VG Hamburg, Urteil vom 04.11.2010 - 4 K 26/07
Fundstelle
openJur 2013, 1469
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage eine Verpflichtung der Beklagten, ihr eine Genehmigung zur Durchführung von Online-Sportwetten für das Bundesland Hamburg zu erteilen bzw. dies zuvor zu dulden sowie die Beklagte vorbeugend zu verpflichten sicherzustellen, dass bis zum Abschluss des Genehmigungsverfahrens keine Untersagungsverfügung erlassen werde.

Die Klägerin ist eine in Finnland ansässige Körperschaft des öffentlichen Rechts und ein gemeinnütziger Verein und hat nach eigenen Angaben die Aufgabe, Mittel für wohltätige Zwecke durch das Angebot von Glücksspielen zu sammeln. Sie betreibt in Finnland mit einer entsprechenden Genehmigung einen Internetserver, auf dessen Webseiten Online-Sportwetten angeboten werden. Ein Nutzer kann sich auf der Webseite anmelden und – nachdem er per Kreditkarte oder Überweisung einen Betrag auf ein Benutzerkonto transferiert hat – weltweit über das Internet eine Wette platzieren. Die Klägerin betreibt im Bundesgebiet weder eine technische Einrichtung noch eine Annahmestelle für Sportwetten.

Mit Schreiben vom 31. Januar 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Feststellung, dass die Veranstaltung von Online-Sportwetten in Hamburg angesichts der ihr in Finnland erteilten Lizenz zulässig sei, diese Genehmigung auch in Hamburg gelte und eine Erlaubnis im Sinne des § 284 StGB darstelle. Hilfsweise beantragte sie die Erteilung einer Erlaubnis für ihre Tätigkeit oder in Ermangelung dessen deren Duldung bis zur endgültigen Entscheidung über eine entsprechende Genehmigung in einem einzurichtenden Genehmigungsverfahren ebenso wie das Unterlassen einer Untersagung. Ihr Begehren begründete die Klägerin damit, dass es sich bei europarechtskonformer Betrachtung der Lizenz der Behörden Finnlands unter besonderer Berücksichtigung des Gebots der Dienstleistungsfreiheit um eine auch in Deutschland geltende EU-ausländische Lizenz zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten handle. Die Fernhaltung EU-ausländi-scher Teilnehmer vom Glücksspielmarkt durch die Beklagte, etwa durch die Nichtanerkennung der – hier - finnischen Lizenz oder aber durch Nichterteilung einer Genehmigung, sei eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit, die insbesondere infolge fehlender Kohärenz nicht gerechtfertigt sei. Vor diesem Hintergrund komme auch eine Strafbarkeit wegen unerlaubten Glücksspiels nach § 284 StGB nicht in Betracht. Ferner liege eine Verletzung des EU-Wettbewerbsrechts vor, weil die Beklagte das Glücksspielmonopol zulasten der privaten Anbieter ausnutze. Im Übrigen werde dadurch auch das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG verletzt, das i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG auch ausländische Personen schütze. Eine Genehmigung sei trotz fehlender gesetzlicher Regelungen insoweit zu erteilen, weil die Klägerin - gemessen an den für die Zulassung der Vermittlung für staatliche Sportwetten geltenden Regelungen - die Voraussetzungen erfülle und dies in vergleichbarem Umfang auch von den Behörden Finnlands geprüft worden sei. Aus allem ergebe sich bis zur Feststellung der Geltung der EU-ausländischen Genehmigung bzw. bis zur Erteilung einer Genehmigung ein Anspruch der Klägerin auf Duldung der Online-Sportwetten durch die Beklagte.

Die Beklagte schlug zunächst vor, eine Entscheidung über das Begehren der Klägerin bis zu einer anstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen, woraufhin die Klägerin mit Schreiben vom 13. Februar 2006 um eine zeitnahe Entscheidung bat. Diese erging jedoch nicht.

Mit der am 3. Januar 2007 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Das in der Hauptsache verfolgte Feststellungsbegehren sei begründet. Zwischen ihr und der Beklagten sei das Bestehen eines Rechtsverhältnisses streitig, weil sie sich auf die Geltung ihrer finnischen Erlaubnis und die gegenseitige Anerkennungspflicht ausländischer Erlaubnisse innerhalb der Mitgliedstaaten der EU berufe und somit zumindest ein künftiges Rechtsverhältnis im Raum stehe. Die Klägerin stützt die Klage insbesondere darauf, dass die Beklagte nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verpflichtet sei, die EU-ausländischen Genehmigungen zur Durchführung von Online-Sport-wetten anzuerkennen. Sie vertritt die Auffassung, dass das staatliche Sportwettenmonopol, wie es im Lotteriestaatsvertrag zum Ausdruck komme, gegen Art. 49 EGV verstoße. Entgegen den Anforderungen, die der Europäische Gerichtshof u. a. in seinen Urteilen vom 6. März 2007, Placanica (C-338/04) und vom 6. November 2003, Gambelli (C-243/01), aufgestellt habe, erlaube es die rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Monopols auf dem Gebiet der Sportwetten und Lotterien nach dem Lotteriestaatsvertrag nämlich nicht, eine kohärente und systematische Bekämpfung der Spielsucht sicherzustellen. Es gehe bei der Gestaltung des Glücksspielrechts dem Gesetzgeber in erster Linie um fiskalische Interessen und weniger um die Bekämpfung glücksspielspezifischer Gefahren, wobei Letztere nicht im Sinne einer Darlegungs- und Beweispflicht von der Beklagten nachgewiesen worden seien. Andere Spiel- und Wettformen wie Geldspielautomaten, Pferdewetten oder Casinospiele seien bundesweit nicht Gegenstand eines solchen staatlichen Monopols und entwickelten sich darüber hinaus immer extensiver, obwohl derartige Spiele und Wetten eine höhere Suchtgefahr aufwiesen als Sportwetten und Lotterien. So habe die Spielbank Wiesbaden ursprünglich eine Konzession für Online-Roulette gehabt und es habe der staatliche Lottoveranstalter Internet-Angebote bereitgestellt. Auch spreche die ständige Ausweitung der Möglichkeiten der Teilnahme an staatlichem, monopolisiertem Glücksspiel gegen das vorgebliche Ziel der Eindämmung von Gefahren. Das Glücksspielmonopol verletze weiter das EU-Kartellrecht und stelle eine Verletzung der in Art. 12 GG garantierten Berufsfreiheit dar.

Die Klägerin macht mit Schriftsatz vom 25. Februar 2008 geltend, dass diese Inkohärenzen nach dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrags und des Hamburgischen Glücksspielstaatsvertrags-Ausführungsgesetzes fortbestünden und ergänzt ihr bisheriges Vorbringen unter Hinweis auf das Mahnschreiben der EU-Kommission vom 31. Januar 2008 und den Vorlagebeschluss des VG Schleswig vom 30. Januar 2008 (12 A 102/06) sowie einzelne Entscheidungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs. Insbesondere das nunmehr geregelte Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV sei eine ungeeignete Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit. Lokale Internet-Beschränkungen seien technisch unmöglich. Inkohärenz bestehe des Weiteren im Hinblick auf die Zulässigkeit von Pferdewetten im Internet.

Die Klägerin führt weiter aus, dass das Internetveranstaltungsverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV im Hinblick auf eine fehlende Studie zur Gefahrenanalyse europarechtswidrig sei und verweist darauf, dass infolge des staatlichen Glücksspielmonopols die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV inkohärent sei. Ein Internetverbot sei für die Spielsuchtbekämpfung kontraproduktiv, weil das Spielen an aufgestellten Spielautomaten die gefährlichere Vertriebsform sei und ein Internetverbot problematisches Spielverhalten nicht eindämmen könne, weil der Spieler auf ein illegales Angebot aus dem Ausland ausweichen könne. Das Internetverbot sei nur dann kohärent, wenn es für alle Glücksspiele gelten würde, was angesichts der Pferdewetten und Spielautomatenspiele im Internet nicht der Fall sei. Im Übrigen sei der Spielerschutz im Internet z.B. durch Aufzeichnungsmöglichkeiten, Spielersperren, Einsatzgrenzen etc. gerade besonders gut zu gewährleisten.

Aus den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 folge, dass die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrags ab sofort nicht mehr anwendbar seien. Der Europäische Gerichtshof habe in diesen Entscheidungen bestätigt, dass das Glücksspielrecht in Deutschland nicht einheitlich geregelt und das staatliche Monopol unionsrechtswidrig sei. Das Gebot der Unanwendbarkeit unionsrechtswidriger Vorschriften erfasse insbesondere auch das in § 4 Abs. 4 GlüStV geregelte Internetverbot. Selbst wenn man nicht davon ausginge, sei das Internetverbot für sich betrachtet inkohärent. Insoweit sei ergänzend auf die Online-Terminals von Lotto Hamburg, das Angebot von Lotto Hessen via Onlinebrief der Deutschen Post, die Online-Pferdewetten, die Online-Spielautomaten und das Online-Angebot der DDR-Lizenzen und einer privaten Spielbank hinzuweisen

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin eine Genehmigung zur Durchführung von Online-Sportwetten für das Bundesland Hamburg zu erteilen.

die Beklagte zu verpflichten, die Durchführung und Bewerbung von Online-Sportwetten durch die Klägerin vorläufig - bis zur endgültigen Entscheidung über eine entsprechende Genehmigung in einem einzurichtenden Genehmigungsverfahren - zu dulden und weiterhin zu verpflichten, sicherzustellen, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Untersagungsverfügung gegen die Klägerin erlassen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass Erlaubnisse aus anderen EU-Mitgliedstaaten unbeachtlich blieben, weil die Mitgliedstaaten auch nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs nicht verpflichtet seien, die Erlaubnisse gegenseitig anzuerkennen.

Darüber hinaus sei der Glücksspielstaatsvertrag formell europarechtskonform, insbesondere sei der Notifizierungspflicht aus der Richtlinie Nr. 98/34/EG Genüge getan. Materiellrechtlich sei der Glücksspielstaatsvertrag nicht zu beanstanden. Das Sportwettenmonopol verstoße nicht gegen Unionsrecht. Die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs seien gerechtfertigt. Mit dem Glücksspielmonopol würden legitime Gemeinwohlziele verfolgt und es sei geeignet, diese Ziele zu erreichen, da es zu einer – innerhalb einer Glücksspielform – kohärenten und systematischen Begrenzung der Wetttätigkeit beitrage. Auch nach den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 in den Vorlageverfahren „Markus Stoß“, „Carmen Media“ und „Winner Wetten“ sei sowohl ein staatliches Glücksspielmonopol als auch eine unterschiedliche Regelung verschiedener Glücksspielsektoren grundsätzlich zulässig. Die Unterschiede bei der Regelung der einzelnen Glücksspielsektoren führten nicht zur Inkohärenz der Regelungen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Europäische Gerichtshof keine eigenen tatsächlichen Feststellungen zum Glücksspielmarkt in Deutschland getroffen, sondern die tatsächlichen Annahmen der vorlegenden Gerichte seiner Entscheidung zu Grunde gelegt habe.

