009.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 656,07 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 29.10.2011 zu zahlen.

Die Beklagte beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, mit dem Ansatz von 585,98 Euro für Hausreinigung und 336,97 Euro für Gartenpflege für eine Wohnung von 57,08 qm Größe werde der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit verletzt. Die Kosten seien daher nicht umlagefähig. In Bezug auf den Brandenburger Betriebskostenspiegel ergebe sich eine Überhöhung von 658 % bzw. 544 %. So habe die Hausverwaltung C. AG bei einer vergleichbaren Wohnanlage Gartenpflegearbeiten zu einem Preis von 0,11 Euro/qm, die Hausverwaltung T. GmbH Gebäudereinigungsarbeiten zu einem Preis von 0,09 Euro/qm und die W. GmbH zum Preis von 0,13 Euro/qm erhalten (je bezogen auf den Monat). Hinsichtlich weiterer Preise wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23.07.2012, Bl. 97 f. d.A., Bezug genommen.

Die Beklagte behaupten weiter, die Mieter des Mehrfamilienhauses hätten vor Übernahme der Verwaltung durch die Ahlsen Immobiliengesellschaft mbH und Beauftragung des Reinigungs- und Gartenpflegeunternehmens N. Hausreinigung und Gartenpflege selbst durchgeführt und seien weiter bereit dazu. Im übrigen habe die Firma N. Arbeiten berechnet, die sie nicht ausgeführt habe; Rasenflächen zum Mähen und Laubbäume als Bedingung für die Laubbeseitigung seien nicht vorhanden, auch seien die Hecken nicht geschnitten worden.

Die Beklagten wenden sich auch gegen die Position Be-/Entwässerung: Der in der Einzelabrechnung angesetzte Kubikmeterpreis von 8,10 Euro sei unzutreffend, aus den Belegen ergebe sich nur ein errechneter Kubikmeterpreis von 6,73 Euro.

Zu dieser Position weist der Kläger darauf hin, dass die Kosten für Be-/Entwässerung nicht 2.499,97 Euro, sondern 2.468,32 Euro betragen und erläutert diesen Betrag unter Einreichung von Rechnungen. Hierzu wird auf Seite 2 des Schriftsatzes des Klägers vom 06.02.2012, Bl. 62 d.A., und die Rechnungen Anlagenkonvolut K 2, Bl. 63 bis 70 d.A., Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist nur zum Teil begründet.

Der Kläger kann von den Beklagten noch Zahlung von 178,35 Euro aus dem Mietvertrag verlangen.

Der Anspruch findet seine Grundlage in der mietvertraglichen Abrede, dass die Beklagten „kalte“ Betriebskosten sowie Heiz- und Warmwasserkosten unter Leistung von Vorauszahlungen zu tragen haben.

1. Der Kläger hat fristgerecht (§ 556 Abs. 3 Satz 2 BGB) über die Betriebskosten für das Jahr 2009 abrechnen lassen. Die Betriebskostenabrechnung vom 02.08.2010 (einschließlich der Einzelabrechnungen Wasserkosten und Heiz- und Warmwasserkosten) ist insgesamt wie auch in Bezug auf die einzelnen Positionen formell wirksam. Sie enthält eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten, nennt den Verteilungsschlüssel, berechnet den Mieteranteil und berücksichtigt die geleisteten Vorauszahlungen. Sie enthält auch keinen unzulässigen Vorwegabzug nicht umlagefähiger Kostenteile.

2. Die Betriebskostenabrechnung ist jedoch inhaltlich nicht fehlerfrei.

a) Dies betrifft allerdings nur in geringem Maße die Position Be-/Entwässerung in Höhe von 235,43 Euro. Hierzu hat der Kläger die Höhe der Gesamtkosten zugunsten der Beklagten auf 2.468,32 Euro korrigiert und deren Zusammensetzung unter Beifügung der Rechnungen substantiiert erläutert. Dem sind die Beklagten nicht mehr entgegengetreten. Das Gericht schätzt den auf die Beklagten entfallenden Kostenanteil unter Zugrundelegung der korrigierten Gesamtkosten bei Anwendung der Dreisatzrechnung auf 232,45 Euro. Danach hat der Kläger den Beklagten hier 2,98 Euro zuviel berechnet.

b) Hinsichtlich der Positionen Hausreinigung und Gartenpflege hat der Kläger das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletzt.

Nach dem Wirtschaftlichkeitsprinzip (§§ 556 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz, 560 Abs. 5, 242 BGB) darf der Vermieter, dem dabei ein gewisser Ermessensspielraum einzuräumen ist, nur angemessene und erforderliche Kosten umzulegen. Der Vermieter ist gehalten, umlegbare Kostenarten der Höhe nach auf das betriebswirtschaftlich Sinnvolle zu begrenzen.

Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass zahlreiche Vermieter bzw. Hausverwalter in der Region bei vergleichbaren Objekten Gartenpflege- und Hausreinigungsarbeiten zu Preisen vergeben konnten, die weit unter denen liegen, die der Kläger den Beklagten weiterberechnet hat. Der hierzu vernommene Zeuge T. hat glaubhaft bekundet, dass Wohnflächenpreise im Bereich von einem Sechstel oder einem Fünftel dessen gezahlt werden, was dem Kläger in Rechnung gestellt wird. Die Aussage des Zeugen war von Realitätskriterien gekennzeichnet, die darauf hindeuten, dass er tatsächlich die in der von den Beklagten eingereichten Tabelle aus den Unterlagen ermittelt und übertragen hat. Der Zeuge hat sachlich, bruchlos und ohne Widersprüche ausgesagt. Dabei hat das Gericht war sich das Gericht dessen bewusst, dass der Zeuge T. leitender Mitarbeiter eines Mietervereins ist und auch die Parteien vorgerichtlich vertreten hat.

Die Aussage des gegenbeweislich vernommenen Zeugen G. war weitgehend unergiebig. Soweit er ausgesagt hat, die Entscheidung, das Angebot der Firma N. anzunehmen, sei auf der Grundlage eines Rücklaufs von zwei oder drei Angeboten getroffen worden, weil es angemessen erschien, stellt das den Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip nicht in Frage. Zudem ist die Aussage des Zeugen G. als unzuverlässig anzusehen, handelte es sich doch um Jahre zurückliegende Vorgänge, die sich in der Praxis des Zeugen ihrer Art nach ständig wiederholen.

Zwar hat ein Vermieter nicht stets das günstigste erreichbare Angebot wahrzunehmen, weil auch Eigenschaften wie Zuverlässigkeit und Qualität der Leistung eine Rolle bei der Auswahlentscheidung spielen dürfen. Derartige Umstände sind jedoch im vorliegenden Fall vom Kläger nicht geltend gemacht worden, zumal die Beauftragung des Reinigungs- und Gartenpflegeunternehmens N. durch die neu beauftragte Hausverwaltung nicht lange vor Beginn des hier betroffenen Abrechnungszeitraums erfolgte.

Dass der Hausverwalter des Klägers mehrere Reinigungs- und Gartenpflegeunternehmen zur Abgabe von Angeboten aufgefordert hat, führt nicht zur Berücksichtigung der von der Firma N. berechneten Kosten. Denn selbst ein Vermieter oder Verwalter, der nur einige kleinere Objekte betreut, hat mindestens drei Angebote seriöser Anbieter einzuholen (vgl. Schmidt/Futterer-Langenberg, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 560 BGB, Rdnr. 80). Nach der Aussage des Zeugen G. hat sich der Hausverwalter des Klägers jedoch eventuell mit einem Rücklauf von zwei Angeboten zufrieden gegeben. Dass es jedenfalls drei Angebote waren, unter denen ausgewählt wurde, ist nicht bewiesen.

Soweit die Beklagten behaupten, sie seien weiterhin zur Übernahme von Reinigungs- und Grünpflegearbeiten bereit, ist dies ohne Belang. Ein Vermieter ist berechtigt, derartige Dienste auf Unternehmen zu übertragen und, im Fall einer Umlagevereinbarung, Kostenersatz dafür zu verlangen. Eine mietvertragliche Vereinbarung durch schlüssiges Verhalten mit Rechtsbindungswillen ergibt sich aus dem Vortrag der Beklagten nicht. Soweit die Beklagten einwenden, Arbeiten seien nicht korrekt ausgeführt worden, kann dies einer Kostenabrechnung nicht entgegen gehalten werden, so lange dies nicht als Mietmangel angezeigt wird.

Unter Berücksichtigung des dem Vermieter zustehenden Ermessensspielraums, auch zu Reinigungs- bzw. Pflegefrequenz und -intensität schätzt das Gericht zur Vermeidung der Einholung eines Sachverständigengutachtens gem. § 287 Abs. 1 ZPO die angemessenen Kosten für Hausreinigung auf 0,35 Euro/qm und Monat (4,20 Euro/qm im Jahr) und für Gartenpflege auf 0,30 Euro/qm und Monat (3,60 Euro/qm im Jahr). Für die Wohnfläche der Beklagten von 57,08 qm ergeben sich ansatzfähige Beträge von 239,72 Euro und 205,49 Euro, was einer Kürzung der Position Hausreinigung um 346,24 Euro und der Position Gartenpflege um 131,48 Euro entspricht. Der Nachzahlungsbetrag ist damit – nach den oben erwähnten 2,98 Euro – um weitere 477,72 Euro zu kürzen. Es ergibt sich eine berechtigte Nachzahlungsforderung von (656,07 Euro – 2,98 Euro – 477,72 Euro) 175,37 Euro.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

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