KG, Urteil vom 05.11.2012 - 8 U 171/11
Fundstelle
openJur 2012, 130590
  • Rkr:

Zum (verneinten) Wegfall der Geschäftsgrundlage, wenn sich infolge der sog. Finanzmarktkrise im Jahr 2088 die Bankkonditionen für eine Sicherheitenstellung verschärft haben und insoweit eine Leistungserschwerung für den Schuldner der Sicherheit eingetreten ist.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 30.06.2011 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 104 des Landgerichts Berlin -104 O 3/11- wird insoweit zurückgewiesen, als die Beklagte darin verurteilt worden ist, an die Klägerin 10.118,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.12.2010 zu zahlen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das landgerichtliche Urteil im Tenor zu 1. im Übrigen abgeändert:

Wegen des weitergehenden Zinses wird die Klägerin auf ihren Verzicht mit ihrem

Anspruch abgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 30.06.2011 verkündete Urteil der Kammer für Handelssachen 104 des Landgerichts Berlin, mit dem sie antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.118,97 EUR (Erstattung von Anwaltskosten der Klägerin in Höhe von 9.764,80 EUR sowie nutzloser Avalkosten von 354,17 EUR für eine von der Klägerin gestellte Bankbürgschaft) nebst Rechtshängigkeitszinsen seit dem 14.09.2010 verurteilt worden ist, und auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe zunächst verwiesen wird.

Der Tatbestand des landgerichtlichen Urteils wird wie folgt präzisiert:

Nach Nr. 8.1 des - unstreitig zwischen den Parteien fortgesetzten - Mietvertrags vom 31.07.2008 über ein noch zu erstellendes Hotel in Berlin war von der Beklagten als Mieterin innerhalb von 4 Wochen nach Mitteilung durch den Vermieter, dass er seine Rücktrittsrechte nicht ausübt, oder spätestens am 15.02.2009 eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft zu stellen, und nach Nr. 8.3 des Vertrags konnte der Vermieter bei “Verzug” des Mieters (nicht bei “Schwierigkeiten” der Beschaffung) eine Barkaution verlangen. Nr. 23.4 des Vertrags lautet “Gerichtsstand Berlin, Deutsches Recht”.

Mit Schreiben vom 14.11.2008 verzichtete der vertragsschließende Vermieter, H. G., auf die vertraglichen Rücktrittsrechte und forderte die Beklagte zur Stellung einer Bankbürgschaft über 2.000.000 EUR bis zum 12.12.2008 auf (Anl. K 5). Die Klägerin als avisierte Vertragsübernehmerin stimmte dem Verzicht am gleichen Tag zu (K 6). Mit Schreiben vom 18.12.2008 erklärte die Beklagte, die Bürgschaft sei “unter den seit Sommer 2008 stark veränderten Bedingungen auf den globalen Finanzmärkten.. nicht unter den bisherigen und üblichen Bedingungen zu beschaffen”, und bot statt dessen drei Patronatserklärungen über je 500.000 EUR und eine Bankbürgschaft über 500.000 EUR an (Anl. B 1, Bl. I/109 d.A.). Eine Besprechung (jedenfalls) vom 29.01.2009 über die Art der Sicherheitsleistung führte zu keiner Vereinbarung.

Mit Anwaltsschreiben vom 16.02.2009 ließ die Klägerin eine Frist zur Bürgschaftsgestellung bis zum 28.02.2009 setzen und die Kündigung des Mietvertrags aus wichtigem Grund androhen. Dem Schreiben war eine an die Beklagte adressierte Kostenrechnung vom 16.02.2009 über 7.516,00 EUR netto (1,0-Geschäftsgebühr nach einem Gegenstandswert von 2.000.000 EUR) beigefügt (Anl. B 3, Bl. I/114 d.A.).

