Brandenburgisches OLG, Urteil vom 14.11.2007 - 3 U 86/07
Fundstelle
openJur 2014, 17621
  • Rkr:
Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 30. März 2007 verkündete Urteil des Landgerichts Potsdam - 10 O 477/06 - wie folgt abgeändert:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, das Grundstück „Strandbad M.„ mit einer Fläche von 8.610 m², Flur 4, Flurstück 4/2 von M., in der nachfolgenden Kopie des Auszugs aus dem Liegenschaftskataster (Liegenschaftskarte) mit den Eckpunkten A, B, C und D gekennzeichnet, beräumt an die Klägerin herauszugeben.

II. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 8.000,00 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Als Sicherheit genügt die schriftliche unbedingte, unbefristete, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Prozessparteien streiten darüber, ob die Beklagten der Klägerin, einer brandenburgischen Großgemeinde, infolge wirksamer außerordentlicher Kündigung des Pachtvertrages vom 18. Juni 1998 in der Fassung der 1. Änderung vom 25. Juli 2002 (Kopie Anlage K1 = GA I 9 ff.) das Grundstück „Strandbad M.„ beräumt herauszugeben haben; der Beklagte zu 1) ist dessen Pächter und die Beklagte zu 2) betreibt auf dem Gelände die Strandgaststätte „Seehütte M.„. Zur näheren Darstellung des Tatbestandes und der erstinstanzlichen Prozessgeschichte wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).

Die Eingangsinstanz hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die von der Klägerin vorgetragenen Gründe rechtfertigten keine außerordentliche fristlose Kündigung des Pachtverhältnisses. Das landgerichtliche Urteil, auf das auch wegen der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, ist der Klägerin am 10. April 2007 – zu Händen ihrer erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten – zugestellt worden. Sie hat am 10. Mai 2007 mit anwaltlichem Schriftsatz Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit einen am 01. Juni 2007 per Telekopie bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen Anwaltsschriftsatz begründet.

Die Klägerin ficht das landgerichtliche Urteil – ihr bisheriges Vorbringen wiederholend und vertiefend – in vollem Umfange ihrer Beschwer an. Dazu trägt sie insbesondere Folgendes vor:

Entgegen der Auffassung der Eingangsinstanz sei die außerordentliche Kündigung des Pachtvertrages gerechtfertigt gewesen. Denn in diesem hätten die Partner mehrere Gründe für eine vorzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses durch einseitige Erklärung des Verpächters vereinbart, die hier einschlägig seien. Dass die Zahlungsfähigkeit des Beklagten zu 1) nach dem Willen der Parteien Voraussetzung für den Fortbestand des Pachtvertrages sein sollte, ergebe sich aus dessen § 11 Nr. 3; bei der erneuten Abgabe der eidesstattlichen Versicherung am 26. April 2006 habe der Beklagte zu 1) laut Protokoll (Kopie Anlage BB1 = GA I 133, 134) ausdrücklich erklärt, nicht zahlen zu können, also zahlungsunfähig zu sein. Es könne ihr, der Klägerin, nicht zugemutet werden, noch über Jahre an einen insolvenzreifen Vertragspartner gebunden zu bleiben, da in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen könne, sie würde zum Nachteil anderer Gläubiger mit dem Beklagten zu 1) Geschäfte machen. Die Zahlungen, die in der Vergangenheit von der Beklagten zu 2) als Dritter im Sinne von § 267 BGB auf die Pacht geleistet wurden, änderten daran nichts; eine Schuldübernahme sei weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart worden, so dass sie – die Klägerin – gegenüber der Beklagten zu 2) keine eigenen Zahlungsansprüche habe. Ein weiterer zur Kündigung berechtigender Grund sei die vertragswidrige Überlassung von Teilflächen an Camper. Dies sei vom vereinbarten Nutzungszweck nicht gedeckt; der Beklagte zu 1) habe damit gegen § 7 Nr. 1, § 8 Nr. 1 sowie § 9 Nr. 1 des Pachtvertrages verstoßen. Eine Wiederholungsgefahr, die ohnehin nicht Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung sei, habe die Zivilkammer zu Unrecht verneint. Dass im Räumungsprozess Kündigungsgründe nachgeschoben werden dürfen, sei allgemein anerkannt. Unabhängig davon rechtfertige bereits die verspätete Zahlung der Trinkwasseranschlusskosten ihre – der Klägerin – Kündigung. Es liege ein erheblicher Verstoß gegen § 6 Nr. 1 des Pachtvertrages vor; die Forderung habe sich auf € 725,55 belaufen und bei dem monatlichen Nutzungsentgelt hätte schon ein Rückstand mit € 180,01 für eine außerordentliche Kündigung genügt. Die Widerspruchsschreiben seien vom Beklagten zu 1) offenbar nur deshalb verfasst worden, weil er sich in Vermögensverfall befunden habe. Eine klageweise Durchsetzung des Anspruchs sei deshalb aussichtslos gewesen. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des in dem § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB enthaltenen Rechtsgedankens lägen nicht vor; der Beklagte zu 1) habe erst nach der Kündigung gezahlt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten zu verurteilen, das Grundstück „Strandbad M.„ mit einer Fläche von 8.610 m², Flur 4, Flurstück 4/2 von M., gemäß dem als Anlage K17 (GA I 42) der Klageschrift eingereichten, farblich markierten Auszug aus dem Liegenschaftskataster, beräumt an sie – die Klägerin – herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen – ebenfalls unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens – das erstinstanzliche Urteil. Dazu tragen sie insbesondere Folgendes vor:

