OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.05.2011 - 8 C 11261/10
Fundstelle
openJur 2012, 136179
  • Rkr:
Tenor

Der am 21. Juni 2010 als Satzung beschlossene Bebauungsplan "Im B. - OT S." wird für unwirksam erklärt.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht die Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Antragsteller wenden sich mit ihrem Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan "Gewerbegebiet Im B. - OT S.".

Die Antragsteller zu 1) und 2) sind Eigentümer des Grundstücks Gemarkung S., Flur ..., Flurstück ..., das nordöstlich des Plangebiets in einem Mischgebiet liegt. Der Antragsteller zu 3) ist Eigentümer der Grundstücke Gemarkung S., Flur ..., Flurstücke ... und ..., die - ebenfalls nordöstlich des Plangebiets - in einem allgemeinen Wohngebiet liegen. Der Bereich östlich des Plangebiets ist im Flächennutzungsplan als Dorfgebiet ausgewiesen. Der Bebauungsplan selbst setzt ein eingeschränktes Gewerbegebiet (GEe) fest, das in drei Teilgebiete GEe1 bis GEe3 untergliedert ist. Nach Art der baulichen Nutzung sind Gewerbebetriebe aller Art, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe sowie Geschäfts-, Büro- und Verwaltungsgebäude zulässig. Nicht zulässig sind Anlagen für sportliche Zwecke sowie Tankstellen; auch nicht ausnahmsweise zulässig sind Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke sowie Vergnügungsstätten. Zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen vergibt der Bebauungsplan Emissionskontingente. Danach sind Vorhaben zulässig, deren Geräusche tags 63 dB(A)/qm und nachts 48 dB(A)/qm nicht überschreiten. Zur Berechnung wurden insgesamt drei Immissionspunkte festgelegt. Dabei wurden die unmittelbar an das Plangebiet angrenzenden Wohngrundstücke des örtlichen Unternehmers, der seinen forstwirtschaftlichen Betrieb im Gewerbegebiet erweitern will, nicht berücksichtigt.

Der Bebauungsplan wurde am 21. Juni 2010 als Satzung beschlossen und zunächst am 22. Juni 2010 ausgefertigt sowie am 12. November 2010 ortsüblich bekannt gemacht. Nachdem die Antragsteller im gerichtlichen Verfahren gerügt hatten, dass der Plan im Rahmen der Festsetzung zur Geräuschkontingentierung auf eine außergesetzliche Vorschrift verweise, ohne deren Quelle zu benennen, ergänzte die Antragsgegnerin die textliche Festsetzung um die entsprechenden Angaben. Sie fertigte den geänderten Plan sodann am 8. Februar 2011 erneut aus und machte ihn am 11. Februar 2011 nochmals ortsüblich bekannt.

Am 17. November 2010 haben die Antragsteller die Kontrolle des Bebauungsplans beantragt. Zur Begründung führen sie aus, die Festsetzung "eingeschränktes Gewerbegebiet" sei unzulässig. Nach der Rechtsprechung und daran anknüpfend der gängigen Planungspraxis sei ein eingeschränktes Gewerbegebiet dann gegeben, wenn neben Anlagen und Nutzungen nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nur solche Handwerks- und Gewerbebetriebe zulässig seien, die das Wohnen nicht wesentlich störten, also den in Mischgebieten höchstzulässigen Störgrad einhielten. Vorliegend habe die Antragsgegnerin faktisch ein uneingeschränktes Gewerbegebiet festgesetzt, dem sie zu Unrecht eine einschränkende Bezeichnung beigefügt habe.

Die Antragsgegnerin habe die betroffenen Belange zudem nur unvollständig ermittelt. Sie habe sich zwar mit Geräuschimmissionen beschäftigt, aber kein Lärmgutachten eingeholt. Zu möglichen Gerüchen, Erschütterungen oder anderen Immissionen seien schon keine Überlegungen angestellt worden. Sofern Emissionskontingente vergeben worden seien, seien diese falsch berechnet worden, weil die beiden im Eigentum des Vorhabenträgers stehenden Wohngebäude bei der Vergabe der Immissionspunkte nicht berücksichtigt worden seien. Des Weiteren sei auch der Trennungsgrundsatz und die von künftigen gewerblichen Anlagen ausgehende erdrückende Wirkung missachtet worden.