Mit Anwaltsschreiben vom 19.02.2009 berief sich die Beklagte auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage, da die Bürgschaft nicht “unter den bisherigen und üblichen Bedingungen beschafft werden” könne (K 10). Nachdem die Klägerin unter dem 03.03.2009 gegenüber den Beklagtenvertreter und der Beklagten persönlich die fristlose Kündigung des Mietvertrags erklärt hatte (K 7, 8), erklärte der Beklagtenvertreter am 13.03.2009 den “Rücktritt bzw. die Kündigung” unter anderem deshalb, weil eine Bankbürgschaft “nunmehr nur noch unter erheblich veränderten Bedingungen erlangt” werden könne und die Klägerin sich einer Vertragsanpassung verschließe. Mit Schreiben vom 23.03.2009 erklärte der Klägervertreter, dass “für die Kündigung des Mietvertrags seitens der Klägerin sowie die Abwehr der unberechtigten Kündigung Ihrerseits mit Schreiben vom 13.03.2009 .. der Klägerin Anwaltskosten gemäß beigefügter Kostenrechnung vom 23.03.2009 entstanden seien”, und fügte die an die Klägerin adressierte Kostenrechnung vom 23.03.2009 über 9.764,80 EUR netto (1,3-Geschäftgsgebühr nach Wert 2.000.000 EUR) bei (Anl. K 12, 13).

Die Beklagte hat sich in der Klageerwiderung vom 10.01.2011 insbesondere darauf berufen, dass die Geschäftsgrundlage entfallen sei, da auf Grund der Finanzkrise eine Bankbürgschaft “nur noch unter erheblich veränderten Bedingungen erlangt werden konnte”. Die Finanzkrise habe, vergleichbar anderen Ereignissen “aus der Geschichte”, gravierende Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage gehabt und zu nicht vorhergesehenen, inakzepatblen Bedingungen für eine Bürgschaftserlangung geführt (Schriftsatz vom 20.06.2011, S. 3).

Die Beklagte trägt zur Begründung der Berufung vor:

Das Landgericht habe zu Unrecht ein Anpassungsrecht des Mietvertrags gemäß § 313 Abs. 1 BGB abgelehnt und folglich einen Verzug der Beklagten mit der Bürgschaftsgestellung angenommen. Es habe einen Hinweis darauf, dass der Tatsachenvortrag zur Darlegung eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht hinreichend sei, verfahrensfehlerhaft unterlassen. Die Weltwirtschaftskrise habe nicht nur zu typischen Marktschwankungen geführt, sondern zu einer völlig atypischen Marktentwicklung. Während zum Zeitpunkt der Vertragsschlusses Mitte 2008 eien Bürgschaft gegen Zahlung einer monatlichen Gebühr (Avalzinsen) zu erlangen gewesen sei, verlangten die Banken nunmehr die Hinterlegung eines der Bürgschaftssumme entsprechenden Betrages. Weder schwedische Banken, eine dänische Bank noch deutsche Banken seien bereit gewesen, der Beklagten eine Bürgschaft “zu marktüblichen Bedingungen” zu gewähren. Die “marktübliche und vorhersehbare Entwicklung des Finanzmarkts” habe den Vorstellungen der Parteien entsprochen. Die Beklagte habe das Risiko der Erschwerung nicht zu tragen. Zwar falle ihre Bonität in ihren Risikobereich, jedoch stehe vorliegend nicht diese in Frage, sondern eine Veränderung der “äußerlichen Umstände”. Die wirtschaftliche Entwicklung der Finanzmärkte seit Beginn der Finanzkrise Mitte 2008 sei den Erschütterungen nach Ende des 1. Weltkriegs vergleichbar. Es liege Unzumutbarkeit auf Seite der Beklagten vor.

