LAG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.05.2008 - 10 Ta 64/08
Fundstelle
openJur 2012, 134941
  • Rkr:
Tenor

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13. März 2008, Az.: 2 Ca 1817/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über einen Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage.

Der Kläger (geb. am ... 1969, ledig, ein Kind) ist seit dem 01.07.2005 bei der Beklagten als Reinigungshelfer zu einem Bruttomonatslohn von € 1.450,00 beschäftigt. Die Beklagte beschäftigt mehr als zehn Arbeitnehmer i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes; es besteht ein Betriebsrat.

Der Kläger begab sich am 28.11.2007 in stationäre Krankenhausbehandlung. Mit Schreiben vom 12.12.2007, das dem Kläger am 14.12.2007 zugegangen ist, bat die Beklagte unter Bezugnahme auf eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2007 um Rückzahlung des Restbetrages aus einem Arbeitgeberdarlehen.

Der Kläger suchte am 18.12.2007 seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten auf, dem eine Angestellte der Beklagten auf telefonische Rückfrage erklärte, die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 23.11.2007 (Bl. 27 d. A.) fristlos gekündigt.

Mit Klageschrift vom 21.12.2007, die am gleichen Tag beim Arbeitsgericht eingegangen ist, hat der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht,

2. hilfsweise, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die seitens der Beklagten mit Schreiben vom 23.11.2007 ausgesprochene Kündigung nicht beendet worden ist oder beendet wird,

3. vorsorglich für den Fall, dass er in Ansehung der Kündigung vom 23.11.2007 die Klagefrist versäumt haben sollte, die Kündigungsschutzklage nachträglich zuzulassen.

In der am 28.12.2007 nachgereichten eidesstattlichen Versicherung vom 27.12.2007 (Bl. 15 d. A.) führte der Kläger aus, er habe am 14.12.2007 erstmals erfahren, dass das Arbeitsverhältnis von der Beklagten zum 30.11.2007 gekündigt worden sein soll. Ein Kündigungsschreiben habe er nicht erhalten. Er habe seinen Briefkasten täglich geleert. Ab dem 28.11.2007 (Beginn seines Krankenhausaufenthaltes) habe dies Frau F. übernommen. Weder er (bis zum 27.11.) noch Frau F. (ab dem 28.11.) hätten in seinem Briefkasten ein Kündigungsschreiben vorgefunden. Um auszuschließen, dass ein Kündigungsschreiben übersehen oder versehentlich mit dem Altpapier (Zeitungen, Prospekte etc.) entsorgt worden sei, habe er am 18.12.2007 gemeinsam mit Frau F. die in seiner Wohnung befindlichen Altpapiersammeltüten sorgfältig durchsucht. Das dort befindliche Altpapier habe in zeitlicher Hinsicht bis mindestens Anfang November 2007 zurückgereicht. Auch hierbei habe er ein Kündigungsschreiben nicht finden können. Frau F. hat diese Angaben in ihrer eidesstattlichen Versicherung vom 27.12.2007 (Bl. 16 d. A.) bestätigt.

Die Beklagte hat in ihrem Antrag auf Klageabweisung und Zurückweisung des Begehrens auf nachträgliche Zulassung der Klage vorgetragen, das Kündigungsschreiben vom 23.11.2007 sei vom Zeugen M. F., einem Zusteller des Briefzustelldienstes der Inhaberin C. N., am 26.11.2007 in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen worden.

Das Arbeitsgericht hat über diese Behauptung Beweis erhoben, durch Vernehmung des Zeugen M. F.. Wegen des Inhalts der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 13.03.2008 (Bl. 51-55 d. A.) Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 13.03.2008 (Bl. 56-59 d. A.) hat das Arbeitsgericht den Antrag des Klägers auf nachträgliche Klagezulassung zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe die Klagefrist versäumt, weil ihm das Kündigungsschreiben vom 23.11.2007 am 26.11.2007 zugestellt worden sei. Dies stehe aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen M. F. fest. Da das Kündigungsschreiben nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme am 26.11.2007 durch Einwurf in den Hausbriefkasten in den Machtbereich des Klägers gelangt sei, sei die fehlende Kenntnisnahme nicht unverschuldet im Sinne des § 5 KSchG.

