VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 05.10.1995 - 12 S 3292/94
Fundstelle
openJur 2013, 9806
  • Rkr:

1. Die für die "Durchführung des Pflanzenschutzgesetzes" zuständigen Landesbehörden bleiben auch dann zuständig, wenn mangels spezialgesetzlicher Ermächtigungsgrundlage im Pflanzenschutzgesetz auf die Generalklausel des allgemeinen Polizeirechts (§§ 1, 3 PolG (PolG BW)) zurückgegriffen wird.

2. Mangels spezialgesetzlicher Ermächtigung ist das Polizeigesetz Ermächtigungsgrundlage für ein Verbot des Inverkehrbringens nicht zugelassener Pflanzenschutzmittel bzw nicht angemeldeter Pflanzenstärkungsmittel (im Anschluß an VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 27.8.1992 - 10 S 1105/92 -).

3. Die Zweckbestimmung von Pflanzenschutzmitteln bzw Pflanzenstärkungsmitteln ist danach zu beurteilen, wie sie einem durchschnittlich informierten Verbraucher gegenüber beim Feilhalten oder Verkauf objektiv in Erscheinung tritt. Der Verwendungszweck ergibt sich aus der stofflichen Zusammensetzung, seiner Aufmachung und Beschreibung. Dabei sind bei eingeführten Markenprodukten auch frühere Indikationen und frühere Fassungen von Prospekten und Gebrauchsanweisungen mit zu berücksichtigen.

Tatbestand

Die Klägerin befaßt sich als Unternehmen mit der Herstellung von "biologischen Pflanzenpflegemitteln "und" Produkten zur Bodenverbesserung". Zwischen dem beklagten Land - Regierungspräsidium - und der Klägerin besteht seit Jahren Streit über die rechtliche Qualifizierung einzelner Produkte der Klägerin und deren rechtliche Behandlung nach dem Pflanzenschutzgesetz - PflSchG bzw. dem Düngemittelgesetz - DüMG -.

Bereits mit Bescheid vom 03.03.1992 des Regierungspräsidiums in der Fassung seines Widerspruchsbescheides vom 28.04.1992 wurde der Klägerin untersagt, dreizehn - im einzelnen bezeichnete und als Pflanzenschutzmittel bzw. Pflanzenstärkungsmittel deklarierte - Produkte mit "der derzeitigen Auslobung und Produktbeschreibung in den Verkehr zu bringen". Die Rechtsvorgängerin der Klägerin bzw. die Klägerin bringen die betreffenden Waren nach ihren Angaben seit vielen Jahren, teilweise schon seit 1964, auf den Markt. Mit inzwischen rechtskräftigem Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11.04.1994 (- 1 K 615/92 -) wurde, abgesehen von dem Produkt "Brennessel-Pulver", die Anfechtungsklage gegen diese Verfügung abgewiesen. Mittlerweile hatte die Klägerin bei den betroffenen Produkten die Beschreibung auf den Packungen und Werbematerialien als Reaktion auf einen zuvor ergangenen Beschluß des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Aussetzungsverfahren (Beschluß vom 27.08.1992 - 10 S 1105/92 -) modifiziert und dabei die im wesentlichen textlich unverändert gebliebenen Hinweise auf Pflanzenschutz- und Stärkungswirkungen als "nebenbei" und "interessante Nebeneffekte" bezeichnet. Die stoffliche Zusammensetzung der Waren wurde bis auf den Wegfall von Schwefel bei "Bio-S" nicht geändert.

Das beklagte Land ordnete auch nach der so geänderten Beschreibung die fraglichen Produkte als Pflanzenschutzmittel bzw. Pflanzenstärkungsmittel i.S.d. PflSchG ein. Dagegen war die Klägerin der Meinung, aufgrund der - neuen - Beschreibung der Produkte seien diese als Bodenhilfsstoffe und Pflanzenhilfsmittel i.S.d. DüMG zu bewerten.