Das Landgericht habe Rechtshängigkeitszinsen zu Unrecht ab dem 14.09.2010 zuerkannt. Die Klageschrift sei erst am 07.12.2010 (zu Händen des Beklagtenvertreters) zugestellt worden. Die Beklagte habe die Annahme der Zustellung in Schweden am 14.09.2010 nicht zu Unrecht verweigert. Die schwedische Polizei habe sie dahin informiert, dass die Annahme verweigert werden könne, da nicht “sämtliche” Schriftstücke übersetzt seien. Die Polizei habe die Klageschrift sodann nicht in Zustellungsabsicht angeboten. Es liege damit keine (schuldhafte) Annahmeverweigerung der Beklagten vor. Wolle man das anders sehen, bestehe gemäß Art. 267 AEUV die Pflicht zur Vorlage an den EuGH.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Berlin vom 30.06.2011 -104 O 3/11- abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auf den Zinsanspruch insoweit verzichtet, als dieser der Höhe nach über 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz hinaus geht und einen Zeitraum vor dem 08.12.2010 betrifft.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

die Berufung der Beklagten unter Berücksichtigung des teilweisen Verzichts der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin erwidert auf die Berufung:

Der Kursverfall an den Börsen nach der Insolvenz der US-Bank L. B. am 15.09.2008 habe zu keiner besonders schweren Verwerfung der wirtschaftlichen Verhältnisse geführt. Es handele sich hier um eine Frage der Bonität der Beklagten, da hiervon der Umfang der von den Banken verlangten Sicherheiten abhänge. Das - mit Nichtwissen bestrittene - Verlangen der Banken nach einer vollständigen Hinterlegung der Bürgschaftssumme stelle bloß eine Verschärfung der geforderten Sicherheitsleistung dar, deren Ursache offen sei. Das Beschaffungsrisiko sei in Nr. 8.3 des Vertrags auch dahin geregelt, dass die Beklagte bei Schwierigkeiten der Beschaffung eine Barkaution aufzubringen habe.

Das Vorbringen zum Zustellvorgang in Schweden werde bestritten.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist - mit Ausnahme der sich aus dem Teilverzicht der Klägerin ergebenden Einschränkung des Zinsanspruchs - unbegründet.

I. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte (die auch in zweiter Instanz von Amts wegen zu prüfen ist, s. Heßler in: Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 513 Rn 8 m.N.) folgt aus Art. 22 Nr. 1 EuGVVO. Für Klagen, welche die Miete von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, sind danach die Gerichte des Mitgliedstaats ausschließlich zuständig, in dem die unbewegliche Sache belegen ist.

II. Der Klägerin steht gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB ein Anspruch auf Ersatz der zugesprochenen Anwaltskosten in Höhe von 9.764,80 EUR und gemäß § 284 BGB auf Ersatz der nutzlosen Avalkosten in Höhe von 354,17 EUR zu.

1) Die Anwendbarkeit deutschen Rechts folgt aus Art. 27 Abs. 1 EGBGB a.F., da die Parteien in Nr. 23.4 des Mietvertrags eine ausdrückliche Rechtswahl getroffen haben, und im Übrigen aus Art. 28 Abs. 3 EGBGB a.F., da der Vertrag die engste Verbindung zum deutschen Staat als demjenigen, in dem das Grundstück gelegen ist, aufweist. Art 3 EGBGB n.F. i.V.m. der VO 593/2008 (“Rom I”) ist wegen des vor dem 17.12.2009 erfolgten Vertragsschlusses noch nicht einschlägig (s. Art. 28 Rom I).

2) Entgegen der Ansicht der Beklagten war der - nach der Erklärung des Verzichts auf das Rücktrittsrechts des Vermieters vom 14.11.2008 gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 2 BGB i.V.m. Nr. 8.1 des Mietvertrags seit dem 13.12.2008 gegebene - Verzug mit der Beibringung der Bankbürgschaft über 2 Mio EUR nicht durch einen Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB) ausgeschlossen.

a) Dahin stehen kann, ob der erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Vortrag der Beklagten, dass zur Zeit des Vertragsabschlusses eine Bankbürgschaft gegen Zahlung eines monatlichen Gebühr zu erlangen war, während die Banken nach Beginn der Finanzkrise im Jahr 2008 die Hinterlegung eines der Bürgschaft entsprechenden Betrages auf einem ihrer Konten verlangten, eine bloße Präzisierung des erstinstanzlichen Vortrags über eine “erhebliche Veränderung der Bedingungen” zur Erlangung eines Bankbürgschaft darstellt, oder ob es sich nicht vielmehr um neuen Sachvortrag i.S. von § 531 Abs. 2 ZPO handelt (vgl. dazu BGH NJW 2007, 1531, 1532 Tz 7), und ob letzterenfalls eine Verletzung der Hinweispflicht des Landgerichts auf das Fehlen einer zureichenden Darlegung nach § 139 ZPO vorliegt, mit der Folge, dass der neue Vortrag nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, 3 ZPO zuzulassen ist.