Der Kläger hat gegen diesen Beschluss, der ihm am 26.03.2008 zugestellt worden ist, mit am 09.04.2008 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Er macht im Wesentlichen geltend, ihm sei das Kündigungsschreiben vom 23.11.2007 nicht zugegangen. Die Aussage des Zeugen F. sei nicht geeignet, den tatsächlichen Zugang zu beweisen. Seine Aussage sei in hohem Maße unglaubhaft. Sein Briefkasten sei nicht mit der Namensaufschrift " A.", sondern nur mit der Aufschrift "A." beschriftet. Es sei mehr als auffällig und bedenklich, dass der Zeuge, der sich in einer auffälligen Weise an zahllose Details der Zustellung habe erinnern können, gerade die für die Zustellung eines Schriftstücks wesentliche Beschriftung des Briefkastens falsch angegeben habe. In dem offensichtlichen Bemühen, seine Aussage besonders glaubhaft erscheinen zu lassen, habe der Zeuge angegeben, dass er zunächst das im Briefkasten befindliche Werbematerial herausgeholt, dann den Brief eingeworfen und danach das Werbematerial wieder eingesteckt habe. Dies könne nicht zutreffen. Der Zeuge hätte wegen der Form, Tiefe und Größe seines Briefkastens kein Werbematerial von außen herausnehmen können. Es komme hinzu, dass sich am fraglichen Tag überhaupt kein Werbematerial im Briefkasten befunden habe. Dies könne die Zeugin F. bestätigen, die ihn während seiner Arbeitsunfähigkeit jeden Tag mehrfach besucht und betreut habe. Sie habe bei jedem Zutritt zum Haus den Briefkasten kontrolliert und etwa darin befindliche Unterlagen mit in seine Wohnung genommen. Die Zeugin habe hierbei weder in nennenswertem Umfang Werbematerial noch ein Schreiben der Beklagten, insbesondere kein Kündigungsschreiben, im Briefkasten vorgefunden. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte kein seriöses Unternehmen wie die Deutsche Post AG, sondern den Zustelldienst "C. N." eingeschaltet habe. Bei diesem Zustelldienst handele es sich nicht um den großen und angesehenen Zustelldienst "Mail 24", dessen Formularen sich der Zustelldienst "C. N." bediene. Der Zeuge F. habe nicht über deren Firmenanschrift geladen werden können und habe schließlich über die Beklagte selbst geladen werden müssen. Auch der Umstand, dass der Zeuge dort "gefälligkeitshalber" arbeite und ihn die Inhaberin mit ihrem Pkw zur Zustellung beim Kläger gefahren haben will, belege nachhaltig, wie qualifiziert und professionell dieser Zustelldienst organisiert sei. Werde schließlich noch der im Beschluss des Arbeitsgerichts angesprochene Hinweis auf einen in gleichartiger Weise dubiosen Zustellfall berücksichtigt, bestünden erst recht durchgreifende bzw. geradezu zwingende Zweifel an dem von der Beklagten behaupteten ordnungsgemäßen Zugang des Kündigungsschreibens. Wenn die Beschwerdekammer gleichwohl zu dem Ergebnis kommen sollte, dass das Kündigungsschreiben am 26.11.2007 in seinen Briefkasten eingeworfen worden sei, sei jedenfalls seinem Antrag auf nachträgliche Zulassung stattzugeben. Er sei aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen gehindert gewesen, vom Kündigungsschreiben Kenntnis zu nehmen. Er habe regelmäßig, sogar mehrfach täglich, seinen Briefkasten geleert bzw. leeren lassen und alle im Briefkasten befindlichen Unterlagen sorgfältig durchgesehen. Ein Kündigungsschreiben habe er nicht vorgefunden. Hieraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass das Schreiben - von wem auch immer, auf welche Weise auch immer und aus welchen Gründen auch immer - wieder aus dem Briefkasten herausgenommen worden sein müsse und aus diesem Grunde nicht zu seiner Kenntnis gelangt sei.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt, insbesondere auch auf den Schriftsatz der Beklagten vom 02.05.2008 (Bl. 85 ff. d. A.), Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft. Sie ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.

1. Der Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde steht nicht entgegen, dass § 5 KSchG durch Art. 3 des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I, S. 447) mit Wirkung ab 01.04.2008 geändert worden ist.