Die Vertrauensgrundlage, auf der das – von den Parteien wirksam befristete – Pachtverhältnis beruhe, sei nicht zerstört. Der Beklagte zu 1) habe in der Vergangenheit die geschuldete Pacht regelmäßig gezahlt und könne dies – mit Unterstützung der Beklagte zu 2) – auch in Zukunft tun. Von der ersten Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung habe die Klägerin – was unstreitig ist – schon erheblich früher erfahren und dies nicht zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung genommen. Die Zahlung der Wasseranschlusskosten sei von ihnen, den Beklagten, nicht generell verweigert worden; sie hätten lediglich mehr Zeit erbeten, um die Forderung nach Grund und Höhe prüfen zu können. Auf das Verhältnis, in dem die Einzelforderung und die periodischen Zahlungen ihrem Umfang nach zueinander stünden, komme es hier nicht an. Dass kein unzulässiges Dauercampen vorgelegen habe, sei von der Zivilkammer zu Recht angenommen worden. Sie, die Beklagten, hätten für die Klägerin einen nicht zu unterschätzenden Kultur- und Wirtschaftsfaktor im räumlichen Umfeld geschaffen, so dass kein Grund für die Annahme bestehe, die Klägerin könne bei einer Fortsetzung des Pachtverhältnisses gegenüber Dritten in schlechtem Licht erscheinen.

Wegen der näheren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie der bisherigen Prozessgeschichte wird ergänzend auf die Schriftsätze beider Parteien nebst Anlagen, auf sämtliche Terminsprotokolle und auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen. In der Berufungsverhandlung wurde die Sach- und Rechtslage mit den Parteien detailliert erörtert. Am 01. November 2007 ist ein – nicht nachgelassener – anwaltlicher Schriftsatz der Beklagten vom 30. Oktober 2007 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen (GA I 185 ff.).

II.