Die Behauptung, der Betrieb von Automatenspielen in anderen Einrichtungen als Spielbanken, etwa in Spielhallen, sei durch die Änderung der Spielverordnung im Jahre 2006 und die nachfolgende Entwicklung erheblich gelockert worden, entbehre einer sachlichen Grundlage. Dazu habe das Oberverwaltungsgericht Münster in einem Beschluss vom 2. Juli 2010 (4 B 581/10) Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass mit den Änderungen auch der Spielerschutz gestärkt worden sei. Nach alledem gelte, dass auch die seit Januar 2006 geltende Spielverordnung einen nicht unerheblichen Beitrag zum Spielerschutz leiste, so dass mit der Zulassung des gewerblich geregelten Geldgewinnspiels der Gesetzgeber auf Bundesebene vergleichbare Ziele verfolge wie der Landesgesetzgeber mit der Beschränkung des Marktzutritts für private Betreiber von Glücksspielen. Das Schutzniveau von Automatenspielen und Sportwetten müsse aufgrund des Ermessensspielraums der Mitgliedstaaten nicht in jeder Hinsicht vergleichbar sein.

Im Hinblick auf Spielbanken sei festzustellen, dass ein Online-Angebot von Spielbanken nicht mehr bestehe und im Übrigen auch das stationäre Angebot von Spielbanken mehr als übersichtlich sei. Schon allein deshalb könnten Überlegungen im Zusammenhang mit Spielbanken die Gesamtkohärenz eines staatlichen Monopols nicht infrage stellen. Auch seien in den Kasinos Spielerschutzmaßnahmen, wie Einlasskontrollen und Sperrdateien, ergriffen worden.

Vom Bereich der Pferdewetten schließlich gingen keine wesentlichen Gefahren aus. Pferdewetten dürften seit langem aufgrund des Rennwett- und Lotteriegesetzes vom 8. April 1922 von konzessionierten privaten Buchmachern angeboten werden. Für diese - vom Bereich der sonstigen Sportwetten abweichende - Regelung seien historische Gründe maßgeblich. Hinzu komme, dass Pferdewetten in Deutschland nur einen sehr geringen Anteil am Glücksspielmarkt hätten (etwa 0,5 %) und etwaige von Pferdewetten ausgehende Suchtgefahren daher nur einen sehr geringen Teil der Bevölkerung betreffen könnten. Im Übrigen enthalte das genannte Gesetz auch Regelungen zur Beschränkung des Spielbetriebs und durch die Einrichtung der Außenwettannahmestellen werde das Totalisatorgeschäft streng an den Schutzzielen des Glücksspielstaatsvertrages ausgerichtet. Auch bei Pferdewetten seien Spielerschutzmaßnahmen, wie eine Altersüberprüfung, ein Höchstbetrag für Wetten sowie die Möglichkeit der Sperre und der Angabe eines selbst gewählten Limits, ergriffen worden. Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass bei Betrachtung aller Glücksspielsektoren im Sinne einer "Gesamtkohärenz" eine Politik der erheblichen Ausdehnung nicht monopolisierter Glücksspiele nicht feststellbar sei. Das Glücksspielmonopol sei auch erforderlich, weil kein milderes, gleich effektives Mittel gegeben sei. Die Regulierung privater Glücksspielanbieter sei nicht ebenso effektiv, wie die Monopolisierung, um die im Glücksspielstaatsvertrag festgelegten legitimen Ziele zu erreichen.

Es liege auch kein Verstoß gegen Verfassungsrecht vor. Den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der Wettangebote, die Beschränkung der Vermarktung sowie die Schaffung geeigneter Kontrollinstanzen werde der Glücksspielstaatsvertrag gerecht. Ein strukturelles Vollzugsdefizit, das als Rechtsfolge mangelnder Effektivität die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelungen begründen könnte, lasse sich nicht feststellen. Die Beklagte habe – im Einzelnen genau bezeichnete – hinreichende Maßnahmen auf der Vollzugsebene ergriffen. Mit der Annahmestellenverordnung werde § 5 Abs. 4 HmbGlüStVAG entsprochen, sie gehe über die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts noch hinaus. Die Anzahl der Lotto-Annahmestellen habe 2006 bei 530 gelegen. Mit der Begrenzung auf 450 werde das seither erreichte niedrige Niveau festgeschrieben. Spielerschutz erfolge über das bundesweite Sperrsystem nach § 8 GlüStV. Im Bereich der Forschung über Spielsucht und der Suchtprävention (§§ 9, 10 HmbGlüStVAG) fördere die Beklagte diverse näher bezeichnete Projekte. Der Jugendschutz werde durch jugendliche Testkäufer überprüft. Die Werbung von Lotto Hamburg werde durch die Glücksspielaufsicht streng kontrolliert. Die Glücksspielaufsicht gehe nicht nur gegen illegale Werbung, sondern gegen sämtliche Verstöße gegen den Glücksspielstaatsvertrag vor.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Gerichtsakten, die Sachakte der Beklagten und die übrigen Unterlagen, die das Gericht zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht hat, sowie die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

A.

Die Klage ist mit dem ersten Antrag auf Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin eine Genehmigung zur Durchführung von Online-Sportwetten für das Land Hamburg zu erteilen, zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

I.

Die Klage ist als Verpflichtungsklage in der Form der Untätigkeitsklage im Sinne von § 75 Satz 1 Alt. 1 VwGO zulässig. Die Frist des § 75 Satz 2 VwGO ist erkennbar abgelaufen, eine Aussetzung gemäß § 75 Satz 3 VwGO ist nicht angezeigt. Die Klägerin stellte vor Klageerhebung erfolglos mit Schreiben vom 31. Januar 2006 bei der Beklagten einen Antrag auf Feststellung, dass ihre Tätigkeit der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet angesichts einer ihr in Finnland erteilten Lizenz zulässig sei, diese Genehmigung auch in Hamburg gelte und eine Erlaubnis im Sinne des § 284 StGB darstelle. Hilfsweise beantragte sie die Erteilung einer Erlaubnis für ihre Tätigkeit. Diese Anträge der Klägerin blieben ohne Entscheidung.

Die Klage ist auch im Hinblick auf die erforderliche Klagebefugnis zulässig. In der Rechtsprechung und nach der herrschenden Meinung wird die Klagebefugnis anhand der Möglichkeitstheorie bestimmt. Danach reicht es aus, dass eine Verletzung von Rechten der Klägerin durch den angefochtenen Verwaltungsakt bzw. durch die Ablehnung oder Unterlassung des begehrten Verwaltungsaktes jedenfalls nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder denkbaren Betrachtungsweise unmöglich erscheint (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., 2009, § 42 Rn. 66 m.w.N.). Die Klägerin kann sich zwar vorliegend nicht ohne Weiteres auf einfachgesetzliche Normen berufen, die ihr einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet in Hamburg geben würden. Auch ein Anspruch aus Art. 12 Abs. 1 GG scheidet aus, da die Klägerin keine Deutsche ist. Jedoch schließt die Beschränkung des Grundrechts der Berufsfreiheit auf Deutsche nicht aus, auf die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit eines Ausländers im Bundesgebiet den Kern dieses Grundrechts im Rahmen von Art. 2 Abs. 1 GG anzuwenden. Dieses Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit steht als allgemeines Menschenrecht auch Ausländern in der Bundesrepublik Deutschland zu. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet Schutz für den Ausländer jedoch nur in dem durch ihn gezogenen Rahmen, besonders nur in den Schranken der verfassungsmäßigen Ordnung. Hierzu gehört jede Rechtsnorm, die formell und materiell im Einklang mit der Verfassung steht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 18.7.1973, BVerfGE 35, 382). Im Hinblick auf die in § 284 Abs. 1 StGB enthaltene Regelung, dass das Veranstalten von Glücksspielen ohne behördliche Erlaubnis oder Bereitstellen von Einrichtungen hierzu unter Strafandrohung gestellt, und die Verfassungsmäßigkeit der diese Erlaubnis regelnden Normen umstritten ist, ist daher nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Klägerin aus Art. 2 Abs. 1 GG einen Anspruch auf eine entsprechende Genehmigung hat, die sie notfalls auch ohne einfachgesetzliche Vorschriften vor den Verwaltungsgerichten durchsetzen kann (vgl. auch VGH München, Urt. v. 30.8.2000, 22 B 00.1833, juris).

II.

Die Klage ist jedoch unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Veranstaltung von Sportwetten im Internet im Land Hamburg. Ein solcher lässt sich weder aus einfachgesetzlichen Normen noch aus Grundrechten herleiten.

1. Ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer solchen Genehmigung ergibt sich nicht aus einfachem Recht.

a) Maßgeblich für die Begründetheitsprüfung ist dabei die im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts bestehende Sach- und Rechtslage, so dass das Gericht den nach Artikel 1 § 2 des Gesetzes zur Neuregelung des Glücksspielwesens vom 14. Dezember 2007 (HmbGVBl. S. 441) mit Gesetzeskraft veröffentlichten Staatsvertrag zum Glücksspielwesen in Deutschland (Glücksspielstaatsvertrag - GlüStV, HmbGVBl. 2007, S. 446) und das nach Artikel 2 dieses Gesetzes erlassene Hamburgische Gesetz zur Ausführung des Glücksspielstaatsvertrages vom 14. Dezember 2007 (Hamburgisches Glücksspielstaatsvertrags-Ausführungsgesetz - HmbGlüStVAG) anzuwenden hat, die beide nach Artikel 3 Absatz 1 des vorstehenden Gesetzes am 1. Januar 2008 in Kraft getreten sind (vgl. dazu auch die Bekanntmachung des Glücksspielstaatsvertrages vom 4. Januar 2008 in HmbGVBl. S. 32).

b) Bei den von der Klägerin angebotenen Sportwetten handelt es sich um Glücksspiele i.S.d. Glücksspielstaatsvertrags. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV liegt ein Glücksspiel vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Dabei wird im nachfolgenden Satz weiter definiert, dass die Entscheidung über den Gewinn dann vom Zufall abhängt, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Nach dieser Legaldefinition fallen Sportwetten unter die dem Glücksspielstaatsvertrag unterliegenden Glücksspiele (VGH Mannheim, Beschl. v. 17.3.2008, 6 S 3069/07, Rn. 6, juris; VG Stade, Beschl. v. 6.5.2008, 6 B 364/08, juris, Rn. 27; sowie ergänzend VGH Kassel, Beschl. v. 13.8.2008, 7 B 1205/08, S. 10; siehe zu Glücksspielen i.S.d. § 284 Abs. 1 StGB: BVerwG, Urteile v. 28.3.2001, BVerwGE 114, 92 [94 f.], und v. 21.6.2006, BVerwGE 126, 149 [156]; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 15.7.2002, GewArch 2003, 295 [295] m.w.N.). Aus § 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV folgt, dass Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses Glücksspiele sind. Maßgeblich für den Begriff des Glücksspiels ist daher, dass der Spieler bewusst einen Vermögenswert für die Beteiligung an einer ebenfalls in einem Vermögenswert bestehenden Gewinnaussicht opfert, den er ohne die Gewinnchance nicht hingegeben hätte, und dass weiter die Entscheidung über Gewinn und Verlust nach den Vertragsbedingungen nicht wesentlich von den Fähigkeiten, Kenntnissen und der Aufmerksamkeit des Spielers, sondern allein oder hauptsächlich vom Zufall abhängt (vgl. hierzu v. Bubnoff, Leipziger Kommentar, StGB, 10. Auflage 1988, Rn. 4 und 6 f. zu § 284 StGB m.w.N.). Alle diese Voraussetzungen erfüllen die von der Klägerin angebotenen Sportwetten, bei denen die Teilnehmer sich gerade wegen und mit Blick auf die Möglichkeit eines diesen Einsatz übersteigenden Geldgewinns eines bestimmten Geldbetrages begeben, und bei denen der die Realisierung der versprochenen Gewinnchance jeweils bestimmende Ausgang der "bewetteten" sportlichen Auseinandersetzungen auch ausschließlich oder doch jedenfalls ganz überwiegend durch die Gesetze des Zufalls bestimmt wird.