Nach der bis zum 31.03.2008 geltenden Rechtslage hatte die Kammer des Arbeitsgerichts über einen Antrag nach § 5 KSchG vorab ohne mündliche Verhandlung (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KSchG a.F.) durch Beschluss zu entscheiden. Gegen diesen Beschluss war die sofortige Beschwerde (§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG a.F.) statthaft. Hierüber hatte das Landesarbeitsgerichts ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden (§ 78 Satz 3 ArbGG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts war die Rechtsbeschwerde nicht statthaft (z.B.: BAG Beschluss vom 20.08.2002 - 2 AZB 16/02 - AP Nr. 14 zu § 5 KSchG 1969).

Nach der am 01.04.2008 in Kraft getretenen Neuregelung ist nunmehr der Antrag auf nachträgliche Zulassung mit dem Verfahren über die Klage zu verbinden (§ 5 Abs. 4 Satz 1 KSchG n.F.). Das Arbeitsgericht kann das Verfahren zunächst auf die Verhandlung und Entscheidung über den Antrag auf nachträgliche Zulassung beschränken (§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG n.F.). In diesem Fall ergeht die Entscheidung durch Zwischenurteil, das wie ein Endurteil angefochten werden kann (§ 5 Abs. 4 Satz 3 KSchG n.F.). Das Landesarbeitsgericht hat über die Entscheidungen des Arbeitsgerichts (Endurteil oder Zwischenurteil) ebenfalls durch Urteil zu entscheiden, gegen das - unter den Voraussetzungen des § 72 Abs. 1 ArbGG - die Revision statthaft ist.

Die Neuregelung findet im vorliegenden Fall (noch) keine Anwendung.

Die Anwendbarkeit neuer Prozessgesetze auf anhängige Rechtsstreitigkeiten richtet sich in erster Linie nach den vom Gesetzgeber - regelmäßig in Gestalt von Überleitungsvorschriften - getroffenen positiven Regelungen. Soweit diese fehlen, erfassen Änderungen des Prozessrechts nach den Grundsätzen intertemporalen Verfahrensrechts im Allgemeinen auch schwebende Verfahren. Diese sind daher mit dem Inkrafttreten des Änderungsgesetzes grundsätzlich nach neuem Recht zu beurteilen, soweit es nicht um unter der Geltung des alten Rechts abgeschlossene Prozesshandlungen und abschließend entstandene Prozesslagen geht. Abweichendes kann sich auch aus dem Sinn und Zweck der betreffenden Vorschrift oder aus dem Zusammenhang mit anderen Grundsätzen des Prozessrechts ergeben (vgl. z.B. BGH Beschluss vom 24.10.2007 - IV ZR 12/07 - MDR 2008, 159, BGH Beschluss vom 28.02.1991 - III ZR 53/90 - NJW 1991, 1686, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Das SGGArbGG-Änderungsgesetz ist am 01.04.2008, also nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses (26.03.2008) und vor Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist in Kraft getreten. Eine Übergangsregelung fehlt. Die gesetzliche Neuregelung, die bei Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses am 26.03.2008 noch nicht in Kraft getreten war, findet keine Anwendung.

Nach anderer Ansicht (Francken/ Natter/ Rieker, Die Novellierung des Arbeitsgerichtsgesetzes und des § 5 KSchG, NZA 2008, 377 ff.) scheidet eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Beschlusswege aus. Das Verfahren sei vielmehr in die richtige Bahn zu lenken. Es spreche alles dafür, dass das Verfahren in der Weise fortzuführen sei, als habe das Arbeitsgericht im Vorabverfahren durch Zwischenurteil über den Antrag auf nachträgliche Klagezulassung entschieden.

Dieser Auffassung folgt die Beschwerdekammer nicht. Das Arbeitsgericht hat am 13.03.2008 nach bisherigem Recht verfahrensrechtlich fehlerfrei über den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage durch Beschluss entschieden. Dies ist eine unter Geltung des alten Rechts abschließend entstandene Prozesslage. Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts ist die sofortige Beschwerde statthaft. Das Landesarbeitsgericht ist trotz der Änderung des § 5 Abs. 4 KSchG dazu befugt, über die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts im Beschwerdeverfahren durch Beschluss zu entscheiden.