Die Antragsteller beantragen,

den Bebauungsplan "Im B. - Ortsteil S." in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Februar 2011 für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie hält den Bebauungsplan für rechtmäßig und verweist darauf, dass angesichts des im Rahmen der vorliegenden Angebotsplanung zulässigen Nutzungsspektrums nicht alle möglichen Umweltauswirkungen abschließend vorhergesagt werden könnten. Die Einhaltung der für Immissionen geltenden Grenzwerte würde aber im nachfolgenden Genehmigungsverfahren sichergestellt. Die zur Berechnung der Emissionskontingente herangezogenen Immissionspunkte seien nicht fehlerhaft gewählt worden. Das im Eigentum des forstwirtschaftlichen Unternehmers stehende Wohngebäude "D. Straße ..." liege unmittelbar an der einzigen und erforderlichen Zufahrt ins Plangebiet. Der Abstand zur nächstgelegenen gewerblich nutzbaren Fläche sei so groß, dass unter Anwendung der DIN 45691 keine Überschreitung der für Misch-/Dorfgebiete geltenden Immissionsrichtwerte nach der TA Lärm zu erwarten sei. Die festgesetzten Geländehöhen bedingten im Zuge der Planrealisierung zudem die Anlage von Böschungen, welche die Ausnutzbarkeit der Gewerbegebietsflächen nochmals deutlich reduziere. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte hätten in der aktuellen Planfassung nur die Immissionsorte IO j1 bis j3 ihren Niederschlag gefunden. Eine Kontrollberechnung zeige jedoch, dass die für Dorfgebiete geltenden Immissionsrichtwerte der TA Lärm auch an den Gebäuden "N. Weg ..." und "D. Straße ..." eingehalten würden. Eine erdrückende Wirkung von Gebäuden im Plangebiet sei angesichts der Distanz zu den Wohngebäuden nicht zu erwarten.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie die beigezogenen Planaufstellungsunterlagen (3 Hefter) verwiesen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Der zulässige Normenkontrollantrag ist begründet.

1. Die Festsetzung der Emissionskontingente kann sich nicht auf eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage stützen.

Durch den Bebauungsplan bestimmt die Gemeinde Inhalt und Schranken des Eigentums der im Planbereich gelegenen Grundstücke. Hierfür bedarf sie gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage. Ihr steht daher kein bauplanerisches "Festsetzungsfindungsrecht" zu (BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1993 - BVerwG 4 C 18.91 - BVerwGE 92, 56 [62]). Vielmehr besteht für bauplanungsrechtliche Festsetzungen ein Typenzwang (BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 - BVerwG 4 C 28.91 - BVerwGE 94, 151 [154]). Die Gemeinde findet die gesetzliche Ermächtigung zur Festsetzung in § 9 BauGB und in den ergänzenden Vorschriften der nach § 2 Abs. 5 BauGB erlassenen Baunutzungsverordnung. Weicht die Gemeinde bei der Aufstellung von Bebauungsplänen von diesen Vorgaben ab, so ist die jeweilige Festsetzung nichtig, und zwar unabhängig von der Frage, ob das mit ihr verfolgte planerische Ziel materiell-rechtlich zulässig ist und möglicherweise sogar auf andere Weise realisiert werden könnte (BVerwG, Beschluss vom 31.01.1995 - 4 NB 48/93 - NVwZ 1995, 696).