c) Nach dem Glücksspielstaatsvertrag hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Genehmigung zum Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten über das Internet. Es kann insoweit dahinstehen, ob der Glücksspielstaatsvertrag ein Genehmigungsverfahren für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet vorsieht oder aber die Erteilung einer derartigen Genehmigung trotz fehlenden entsprechenden Verfahrens möglich ist. Denn der Erteilung einer Genehmigung steht das Verbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV entgegen, wonach das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten sind. Dieses Verbot gilt umfassend. Daraus folgt, dass der Vertriebsweg „Internet“ für Glücksspiele und damit für die von der Klägerin begehrte Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten ebenso ausnahmslos verboten ist, wie für solche, die von staatlichen Glücksspielanbietern angeboten werden.

d) Der Glücksspielstaatsvertrag und mithin auch § 4 Abs. 4 GlüStV ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch anwendbar. Insbesondere ergibt sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes vom 8. September 2010 (vgl. EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a, Stoß u.a., Rn 81, juris) nicht, dass der Glücksspielstaatsvertrag in seiner Gesamtheit aufgrund des Anwendungsvorrangs des (primären) europäischen Unionsrechts unanwendbar wäre. Denn die Systematik des Glücksspielstaatsvertrages erlaubt diese Schlussfolgerung nicht. Zwar beruht der Staatsvertrag, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, auf der konzeptionellen Vorstellung der Länder, ein staatliches Monopol auf Lotterien und Sportwetten regeln zu wollen. Doch darin erschöpft sich der Regelungsgehalt nicht. Vielmehr enthält der Glücksspielstaatsvertrag darüber hinaus Regelungen im ordnungsrechtlichen Sinne. Insoweit ist der Glücksspielstaatsvertrag ersichtlich so aufgebaut, dass er im ersten Abschnitt allgemeine Vorschriften enthält, zu denen insbesondere die Vorschrift über die aufgezählten Ziele in § 1 GlüStV, aber auch die allgemeine Bestimmung über die Erlaubnispflicht, die Versagungsgründe, das Spielverbot für Minderjährige und das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV zählen. Erst im Zusammenwirken mit der Bestimmung über die Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots (§ 10 GlüStV) im zweiten Abschnitt des Vertragswerks („Aufgaben des Staates“) bekommt etwa die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV den spezifischen Gehalt, dass private Veranstalter ausgeschlossen werden und keine Erlaubnis erhalten können. Die Vorschrift ist aber auf diesen Gehalt nicht beschränkt; beispielsweise würde sie auch eingreifen, wenn der staatliche konzessionierte Veranstalter entgegen § 21 Abs. 2 Satz 3 GlüStV Wetten auf laufende Sportereignisse (sog. Live-Wetten) anbieten wollte. Daraus folgt, dass eine mögliche Nichtanwendung der Bestimmung über das staatliche Veranstaltungsmonopol nicht schon dazu führt, dass die übrigen Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages zur Gänze unanwendbar wären (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 26.10.2010, 1 S 154.10, juris).

Das Gericht hat im Übrigen keine Bedenken hinsichtlich des formell rechtsgültigen Zustandekommens des Glücksspielstaatsvertrages. Insbesondere ist der Notifizierungspflicht nach der Richtlinie 98/34/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der Vorschriften für die Dienste der Informationsgesellschaft (Informationsrichtlinie) genügt worden (vgl. zur Notifizierungspflicht: OVG Hamburg, Beschl. v. 26.9.2008, 4 Bs 96/08, juris, Rn. 62 ff.; Beschl. v. 26.9.2008, 4 Bs 101/08, juris, Rn. 47 ff.; VG Hamburg, Beschl. v. 7.4.2008, 4 E 238/08, n.v.; Beschl. v. 15.4.2008, 4 E 310/08, n.v.). Der Glücksspielstaatsvertrag war insbesondere aufgrund der Regelung in § 4 Abs. 4 GlüStV notifizierungsbedürftig. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine technische Vorschrift im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Uabs. 1 i. V. m. Art. 1 Nr. 11 der Informationsrichtlinie. Ausnahmetatbestände nach Art. 10 der Informationsrichtlinie sind nicht einschlägig. Der Entwurf des Glücksspielstaatsvertrags wurde der Europäischen Kommission am 21. Dezember 2006 notifiziert. Die Notifizierung führte zwar zu Beanstandungen durch die Europäische Kommission (Schreiben vom 22. März 2007 und 14. Mai 2007). Diese machten jedoch lediglich die Einhaltung der sog. Standstill-Verpflichtungen des Art. 9 der Informationsrichtlinie erforderlich. Auf die Frage, ob darüber hinaus gegenüber der Bundesrepublik Deutschland wegen der Nichtumsetzung der Beanstandungen der Europäischen Kommission im Glücksspielstaatsvertrag ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet werden kann, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Die Standstill-Verpflichtung gem. Art. 9 Abs. 2 Spiegelstrich 2 der Informationsrichtlinie wurde eingehalten. Der Entwurf der am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Vorschrift wurde nicht vor Ablauf von sechs Monaten nach Eingang der Stellungnahme der Europäischen Kommission angenommen.

e) Das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist entgegen der Auffassung der Klägerin auch mit höherrangigem Recht vereinbar. Es verstößt weder gegen Unionsrecht (aa) noch gegen Verfassungsrecht (bb).

aa) Das Verbot des Veranstaltens und Vermittelns öffentlicher Glücksspiele im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV stellt keinen Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften dar.

(1) § 4 Abs. 4 GlüStV verletzt nicht die mangels Niederlassung der Klägerin im Bundesgebiet bzw. in Hamburg allein in den Blick zu nehmende Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 Abs. 1 AEUV (ehemals Art. 49 EGV). Das im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union garantierte Recht auf einen freien Dienstleistungsverkehr verbietet im Grundsatz Beschränkungen für Dienstleistungen innerhalb der Union für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die in einem anderen Mitgliedsstaat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind.

Bei der europaweiten Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet handelt es sich um Dienstleistungen im Sinne des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Gambelli, Rn. 52, juris; Urt. v. 21.10.1999, C-67/98, Zenatti, Rn. 24, juris). Nach Art. 57 AEUV sind Dienstleistungen im Sinne der Verträge Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen. Als Dienstleistungen gelten insbesondere: gewerbliche Tätigkeiten, kaufmännische Tätigkeiten, handwerkliche Tätigkeiten und freiberufliche Tätigkeiten (Art. 57 Satz 2 AEUV). Die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet bedeutet im Wesentlichen einen grenzüberschreitenden Datenaustausch. Mit diesen Daten eröffnet der Glücksspielunternehmer dem Spieler durch die Teilnahme am Spiel eine Gewinnmöglichkeit. Er ermöglicht die Verwaltung der Einsätze und die Auszahlung der Gewinne und stellt damit eine entgeltliche Leistung außerhalb des Mitgliedsstaates, in welchem er niedergelassen ist („vorübergehend“, vgl. Art. 57 Satz 3 AEUV), zur Verfügung. Danach ist Art. 56 AEUV vor dem Hintergrund anwendbar, dass die Klägerin Sportwetten über das Internet vertreibt, ohne dass sie einen Unternehmenssitz oder eine Vermittlungsagentur im Bundesgebiet bzw. im Bundesland Hamburg unterhält.

(2) Das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV stellt einen Eingriff in den Schutzbereich der von Art. 56 AEUV garantierten Dienstleistungsfreiheit dar. Die Dienstleistungsfreiheit der Klägerin wird durch das Internetverbot für Glücksspiele beschränkt im Sinne des Art. 56 AEUV. Der Dienstleistungsfreiheit wird nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ein allgemeines Beschränkungsverbot entnommen, das grundsätzlich sämtliche im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit innerhalb der EU unterschiedslos wirkenden Maßnahmen erfasst, die die Ausübung der Grundfreiheit unterbinden, behindern oder auch nur weniger attraktiv machen (EuGH, Urt. v. 25.7.1991, C-76/90, Säger, juris). Für die Klägerin unterbinden die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im Internet, weil diese Dienstleistung in Hamburg bzw. im gesamten Bundesgebiet nach § 4 Abs. 4 GlüStV verboten ist.

(3) Die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit durch § 4 Abs. 4 GlüStV ist entgegen der Auffassung der Klägerin gerechtfertigt. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob eine Rechtfertigung bereits aus Art. 52 Abs. 1 AEUV i.V.m. Art. 62 AEUV folgt, wonach Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt werden können. Denn neben diesen ausdrücklich vorgesehenen Rechtfertigungsgründen sind Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit aufgrund unterschiedslos anwendbarer nationaler Maßnahmen auch dann – wie hier - mit dem Unionsrecht vereinbar, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig sind und auch nicht diskriminierend angewendet werden (vgl. EuGH, Urt. v. 21.9.1999, C-124/97, Läärä, Rn. 31, juris).

Vor dem Hintergrund, dass das Glücksspielrecht innerhalb der Europäischen Union bislang nicht harmonisiert ist, gesteht der Europäische Gerichtshof den Mitgliedsstaaten Ermessensspielräume bei der Rechtfertigung von Einschränkungen im Rahmen gesetzlicher Regelungen im Glücksspielwesen zu, indem er in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 (EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Carmen Media, Rn. 45 f., juris) ausführt:

„Dazu ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof zu den gegebenenfalls zulässigen Rechtfertigungen innerstaatlicher Maßnahmen, mit denen der freie Dienstleistungsverkehr eingeschränkt wird, wiederholt dargelegt hat, dass sich die Ziele, die mit den im Spiel- und Wettbereich erlassenen nationalen Rechtsvorschriften verfolgt werden, bei einer Gesamtbetrachtung meist auf den Schutz der Empfänger der jeweiligen Dienstleistungen und allgemeiner der Verbraucher sowie auf den Schutz der Sozialordnung beziehen. Der Gerichtshof hat ferner hervorgehoben, dass solche Ziele zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gehören, die Eingriffe in den freien Dienstleistungsverkehr rechtfertigen können (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Schindler, Randnr. 58, Läärä u. a., Randnr. 33, Zenatti, Randnr. 31, vom 11. September 2003, Anomar u. a., C-6/01, Slg. 2003, I-8621, Randnr. 73, sowie Placanica u. a., Randnr. 46). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es demnach Sache jedes Mitgliedstaats, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen, wobei die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betreffenden nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen sind (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile Läärä u. a., Randnrn. 35 und 36, Zenatti, Randnrn. 33 und 34, sowie vom 8. September 2009, Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, C-42/07, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 58).“

In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist insbesondere anerkannt, dass im Zusammenhang mit der Veranstaltung und Durchführung von Glücksspielen der Dienstleistungsfreiheit aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses wie etwa dem Verbraucherschutz, der Betrugsvorbeugung und der Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu erhöhten Ausgaben durch innerstaatliche Regelungen Beschränkungen auferlegt werden können; dabei ist es Sache des jeweiligen Einzelstaates, das Schutzniveau bei den einzelnen Formen des Glücksspiels zu bestimmen. Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit sind zulässig, soweit diese wirklich dem Ziel dienen, die Gelegenheit zum Spiel zu vermindern und sie geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten; weiterhin müssen die auferlegten Beschränkungen erforderlich sein, mithin nicht außer Verhältnis zu diesen Zielen stehen (vgl. EuGH, Urt. v. 6.3.2007, C-338/04 u.a., Placanica u.a., juris; Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Gambelli, Rn. 76, juris; Urt. v. 21.10.1999, C-67/98, Zenatti, Rn. 38, juris; Urt. v. 21.9.1999, C-124/97, Läärä, juris), dabei müssen sie auf jeden Fall in nicht diskriminierender Form angewandt werden.