A. Die Berufung der Klägerin ist zulässig; sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517 ff. ZPO). Auch in der Sache selbst hat das Rechtsmittel Erfolg. Es führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung und zur antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten. Die Klägerin, deren Aktivlegitimation zwischen den Parteien unstreitig ist und die bereits am 25. Juli 2002, als die 1. Änderung zum Pachtvertrag vereinbart wurde (Kopie GA I 14), als – damals noch amtsangehörige – Großgemeinde existierte (vgl. dazu die Bekanntmachung des Ministeriums des Innern des Landes Brandenburg vom 08. Januar 2002 über die Bildung der neuen Gemeinde M., ABl. BB 2002, 43), kann von beiden Beklagten als Gesamtschuldnern die Herausgabe des streitgegenständlichen Grundstücks „Strandbad M.„ in beräumtem Zustand verlangen. Der Anspruch ergibt sich gegenüber dem Beklagten zu 1) aus § 546 Abs. 1 i.V.m. § 581 Abs. 2 BGB und gegenüber der Beklagten zu 2) aus § 546 Abs. 2 i.V.m. § 581 Abs. 2 BGB. Zudem steht der Klägerin – im Verhältnis zu beiden Beklagten – der dingliche Herausgabeanspruch gemäß § 985 BGB zu. Ein Recht zum Besitz der Liegenschaft haben die Beklagten nicht mehr, weil das Pachtverhältnis – wie unten näher auszuführen sein wird – durch die außerordentliche fristlose Kündigung, die von der Klägerin mit Schreiben vom 22. Juni 2006 (Kopie Anlage K9 = GA I 24 f.) erklärt worden ist, sein Ende gefunden hat. Der Senat kommt – anders als das Landgericht – unter Abwägung aller Umstände zu dem Ergebnis, dass im Streitfall ein wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB zu bejahen ist. Im Einzelnen gilt Folgendes:

1. Da die Beklagte zu 2), deren Passivlegitimation durch das Landgericht zutreffend bejaht worden ist (LGU 5 f.), ein Recht zum Besitz lediglich vom Beklagten zu 1) abzuleiten vermag, kommt es für die Entscheidung des vorliegenden Streitfalles allein darauf an, ob das Pachtverhältnis, das durch den Vertrag vom 18. Juni 1998 (Kopie Anlage K1 = GA I 9 ff.) mit dem Beklagten zu 1) begründet und durch die Änderungsvereinbarung vom 25. Juli 2002 hinsichtlich § 5 modifiziert wurde, noch fortbesteht. Die Formalien der klägerischen Kündigungserklärung vom 22. Juni 2006 (Kopie Anlage K9 = GA I 24 f.) sind nicht zu beanstanden. Eine außerordentliche fristlose Kündigung, wie sie hier ausgesprochen wurde, wirkt – wenn ein wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegt – sofort; die nachträgliche Erklärung der Klägerin im Schreiben vom 14. Juli 2006 (Kopie Anlage K13 = GA I 31 f.), wonach die Kündigung zum Saisonende am 15. September 2006 gelten solle, war weder erforderlich noch vermochte sie an der – bereits eingetretenen – rechtsgestaltenden Wirkung des Kündigungsschreibens vom 22. Juni 2006 etwas zu ändern. Dass die Klägerin einer stillschweigenden Verlängerung des Pachtverhältnisses nach § 545 i.V.m. § 581 Abs. 2 BGB in ihrer Kündigungserklärung nicht ausdrücklich widersprochen hat, erweist sich als unschädlich. Denn einer solchen ist ein konkludenter Widerspruch zumindest dann immanent, wenn darin – wie hier – explizit Gründe genannt werden, aus denen sich nach Auffassung des Kündigenden die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses ergibt (vgl. dazu Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 9. Aufl., Rdn. 788, m.w.N.). Unabhängig davon hat die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 14. Juli 2006 zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass sie an ihrer Kündigungserklärung festhält und die Rückgabe des Objekts am 29. September 2006 verlangt; dies geschah genau 14 Tage, nachdem die Beklagten mit ihrem Schreiben vom 30. Juni 2006 (Kopie Anlage K10 = GA I 26) der Kündigung widersprochen hatten, so dass die Frist gemäß § 545 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 BGB auch hierdurch gewahrt wäre, wenn es – was allerdings nicht zutrifft – darauf ankäme.