Mit - der hier streitbefangenen - Verfügung vom 19.04.1994 ordnete das Regierungspräsidium Tübingen (erneut) an, daß folgende Produkte der Klägerin mit der derzeitigen Auslobung und Produktbeschreibung nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen:

1.1 Bio S,1.2 Preiscobakt,1.3 Tomaten-Pflegemittel,1.4 Etermut,1.5 Kohl-Fit,1.6 Ecomin,1.7 Tannalgin,1.8 Equisan Schachtelhalm-Konzentrat,1.9 Schachtelhalm-Pulver,1.10 Algifert und1.11 SPS Wurzelbildung.Weiter ordnete das Regierungspräsidium an, daß die Produkte 1.1 bis 1.6 nur noch vertrieben werden dürfen, wenn sie entweder als Pflanzenschutzmittel i.S.d. PflSchG gekennzeichnet und von der Biologischen Bundesanstalt als Pflanzenschutzmittel zugelassen sind, oder die Produktbeschreibung dahin geändert wird, daß für den Käufer eindeutig ersichtlich ist, daß es sich um kein Pflanzenschutzmittel handelt. Die Produkte Nr. 1.7 bis 1.11 dürfen nur noch vertrieben werden, wenn sie entweder als Pflanzenstärkungsmittel i.S.d. PflSchG gekennzeichnet und bei der Biologischen Bundesanstalt - BBA - als Pflanzenstärkungsmittel angemeldet sind oder die Produktbeschreibung dahingehend geändert wird, daß für den Käufer eindeutig ersichtlich ist, daß es sich um kein Pflanzenstärkungsmittel handelt. Die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Für den Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Zwangsgeld in Höhe von DM 50.000,-- angedroht. Die Androhung sei erforderlich, um der Einhaltung der Verfügung den notwendigen Nachdruck zu verleihen. Zur Begründung hat es zu den einzelnen Produkten ausgeführt: 1.1. Das Produkt "Bio S" gebe bei der Produktbeschreibung die vorbeugende Bekämpfung von Pilzkrankheiten als "interessanter Nebeneffekt" an.

1.2. Bei dem Produkt "Preiscobakt" werde als "interessanter Nebeneffekt" Schutz vor Knospenfraß durch Vögel, Wildverbiß und gegen das Einnisten von Schädlingen ausgelobt.

1.3. Bei dem Produkt "Tomaten-Pflegemittel" werde die vorbeugende Wirkung gegen Blattläuse, Pilz-und Viruskrankheiten als "interessanter Nebeneffekt" ausgelobt.

1.4. Das Produkt "Etermut" besitze als "interessanten Nebeneffekt" abschreckende Wirkung gegen Gemüsefliegen.

1.5. Das Produkt "Kohl-Fit" werde "nebenbei" als Streumittel gegen die Ausbreitung von Kohlhernie ausgelobt.

1.6. Das Produkt "Ecomin" habe den "interessanten Nebeneffekt", daß saugende und beißende Insekten sowie Pilze mit Ecomin behandelte Pflanzen mieden. Die Auslobungen der genannten Produkte seien insoweit für den Verbraucher mindestens mißverständlich, als bei ihm der Eindruck entstehe, es handele sich mindestens auch um Pflanzenschutzmittel. Der Eindruck entstehe durch die Verwendung von Angaben, wie z.B. "schütze vor Hitzeschäden, Wildverbiß, Knospenfraß durch Vögel ...", "wirke vorbeugend gegen Blattläuse, Pilz- und Viruskrankheiten". Bei diesen Produkten handle es sich um Pflanzenschutzmittel, für die die erforderliche Zulassungen nicht vorlägen. Das Produkt "Tannalgin" (1.7.) weise als "interessanten Nebeneffekt" eine pflanzenstärkende Wirkung aus, dasselbe gelte für die Produkte "Equisan Schachtelhalm-Konzentrat" (1.8.), "Schachtelhalm-Pulver" (1.9.), "Algifert" (1.10.) und "SPS Wurzelbildung" (1.11.). Bei diesen Produkten entstehe der Eindruck, es handle sich mindestens um ein Pflanzenstärkungsmittel durch die Angaben wie z.B. "... erhöht die Widerstandskraft der Pflanzen gegen Pilz- und Viruskrankheiten" oder "... erhöht die natürliche Widerstandskraft". Die Pflanzenstärkungsmittel seien in den Verkehr gebracht worden, obwohl diese bei der BBA nicht als Pflanzenstärkungsmittel angemeldet gewesen seien. Im Interesse der öffentlichen Sicherheit sei die Einhaltung der Vorschriften des PflSchG erforderlich (§§ 1, 3 Polizeigesetz - PolG -). Die Pflanzenschutzmittel seien nicht zugelassen und hätten gemäß § 11 Abs. 1 PflSchG nicht in den Verkehr gebracht werden dürfen. Sie seien somit auch nicht gemäß § 20 PflSchG gekennzeichnet. Eine sachgerechte Gebrauchsanleitung, die eventuelle Auflagen der BBA berücksichtige, fehle. Durch die Mängel sei ein sachgerechter Gebrauch der Produkte nicht gewährleistet. Die Folgen durch unsachgemäßen Gebrauch seien nicht absehbar. Es könne zu Schäden bei Mensch, Tier und Natur kommen (abstrakte Gefährdung). Es handle sich um Pflanzenschutz- bzw. Pflanzenstärkungsmittel, da bei den Produkten pflanzenschützende oder pflanzenstärkende Wirkungen genannt würden. Solche Eigenschaften dürften jedoch nicht bei Pflanzenhilfsmitteln oder Bodenhilfsstoffen (i.S.d. DüMG) ausgelobt werden. Bei Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenstärkungsmitteln seien zusätzliche Auslobungen von Eigenschaften, die Bodenhilfsstoffen oder Pflanzenhilfsstoffen entsprächen, möglich, ein Umkehrschluß sei jedoch nicht zulässig. Es komme nicht darauf an, ob es sich bei den Produkten angeblich durchweg um Naturprodukte handle. Die Zusammensetzung der Produkte werde, da es in diesem Verfahren nicht darauf ankomme, nicht beurteilt und wäre ggf. Gegenstand eines weiteren Verfahrens. Ebensowenig komme es bei der Einordnung der Produkte als Pflanzenschutz- bzw. -stärkungsmitteln allein darauf an, ob der Hersteller ihre Wirkung als primär oder sekundär bezeichne. Wenn die Pflanzenschutzmittel bzw. -stärkungsmittel tatsächlich keine schädlichen Stoffe beinhalteten, wäre es einfach und kostengünstig, das Zulassungs- bzw. Anmeldeverfahren durchzuführen. Unverständlich sei, weshalb die Klägerin auf die nebensächliche Erwähnung dieser Wirkungen nicht einfach verzichte. Das Verbot des Inverkehrsbringens der Produkte sei das zweckmäßigste Mittel. Das Regierungspräsidium sehe zunächst von der Verpflichtung ab, bereits ausgelieferte Ware aus dem Handel zurückzuholen. Die nur dem Anmeldegebot unterliegenden Pflanzenstärkungsmittel könnten nach erfolgter Anmeldung relativ schnell weiter vertrieben werden. Ebenso rasch müßten die erforderlichen Unterlagen für eine Zulassung vorzulegen sein.