(a) Das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist geeignet, Ziele des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen. Der Glücksspielstaatsvertrag benennt die von ihm verfolgten Gründe des Allgemeininteresses in § 1 GlüStV. Nach § 1 GlüStV sind Ziele des Staatsvertrages, das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern und die Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung zu schaffen, das Glücksspielangebot zu begrenzen und den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, insbesondere ein Ausweichen auf nicht erlaubte Glücksspiele zu verhindern, den Jugend- und den Spielerschutz zu gewährleisten, sicherzustellen, dass Glücksspiele ordnungsgemäß durchgeführt und die Spieler vor betrügerischen Machenschaften geschützt und die mit Glücksspielen verbundene Folge- und Begleitkriminalität abgewehrt werden.

Der Europäische Gerichtshof hat sich zur grundsätzlichen Eignung der mitgliedsstaatlichen Beschränkung durch das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV im Hinblick auf das Erreichen der Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 (EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Carmen Media, Rn. 98 f., juris) bejahend geäußert:

„Dazu ist einleitend darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits anerkannt hat, dass eine Maßnahme, mit der die Ausübung einer bestimmten Form von Glücksspielen, nämlich von Lotterien, im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats schlicht verboten wird, mit solchen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt werden kann (vgl. Urteil Schindler). Im Ausgangsfall betrifft das streitige Verbot nicht die Vermarktung einer bestimmten Art von Glücksspielen, sondern einen bestimmten Vertriebskanal für Glücksspiele, nämlich das Internet. Der Gerichtshof hatte bereits Gelegenheit, die Besonderheiten des Anbietens von Glücksspielen über das Internet hervorzuheben (vgl. Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 72). Er hat insbesondere ausgeführt, dass über das Internet angebotene Glücksspiele, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in sich bergen, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 70). Desgleichen können sich die Besonderheiten des Angebots von Glücksspielen im Internet als Quelle von, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, anders gearteten und größeren Gefahren für den Schutz der Verbraucher und insbesondere von Jugendlichen und Personen erweisen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder eine solche Neigung entwickeln könnten. Neben dem bereits erwähnten fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und aufgrund dessen die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen, die in ständiger Rechtsprechung herausgestellt worden sind, vergrößern können. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass angesichts des Ermessens, über das die Mitgliedstaaten bei der Bestimmung des Niveaus des Verbraucherschutzes und des Schutzes der Sozialordnung im Glücksspielsektor verfügen, im Hinblick auf das Kriterium der Verhältnismäßigkeit nicht verlangt wird, dass eine von den Behörden eines Mitgliedstaats erlassene restriktive Maßnahme einer von allen Mitgliedstaaten geteilten Auffassung in Bezug auf die Modalitäten des Schutzes des fraglichen berechtigten Interesses entspricht (vgl. entsprechend Urteil vom 28. April 2009, Kommission/Italien, C-518/06, Slg. 2009, I-3491, Randnrn. 83 und 84). Nach alledem ist anzuerkennen, dass eine Maßnahme, mit der jedes Anbieten von Glücksspielen über das Internet verboten wird, grundsätzlich als geeignet angesehen werden kann, die legitimen Ziele der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht sowie des Jugendschutzes zu verfolgen, auch wenn das Anbieten solcher Spiele über herkömmlichere Kanäle zulässig bleibt.“

Dieser Auffassung des Europäischen Gerichtshofs schließt sich das Gericht an. Das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist im Grundsatz geeignet, zumindest im benannten Umfang die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages zu erreichen. Die Eignung entfällt nicht deshalb, weil das Internetverbot möglicherweise nur beschränkt durchsetzbar ist. Es wird immer auch illegale Formen des Glücksspiels geben, die nicht völlig unterbunden werden können. Auch bestehen unter den heutigen technischen Bedingungen die Möglichkeiten, Sportwetten über das Internet weltweit zu platzieren, ohne dass der Staat deren Verfügbarkeit in Deutschland völlig unterbinden könnte. Aus der technischen und ökonomischen Entwicklung folgende Vollzugshindernisse machen eine prinzipiell geeignete Organisation staatlicher Gemeinwohlverfolgung auf nationaler Ebene aber nicht ungeeignet. Insoweit führt der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 (C-316/07 u.a., Stoß u.a., Rn. 86, juris) aus:

„... trifft es zwar zu, dass sich über das Internet vorgenommene unzulässige Transaktionen, insbesondere dann, wenn sie transnationalen Charakter haben, als schwieriger zu kontrollieren und zu ahnden erweisen können als andere Arten strafbarer Handlungen, doch ist dieser Befund nicht auf das Gebiet der Spiele und Wetten beschränkt. Einem Mitgliedstaat kann aber nicht allein deshalb das Recht versagt werden, die Anwendung einseitiger restriktiver Normen, die er zu legitimen, im Allgemeininteresse liegenden Zielen erlassen hat, auf das Internet zu erstrecken, weil diese technische Übertragungsform ihrem Wesen nach transnational ist.“

(b) Das Internetverbot ist auch erforderlich im Sinne der unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung, wonach Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit nicht über das hinausgehen dürfen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist.

(aa) Der Erforderlichkeit des Internetverbots steht zunächst einmal nicht entgegen, dass bereits der Herkunftstaat der Klägerin, von dem aus sie ihre Dienstleistung erbringt, bestimmte Beschränkungen im Rahmen der Erlaubniserteilung vorgenommen bzw. geprüft hat und es deshalb an der Erforderlichkeit der Beschränkung fehlt (zu derartigen Überlegungen: EuGH, Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Gambelli, Rn. 76, juris). Denn das Unionsrecht sieht keine generelle Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur gegenseitigen Anerkennung von Erlaubnissen im Glücksspielrecht vor, die von einem Mitgliedstaat erteilt wurden. Das folgt insbesondere daraus, dass der jüngste Versuch der Kommission zur Harmonisierung des Glücksspielrechts in der Europäischen Union im Rahmen der Richtlinie 2006/123/EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt nicht zum Erfolg führte. Dabei sollte mit der Einführung des sogenannten Herkunftslandprinzips auch der Glücksspielbereich in den gemeinsamen Markt überführt werden (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Colomer vom 16.5.2006, C-338/04 u.a., Placanica u.a., Rn. 144 ff., juris). Das Herkunftslandprinzip hätte bewirkt, dass ein Glücksspiel, das in einem Mitgliedstaat nach dessen Rechtsvorschriften als rechtmäßig erachtet wird, grundsätzlich auch in allen anderen Mitgliedstaaten hätte zugelassen werden müssen. Diese Regelung hat aber für das Glücksspielwesen gerade nicht Eingang in das EU-Recht gefunden. Ganz im Gegenteil schließt die Richtlinie 2006/123/EG in Art. 2 ausdrücklich den Glücksspielbereich von ihrem Anwendungsbereich aus.

Im Übrigen hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 (C-316/07 u.a., Stoß u.a., Rn. 112 f., juris) ausgeführt, dass angesichts eines Wertungsspielraums jedes mitgliedstaatlichen Gesetzgebers und in Ermangelung jeglicher Harmonisierung des betreffenden Gebiets auf Unionsebene es beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts keine Verpflichtung zur gegenseitigen Anerkennung der von den verschiedenen Mitgliedstaaten erteilten Erlaubnisse im Glücksspielrecht geben könne:

„Daraus folgt insbesondere, dass jeder Mitgliedstaat berechtigt bleibt, die Möglichkeit, den Verbrauchern in seinem Hoheitsgebiet Glücksspiele anzubieten, für alle daran interessierten Veranstalter vom Besitz einer von seinen zuständigen Behörden erteilten Erlaubnis abhängig zu machen, ohne dass der Umstand, dass ein bestimmter Veranstalter bereits über eine in einem anderen Mitgliedstaat erteilte Erlaubnis verfügt, dem entgegenstehen kann“ (EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-316/07, Stoß u.a., a.a.O.).

(bb) Der Erforderlichkeit steht des Weiteren nicht entgegen, dass § 4 Abs. 4 GlüStV seine Notwendigkeit nicht auf der Basis zuvor durchgeführter Untersuchungen belegt, wie die Klägerin vorträgt. Das Fehlen derartiger Untersuchungen stellt die Erforderlichkeit der Beschränkung der europarechtlichen Dienstleistungsfreiheit nicht von vornherein in Frage. Das folgt aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a., Stoß u.a., Rn. 70 ff., juris):

„Unter Berufung auf das Urteil Lindman fragen sich die vorlegenden Gerichte, ob die betreffenden nationalen Behörden, um restriktive Maßnahmen wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden Monopole mit dem Ziel der Vermeidung von Anreizen zu übermäßigen Ausgaben für das Spielen und der Bekämpfung der Spielsucht rechtfertigen zu können, in der Lage sein müssen, eine vor dem Erlass dieser Maßnahmen durchgeführte Untersuchung vorzulegen, die ihre Verhältnismäßigkeit untermauert. Wie der Generalanwalt in den Nrn. 81 und 82 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, geht diese Frage auf ein fehlerhaftes Verständnis des genannten Urteils zurück. Wie nämlich aus dessen Randnrn. 25 und 26 und aus der späteren Rechtsprechung, in der darauf Bezug genommen wird (vgl. u. a. Urteil vom 13. März 2008, Kommission/Belgien, C-227/06, Randnrn. 62 und 63 und die dort angeführte Rechtsprechung), hervorgeht, hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass ein Mitgliedstaat, der sich auf ein Ziel berufen möchte, mit dem sich eine Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs durch eine restriktive nationale Maßnahme rechtfertigen lässt, dem Gericht, das über diese Frage zu entscheiden hat, alle Umstände vorlegen muss, anhand deren dieses Gericht sich vergewissern kann, dass die Maßnahme tatsächlich den sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergebenden Anforderungen genügt. Dagegen lässt sich aus dieser Rechtsprechung nicht ableiten, dass einem Mitgliedstaat nur deshalb die Möglichkeit genommen wäre, zu belegen, dass eine innerstaatliche restriktive Maßnahme diesen Anforderungen genügt, weil er keine Untersuchungen vorlegen kann, die dem Erlass der fraglichen Regelung zugrunde lagen.“

Insoweit geht auch der Europäische Gerichtshof von der Evidenz der dem § 4 Abs. 4 GlüStV zugrundeliegenden Gefährdungsannahme aus, wenn er in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 (EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Carmen Media, Rn. 102 f., juris) ausführt:

„..., dass über das Internet angebotene Glücksspiele, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, wegen des fehlenden unmittelbaren Kontakts zwischen dem Verbraucher und dem Anbieter anders geartete und größere Gefahren in sich bergen, dass die Verbraucher eventuell von den Anbietern betrogen werden (Urteil Liga Portuguesa de Futebol Profissional und Bwin International, Randnr. 70). Desgleichen können sich die Besonderheiten des Angebots von Glücksspielen im Internet als Quelle von, verglichen mit den herkömmlichen Glücksspielmärkten, anders gearteten und größeren Gefahren für den Schutz der Verbraucher und insbesondere von Jugendlichen und Personen erweisen, die eine besonders ausgeprägte Spielneigung besitzen oder eine solche Neigung entwickeln könnten. Neben dem bereits erwähnten fehlenden unmittelbaren Kontakt zwischen Verbraucher und Anbieter stellen auch der besonders leichte und ständige Zugang zu den im Internet angebotenen Spielen sowie die potenziell große Menge und Häufigkeit eines solchen Angebots mit internationalem Charakter in einem Umfeld, das überdies durch die Isolation des Spielers, durch Anonymität und durch fehlende soziale Kontrolle gekennzeichnet ist, Faktoren dar, die die Entwicklung von Spielsucht und übermäßige Ausgaben für das Spielen begünstigen und aufgrund dessen die damit verbundenen negativen sozialen und moralischen Folgen, die in ständiger Rechtsprechung herausgestellt worden sind, vergrößern können.