2. Hinsichtlich der einzelnen Kündigungsgründe, die von der Klägerin geltend gemacht werden und auf die es somit streitentscheidend ankommt, verhält es sich wie folgt:

a) Der Umstand, dass der Beklagte zu 1) am 26. April 2006 vor der Obergerichtsvollzieherin R. zum Aktenzeichen 3 DR II 302/06 eine erneute eidesstattliche Versicherung abgegeben hat (Protokoll in Kopie Anlage BB1 = GA I 133), vermag – für sich genommen – die außerordentliche Kündigung des Vertragsverhältnisses nicht zu rechtfertigen. In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob – was allerdings sehr fraglich erscheint – die Erklärung des regelmäßig auf die Begleichung einer ganz bestimmten, titulierten Forderung angesprochenen Schuldners gegenüber dem Gerichtsvollzieher, nicht zahlen zu können, ohne weiteres mit dem Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO gleichzusetzen ist, wie offenbar die Klägerin meint (GA I 126, 127). Nicht zumutbar im Sinne von § 11 Nr. 3 des Pachtvertrages ist ihr eine Vertragsfortsetzung jedenfalls nur dann, wenn die Zahlungsunfähigkeit des Beklagten zu 1) als solche konkrete negative Auswirkungen auf das streitgegenständliche Pachtverhältnis hat. Dafür ergeben sich jedoch aus dem vorgetragenen Tatsachenstoff keine hinreichenden Anhaltspunkte. Wie es mit den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten zu 1) bestellt ist, weiß die Klägerin – unstreitig – spätestens seit dem Frühjahr 2003, als er die erste eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Konsequenzen für den Fortbestand des Pachtvertrages sind von der Klägerin daraus – innerhalb einer angemessenen Frist (arg. § 314 Abs. 3 BGB) – nicht gezogen worden. Das periodische geschuldete Nutzungsentgelt ist nachfolgend – mit Hilfe der Beklagten zu 2) – stets pünktlich gezahlt worden. Einklagbar waren Entgeltforderungen aus dem streitgegenständlichen Pachtvertrag gegenüber der Beklagten zu 2) zu keiner Zeit. Warum die Klägerin meint, nach Abgabe der zweiten eidesstattlichen Versicherung durch den Beklagten zu 1) in der Öffentlichkeit in schlechtem Lichte zu erscheinen, wenn sie das Vertragsverhältnis fortsetzt, hat sie nicht mit Tatsachen untermauert. Die Annahme, andere Gläubiger würden benachteiligt, entbehrt somit jeder Grundlage; die Zahlungen erfolgen – was zwischen den Parteien außer Streit steht – gemäß § 267 Abs. 1 Satz 1 BGB durch die Beklagten zu 2) als Dritte.

16b) Anders verhält es sich hingegen, soweit der Beklagte zu 1) die Trinkwasseranschlusskosten in Höhe von € 725,55 nicht beglichen hat. Zwar fallen Einmalzahlungen dieser Art, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat (LGU 7 f.), nicht unter § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB; dort wird ersichtlich auf periodisch zu erbringende Leistungen des Mieters beziehungsweise Pächters abgestellt. Aus dem gleichen Grunde hilft der Klägerin im Streitfall auch die Kündigungsregelung gemäß § 11 Nr. 2 i.V.m. § 5 Nr. 4 Satz 2 des Pachtvertrages nicht unmittelbar weiter. Die Zivilkammer hätte aber ferner prüfen müssen, ob ein sonstiger – nicht beispielhaft aufgezählter – wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegt, der die Klägerin gemäß § 11 Nr. 2 des Pachtvertrages respektive § 543 Abs. 1 Satz 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Das ist zu bejahen.