Denn die Voraussetzungen eines Wegfalls der Geschäftsgrundlage liegen auch dann nicht vor, wenn der Vortrag der Beklagten zugelassen und als wahr unterstellt wird.

b) Nach § 313 Abs. 1 BGB setzt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage voraus, dass sich die Umstände, die zur Geschäftsgrundlage geworden sind, schwerwiegend verändert haben, die Parteien den Vertrag bei Voraussehen der Veränderung nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, und einem Vertragsteil unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

aa) Die Geschäftsgrundlage wird nach ständige Rechtsprechung des BGH gebildet durch die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien oder die dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen der einen Vertragspartei vom Vorhandensein oder dem künftigen Eintritt gewisser Umstände, sofern der Geschäftswille der Parteien auf dieser Vorstellung aufbaut (s. etwa BGH NJW 2010, 1663 Tz 17 m.N.). In Betracht kommen dabei nicht nur konkrete, zum Gegenstand der Verhandlungen gemachte Umstände (vgl. Grüneberg in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 313 Rn 3 f.: “subjektive Geschäftsgrundlage”), sondern auch Umstände, welche die Parteien als selbstverständlich ansahen, ohne sich diese bewusst zu machen (s. BGHZ 131, 209 = NJW 1996, 990, 992; vgl. Grüneberg a.a.O.: “objektive Geschäftsgrundlage”).

Danach bilden die Bedingungen der Banken für die Beschaffung einer Bankbürgschaft durch die Beklagte im vorliegenden Fall keine Geschäftsgrundlage des Mietvertrags.

Eine konkrete Erörterung dieses Punktes im Vorfeld des Vertrags wird von der Beklagten nicht behauptet.

Die Beschaffungsbedingungen sind auch nicht Gegenstand vertragstypischer Vorstellungen der Parteien (vgl. BGH a.a.O.) gewesen.

Fehl geht der Hinweis der Beklagten auf die Entscheidung des BGH in WM 1978, 322 (betr. Preisvervielfachung wegen Ölkrise im Jahr 1973) oder die Rechtsprechung des RG betreffend eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse durch Krieg und Revolution (vgl. etwa die Entscheidungen vom 10.12.1920, RGZ 101, 79 und vom 3.2.1922, RGZ 103, 328: Störung des Äquivalenzverhältnisses durch Geldentwertung zwischen Vertragsschluss und Lieferung). Dieser Rechtsprechung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass bei gegenseitigen Verträgen in der Regel die Vorstellung von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung Geschäftsgrundlage ist (vgl. BGH WM 1978, 322, 323; Grüneberg, a.a.O., § 313 Rn 25 m.N.). Darum geht es vorliegend nicht. Denn die Bürgschaft ist ein bloßes Sicherungsmittel und keine im Synallagma stehende Leistung. Durch die behaupteten Beschaffungserschwerung trat keine Verschiebung des Äquivalenzverhältnisses zugunsten der Klägerin ein, sondern der Wert als Sicherungsmittel blieb für sie unverändert.