(cc) Im Übrigen hat der Gerichtshof entschieden, dass es Sache jedes Mitgliedstaats ist, zu beurteilen, ob es im Zusammenhang mit den von ihm verfolgten legitimen Zielen erforderlich ist, Tätigkeiten dieser Art vollständig oder teilweise zu verbieten, oder ob es genügt, sie zu beschränken und zu diesem Zweck mehr oder weniger strenge Kontrollformen vorzusehen, wobei die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit der erlassenen Maßnahmen allein im Hinblick auf die verfolgten Ziele und das von den betreffenden nationalen Stellen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen sind (vgl. EuGH, Urt. v. 6.3.2007, C-338/04 u.a., Placanica u.a., juris; Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Gambelli, Rn. 76, juris; Urt. v. 21.9.1999, C-124/97, Läärä, Rn. 35 f., juris; Urt. v. 21.10.1999, C-67/98, Zenatti, Rn. 33 f., juris; Urt. v. 25.2.2010, C-55/08, Liga Portuguesa de Futebol Profissional, Rn. 58, juris). Vor diesem Hintergrund ist es daher entgegen der Auffassung der Klägerin rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber sich nicht für ein Konzessions- und Kontrollsystem entschieden hat. Insoweit ist dem Vorbringen der Klägerin auch nicht weiter nachzugehen, als ihrer Auffassung nach die Internettechnologie (besser) imstande sei, suchtgefährdete Spieler vor den Gefahren des Glücksspiels im Internet zu schützen. Wenn der Gesetzgeber das Ziel, die Anreize für Glücksspielmöglichkeiten durch den Ausschluss des Vertriebsweges „Internet“ zu verringern verfolgt, so ist dies im Grundsatz europarechtskonform.

(c) Die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV entspricht darüber hinaus auch der vom Europäischen Gerichtshof aufgestellten Voraussetzung, dass die Dienstleistungsfreiheit beschränkendes nationales Recht nur dann keine Verletzung der europarechtlich geschützten Grundfreiheiten darstellt, wenn die Beschränkung in kohärenter und systematischer Weise erfolgt.

Das Kohärenzgebot ist ein Prinzip des Europarechts und wird grundsätzlich als das Bemühen um ein aufeinander abgestimmtes, zusammenhängendes Verhalten verstanden, das die gleiche Zielsetzung mit vergleichbaren Mitteln in verschiedenen Bereichen verfolgt und dadurch eine widerspruchsfreie Politik ermöglicht (Grabitz/ Hilf, Das Recht der Europäischen Union, EUV, Art. 1 Rn. 29). Nach Art. 7 AEUV achtet die Union auf die Kohärenz zwischen ihrer Politik und ihren Maßnahmen in den verschiedenen Bereichen. Es stellt mithin zunächst ein Handlungs- und Rechtsgestaltungsprinzip der Union dar. Darüber hinaus wendet der Europäische Gerichtshof aber auch den Kohärenzgedanken als Maßstab für die Anforderungen an die Gesetzgebungstätigkeit innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten an. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Glücksspielrecht stellt der Europäische Gerichtshof (Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Gambelli, Rn. 67, juris) diese Anforderungen klar:

„jedoch müssen die Beschränkungen, die auf solche Gründe sowie auf die Notwendigkeit gestützt sind, Störungen der sozialen Ordnung vorzubeugen, auch geeignet sein, die Verwirklichung dieser Ziele in dem Sinne zu gewährleisten, dass sie kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten beitragen.“

Danach ist jeder mitgliedstaatliche Gesetzgeber dazu gehalten, die gleiche Zielsetzung der Begrenzung von Wetttätigkeiten mit vergleichbaren Mitteln in verschiedenen Bereichen im Sinne einer Gesamtkohärenz des Glücksspielwesens (vgl. EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Carmen Media, Rn. 71 f., juris) zu verfolgen und dadurch eine widerspruchsfreie Politik zu ermöglichen.

Diesen Anforderungen wird das mit dem Glücksspielstaatsvertrag in § 4 Abs. 4 begründete Verbot des Veranstaltens und Vermittelns von Glücksspielen im Internet gerecht, wie sich aus Folgendem ergibt:

Das Internetverbot richtet sich an alle Teilnehmer des Glücksspielmarktes, es ist umfassend und deshalb jedenfalls nicht insoweit diskriminierend, dass Teilnehmer am Glücksspielmarkt im Internet nach nationalem Recht unterschiedlich behandelt werden. Damit unterscheidet sich die vorliegende Rechtslage von der, die der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in dem Verfahren Liga Portuguesa (Urt. v. 25.2.2010, C-55/08, Liga Portuguesa de Futebol Profissional, Rn. 68 ff., 73, juris) zugrunde lag. In dem dortigen Rechtsstreit befand das Gericht, dass Art. 49 EGV (heute: Art. 56 AEUV) einer Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegen stehe, nach der private Wirtschaftsteilnehmer, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, in denen sie rechtmäßig entsprechende Dienstleistungen erbringen, im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats keine Glücksspiele über das Internet anbieten dürfen. Damit hat der Europäische Gerichtshof sogar ein Monopol für Glücksspiele im Internet für gerechtfertigt erachtet.

Die nationale Einschränkung von Glücksspielangeboten im Internet befindet sich im Übrigen auch im Einklang mit dem europarechtlichen Grundsatz, dass die Regelungen systematisch und kohärent die ihnen zugrunde liegenden Zielsetzungen verfolgen müssen.

Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht zum Einen aufgrund der Überzeugung, dass der Kohärenzgedanke ein unionsrechtlicher Maßstab für die Gesetzgebungstätigkeiten eines Mitgliedstaates im Hinblick auf die unionsrechtliche Systemgerechtigkeit legislativen Handelns ist, es mithin auf rechtliche Regelungsdefizite und nicht auf tatsächliche Vollzugsdefizite ankommt (vgl. Dörr, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Teilliberalisierung des deutschen Glücksspielmarktes S. 44 f. unter Hinweis auf EuGH, Urt. v. 6.11.2003, C-243/01, Gambelli, Rn. 76, juris, wo auf den Begriff der „nationalen Regelung“ abgestellt wird; vgl. auch insoweit zum Fokus auf das legislative Handeln des Mitgliedstaates auch EuGH, Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Carmen Media, juris, und Urt. v. 8.9.2010, C-316/07 u.a., Stoß u.a., juris; a.A. VG Berlin, Urt. v. 6.7.2009, 35 A 168.08, juris).

Zum Anderen folgt dies daraus, dass das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen im weitesten Sinne im Internet im Bundesgebiet keine rechtliche Grundlage im Sinne einer Berechtigung (Erlaubnis, Genehmigung, Lizenz) vorfindet. Der Gesetzgeber hält entgegen der Ansicht der Klägerin weder im Bereich der Pferdewetten (aa), noch für das Automatenglücksspiel (bb) noch für Spielbanken (cc) noch für Lottospiele in Annahmestellen mithilfe von Internet-Terminals (dd) noch für Lottospiele via E-Brief (ee) oder aber für DDR-Lizenzen (ff) die ausdrückliche rechtliche Möglichkeit für legales Veranstalten und Vermitteln von entsprechenden Spielangeboten im Internet bereit.

(aa) Pferdewetten sind vom Gesetzgeber im Rennwett- und Lotteriegesetz (vom 8.4.1922 zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.8.2002, BGBl. I S. 3412, RWG) geregelt. Gemäß § 2 Abs. 1 RWG bedarf derjenige, der gewerbsmäßig Wetten bei öffentlichen Leistungsprüfungen für Pferde abschließen oder vermitteln will (Buchmacher) der Erlaubnis der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Ebenso bedarf der Totalisator nach § 1 Abs. 1 RWG einer Erlaubnis. Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für eine Erlaubnis für die Veranstaltung oder Vermittlung von Pferdewetten über das Internet enthält das Rennwett- und Lotteriegesetz nicht. Aus dem Rennwett- und Lotteriegesetz dürfte allerdings folgen, dass das Veranstalten oder Vermitteln von Pferdewetten über das Internet nicht von der Buchmachererlaubnis oder aber der Totalisatorerlaubnis umfasst wird. Denn das Rennwett- und Lotteriegesetz geht unter besonderer Berücksichtigung der Ausführungsbestimmungen in § 9 RWGABest von einem Wettschein als ausgehändigter Urkunde aus, der bei Totalisatorwetten einen Tagesstempel oder das Tageszeichen des Rennvereins (vgl. § 9a RWGABest), bzw. bei Buchmacherwetten eine Unterschrift des Buchmachers oder seines Gehilfen (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 5 f RWGABest) trägt, wobei letztgenannter Wettschein mithilfe des Durchschreibeverfahrens und damit gegenständlich hergestellt wird und mit nicht löschbarem Schreibmittel auszufüllen ist (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 RWGABest). Diese Anforderungen an die Dokumentation der Pferdewetten vermittels Urkundenerstellung und Aushändigung erfüllt das Veranstalten oder Vermitteln von Pferdewetten im Internet nicht.