aa) Als unzutreffend erweist sich bereits die Annahme, die Trinkwasseranschlusskosten seien lediglich verspätet gezahlt worden. Der Beklagte zu 1) hat vielmehr in drei Schreiben – dem vom 15. Mai 2006 (Kopie Anlage K3 = GA I 16), dem vom 22. Mai 2006 (Kopie Anlage K4 = GA I 17) und dem vom 06. Juni 2006 (Kopie Anlage K7 = GA I 21) – die Übernahme der Kosten ausdrücklich verweigert, weil er meinte, diese seien von der Klägerin als Verpächterin zu tragen. Das war offensichtlich unrichtig: In § 6 Nr. 1 des Pachtvertrages werden Beiträge zu den Wasser- und Bodenverbänden beispielhaft explizit erwähnt; zudem hatte die Klägerin den Beklagten zu 1) schon im ersten Anschreiben vom 21. April 2006 (Kopie Anlage K2 = GA I 15), mit dem ihm der Kostenbescheid zwecks Begleichung übersandt wurde, darauf hingewiesen, was unter öffentlichen Abgaben im Sinne von § 1 Abs. 1 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG BB) zu verstehen ist. Offenbar nach anwaltlicher Beratung hat der Beklagte zu 1) dann – mit vorgerichtlichem Schreiben vom 06. Juli 2006 (Kopie Anlage K11 = GA I 27) – der Klägerin bestätigt, den Ausgleich der Trinkwasseranschlusskosten zu schulden, und die vorbehaltlose Zahlung veranlasst. Das geschah allerdings zu spät. Denn die Klägerin hatte dem Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 31. Mai 2006 (Kopie Anlage K5 = GA I 18) – unter Kündigungsandrohung – eine Zahlungsfrist bis zum 09. Juni 2006 gesetzt, die ungenutzt verstrich. Soweit darin von 2005 die Rede ist, handelt es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler, der sich als unschädlich erweist. Dem in Kopie bei den Gerichtsakten befindlichen Schriftwechsel kann – entgegen dem Vorbringen der Beklagten in der Berufungserwiderung (GA I 156, 159) – keineswegs entnommen werden, sie hätten lediglich darum gebeten, ihnen Zeit einzuräumen, um die Forderung nach Grund und Höhe zu prüfen. Vielmehr antwortete der Beklagte zu 1) der Klägerin auf die Nachfristsetzung nebst Kündigungsandrohung unter dem 06. Juni 2006 mit einer Zahlungsverweigerungserklärung und stellte seinerseits der stellvertretenden Bürgermeisterin sowie der Leiterin der Bauverwaltung „eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen ‚Nötigung im Amt’„ in Aussicht (Kopie Anlage K7 = GA I 21). Dass dieses Schreiben, wie der Beklagte zu 1) in der Berufungsverhandlung geltend gemacht hat, lediglich Ausdruck augenblicklicher Verärgerung gewesen sei, findet weder im Wortlaut der Urkunde noch sonst in dem Sachverhalt, der dem Senat unterbreitet wurde, eine Stütze. Danach erscheint es eher als ein starkes Indiz für eine tiefgreifende Zerrüttung der Beziehungen zwischen den Parteien und einen deutlichen Vertrauensverlust auf beiden Seiten. Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 22. Juni 2006 – also noch vor Ankündigung und Eingang der Zahlung – die außerordentliche fristlose Kündigung des streitgegenständlichen Pachtverhältnisses erklärt.