Die gesetzliche Neuregelung kann zweitinstanzlich - ungeachtet des Fehlens einer entsprechenden Übergangsvorschrift - nur auf solche Verfahren erstreckt werden, in denen die Entscheidung des Arbeitsgerichts schon unter der Geltung des § 5 KSchG n.F. erlassen worden ist, weil nur dann die Möglichkeit einer Überprüfung der Zulassungsentscheidung, die seit dem 01.04.2008 durch End- oder Zwischenurteil zu erfolgen hat, im Berufungsverfahren besteht. Hiernach ist für das vorliegende Verfahren, in dem der erstinstanzliche Beschluss im März 2008 ergangen ist, weiterhin der Rechtszustand maßgeblich, dass gegen den erstinstanzlichen Beschluss die sofortige Beschwerde statthaft ist.

2. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage vom 21.12.2007 zu Recht nicht nachträglich zugelassen.

2.1. Über den Antrag auf nachträgliche Zulassung war gerichtlich zu befinden, weil die Kündigungsschutzklage verspätet erhoben worden ist.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Beweisaufnahme ist auch das Beschwerdegericht davon überzeugt, dass dem Kläger die schriftliche Kündigungserklärung der Beklagten vom 23.11.2007 am 26.11.2007 zugegangen ist.

Der Zeuge M. F. hat während seiner Vernehmung vor dem Arbeitsgericht bekundet, dass er für den Zustelldienst von Frau C. N. gefälligkeitshalber arbeite. Er habe am 26.11.2006 zusammen mit Frau N. einen Brief zugestellt. Frau N. sei im Auto sitzen geblieben, er sei am Anwesen um das "Geländer rum" und habe den Brief außen eingeworfen. Am Anwesen seien sechs bis acht Briefkästen angebracht. Der Briefkasten des Klägers habe sich rechts unten mit der Aufschrift " A." befunden. Er könne sich deshalb noch an die Zustellung erinnern, weil sie im Monat nur vier Einschreiben gehabt hätten. Es habe sich um ein Einwurf-Einschreiben ohne Rückschein gehandelt. Er habe den Zustellnachweis (wie Bl. 42 d. A.) ausgestellt und unterschrieben. Er habe den Brief vollständig in den Briefkasten eingeworfen. Im Briefkasten habe sich Werbematerial befunden. Er habe das Werbematerial zunächst aus dem Briefschlitz herausgeholt, den Brief eingeworfen und das Werbematerial wieder eingesteckt. Er habe bereits zuvor für die Beklagte zwei Zustellungen an den Kläger vorgenommen, allerdings keine Einschreiben.

Entgegen der Auffassung des Klägers, ist die Bewertung des Arbeitsgerichts, die Aussage des Zeugen M. F. sei glaubhaft, nicht zu beanstanden. Die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts, der sich das Beschwerdegericht anschließt, weist keine Fehler auf. Das Arbeitsgericht hat den Zeugen ausführlich befragt und ist zur Überzeugung gelangt, dass er das Kündigungsschreiben vom 23.11.2007 am 26.11.2007 in den Briefkasten des Klägers eingeworfen hat.

Auch unter Berücksichtigung der Angriffe des Klägers ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Arbeitsgericht aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme den dem Beklagten obliegenden Beweis des Zugangs der Kündigung als geführt angesehen hat. Das Beschwerdevorbringen des Klägers vermag Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen des Arbeitsgerichts nicht zu begründen.

Entgegen der Meinung des Klägers, spricht es nicht gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen M. F., dass er "gefälligkeitshalber" für den Zustelldienst der Frau C. N. Briefe zustellt und nicht über die Firmenanschrift des Zustelldienstes geladen werden konnte. Es ist auch kein Indiz für die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit des Zeugen F., ob der Zustelldienst von Frau N. professionell organisiert ist oder nicht. Seine Glaubwürdigkeit wird auch nicht dadurch erschüttert, dass sich die Klägerin eines anderen Rechtsstreits gegen die Beklagte im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern am 17.03.2008 darauf berufen hat, das Kündigungsschreiben sei ihr erst drei Wochen später zugegangen. Ein nach Ansicht des Klägers weiterer "dubioser Zustellfall", dessen Einzelheiten nicht vorgetragen sind, rechtfertigt nicht die Annahme, dass der Zeuge M. F. am 13.03.2008 vor dem Arbeitsgericht falsch ausgesagt hat. Die Beklagte weist diesbezüglich zutreffend darauf hin, dass Behauptungen von Klägerseite, eine Kündigung sei nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen, nicht ungewöhnlich sind. In diesem Fall sind - wie hier - Beweisaufnahmen über den Zugang oder den Zugangszeitpunkt durchzuführen. Schließlich lässt sich die Glaubwürdigkeit des Zeugen F. nicht mit der Begründung in Zweifel ziehen, dass die Beklagte nicht, wie es der Kläger ausdrückt, ein seriöses Unternehmen wie die Deutsche Post AG, sondern den Zustelldienst "C. N." mit der Zustellung des Kündigungsschreibens beauftragt hat.