Im Übrigen dürfte sich das Fehlen der Erlaubnisfähigkeit für das Veranstalten und Vermitteln von Pferdewetten im Internet aus § 7 RWG ergeben. Nach dieser Vorschrift handelt ordnungswidrig, wer als Buchmacher oder dessen Gehilfe außerhalb der Örtlichkeiten, für welche die Erlaubnis erteilt ist (§ 2 Abs. 2), Wetten abschließt oder vermittelt oder Angebote dazu entgegennimmt (§ 7 Abs. 1 RWG). Ordnungswidrig handelt ferner, wer (1.) ohne zugelassener Unternehmer eines Totalisators oder zugelassener Buchmacher zu sein, außerhalb der Örtlichkeiten des Totalisatorunternehmens oder der Örtlichkeiten, für welche die Erlaubnis erteilt ist (§ 2 Abs. 2), öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften, Ton- oder Bildträgern Abbildungen oder Darstellungen zum Abschluss von Wetten auffordert, bzw. wer (3.) in seinen Räumen, die für das Unternehmen eines Totalisators oder eines Buchmachers nicht zugelassen sind, den Abschluss oder die Vermittlung von Wetten duldet (§ 7 Abs. 2 RWG). Daraus erlaubt sich nicht der Schluss, dass nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz für Pferdewetten im Internet eine Erlaubnis erteilt werden könnte, denn das Wesensmerkmal des Internets ist gerade, dass es keine „Örtlichkeit“ im Sinne des Rennwett- und Lotteriegesetzes aufweist, für welche die Erlaubnis erteilt ist (§ 2 Abs. 2). Der Gesetzgeber des Rennwett- und Lotteriegesetzes dürfte mithin nichts (ausdrücklich) ermöglichen, was inkohärent oder aber unsystematisch in Anbetracht des Internetverbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV erscheinen könnte.

(bb) Auch virtuelle Automatenglücksspiele im Internet sind entgegen der Auffassung der Klägerin durch den Gesetzgeber nicht legalisiert. Das ergibt sich aus dem Umstand, dass es sich hierbei um Spiele handelt, die Automatenspielen i.S.v. § 33 c GewO nachempfunden sind. Denn solche Automatenspiele, bei denen Gewinn und Verlust vom Zufall abhängen, sind Glücksspiele (Landmann/Rohmer-Marcks, GewO, § 33 c, Rn. 4; Dietlein u.a. - Dietlein/Hüsken, Glücksspielrecht, § 33 c GewO, Rn. 4; VG Halle, Beschl. v. 4.8.2004, 1 B 25/04, juris; OVG Magdeburg, Beschl. v. 29.8.2005, 1 M 297/04, juris; Schönke/ Schröder-Eser/Heine, StGB, § 284, Rn. 6). Die Vorschriften der Gewerbeordnung über das gewerbliche Spiel finden aber auf Glücksspielangebote im Internet von vornherein keine Anwendung, sondern betreffen ausschließlich Spielgeräte oder andere "körperlich" angebotene Spiele. Sämtliche Voraussetzungen der Vorschriften der §§ 33 c ff. GewO und der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit, Spielverordnung, sind auf derartige Offline-Konstellationen ausgerichtet. Auch eine analoge Anwendung der Vorschriften scheidet aus (so auch VG Halle, Beschl. v. 4.8.2004, 1 B 25/04, juris; OVG Magdeburg, Beschl. v 29.8.2005, 1 M 297/04, juris; VG Augsburg, Urt. v. 18.7.2007, 4 K 06.1474, juris; Hahn, in: Friauf, GewO, 2009, § 33 c, Rn. 4; Odenthal, Virtuelle Geldspielgeräte im Internet, Gewerbearchiv 2006, 58 ff.; Liesching, Anmerkung zu VG Berlin zur Gewerbeerlaubnis für Internet-Gewinnspiel, MMR 2009, 795 (796)).

Soweit vereinzelt gerichtliche Entscheidungen die §§ 33 c ff. GewO auf Internetangebote angewendet haben (etwa VG Berlin, Beschl. v. 17.8.2009, 4 L 247.09, juris), vermögen diese Entscheidungen, welche die grundsätzliche Problematik der Anwendbarkeit der Gewerbeordnung nicht erörtern, nicht zu überzeugen. Sie verkennen, dass das Anbieten von Glücksspielen im Internet nicht als „Aufstellen eines Spielgerätes“ im Sinne der Gewerbeordnung verstanden werden kann und auch der Titel II der Gewerbeordnung „Stehendes Gewerbe“ darauf hinweist, dass in Abgrenzung zum Reisegewerbe im Sinne des § 60 a GewO das Merkmal des „gewerblichen Mittelpunktes“ Bezug nimmt auf Räume, in denen Gewinnspielgeräte aufgestellt werden (vgl. Hahn, in: Friauf, GewO, 2009, § 33 c, Rn. 11).

Automatenspielen nachempfundene virtuelle Spiele im Internet stellen auch nicht dem gewerblichen Spielrecht unterfallende Spiele dar, die mangels Regelung in den §§ 33 c ff. GewO erlaubnisfrei sind. Der Gesetzgeber der Gewerbeordnung hat Online-Angebote nicht bewusst erlaubnisfrei gelassen, sondern im Gegenteil Glücksspiele, die nicht gerätegebunden sind (§ 33 c GewO) und § 284 Abs. 1 StGB unterfallen, ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich der §§ 33 c ff. GewO ausgenommen (vgl. dazu auch Spindler, Online-Spiele auf dem Prüfstand des Gewerberechts, Kommunikation und Recht 2010, S. 450 ff.). Das folgt aus § 33 h Nr. 3 GewO, wonach die §§ 33 c bis 33 g GewO keine Anwendung finden auf die Veranstaltung anderer Spiele im Sinne des § 33 d Abs. 1 Satz 1 GewO, die Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB sind. Vor diesem Hintergrund ist das Gericht der Überzeugung, dass virtuelle Spiele im Internet, die den Automatenglücksspielen nachempfunden sind, nicht von den Regelungen der Gewerbeordnung erfasst werden mit der Folge, dass diese Spiele als Glücksspiele dem Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV unterfallen und vom Gesetzgeber deshalb nicht legalisiert sind.

(cc) Auch virtuelle Spielbanken im Internet finden keine Rechtsgrundlage zu ihrer Legalisierung. Das folgt, soweit rechtlich ausdrücklich geregelt, aus einigen Landesgesetzen, die Spielbanken im Internet verbieten (vgl. z.B. Gesetz über Spielbanken im Freistaat Bayern Art. 2 Abs. 2 Satz 2; Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken im Land Nordrhein-Westfalen § 4 Abs. 2; Gesetz über die Zulassung einer öffentlichen Spielbank Bremen § 3 Abs. 2). Die übrigen Landesspielbankgesetze enthalten vom Wortlaut her keine ausdrücklichen Vorgaben über die Art und Weise oder die Formen, in denen ein Spiel spielbar ist. Gleichwohl ergibt eine nähere Betrachtung der Spielbankgesetze der Länder, dass sie mit unterschiedlichen Formulierungen die Durchführung des gesamten Spiels in den Räumlichkeiten der Spielbank, also auch die Präsenz der Spieler in der Spielbank, voraussetzen. Diese Vorstellung der Landesgesetzgeber von einem Präsenzspiel kommt bereits im – wenngleich unterschiedlich formulierten - Wortlaut der Spielbankgesetze zum Ausdruck, die von „Besucherinnen“ und „Besuchern“, „besuchen“, von „Sicherheitsvorkehrungen“, „Betriebsstätten“, „Eintritt“ u.ä. sprechen. Dieses ist bei Online-Spielen nicht möglich. Diese Begriffe deuten darauf hin, dass der Gesetzgeber von einer körperlichen Anwesenheit der Personen ausgegangen ist, die sich den Spielbetrieb entweder nur ansehen oder das Spielangebot auch wahrnehmen wollen und nicht etwa auch diejenigen, die im Internet die Website der Spielbanken aufrufen und damit die Spielbank virtuell "besuchen" (vgl. zur Rechtslage in Hamburg: Hamburgisches Verfassungsgericht, Beschl. v. 21.10.2003, 10/02, juris). Insofern entspricht die von den Beteiligten nicht bestrittene Angabe der Beklagten, wonach keine der konzessionierten Spielbanken im Bundesgebiet ihre Tätigkeit im Internet durchführt, der hier beschriebenen Rechtsauffassung.

Dass in einem Fall der Spielbank Niedersachsen eine Erlaubnis für das Betreiben eines Spielcasinos im Internet vor dem Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages erteilt wurde, von dieser Erlaubnis allerdings keinen Gebrauch gemacht wird, ergibt im Hinblick auf die Frage der systematischen und kohärenten Regelung des Internetverbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV keine zwingende anderslautende rechtliche Wertung. Denn mit der Erteilung dieser Erlaubnis ist nicht zugleich davon auszugehen, dass diese zu Recht erteilt wurde und der Gesetzgeber des Landes Niedersachsen die rechtliche Grundlage für eine derartige Erlaubniserteilung bereitstellt. Vielmehr deutet der Umstand, dass die Landesspielbank Niedersachsen von der Erlaubnis keinen Gebrauch macht und im Internet nicht aktiv ist darauf hin, dass von der Rechtmäßigkeit von Spielangeboten der Spielbanken im Internet nicht ausgegangen wird. Aus allem folgt, dass auch die Spielbanken vom Gesetzgeber der jeweiligen Länder im Wesentlichen keinen anderslautenden Regelungen unterworfen sind, soweit es deren Tätigkeit im Internet betrifft. Demnach hat der Gesetzgeber der Länder für Spielbanken im Rahmen der jeweiligen Spielbankgesetze keine Regelungen getroffen, die das Veranstalten oder Vermitteln von Spielbankspielen im Internet legalisieren.

(dd) Etwas Anderes folgt im Übrigen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus dem Umstand, dass Lottospiele in Annahmestellen mithilfe von Internet-Terminals (z.B. „JackPoints“) durchgeführt werden. Denn insoweit handelt es sich nicht um Glücksspiele „im Internet“, wie sie von der Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV erfasst sind. Nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 GlüStV ist das Veranstalten und Vermitteln „im Internet“ verboten, nicht aber die Übermittlung „über“ Internetleitungen. Das Verbot von Wetten über Telekommunikationsanlagen (§ 21 Abs. 2 Satz 3 Alt. 2 GlüStV) bezieht sich auf das Angebot mittels Telekommunikationsanlagen (z.B. SMS-Wetten), nicht aber auf – wie bei den Internet-Terminals in den Annahmestellen - den Modus der Übermittlung vom Vermittler zum Veranstalter über Telekommunikationsanlagen, d.h. Datenfernübertragung. Aus der Begründung zu § 4 Abs. 4 GlüStV folgt mithin, dass mit dem Internetverbot ein bestimmter Vertriebsweg, d.h. die Wettteilnahme im Internet, ausgeschlossen werden sollte, nicht aber Vorgaben zur verwendeten Kommunikationstechnologie getroffen werden sollten (siehe auch die Erläuterung der Bundesregierung im Schreiben an das Generalsekretariat der Europäischen Kommission vom 20. Mai 2008 im Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2007/4866, Wi 424.27, ZfWG 2008, 173 ff., Rn. 50 ff., juris). So heißt es in der Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag (Begründung des Glücksspielstaatsvertrags, S. 17 f., Bü-Drs. 18/7229):

„Absatz 4 enthält das generelle Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet ... Damit wird eine wesentliche Forderung erfüllt, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 aufgestellt hat. Insbesondere vor dem Hintergrund der rechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebots am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht hat das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit der Wettteilnahme über das Internet als bedenklich angesehen ... Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 ist es daher geboten, dem Glücksspielbereich den Vertriebsweg „Internet“ grundsätzlich zu untersagen. Damit wird zudem eine Forderung der Suchtexperten erfüllt, die ein konsequentes Verbot von Internet-Wetten und Online-Glücksspielen verlangen.“

Daraus ist zu entnehmen, dass mit § 4 Abs. 4 GlüStV den besonderen Gefahren der Wettteilnahme im Internet begegnet werden sollte, auf die auch das Bundesverfassungsgericht hingewiesen hatte (BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, BVerfGE 115, 276 [315]):

„Vor dem Hintergrund der rechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebots am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und der Begrenzung der Wettleidenschaft ist auch die Möglichkeit der Wettteilnahme über das Internetangebot der Staatlichen Lotterieverwaltung bedenklich. Der Vertreter der Staatlichen Lotterieverwaltung hat ... selbst dargelegt, dass sich über diesen Vertriebsweg jedenfalls derzeit der ... Jugendschutz nicht effektiv verwirklichen lasse.“

Aus dem Umstand, dass die Internet-Terminals in den Lottoannahmestellen die Spielscheine in der Verkaufsstelle elektronisch erfassen und ermöglichen, dass diese per Datenleitung in die Zentrale geschickt werden, um dort von einer Computeranlage bearbeitet und ausgewertet zu werden, folgt unter Berücksichtigung der zuvor gemachten Ausführungen nicht, dass es sich um Spiele „im Internet“ im Sinne des § 4 Abs. 4 GlüStV handelt.