Mit Schreiben vom 26.04.1994 legte die Klägerin Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.1994 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Widerspruch zurück.

Am 01.07.1994 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben und beantragt, den Bescheid des Regierungspräsidiums vom 19.04.1994 und dessen Widerspruchsbescheid vom 22.06.1994 aufzuheben. Zur Begründung hat sie vorgetragen: Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg komme es für die Abgrenzung zwischen Düngemitteln einerseits und Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenstärkungsmitteln andererseits auf die überwiegende Zweckbestimmung an. Diesem Kriterium sei dadurch Rechnung getragen worden, daß sie in erster Linie den düngenden und pflegenden Aspekt ihrer Produkte hervorhebe und dann nebenbei auch den vorbeugenden Aspekt erwähne, wobei sie um jedes Mißverständnis zu vermeiden, darüber hinaus ausdrücklich den Begriff "Nebeneffekt" hervorhebe. Damit sei jede Gefahr eines Mißverständnisses beim Verbraucher ausgeschlossen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Das Abgrenzungskriterium des VGH Baden-Württemberg betreffe nur Düngemittel im engeren Sinn, welche auf den Nährstoffgehalt ausgerichtet seien. Für Bodenhilfsstoffe und Pflanzenhilfsmittel fehle eine entsprechende Regelung über die überwiegende Zweckbestimmung. Aufgrund der Produktbeschreibung überschritten die fraglichen Produkte die Definitionen des § 1 Abs. 1 Nrn. 3 und 5 DüMG, so daß der Weg zur Anwendung des Pflanzenschutzgesetzes frei sei.