Auch das Beschwerdevorbringen, am fraglichen Tag [gemeint 26.11.2007] habe sich kein Schreiben der Beklagten, insbesondere kein Kündigungsschreiben und überhaupt kein Werbematerial in seinem Briefkasten befunden; dies könne die Zeugin F. bestätigen, die seinen Briefkasten jeden Tag "mehrfach" kontrolliert und etwa darin befindliche Unterlagen mit in seine Wohnung genommen habe, rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Die Zeugin F. hat am 27.12.2007 eidesstattlich versichert, dass sie - so wörtlich - "ab dem 28.11.2007", nämlich dem Beginn des stationären Krankenhausaufenthaltes des Klägers, die regelmäßige "(tägliche)" Leerung des Briefkastens des Klägers übernommen habe. Diesen Aspekt bestätigt auch die eidesstattliche Versicherung des Klägers vom 27.12.2007. Der Kläger hat ausdrücklich erklärt, dass er persönlich bis zum 27.11.2007 seinen Briefkasten regelmäßig täglich geleert habe. In der Zeit ab dem 28.11.2007 habe dies Frau F. übernommen. Damit war im Zeitpunkt der Zustellung des Kündigungsschreibens am 26.11.2007 der Kläger alleiniger Sachwalter über die in seinen Briefkasten eingeworfene Post. Den Widerspruch zwischen seinem neuen Beschwerdevorbringen, wonach Frau F. bereits vor dem 28.11.2007 - und das täglich mehrfach - seinen Briefkasten geleert haben soll und dem ausdrücklichen Wortlaut der beiden eidesstattlichen Versicherungen, hat der Kläger nicht erklärt.

Es spricht nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Aussage des Zeugen F., dass der Kläger behauptet, es sei aufgrund der Form, Tiefe und Größe seines Briefkastens überhaupt nicht möglich, Werbematerial von außen herauszunehmen. Werbematerial wird nach der Lebenserfahrung in aller Regel nicht vollständig in den Briefkasten geworfen, sondern lediglich unter die Klappe in den Briefschlitz gesteckt, so dass es aus dem Briefkasten herausragt und den Briefschlitz versperrt. Wer ein Einschreiben gleichwohl ordnungsgemäß zustellen will, kommt nicht umhin, das Werbematerial zu entfernen, um die Sendung so einzuwerfen, dass sie vollständig in den Briefkasten gelangt und gegen Herausnahme gesichert ist.

Ob der Zeuge erklärt hat, er habe das Werbematerial aus dem "Briefschlitz" oder dem "Briefkasten" herausgeholt, was der Kläger durch eine Protokollergänzung bzw. -berichtigung festgestellt haben will, kann dahinstehen. Der Kerngehalt der Aussage des Zeugen, er habe das Kündigungsschreiben am 26.11.2007 in den Briefkasten des Klägers eingeworfen, kann nicht mit spitzfindigen Differenzierungen in Frage gestellt werden. Man muss seine Aussage schon äußerst gekünstelt betrachten, um sie dahin zu verstehen, er habe behauptet, das vollständig im Inneren des Briefkastens befindliche Werbematerial herausgeangelt zu haben.