(ee) Das Gericht kommt entgegen der Auffassung der Klägerin vorliegend auch nicht zu dem Ergebnis, dass der Gesetzgeber eine inkohärente und unsystematische Gesetzeslage hinsichtlich des gesamten Glücksspiels dadurch geschaffen habe, dass seit Juli 2010 Spielaufträge an Lotto Hessen mittels eines E-Postbriefes der Deutschen Post durch Spieler in Hessen eingereicht werden können. Dabei lässt das Gericht offen, ob es sich bei dieser Möglichkeit der Teilnahme an Lottospielen um ein Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspiel „im Internet“ im Sinne des § 4 Abs. 4 GlüStV nach den zuvor benannten Abgrenzungskriterien handelt. Denn selbst unterstellt, es handelte sich um das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspiel „im Internet“, so erwiese sich dies als Angebot der konzessionierten staatlichen Lottounternehmen contra legem. Denn das Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV gilt umfassend. So geht auch die Beklagte neben anderen Bundesländern unwidersprochen gegen dieses Vorgehen in Hessen vor und hat es bereits im Sinne einer „Abmahnung“ beanstandet. Auch der Fachbeirat Glücksspielsucht erachtet das Onlinebrief-Verfahren nach übereinstimmendem Vorbringen der Beteiligten als Verstoß gegen § 4 Abs. 4 GlüStV. Vor diesem Hintergrund ist nicht festzustellen, dass der Gesetzgeber insoweit Regelungen getroffen hätte, die das Veranstalten oder Vermitteln von Lotto im Internet legalisieren.

(ff) Etwas Anderes folgt auch nicht aus der Behauptung der Klägerin, dass der Gesetzgeber vier nach altem DDR-Recht konzessionierten Unternehmen ein Online-Sportwetten-angebot gestatte. Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV grundsätzlich auch für alle nach altem DDR-Recht zugelassenen Sportwettenvermittler. Anhaltspunkte dafür, dass § 4 Abs. 4 GlüStV insoweit keine Geltung beansprucht, sind dem Glücksspielstaatsvertrag und der amtlichen Begründung hierzu nicht zu entnehmen. Dabei lässt das Gericht die Frage ausdrücklich offen, ob nach altem DDR-Recht konzessionierte Unternehmen nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages am 1. Januar 2008 möglicherweise legal im Internet Glücksspiele veranstalten oder vermitteln konnten. Denn maßgeblich ist vorliegend die Rechtslage zum gegenwärtigen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Gerichts und mithin der Glücksspielstaatsvertrag mit dem dort normierten Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV.

Aus allem folgt, dass es sich bei § 4 Abs. 4 GlüStV um eine kohärente und systematische Regelung im Sinne der Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs handelt, die auch einer Betrachtung im Hinblick auf die zu fordernde Gesamtkohärenz des Verbots des Vertriebskanals „Internet“ für sämtliche Glücksspielbereiche standhält. Dem steht, wie der Europäische Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 8. September 2010 (EUGH, Urt. v. 8.9.2010, C-46/08, Carmen Media, Rn. 111, juris) dargelegt hat, im Übrigen auch nicht entgegen, dass das Veranstalten und Vermitteln von Glücksspielen „über herkömmlichere Kanäle“ zulässig bleibt.

(d) Das auf das Bundesgebiet beschränkte Vermittlungs- und Veranstaltungsverbot für Glücksspiele im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Es führt insbesondere nicht zu unverhältnismäßigen Einschränkungen zu Lasten der Glücksspielunternehmen mit der Begründung, dass die Befolgung des Verbots nur durch ein Abschalten der gesamten Internetseiten der Betroffenen im world wide web zu erreichen sei. Entgegen der Auffassung der Klägerin führt das auf das Bundesgebiet beschränkte Veranstaltungs- und Vermittlungsverbot für Glücksspiele im Internet nicht zu unverhältnismäßigen Folgen für die Adressaten des Verbots nach § 4 Abs. 4 GlüStV, weil diesen zur weiteren Erschließung eines im Ausland befindlichen Nutzerkreises jedenfalls der Einsatz von Internet-Geolokalisation nach Nationalstaaten (Geolokalisationstechnologie) zur Verfügung steht (vgl. auch VGH München, Beschl. v. 20.11.2008, 10 CS 08.2399, Rn. 50, sowie vom 20.11.2008, 10 Cs 08.2436, Rn. 45, juris). Wie der Verwaltungsgerichtshof München in seiner Entscheidung vom 20. November 2008 (10 C 08.2399, juris) und das Oberverwaltungsgericht Münster in seiner Entscheidung vom 8. Dezember 2009 (13 B 958/09, juris unter Hinweise auf: TÜV Rheinland, Gutachten zum Thema Geolokalisation von IP-Hosts vom 12. August 2008; Stellungnahme vom 22. April 2009; Hoeren, "Gutachten IP-Geolokalisation" vom 1. Oktober 2008; "Geolokalisation und Glücksspielrecht" vom 24. April 2008; zur Anwendung der Geolokalisationstechnologie: VGH München, Beschl. v. 22.11.2008, 10 CS 08.2399, ZfWG 2008, 455; OVG Lüneburg, Beschl. v. 3.4.2009, 1 ME 399/08, ZfWG 2009, 184; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 16.3.2009, 1 S 224.08, juris) unter nach den in den dortigen Verfahren ausgewerteten Gutachten gewonnenen Erkenntnissen dargelegt haben, bestehen bereits leistungsfähige Geolokalisationsprogramme, die mit 99%iger Wahrscheinlichkeit den Standort des Nutzers zwischen den europäischen Ländern unterscheiden. An der Richtigkeit dieser Feststellungen zu zweifeln, sieht das Gericht keinen Anlass.

bb) Das in § 4 Abs. 4 GlüStV normierte Internetverbot für Glücksspiele verstößt auch nicht gegen Verfassungsrecht.

Das Internetverbot für Glücksspiele nach § 4 Abs. 4 GlüStV stellt keinen unzulässigen Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und damit auch keinen unzulässigen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG dar. Nach der hier maßgebenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01, juris) ist die Beschränkung der Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten in erster Linie am Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG zu messen. Danach sind Eingriffe in das Grundrecht der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, der auch für Maßnahmen gilt, die die Freiheit der Berufsausübung betreffen, nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung erlaubt, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm vom zuständigen Organ erlassen wurde (1), durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird (2) und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht (3).

(1) Das Land Hamburg war für den Erlass des Gesetzes zum Glücksspielstaatvertrag zuständig. Denn der Bund hat von einer möglichen Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG für den Bereich der Sportwetten, abgesehen von den Pferdesportwetten, keinen Gebrauch gemacht (Art. 72 Abs. 1 GG).

(2) Dem Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV liegen legitime Gemeinwohlziele zugrunde. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GlüStV dient die Errichtung eines Verbots für den Vertriebsweg von Glücksspielen im Internet der Vermeidung und der Bekämpfung der Glücksspiel- und Wettsucht, mit der Begründung, dass das Glücksspiel im Internet in besonderem Maße suchtgefährdend und eine Begrenzung des Glücksspiels bei Internetangeboten nicht zu erreichen ist (vgl. Bü-Drs. 18/7229, S. 14). Diese Zielsetzung wurde vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 28.3.2006 als überragend wichtiges Gemeinwohlziel qualifiziert, da die Spielsucht (pathologische Spielsucht ist in ICD-10 aufgenommen) zu schwerwiegenden Folgen nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien und die Gemeinschaft führen kann. Auch die weiteren in § 1 GlüStV genannten Ziele, wie die Schaffung der Voraussetzungen für eine wirksame Suchtbekämpfung (§ 1 Nr. 1 GlüStV), die Begrenzung des Glücksspielangebots und Lenkung des Spieltriebs der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen (§ 1 Nr. 2 GlüStV), die Gewährleistung des Jugend- und Spielerschutzes (§ 1 Nr. 3 GlüStV) sowie die ordnungsgemäße Durchführung von Glücksspielen, Schutz vor betrügerischen Machenschaften und Abwehr der mit Glücksspielen verbundenen Folge- und Begleitkriminalität (§ 1 Nr. 4 GlüStV), entsprechen den vom Bundesverfassungsgericht anerkannten Gründen des Gemeinwohls (vgl. Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 98, 103, 105, juris).

Die Klägerin kann nicht mit Erfolg geltend machen, dass von Sportwetten im Internet keine Suchtgefahren oder jedenfalls deutlich geringere Suchtpotentiale als von anderen Glücksspielformen ausgehen. Unterschiedliche Glücksspielformen haben ein unterschiedliches Suchtpotenzial. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand weisen insbesondere die Spieler an Automaten problematisches bzw. pathologisches Spielverhalten auf. An zweiter Stelle in der Statistik stehen die Casino-Spiele. Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu in seinem Urteil vom 28. März 2006 (BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 101 f., juris) festgestellt, dass das Suchtpotenzial von Sportwetten mit festen Gewinnquoten derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden könne. Allerdings sprächen erste Untersuchungen und internationale Erfahrungen dafür, dass die Gefährlichkeit von Sportwetten zwar geringer als bei den Casino-Glücksspielen, aber durchaus vorhanden sei. Des Weiteren sei die Entwicklung des Suchtpotenzials, wenn Sportwetten in erheblich ausgeweitetem Maß praktiziert würden, nicht absehbar. Der Gesetzgeber dürfe aufgrund des gegenwärtigen Erkenntnisstands mit einem nicht unerheblichen Suchtpotenzial rechnen und dies mit dem Ziel der Abwehr einer höchstwahrscheinlichen Gefahr zum Anlass für Prävention nehmen (BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 101 f., juris).