bb) Die Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) ist unter den im Streitfall gegebenen Umständen von erheblicher Schwere; dass die Beklagten in größerem Umfange Investitionen in das Grundstück getätigt haben mögen, ändert daran nichts. Die Klägerin war darauf angewiesen, dass der Beklagte zu 1) – wie bisher geschehen – mit externer Hilfe die Leistung freiwillig erbringt: Ein direkter Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu 2) stand der Klägerin nicht zu und eine Titulierung der Schuld gegenüber dem Beklagten zu 1) erschien wirtschaftlich sinnlos, nachdem er erst vor kurzem – zum zweiten Male – die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte. Es war der Klägerin nicht zuzumuten, sich an einem – regulär noch rund zwölf Jahre dauernden – Pachtverhältnis festhalten zu lassen, in dem der Pächter zwar bislang – mit Unterstützung Dritter – die periodisch zu entrichtenden Beträge geleistet hatte, aber mit dem Ausgleich von geschuldeten Einmalzahlungen, die der Beklagte zu 1) für unbegründet hielt, nicht gerechnet werden konnte. Dass er sich – nach dem Zugang der Kündigungserklärung – anwaltlich beraten lässt und zu besserer Einsicht gelangt, war bei Ausspruch der Kündigung nicht abzusehen. Mit € 725,55 lag der Betrag, worauf die Klägerin zutreffend hinweist, deutlich über dem, was die Parteien in § 5 Nr. 4 Satz 2 i.V.m. § 11 Nr. 2 Satz 2 des Pachtvertrages als kündigungsbegründenden Rückstand bei periodisch zu erbringenden Zahlungen vereinbart haben. Der Kündigungsgrund besteht, anders als der Beklagte zu 1) bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der Berufungsverhandlung hat anklingen lassen, keineswegs darin, dass von ihm lediglich eine Rechtsmeinung geäußert wurde, die sich später als unzutreffend herausgestellt hat. Ob eine vertragliche Pflichtverletzung vorliegt, wie hier die Nichtzahlung von geschuldeten Einmalbeträgen, beurteilt sich nach rein objektiven Gesichtspunkten. Selbst auf deren Schwere hat das individuelle Verschulden nicht den entscheidenden Einfluss. Erst recht kommt es nicht darauf an, ob sich der Mieter oder Pächter dessen bewusst ist, dass sein Verhalten möglicherweise einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses darstellt. Dass die Klägerin einen solchen für gegeben hält, hat sie mit ihrem Schreiben vom 31. Mai 2006 (Kopie Anlage K5 = GA I 18) unmissverständlich erklärt. Auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum kann sich der Beklagte zu 1) im Streitfall nicht berufen: Der Wortlaut von § 6 Nr. 1 des Pachtvertrages ist ebenso eindeutig wie der – wiederholte – Hinweis der Klägerin auf § 1 Abs. 1 KAG BB. Dies alles hätte dem Beklagten zu 1) Anlass sein müssen, rechtlichen Rat einzuholen, bevor er die Zahlungsverweigerung erklärt. Zudem stand ihm die Möglichkeit offen, zunächst unter Vorbehalt zu leisten und anschließend die Rechtsfragen, die sich für ihn stellten, klären zu lassen., gegebenenfalls auch gerichtlich.