bb) Der bloße Umstand der Leistungserschwerung ist nach der vertragstypischen Vorstellung der Parteien grundsätzlich Risiko des Schuldners (s. Grüneberg, a.a.O., Rn 30) und vermag eine Vertragsänderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage daher nicht zu begründen (vgl. dazu BGH NJW 2010, 1874, 1877 Tz 24 m.N.). Der Schuldner kann sich nicht auf unvorhergesehene Finanzierungsschwierigkeiten berufen, da die Finanzierung des Geschäfts unmittelbar in seine Sphäre fällt (s. BGHZ 87, 112 = NJW 1983, 1489, 1490). Erst recht muss dies gelten, wenn für den Gläubiger überhaupt nicht erkennbar geworden ist, ob der Schuldner zur Leistungserbringung eine Finanzierung benötigt, auf den vorliegenden Fall übertragen also, ob die Beklagte etwa hinreichendes Grundvermögen besaß, um die Bankbürgschaft abzusichern.

cc) Daran ändert es entgegen der Ansicht der Beklagten nichts, dass Ursache der Schwierigkeiten nicht ihre fehlende Bonität, sondern die allgemeine Verschärfung der Bedingungen auf Grund der Finanzmarktkrise sei.

Zum einen ist die Bonität auch unter den Umständen der sog. Finanzmarktkrise von entscheidender Bedeutung. Eine Hinterlegung des Bürgschaftsbetrags würde von den Banken nicht gefordert, wenn die Beklagte etwa zur Stellung ausreichender Grundsicherheiten in der Lage wäre.

Zum anderen führt der Umstand, dass auf Grund der Finanzmarktkrise eine Vielzahl von Schuldnern mit Finanzierungsproblemen konfrontiert sein mögen, nicht zu einer anderen Risikoverteilung. Es bleibt dabei, dass der Schuldner für die Finanzierung und das Fehlen ausreichender Mittel einzustehen hat (im Ergebnis ebenso Kuntz, Auswirkungen der Finanzmarktkrise ..., WM 2009, 1257, 1259; Grüneberg in: Palandt, a.a.O., § 313 Rn 30; Finkenauer in: MüKo, BGB, 6. Aufl., § 313 Rn 184, 207).

Diese Beurteilung stimmt mit der Rechtsprechung des BGH überein, wonach unvorhergesehene negative Auswirkungen auf das Vermögen einer Partei und daraus folgende Leistungshindernisse auch dann nicht zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führen, wenn sie nicht auf Gründen aus der Sphäre des Schuldners beruhen, sondern Folge allgemeiner Umwälzungen sind (s. BGH WM 1957, 1367, 1368: keine Befreiung des Schuldners, wenn die gemeinschaftliche Vorstellung der Erzielung von Einnahmen aus einem Grundstück wegen seiner Lage in Ost-Berlin enttäuscht wird; BGH WM 1962, 625, 626: unverschuldeter Vermögensverlust durch Enteignung, Vertreibung oder Krieg lasse die Geschäftsgrundlage nicht entfallen; BGHZ 7, 238 = NJW 1952, 1371, 1372 f.; WM 1962, 610, 612: unerhebliches Hindernis der Rückführung von Rüstungskrediten, nachdem das Deutsche Reich zusammengebrochen ist und die Rüstungslieferungen nicht bezahlt hat; s. a. Finkenauer in: MüKo, a.a.O., § 313 Rn 304).

c) Die weiteren Ausführungen des Landgerichts zum Vorliegen der Haftungsvoraussetzungen (Erforderlichkeit und Zweckmäßigkeit der Kosten zur Rechtsverfolgung; Unerheblichkeit der Eigenschaft des Komplementärs Thomas Grothe als Rechtsanwalt) und zur Höhe des Anspruchs (Angemessenheit des Gegenstandswerts von 2 Mio EUR; Unverbindlichkeit des Gebührenansatzes des Anwalts nur bei einer vom erstattungspflichtigen Dritten dazulegenden und zu beweisenden Unbilligkeit, s. § 14 Abs. 1 S. 4 RVG und BGH NJW-RR 2012, 887, 888 Tz 4 f.; NJW 2011, 1603, 1605 Tz 18, wobei allerdings der Toleranzbereich von 20 % nicht per se die Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 rechtfertigt, s. BGH, Urt. v. 11.07.2012, VIII ZR 323/11) sind zutreffend und werden von der Berufung auch nicht angegriffen.