a) Der von der Antragsgegnerin herangezogene § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB stellt keine taugliche Ermächtigungsgrundlage für die Festsetzung von Emissionskontingenten dar. Nach dieser Norm können in Bebauungsplänen aus städtebaulichen Gründen die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen festgesetzt werden. Bei der Festsetzung von Emissionskontingenten handelt es sich indes nicht um bauliche oder sonstige technische Vorkehrungen im Sinne dieser Bestimmung. Unter Vorkehrungen sind Einrichtungen zu verstehen, die an einer baulichen oder sonstigen Anlage angebracht sind, um diese vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren zu schützen oder um an der Anlage die Entstehung von schädlichen Umwelteinwirkungen zu verhindern oder zu mindern. Durch Emissionskontingente setzt der Plangeber demgegenüber keine konkreten Maßnahmen fest, sondern bestimmt lediglich Grenzwerte. Auf welche Weise Bauwillige diese Grenzwerte einhalten, bleibt ihnen überlassen. In diesem Sinne ist die Festlegung von Lärmgrenzwerten lediglich als Zielvorstellung zu verstehen, für die § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB keine Rechtsgrundlage bietet (BVerwG, Beschluss vom 02.03.1994 - 4 NB 3.94 - NVwZ 1994, 1009 [1010]; Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 94. Ergänzungslieferung 2010, § 9 Rn. 206).

b) Die Festsetzung kann vorliegend auch nicht auf § 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO gestützt werden. Nach dieser Regelung können im Bebauungsplan für die in den §§ 4 bis 9 BauNVO bezeichneten Baugebiete Festsetzungen getroffen werden, die das Gebiet nach der Art der zulässigen Nutzung oder nach der Art der Betriebe und Anlagen sowie nach deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften gliedern. Zur Gliederung eines Baugebietes kann auch ein auf das emittierende Betriebsgrundstück bezogener Schallleistungspegel herangezogen werden. Denn dieser stellt einen zulässigen Maßstab für das Emissionsverhalten eines Betriebes dar, das als Eigenschaft des Betriebes zum Gegenstand einer Festsetzung im Bebauungsplan gemacht werden kann (BVerwG, Beschluss vom 27.01.1998 - 4 NB 3.97 - NVwZ 1998, 1067; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04.07.2006 - 8 C 11709/05 - BRS 70 Nr. 23; Söfker, a.a.O., § 1 BauNVO Rn. 62). Die Berufung auf § 1 Abs. 4 Satz 1 BauNVO setzt aber voraus, dass das Baugebiet auch tatsächlich anhand der zulässigen Schallleistungspegel gegliedert wird (vgl. hierzu Fischer/Tegeder: Geräuschkontingentierung, NVwZ 2005, 30 [32 ff.]). Das ist vorliegend nicht geschehen. Es sind zwar die drei Teilgebiete "GEe1", "GEe2" und "GEe3" festgesetzt worden. Für alle drei Teilgebiete ist aber letztlich ein einheitliches Emissionskontingent von 63 dB(A) / qm tags und 48 dB(A) / qm nachts festgelegt worden.

c) Die Lärmkontingentierung lässt sich schließlich auch nicht auf § 1 Abs. 4 Satz 2 BauNVO stützen. Nach dieser Vorschrift können Festsetzungen nach Satz 1 auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden. Auf diese Weise kann eine Gemeinde, die über mehrere Gewerbegebiete verfügt, diese untereinander gliedern, indem sie für die Gebiete jeweils unterschiedliche Emissionskontingente vorsieht oder in einem Gebiet eine Kontingentierung vorschreibt und in einem weiteren darauf verzichtet (BVerwG, Urteil vom 18.12.1999 - 4 N 6.88 - NVwZ 1991, 881 [882]). Zum einen bestehen im Ortsteil S. und damit im Einwirkungsbereich des Plangebiets aber nach Auskunft der Antragsgegnerin keine weiteren Gewerbegebiete. Zum anderen müsste die vorliegende Festsetzung auch gerade dazu dienen, die Gebiete im Verhältnis zueinander zu gliedern (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 23.04.2009 - 4 CN 5.07 - BVerwGE 133, 377 und juris-Rn. 20). Dafür ist aber nichts ersichtlich. Ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan war Sinn und Zweck der Geräuschkontingentierung vielmehr, die umliegende Wohnbevölkerung zu schützen und das Gewerbegebiet mit der Wohnnutzung verträglich zu gestalten. Damit wurde gerade kein gebietsübergreifender Zweck verfolgt.