c) Angesichts dessen kann letztlich dahinstehen, ob auch die – offenbar nur kurzfristige – Überlassung von Teilflächen des Objekts an Camper durch den Beklagten zu 1) eine außerordentliche fristlose Kündigung des Pachtverhältnisses rechtfertigen würde. Gewiss war dies vom Vertragszweck, dem Betrieb eine Strandbades mit Bootsausleihe und gastronomischer Einrichtung (§ 1 Pachtvertrag), nicht gedeckt. Ein Camping- und Zeltplatz ist etwas anderes als ein Strandbad, auch wenn sich beides in Erholungsgebieten nicht selten in räumlicher Nähe zueinander befindet. Dennoch wird die Schwere dieser Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) von der Klägerin überbewertet. Ihrem Sachvortrag ist weder zu entnehmen, dass damit eine Änderung des Nutzungszwecks des gesamten Grundstücks und der Gaststätte nach dem Verständnis von § 7 Nr. 1 des Pachtvertrages verbunden war, noch gibt es Anhaltspunkte für eine – bauliche – Änderung des Pachtgegenstandes oder seiner Teile, wie sie § 8 Nr. 1 des Pachtvertrages regelt. Dass der Beklagte zu 1) beispielsweise Standflächen für Zelte und Wohnwagen befestigt oder Wasser- und Elektroleitungen verlegt hätte, behauptet die Klägerin nicht. Auch von der Überlassung wesentlicher Teile des Grundstücks an Dritte, die nach § 9 Nr. 1 des Pachtvertrages ausdrücklich verboten ist, kann keine Rede sein, wenn auf einer Gesamtfläche von 8.610 m² ein oder zwei Zelte beziehungsweise Wohnwagen stehen. Die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass die vorherige Anfrage des Beklagten zu 1) „eine bedürftige Familie aus Berlin (betraf), die gerne einige Tage Campingurlaub im Strandbad machen woll(t)e„ (GA I 78, 81). Angesichts dessen spricht Vieles dafür, dass einer außerordentlichen Kündigung gemäß § 543 Abs. 3 Satz 1 BGB eine Abmahnung hätte vorausgehen müssen, an der es fehlt. Das vorherige Gespräch zwischen dem Beklagten zu 1) und dem klägerischen Fachbereichsleiter II (Ordnung und Bau), A. B., in dem es offenbar vornehmlich um öffentlich-rechtliche Fragen ging, machte eine solche schon deshalb nicht entbehrlich, weil offen bleibt, ob der Fachbereichsleiter als rechtsgeschäftlicher Vertreter der Klägerin und nicht allein in seiner öffentlich-rechtlichen Funktion tätig geworden ist. Jedenfalls kann eine Kündigungserklärung, die mit Schreiben vom 22. Juni 2006 ausgesprochen worden noch im selben Monat zugegangen ist, nicht auf Ereignisse gestützt werden, die sich Anfang Juli 2006 zugetragen haben. Denn „nachgeschoben„ werden dürfen nur solche Gründe, die bei Ausspruch der Kündigung schon vorhanden waren, nicht aber erst später entstandene (vgl. Wolf/Eckert/Ball aaO Rdn. 891, m.w.N.).

3. Soweit eine gesamtschuldnerische Verurteilung beider Beklagten erfolgt, geschieht dies lediglich zum Zwecke der Klarstellung und ist nicht mit einer partiellen Klageabweisung verbunden; in erster Instanz hatte die Klägerin die samtverbindliche Haftung der Beklagten in ihrem Räumungs- und Herausgabeantrag, den sie im Berufungsrechtszug – ersichtlich ohne inhaltliche Änderungen – weiter verfolgt, noch ausdrücklich erwähnt (GA I 2, GA I 88, 89 und LGU 5). Der jeweilige Pächter und der Dritte, dem Ersterer den Gebrauch überlassen hat, sind nach der ganz herrschenden Meinung, die der Senat in ständiger Rechtsprechung teilt, anders als bloße Mitbesitzer im Allgemeinen (vgl. dazu Palandt/Bassenge, BGB, 66. Aufl., § 866 Rdn. 7, m.w.N.), mit Blick auf die Rückgabepflicht im Verhältnis zum Vermieter beziehungsweise Verpächter Gesamtschuldner (den Mietvertrag betreffend vgl. Jauernig/Teichmann, BGB, 10. Aufl., § 546 Rdn. 3; Palandt/Weidenkaff aaO, § 546 Rdn. 21). Eine Gebrauchsüberlassung an Dritte im Sinne des Gesetzes liegt unabhängig davon vor, ob der Mieter oder Pächter demjenigen, der nicht Vertragspartner ist, den Besitz ganz oder nur teilweise überlassen hat, ob er ihm den Alleingebrauch oder lediglich einen selbstständigen oder unselbständigen Mitgebrauch ermöglicht und ob dies mit oder ohne Einverständnis des Vermieters oder Verpächters geschehen ist (vgl. dazu Palandt/Weidenkaff aaO, § 540 Rdn. 4 i.V.m. § 546 Rdn. 20, m.w.N.).