Ergänzend ist auszuführen, dass die Anwaltskosten vorliegend nicht deshalb auf den Ansatz einer 1,0-Geschäftsgebühr begrenzt sind, weil die Klägervertreter mit der Rechnung vom 16.02.2009 (Anl. B 3, Bl. I/114 d.A.) einen solchen Ansatz gewählt hätten. Zwar entspricht es allgemeiner Meinung, dass der Rechtsanwalt an die einmal erfolgte wirksame Ausübung seines Bestimmungsermessens i.S. von § 14 RVG bei Ansatz der Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens gebunden ist (s. etwa BGH NJW 1987, 3203; KG AGS 2012, 336; Mayer in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 14 Rn 4). Jedoch ist vorliegend eine Bindungswirkung bereits deshalb nicht eingetreten, weil die “Kostenrechnung” vom 16.02.2009 an die Beklagte gerichtet war und es somit an einer Erklärung an den Auftraggeber fehlte. Eine solche ist jedoch Voraussetzung der bindenden Leistungsbestimmung (vgl. Mayer a.a.O.), wie auch im Übrigen der Fälligkeit der Honorarforderung (§ 10 RVG). Im Übrigen dürfte der Vortrag der Klägerin, die Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten habe sich nach dem 16.02.2009 durch die Gegenkündigung der Beklagten vom 13.03.2009 ausgeweitet, so dass eine abweichende Bestimmung gerechtfertigt sei, erheblich sein.

3) Der Anspruch der Klägerin auf Ersatz der (unstreitig angefallenen) Avalkosten von 354,17 EUR für die von ihr bereits beschaffte Bürgschaft folgt aus § 284 BGB. Es handelt sich um im Vertrauen auf die Durchführung des Mietvertrags gemachte Aufwendungen, die an Stelle eines Schadensersatzanspruchs ersetzt verlangt werden können. Die fristlose Kündigung der Klägerin (die auch ausdrücklich so bezeichnet wurde) vom 03.03.2009 war wirksam. Das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 BGB besteht auch vor der Überlassung der Mietsache an den Mieter (vgl. BGH NJW-RR 2007, 884, 885 Tz 26, 30; Weidenkaff in: Palandt, BGB, 71. Aufl., § 543 Rn 12); die Anwendbarkeit des § 543 BGB vor der Gebrauchsüberlassung ergibt sich inzident auch aus § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB.

Die Fortsetzung des Mietverhältnisses war der Klägerin i.S. von § 543 Abs. 1 BGB unzumutbar, nachdem die Beklagte erklärt hatte, dass sie die vereinbarte Sicherheitsleistung nicht erbringen könne bzw. wolle. Die Mietkaution befriedigt regelmäßig ein legitimes Sicherungsinteresse des Vermieters, ihre Nichtleistung stellt damit grundsätzlich eine erhebliche Vertragsverletzung dar (s. BGH NJW-RR 2007, 886 Tz 18). Das gilt vorliegend um so mehr, als die Klägerin mit der Errichtung des Hotels ein erhebliches eigenes Risiko eingehen wollte.

Die Beklagte traf wegen ihrer ernsthaften und endgültigen Weigerung, die vereinbarte Sicherheit zu leisten, ein Auflösungsverschulden, welches sie gemäß § 280 Abs. 1 BGB zum Ersatz des Kündigungsfolgeschadens verpflichtet (vgl. BGH NJW 2007, 2474 Rz 9; Weidenkaff, a.a.O., § 543 Rn 61). In Bezug auf den nutzlosen Aufwand tritt der Anspruch nach § 284 BGB an dessen Stelle.

III. Der Zinsanspruch in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung und somit (jedenfalls) seit dem 08.12.2010 beruht auf den §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1 BGB. In Bezug auf die weitergehende Zinsforderung war die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen, nachdem die Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf die Mehrforderung gemäß § 306 ZPO verzichtet hat. Die Frage, ob die Zustellung der Klageschrift in Schweden am 14.09.2010 wirksam erfolgt ist, erübrigt sich daher.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Revisionszulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.