2. Die Nichtigkeit der Festsetzung des Emissionskontingentes führt auch zur Gesamtnichtigkeit des Bebauungsplans. Die Unwirksamkeit einer Festsetzung kann nur dann auf Teile des Bebauungsplans beschränkt werden, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den nichtigen Teil eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 [230] und Beschluss vom 20. August 1991 - 4 NB 3/91 - NVwZ 1992, 567). Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Bebauungsplan ohne entsprechende Festsetzung noch vom Willen des Satzungsgebers umfasst ist. Die Begründung zum Bebauungsplan verweist mehrfach auf die Festsetzungen der Emissionskontingente als das zentrale Mittel, um die Verträglichkeit des Gewerbelärms mit der Wohnnutzung sicherzustellen. Fiele die Lärmkontingentierung weg, bliebe ein Problem ungelöst, das die Antragsgegnerin erkannt hat und mit ihrer Bauleitplanung gelöst wissen wollte.

3. Für den Fall, dass die Antragsgegnerin bei Aufstellung eines neuen Bebauungsplans an der Festsetzung von Emissionskontingenten festhalten will, weist der Senat darauf hin, dass sowohl die Immissionspunkte anders ausgewählt werden müssten als auch eine bestehende Vorbelastung gegebenenfalls Berücksichtigung finden müsste.

a) Die Immissionspunkte sind nicht zutreffend ausgewählt worden. Ausweislich der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist Ziel der Geräuschkontingentierung, die Immissionsrichtwerte der TA Lärm einzuhalten. Das kann nur gelingen, wenn die Einhaltung der Planwerte an den gewählten Immissionspunkten sicherstellt, dass auch im übrigen Einwirkungsbereich der Planung keine Überschreitung stattfindet. Nach Nr. 2.3 der TA Lärm ist maßgeblicher Immissionsort der Ort im Einwirkungsbereich der Anlage, an dem eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte am ehesten zu erwarten ist. Vorliegend sind das die dem ausgewiesenen Gewerbegebiet nächstgelegenen Wohngebäude. Tatsächlich wurde der Immissionspunkt j2 aber an einer Wohnbebauung etwa 85 m östlich der Plangebietsgrenze angelegt, obwohl das Wohngebäude "N. Weg ..." sich nur etwas mehr als 20 m östlich der Plangrenze befindet. Der Immissionspunkt j1 liegt ca. 60 m südöstlich von der Plangrenze entfernt, obwohl das Wohngebäude "D. Straße ..." unmittelbar an das Gebiet angrenzt.

Dass sich die Gebäude "N. Weg ..." und "D. Straße ..." im Eigentum desjenigen Unternehmers befinden, der seinen Betrieb auf den Flächen des Bebauungsplans erweitern will, ändert nichts an deren Schutzbedürftigkeit. Die konkrete Eigentumslage ist schon deshalb unerheblich, weil ein Bebauungsplan nicht gewährleisten kann, dass es bei den zum Zeitpunkt der Beschlusslage vorliegenden Zuständen bleibt (BVerwG, Urteil vom 24.03.2010 - 4 CN 3.09 - NVwZ 2010, 782 [784]). Die Gebäude sind auch nicht in das Gewerbegebiet einbezogen und als Betriebswohnungen i.S.d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO ausnahmsweise zugelassen worden. Stattdessen geht die Antragsgegnerin selbst davon aus, dass sich die Gebäude in einer Umgebung befinden, die den Charakter eines Dorfgebiets aufweist. Dann muss aber auch die Einhaltung der für ein Dorfgebiet geltenden Immissionsrichtwerte sichergestellt sein.

b) Sollte der ortsansässige Unternehmer seine dem Plangebiet benachbarten Grundstücke schon heute legal gewerblich nutzen, und sollte diese Nutzung mit einer Geräuschbelastung einhergehen, müsste diese zudem als Vorbelastung in die Berechnung der Planwerte nach Nr. 4.2. der DIN 45691 eingehen. Auch hier kann es rechtlich keine Rolle spielen, ob der Unternehmer vorhat, seinen Betrieb auf die Flächen des Bebauungsplanes zu verlagern, so dass die Emissionen von den bisherigen Betriebsgrundstücken wegfallen. Der Bebauungsplan kann nämlich ebenfalls keine Gewähr dafür bieten, dass eine solche Verlagerung tatsächlich stattfindet und dass es nicht zu einer zusätzlichen Nutzung der Flächen kommt.