Dies dürfte umso mehr für das Suchtpotenzial gelten, das von Glücksspielen bzw. Sportwetten im Internet ausgeht. Mit dieser Dimension des Glücksspiels wird zu jeder Uhrzeit eine Spielteilnahme vom eigenen Wohnzimmer oder Arbeitsplatz aus ermöglicht. Aufgrund von strukturellen Merkmalen des Online-Spiels wie der leichten Verfügbarkeit, der hohen Ereignisfrequenz, des bargeldlosen Zahlungsverkehrs, der Möglichkeit der Realitätsflucht im eigenen häuslichen Bereich vor dem PC, der intensiven Vermarktung, der möglichen hohen Dichte und Vielfalt des Angebots von Glücksspielen im Internet und der ständig präsenten Möglichkeit einer weitgehend anonymen Spielteilnahme bergen Glücksspielangebote im Internet ein besonders hohes Gefährdungspotenzial (vgl. Hayer/ Bachmann/ Meyer, Pathologisches Spielverhalten bei Glücksspielen im Internet, Wiener Zeitschrift für Suchtforschung, 2005, S. 29 ff.). Das Regelungsziel der wirksamen Suchtbekämpfung kann damit Berufsausübungsregelungen im Sinne der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten sog. Drei-Stufen-Theorie rechtfertigen.

(3) Das in § 4 Abs. 4 GlüStV normierte Internetverbot entspricht auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es stellt ein geeignetes sowie erforderliches Mittel zur Erreichung eines legitimen Gemeinwohlziels dar.

Geeignet ist ein Mittel bereits dann, wenn mit seiner Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann, wobei die Möglichkeit der Zweckerreichung genügt. Dem Gesetzgeber kommt dabei ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu. Wie der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01, juris) zur alten Rechtslage nach dem Lotteriestaatsvertrag zu entnehmen ist, dürfen die mit dem Wetten verbundenen Gefahren durch den Gesetzgeber bekämpft werden. Insbesondere die Annahme, dass eine Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen über das Internet aufgrund des dann entstehenden unüberschaubar großen Angebots zu einer erheblichen Ausweitung von Wettangeboten mit der Folge einer Zunahme von problematischem und die Sucht beeinflussendem Verhalten führen würde, ist nicht zu beanstanden. Davon ist vor dem Hintergrund der grundsätzlichen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts im oben genannten Urteil vom 28. März 2006 auszugehen. Die Eignung entfällt auch nicht deshalb, weil das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV nur beschränkt durchsetzbar sein dürfte. Aufgrund der heutigen technischen Bedingungen bestehen Möglichkeiten, Glücksspiele über das Internet weltweit zu platzieren, ohne dass der Staat deren Verfügbarkeit in Deutschland völlig unterbinden könnte. Solche Vollzugshindernisse machen die Verfolgung des Ziels der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht aber nicht prinzipiell ungeeignet (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 114, juris).

Der Gesetzgeber verfügt auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit eines Verbots hinsichtlich eines Vertriebs über das Internet über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum. Maßnahmen des Gesetzgebers können nur dann verfassungsrechtlich beanstandet werden, wenn andere Beschränkungen, die als Alternative in Betracht kommen, die gleiche Wirksamkeit versprechen und die Betroffenen weniger belasten (BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 116, juris). Auch insoweit ist das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV rechtlich nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber durfte hinsichtlich der Suchtgefahren davon ausgehen, dass diese mit Hilfe eines umfassenden Verbots effektiver beherrscht werden können als im Wege einer Kontrolle des Wettgeschehens. Eine Möglichkeit des Vertriebs über das Internet im Glücksspielmarkt würde unstreitig eine große Expansion des Angebots zur Folge haben. Diese Ausweitung des Angebotes würde auch nicht durch die in Deutschland traditionell hohe Abgabenbelastung reguliert werden können, da angesichts des Steuerwettbewerbs in der EU ein Ausweichen der privaten Unternehmen zu erwarten wäre, dem aus europa- und verfassungsrechtlichen Gründen im nationalen Recht nicht begegnet werden könnte.

Das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV ist auch verhältnismäßig i.e.S.. Das Bundesverfassungsgericht hat in diesem Zusammenhang im Urteil vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01, Rn. 149, juris), allerdings für das staatliche Wettmonopol, ausgeführt, dass jede Beschränkung konsequent am Ziel des Jugendschutzes, der Bekämpfung von Wettsucht und der Begrenzung der Spielleidenschaft auszurichten sei. Nur zur Verfolgung dieser Ziele seien Regelungen zur Beschränkung der Vertriebswege zu treffen (vgl. BVerfG, Urt. v. 28.3.2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 150 ff., juris). Diesen Anforderungen trägt der Glücksspielstaatsvertrag durch das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV hinreichend Rechnung. Der umfassende Ausschluss des Vertriebswegs „Internet“ für alle Wettunternehmen dient in seiner konkreten Ausgestaltung als klares Verbot in erster Linie der Vermeidung und Abwehr von Spielsucht und problematischem Spielverhalten (vgl. Bü-Drs. 18/7229, S. 14). Im Gegensatz zur alten Rechtslage, die durch den Lotteriestaatsvertrag bestimmt wurde, gewährleistet insbesondere die Regelung des § 4 Abs. 4 GlüStV die Verwirklichung der dem Glücksspielstaatsvertrag zugrunde liegenden gewichtigen Gemeinwohlbelange.

Es kann für das im Glücksspielstaatsvertrag geregelte Internetverbot nicht in Abrede gestellt werden, dass dieses in erster Linie der Suchtprävention dient und nicht, wie das Bundesverfassungsgericht zur alten Sach- und Rechtslage des Lotteriestaatsvertrages im Hinblick auf des Wettmonopol des Staates festgestellt hat, die fiskalischen Interessen des Staates im Vordergrund stehen. Gerade die restriktive Vorgabe des Verbots der Veranstaltung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele im Internet für alle Teilnehmer am Glücksspielmarkt verbietet derartige Überlegungen. Im Übrigen gelten auch an dieser Stelle die Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit i.e.S. unter aa) (d).

Zusammengefasst folgt aus allem, dass das Internetverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV nicht gegen höherrangiges Recht verstößt (so im Ergebnis auch: VGH München, Beschl. v. 22.7.2009, 10 CS 09.1184, juris; VG Potsdam, Beschl. v. 16.3.2010, 3 L 546/09, juris; VG Ansbach, Beschl. v. 12.8.2010, AN 4 S 10.01552, juris; VG Karlsruhe, Beschl. v. 4.5.2010, 3 K 2526/09, juris) und der Erteilung der von der Klägerin begehrten Genehmigung entgegensteht. Ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Genehmigung für das Veranstalten oder Vermitteln von Sportwetten im Internet nach einfachem Recht besteht mithin nicht.

2. Ein Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Genehmigung ergibt sich auch nicht aus Verfassungsrecht.

Die Klägerin kann insbesondere keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung aus Art. 2 Abs. 1 GG herleiten. Ob in Fällen wie dem vorliegenden ein Anspruch auf Genehmigung der Veranstaltung von Sportwetten durch ausländische Privatpersonen aus Art. 2 Abs. 1 GG zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Situation in Betracht gezogen werden muss, kann dahinstehen. Zum Zeitpunkt dieser Entscheidung gibt es zwar möglicherweise keine Regelungen darüber, unter welchen Voraussetzungen, in welchem Verfahren und von welchen Behörden die begehrte Genehmigung erteilt werden könnte. Doch selbst unterstellt, der Glücksspielstaatsvertrag enthielte ein Genehmigungsverfahren und entsprechende Regelungen über Voraussetzungen, so stünde der Erteilung der Erlaubnis in jedem Fall § 4 Abs. 4 GlüStV entgegen. Etwas anderes könnte sich nur ergeben, wenn diese im geltenden Glücksspielstaatsvertrag enthaltene Regelung verfassungswidrig wäre, was - wie bereits ausgeführt - nicht der Fall ist.

B.

Die Klage ist mit dem zweiten Antrag der Klägerin, die Beklagte zu verpflichten, die Durchführung und Bewerbung von Online-Sportwetten durch sie vorläufig - bis zur endgültigen Entscheidung über eine entsprechende Genehmigung in einem einzurichtenden Genehmigungsverfahren - zu dulden und weiterhin zu verpflichten, sicherzustellen, dass bis zu diesem Zeitpunkt keine Untersagungsverfügung gegen sie erlassen wird, dahingehend auszulegen, dass die Beklagte - übergangsweise - das Veranstalten und Bewerben von Online-Sportwetten der Klägerin in Hamburg zu dulden hat und keine ordnungsrechtliche Untersagungsverfügung gegenüber der Klägerin erlässt. Dieser Antrag ist bereits unzulässig; er hätte auch in der Sache keinen Erfolg.

Die so verstandene Klage ist zwar als allgemeine Leistungsklage in Form der vorbeugenden Unterlassungsklage statthaft. Die Klägerin erstrebt mit der Verhinderung einer Untersagung der Veranstaltung von (Online-)Sportwetten vor dem Ergehen einer abschließenden behördlichen Entscheidung vorbeugenden Rechtsschutz.

Diese Klage ist jedoch mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es für vorbeugenden Rechtsschutz vor drohenden Verwaltungsakten eines entsprechend qualifizierten Rechtsschutzinteresses (vgl. BVerwG, Urt. v. 8.9.1972, BVerwGE 40, 323; Urt. v. 3.6.1983, Buchholz 310, § 113 VwGO Nr. 130). Für einen vorbeugenden Rechtsschutz ist demnach kein Raum, wenn und soweit der Betroffene im konkreten Fall zumutbarerweise auf den von der Verwaltungsgerichtsordnung als grundsätzlich angemessen und ausreichend angesehenen nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 7.5.1987, BVerwGE 77, 207; VGH Mannheim, Beschl. v. 24.5.1994, VBlBW 1995, 139 und Beschl. v. 25.11.2003, 9 S 2526/03, juris). Vorbeugender Rechtsschutz kommt nur dann in Betracht, wenn aus Gründen der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) dem Betroffenen schlechthin nicht zugemutet werden kann, den belastenden Verwaltungsakt abzuwarten und sich hiergegen mittels Widerspruch und Klage zu wehren und im Falle der Anordnung der sofortigen Vollziehung Eilrechtsschutz gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zu suchen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., 2009, Vorb. § 40 Rn. 33 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Denn es ist nicht zu befürchten, dass ohne vorbeugenden Rechtsschutz vollendete, nicht mehr ohne Weiteres rückgängig zu machende Tatsachen geschaffen werden oder unzumutbare Nachteile entstehen. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb die von der Klägerin geltend gemachten Rechte nicht nach Erlass einer entsprechenden Verbots- bzw. Untersagungsverfügung im Rahmen des dann möglichen Rechtsschutzes geschützt werden können. Selbst der Umstand, dass eine entsprechende Verbotsverfügung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV sofort vollziehbar wäre (vgl. § 9 Abs. 2 GlüStV), begründet kein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für die Klägerin. Denn es ist nicht ersichtlich, dass der in diesem Fall über § 80 Abs. 5 VwGO mögliche vorläufige Rechtsschutz auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nicht geeignet wäre, die Rechte der Klägerin einer der Rechtsschutzgewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG entsprechenden Weise zu schützen. Allein durch die Existenz einer Verbotsverfügung würden noch keine vollendeten Tatsachen zu Lasten der Klägerin geschaffen. Des Weiteren ist auch nicht erkennbar, dass nicht mehr rückgängig zu machende Schäden oder sonstige unzumutbare Nachteile eintreten würden.

Darüber hinaus wäre die Klage auch nicht begründet. Ein Anspruch auf die begehrte Duldung besteht schon aus dem oben Ausgeführten nicht. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet in Hamburg. Dem steht, wie bereits ausgeführt, § 4 Abs. 4 GlüStV entgegen.

C.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 VwGO, § 709 ZPO.

D.

Die Berufung war gemäß §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.