Schließlich spricht es nicht gegen die Glaubhaftigkeit der Darstellung des Zeugen F., dass er ausgesagt hat, der Briefkasten des Klägers sei mit der Aufschrift " A." beschriftet. Der Zeuge hat auf Befragen erklärt, dass an dem Anwesen sechs bis acht Briefkästen angebracht seien, der Briefkasten des Klägers habe sich rechts unten mit der Aufschrift " A." befunden. Der Briefkasten des Klägers hat sich offensichtlich auch rechts unten befunden, weil der Kläger weder die Aussage zur Anzahl der Briefkästen noch zum Anbringungsort seines Briefkastens als wahrheitswidrig angegriffen hat. Er behauptet auch nicht, dass in dem Haus mehrere Personen mit dem Nachnamen A. wohnen. Das sein Briefkasten nur mit dem Nachnamen "A." beschriftet ist, vermag Zweifel am Wahrheitsgehalt der Zeugenaussage nicht zu begründen. Hier handelt es sich um ein unwesentliches Detail. Es ist eher normal und nicht - wie der Kläger meint - "auffällig und bedenklich", dass Zeugen in Detailfragen widersprüchliche, missverständliche oder möglicherweise letztlich auch unrichtigen Angaben machen, weil die Erinnerung je nach dem zeitlichen Abstand zum fraglichen Ereignis schlicht nachlässt.

Nach alledem sind die vom Kläger im Beschwerdeverfahren gegen die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts geführten Angriffe nicht durchschlagend. Da ihm das Kündigungsschreiben vom 23.11.2007 nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme am 26.11.2007 zugegangen ist, hätte seine Klage innerhalb der Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG spätestens am 17.12.2007 beim Arbeitsgericht eingehen müssen. Der Kläger hat jedoch erst einen Tag nach Fristablauf am 18.12.2007 seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten aufgesucht. Die erst am 21.12.2007 eingereichte Klage war verspätet.

2.2. Eine nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nach § 5 Abs. 1 KSchG kommt nicht in Betracht. Nach dieser Vorschrift kann auf Antrag des Arbeitnehmers eine verspätet eingereichte Kündigungsschutzklage nachträglich zugelassen werden, wenn der Arbeitnehmer nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung zu erheben. Den Arbeitnehmer darf an der Fristversäumung kein Verschulden treffen, auch keine leichte Fahrlässigkeit. Mit diesem strengen Haftungsmaßstab will das Gesetz klare Rechtsverhältnisse schaffen.

Der Kläger begründet seinen Zulassungsantrag mit der Behauptung, er habe in seinem Briefkasten kein Kündigungsschreiben gefunden. Hieraus könne nur der Schluss gezogen werden, dass das Schreiben - "von wem auch immer, auf welche Weise auch immer und aus welchen Gründen auch immer" - wieder aus dem Briefkasten herausgenommen worden sein müsse und aus diesem Grunde nicht zu seiner Kenntnis gelangt sei. Dieses Vorbringen rechtfertigt keine nachträgliche Zulassung der verspätet erhobenen Klage.

Ist das Kündigungsschreiben - wie im Streitfall durch die erstinstanzlich durchgeführte Beweisaufnahme bewiesen - in den Hausbriefkasten des Arbeitnehmer eingeworfen worden und damit in seinen Machtbereich gelangt, so kann der Arbeitnehmer die nachträgliche Zulassung der Klage nicht allein mit der Begründung erreichen, dass das Kündigungsschreiben aus ungeklärten Gründen nicht zu seiner Kenntnis gelangt sei. Der Inhaber eines Hausbriefkastens muss dafür Vorsorge treffen, dass die für ihn bestimmten, ordnungsgemäß in den Briefkasten eingeworfenen Briefe auch zu seiner Kenntnis gelangen, weil dies nach den Gepflogenheiten des Verkehrs von ihm erwartet werden muss (vgl. LAG Rheinland-Pfalz Beschluss vom 27.07.2005 - 2 Ta 148/05 - Juris; LAG Berlin Beschluss vom 04.01.1982 - 9 Ta 5/81 - EzA § 5 KSchG Nr. 13; KR-Friedrich, 8. Aufl., § 5 Rz. 13).

Für die Vermutung des Klägers, dass das Kündigungsschreiben "von wem auch immer, auf welche Weise auch immer und aus welchen Gründen auch immer" aus dem Briefkasten herausgenommen worden ist, fehlt jedweder Anhaltspunkt. Im Gegenteil: Nach seinem eigenen Vortrag soll es aufgrund der Form, Tiefe und Größe seines Briefkastens "überhaupt nicht möglich" sein, Briefe von außen aus dem Briefkasten herauszunehmen.

III.

Nach alledem ist die sofortige Beschwerde des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Insbesondere ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde im Verfahren des § 5 KSchG a.F. nicht möglich (BAG Beschluss vom 15.09.2005 - 3 AZB 48/05 - NZA-RR 2006, 211-213, m.w.N).