4. Die übrigen Angriffe der Antragsgegner auf den Bebauungsplan verfangen indes nicht.

a) Die Antragssteller haben zu Recht darauf hingewiesen, dass der Bebauungsplan ursprünglich an einem Verkündungsmangel gelitten hat, weil er zur Berechnung der Emissionskontingente auf die DIN 45691 verwiesen hat, ohne deren Ausfertigungsdatum und die Bezugsquelle zu nennen. Es ist einem Plangeber zwar nicht verwehrt, im Rahmen seiner Festsetzungen auf eine DIN-Vorschrift zu verweisen. Ergibt sich allerdings erst aus dem Verweis, unter welchen Voraussetzungen ein Vorhaben zulässig ist, muss sichergestellt sein, dass die Planbetroffenen sich vom Inhalt der Vorschrift verlässlich Kenntnis verschaffen können. Hierzu muss das Datum bzw. die Ausgabe der Vorschrift sowie die Stelle, von der sie bezogen werden kann, angegeben werden. Die Gemeinde genügt den Anforderungen auch dann, wenn sie die in Bezug genommene DIN-Vorschrift bei der Verwaltungsstelle, bei der auch der Bebauungsplan eingesehen werden kann, zur Einsicht bereit hält und hierauf in der Bebauungsplanurkunde hinweist (OVG RP, Urteil vom 26.03.2009 - 8 C 10729/08 - LKRZ 2009, 262; BVerwG, Beschluss vom 29.07.2010 - 4 BN 21.10 - NVwZ 2010, 1567 [1568]).

Die Antragsgegnerin hat den Verkündungsfehler aber vor der mündlichen Verhandlung vom 2. Mai 2011 durch Ergänzung des Normtextes, erneute Ausfertigung und erneute Bekanntmachung des Bebauungsplans geheilt. Die Neufassung des Bebauungsplans enthält nunmehr neben den erforderlichen Angaben zur maßgeblichen Fassung der DIN-Norm auch die Stelle, über die sie bezogen und an der sie eingesehen werden kann. Einer erneuten Abwägung und eines weiteren Ratsbeschlusses bedarf es in einem solchen Fall nicht (OVG RP, Urteil vom 26.03.2009, a.a.O.).

b) Entgegen der Ansicht der Antragsteller ist die Festsetzung "eingeschränktes Gewerbegebiet" vorliegend nicht deshalb unwirksam, weil die Bezeichnung mit der inhaltlichen Festsetzung in Widerspruch stünde. Festsetzungen im Bebauungsplan und ihre Darstellung müssen eindeutig und klar sein, so dass die Bürger und die Behörden ihnen unmissverständlich entnehmen können, wo und wie gebaut werden darf (OVG NRW, Urteil vom 29.01.1990 - 11a NE 94/88 - NVwZ 1990, 886). Das ist vorliegend der Fall: Die Antragstellerin hat die Art der nach der Baunutzungsverordnung im Gewerbegebiet zulässigen Nutzungen in gesetzeskonformer Weise eingeschränkt und das Gebiet dementsprechend als "eingeschränktes Gewerbegebiet" bezeichnet. Sie hat nämlich zum einen die nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4 BauNVO im Gewerbegebiet an sich zulässigen Tankstellen und Anlagen für sportliche Zwecke ausgeschlossen und zum anderen die nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 3 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale und gesundheitliche Zwecke sowie Vergnügungsstätten generell ausgeschlossen. Außerdem sollte das Gewerbegebiet auch insofern eine Einschränkung erfahren, als nur Betriebe mit einer bestimmten Lärmemission auf den jeweiligen Teilflächen zulässig sein sollten. Soweit die Antragssteller demgegenüber meinen, unter einem "eingeschränkten Gewerbegebiet" sei nach der Rechtsprechung und Planungspraxis nur ein Gewerbegebiet zu verstehen, in dem solche Handwerks- und Gewerbebetriebe zulässig seien, die das Wohnen nicht wesentlich störten, ist dem nicht zu folgen. Der Begriff des eingeschränkten Gewerbebetriebs ist gesetzlich nicht definiert. Ihm lässt sich lediglich entnehmen, dass bestimmte Betriebe, die nach der Baunutzungsverordnung im allgemeinen Gewerbegebiet zulässig sind, im konkreten Fall ausgeschlossen sein sollen. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dem Begriff eine darüber hinausgehende Bedeutung beizumessen.

c) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin zur Beurteilung der Lärmsituation kein weitergehendes Lärmgutachten eingeholt hat. Es entspricht der unter Punkt 4.5 in der DIN 45691 - Geräuschkontingentierung - vorgeschlagenen Verfahrensweise, die Kontingente unter ausschließlicher Berücksichtigung der geometrischen Ausbreitungsdämpfung zu berechnen. Im Genehmigungsverfahren werden dann - ausgehend von den von dem Vorhaben in Anspruch genommenen Flächen - auf gleiche Weise Immissionskontingente für alle Immissionspunkte berechnet. Nun kann - unter Berücksichtigung der konkreten Ausbreitungsparameter - ermittelt werden, ob das Vorhaben die Immissionskontingente einhält. Da folglich erst auf dieser Ebene eine Betrachtung der konkreten Lärmausbreitungssituation stattfindet, wird in aller Regel auch erst hier ein Lärmgutachten notwendig sein (vgl. Fischer/Tegeder, Geräuschkontingentierung, BauR 2007, 323 [327 f.]).

d) Die Antragsgegnerin war vorliegend auch berechtigt, die Problembewältigung hinsichtlich weiterer Emissionen, insbesondere Luftschadstoff- und Geruchsbelastungen, in die nachfolgenden Genehmigungsverfahren zu verlagern. Das Bebauungsplanverfahren gilt im Allgemeinen nicht einem bestimmten Vorhaben. Es ist einer Gemeinde daher nicht verwehrt, sich bei ihrer Angebotsplanung zurückzuhalten und mit dem Bebauungsplan nur einen Rahmen zu setzen, der künftige Investoren in der Vorhabenplanung nicht zu sehr einengt (BVerwG, Urteil vom 20.08.1987 - 4 N 1.86 - NVwZ 1988, 351 [352]). Welches Maß an Konkretisierung der jeweiligen Situation angemessen ist, bestimmt die Gemeinde nach dem ihr durch § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB abgesteckten Rahmen in planerischer Gestaltungsfreiheit (BVerwG, Beschluss vom 20.01.1995 - 4 NB 43.93 - NVwZ 1995, 692 [693] m.w.Nw.). Die Gemeinde muss dabei nicht jedes Problem schon auf der Ebene des Bebauungsplans lösen. Die Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bebauungsplanverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln ist vielmehr dann zulässig, wenn die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Planverfahrens im Rahmen der Verwirklichung der Planung sichergestellt oder zu erwarten ist. Das im Abwägungsgebot enthaltene Gebot der Konfliktlösung ist erst verletzt, wenn das durch die Planung hervorgerufene Problem zu Lasten der Betroffenen dauerhaft ungelöst bleibt (BVerwG, Beschluss vom 20.04.2010 - 4 BN 17.10 - juris Rn. 3 und Beschluss vom 16.03.2010 - 4 BN 66.09 - NVwZ 2010, 1246 [1249]).