21B. Der – nicht nachgelassene – Anwaltsschriftsatz der Beklagten vom 30. Oktober 2007 gibt dem Senat keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 Abs. 1 ZPO). Die Voraussetzungen, unter denen sie gemäß § 156 Abs. 2 ZPO zwingend wieder zu eröffnen ist, liegen im Streitfall nicht vor. Sollte der Beklagte zu 1) nunmehr in Zweifel ziehen wollen, dass die Trinkwasseranschlusskosten unter § 6 Nr. 1 des Pachtvertrages fallen, würde es sich um ein neues Verteidigungsmittel handeln, das nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgebracht werden kann (§ 296a Satz 1 i.V.m. § 525 Satz 1 ZPO) und im Übrigen auch gemäß § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO präkludiert wäre. Unabhängig davon teilt der Senat solche Bedenken nicht, Zahlungsbescheide von Wasser- und Bodenverbänden ergeben in aller Regel gegenüber dem jeweiligen Grundstückseigentümer, der die ihm dadurch entstehenden Kosten auf vertraglicher Grundlage – ebenso wie andere Nebenkosten – auf den Mieter oder Pächter abwälzen kann. Wäre dieser selbst Adressat der Bescheide, bedürfte es rechtsgeschäftlicher Absprachen, wie sie hier in § 6 Nr. 1 des Pachtvertrages enthalten sind, nicht. Dass im Außenverhältnis zum jeweiligen Leistungserbringer allein der Vermieter oder Verpächter zahlungsverpflichtet ist, stellt ein Charakteristikum der Nebenkostenumlage dar. Einen Grund, gegen den streitgegenständlichen Bescheid des Wasser- und Bodenverbandes Rechtsmittel einzulegen, hat die Klägerin offensichtlich nicht gesehen; auch die Beklagten tragen dazu nichts vor. Der Beklagte zu 1) hat die Zahlung gegenüber der Klägerin vorgerichtlich keineswegs etwa deshalb verweigert, weil in Wirklichkeit kein Trinkwasserhausanschluss gelegt wurde oder die angesetzten Kosten zu hoch seien, sondern sich allein darauf berufen, dass diese Kosten – mangels entsprechender Vereinbarung – im Rahmen des Pachtverhältnisses nicht umgelegt werden dürften. Diese Ansicht, die, wie schon oben ausgeführt wurde, ersichtlich unzutreffend ist, hat der Beklagte zu 1) dann – zu Recht – bereits vorgerichtlich wieder aufgegeben.

C. Die Entscheidung über die Kosten des Rechtstreits findet ihre Grundlage in § 91 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Demnach haben die Beklagten als unterliegende Partei die Prozesskosten zu tragen. Ihre solidarische Haftung für die Kostenerstattung folgt der gesamtschuldnerischen Verurteilung in der Hauptsache. Selbst wenn man zu dem Ergebnis käme, dass diese – wovon der Senat, wie bereits oben im Abschn. II A erörtert worden ist, nicht ausgeht – eine partielle Klageabweisung einschließt, so würde sich an der Kostenverteilung im Ergebnis nichts ändern, weil dann § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO einschlägig wäre. Danach kann das Gericht der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn die Zuvielforderung der anderen verhältnismäßig geringfügig war und keine oder lediglich geringfügig höhere Kosten veranlasst hat.

D. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des vorliegenden Urteils folgt aus § 708 Nr. 10 sowie § 711 Satz 1 ZPO. Art und Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt der Senat nach § 108 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Berücksichtigung der in § 108 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in § 239 Abs. 2 BGB enthaltenen Rechtsgedanken.

E. Die Revision wird vom Senat nicht zugelassen, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen nach § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.V.m. § 133 GVG fehlt. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes als Revisionsgericht. Das Berufungsurteil beruht im Kern auf einer Würdigung der Umstände des Einzelfalles.

F. Der Gebührenstreitwert für den zweiten Rechtszug beträgt gemäß § 41 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG € 2.160,00 (Jahrespacht).