Vorliegend ist nicht ersichtlich, dass der Bebauungsplan in Bezug auf Erschütterungen, Geruch oder Luftschadstoffe Probleme aufwirft, die nicht anhand der im Genehmigungsverfahren zu beachtenden Regelwerke beurteilt und gegebenenfalls durch Beschränkungen oder aber die Versagung einer beantragten Genehmigung gelöst werden könnten. Gewerbegebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben, § 8 Abs. 1 BauNVO. Diese dürfen darüber hinaus im Einzelfall nicht rücksichtslos sein, § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO. Diese Vorgaben sind im Rahmen der Beurteilung eines konkreten Antrags auf Errichtung eines Gewerbebetriebes zu beachten. Umgekehrt ist es der Antragsgegnerin ohne Kenntnis von Art und Eigenschaft eines geplanten Betriebes derzeit noch gar nicht möglich, nähere Aussagen zu den sich ergebenden Konflikten und denkbaren Lösungsmöglichkeiten zu treffen. Sofern die Antragsteller auf Urteile verweisen, die eine entsprechende Problembewältigung schon auf der Planungsebene verlangen, wurden jeweils konkrete Vorhaben geplant oder vorhandene gewerbliche und industrielle Nutzungen oder Gemengelagen überplant, so dass die im Einzelfall zu bewältigenden Konflikte bereits absehbar waren.

e) Es steht auch nicht zu befürchten, dass die im Gewerbegebiet zulässigen Bauten erdrückend wirken. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Bebauung wegen ihrer optisch bedrängenden Wirkung auf Nachbargebäude gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoßen kann. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die baulichen Dimensionen des "erdrückenden" Gebäudes aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles derart übermächtig sind, dass das "erdrückte" Gebäude oder Grundstück nur noch überwiegend wie eine von einem herrschenden Gebäude dominierte Fläche ohne eigene baurechtliche Charakteristik wahrgenommen wird oder das Bauvorhaben das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, das heißt dort ein Gefühl des Eingemauertseins oder einer Gefängnishofsituation hervorruft (OVG NRW, Urteil vom 09.08.2006 - 8 A 3726/05 - NWVBl 2007, 59 m.w.Nw.).

Das wird vorliegend aber auch dann nicht der Fall sein, wenn bauliche Anlagen den im Bebauungsplan vorgegebenen Rahmen voll ausschöpfen. Die nordöstlich vom Plangebiet gelegenen Wohngrundstücke sind durch die Straße "N. Weg" und die Straße "A." getrennt und befinden sich in einer Entfernung von über 100 m zu den Baugrenzen des Gewerbegebietes. Auch das Wohngebäude "D. Straße ..." befindet sich in einem Abstand von mindestens 40 m zum nächstgelegenen gewerblichen Gebäude. Mit etwa 25 m weist das Wohnhaus "N. Weg ..." die geringste Entfernung zu einer bebaubaren Fläche auf. Allerdings liegt diese Fläche insgesamt südlicher, so dass der räumliche Eindruck vom Wohngrundstück aus nach drei Seiten unverändert bleibt. Außerdem ist das Baufenster mit seiner schmalsten Seite zu dem Wohngebäude hin ausgerichtet.

f) Aus dem so genannten "Trennungsgebot" folgt nichts anderes. Nach diesem Gebot, das seinen normativen Ausdruck in der Vorschrift des § 50 Satz 1 BImSchG gefunden hat, muss eine Gemeinde, die ein Industrie- oder Gewerbegebiet ausweisen will, die Belange einer benachbarten Wohnbebauung in ihre Abwägung einstellen und im Rahmen einer sachgerechten Konfliktbewältigung dafür Sorge tragen, dass keine mit dem Wohnen unverträgliche Nutzung entsteht (BVerwG, Beschluss vom 07.07.2004 - 4 BN 16.04 - ZfBR 2005, 71). Diesem Gebot kommt ein Plangeber nach, wenn er bereits absehbare Konflikte einer Lösung zuführt und sicherstellt, dass weitere Konflikte nicht dauerhaft ungelöst bleiben. Eine darüber hinausgehende Bedeutung kommt dem geltend gemachten Trennungsgebot nicht zu.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 30.000,00 € - 15.000,00 € je grundstücksmäßiger Betroffenheit - festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, Stand Juli 2004, NVwZ 2004, 1324).