Mit Urteil vom 24.10.1994 hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen den Bescheid des Regierungspräsidiums vom 19.04.1994 und dessen Widerspruchsbescheid vom 22.06.1994 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt: Aus der gesetzlichen Regelung sei zu entnehmen, daß die Abgrenzung bei Produkten, die eine doppelte Zweckbestimmung (also sowohl einen Schutz - als auch einen Ernährungszweck) hätten, nach der überwiegenden Zweckbestimmung vorzunehmen sei. Es sei aber auch nicht erkennbar, daß bei den Produkten, die Bodenhilfsstoffe i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DüMG und Pflanzenhilfsmittel i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 DüMG darstellten, eine andere Abgrenzung zu gelten hätte. Es sei auch sachgerecht, die Abgrenzungskriterien für Düngemittel von Pflanzenschutzmitteln auch auf die dem Düngemittelgesetz unterfallenden Bodenhilfsstoffe und Pflanzenhilfsmittel zu übertragen, um Überschneidungen im Anwendungsbereich von PflSchG und DüMG zu vermeiden. Bei der Feststellung des - überwiegenden - Zwecks des konkreten Produkts komme es nicht allein auf die innere Einstellung des Herstellers oder dessen an, der das Mittel in den Verkehr bringe. In erster Linie sei maßgebend, wie der allgemeine Verwendungszweck dem angesprochenen Abnehmerkreis gegenüber objektiv in Erscheinung trete. Dies sei nicht nur vom wissenschaftlichen Standpunkt aus zu bestimmen, sondern es müßten auch die dem Mittel beigefügten Gebrauchsanweisungen, Prospekte sowie die regelmäßige Anwendung durch die Konsumenten in Betracht gezogen werden. Insoweit sei von Bedeutung, welche Erwartungen und Vorstellungen in den Verbraucherkreisen über den Zweck des Mittels und seine regelmäßige Anwendung vorherrschten. Diese würden zu einem erheblichen Teil durch die auf dem Produkt selbst angebrachten Informationen geprägt. Die Klägerin habe die Auslobung ihrer Produkte sowohl auf den Verkaufsverpackungen selbst als auch bei der Produktbeschreibung im "Biogarten-Handbuch" geändert. Bei der Beschreibung der Wirkungsweise der einzelnen Produkte würden zuerst und überwiegend Wirkungen beschrieben, die die Produkte als Bodenhilfsstoff bzw. Pflanzenhilfsmittel i.S.d. DüMG kennzeichneten. Dahinter träten die Beschreibung von Wirkungen, die § 2 Nrn. 9 oder 10 PflSchG zuzuordnen seien, zurück. Dies werde insbesondere dadurch deutlich gemacht, daß diese Wirkungen als "interessanter Nebeneffekt" oder "behindert nebenbei" beschrieben würden. Die dem Urteil vom 11.04.1994 (1 K 615/92) zugrunde liegenden Beschreibungen seien von der Klägerin geändert worden, so daß die im dortigen Verfahren vorgenommene Bewertung nicht auf dieses Verfahren übertragen werden könne.

Gegen das dem Beklagten am 07.11.1994 zugestellte Urteil hat das beklagte Land am 23.11.1994 Berufung eingelegt. Es trägt vor: Die "überwiegende Zweckbestimmung", wie sie in der Produktbeschreibung Ausdruck finde, sei für die Anwendung des Pflanzenschutzgesetzes auf die hier in Frage stehenden Produkte ohne Bedeutung. Eine analoge Anwendung der Abgrenzungsregelung "Düngemittel/Pflanzenschutzmittel" sei nicht zulässig. Es wäre dem Gesetzgeber problemlos möglich gewesen, die Abgrenzungsregelung des § 1 Abs. 1 Nr. 1 DüMG auch auf die weiteren im DüMG definierten Stoffe, die keine Düngemittel sind, zu erstrecken. Dies sei jedoch nicht geschehen und auch nicht etwa versehentlich unterblieben. Vielmehr sei die Differenzierung sachlich begründet. Für Düngemittel habe das Düngemittelgesetz ein Typenzulassungsverfahren eingeführt. Für Pflanzenschutzmittel sei eine individuelle Zulassung nach dem Pflanzenschutzgesetz vorgeschrieben. Es sei ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, für ein und dasselbe Produkt nur ein Zulassungsverfahren und einheitliche Zulassungsvoraussetzungen festzulegen. Insoweit sei das gesetzgeberische Bemühen, eine nahtlose Abgrenzung zu treffen, sachgerecht. Die Definitionen für Bodenhilfsstoffe und Pflanzenhilfsmittel im Düngemittelgesetz zeigten zunächst eine negative Abgrenzung, nämlich das Fehlen eines wesentlichen Nährstoffgehalts, auf. Ihre positive Definition sei hingegen ausgesprochen abstrakt gehalten, es genüge die "Beeinflussung" bzw. "Einwirkung", beim Bodenhilfsstoff seien zusätzlich noch die Verbesserung des Bodenzustandes oder die Wirksamkeit von Düngemitteln genannt. Damit sei klargestellt, daß das Pflanzenhilfsmittel im Zusammenhang mit der Pflanzenernährung stehen müsse, da andernfalls ein Wachstumsregler vorhanden sei. Hieraus sei zu schließen, daß Bodenhilfsstoffe und Pflanzenhilfsmittel als "Auffangtatbestände" für solche Stoffe anzusehen seien, die einerseits nicht Düngemittel darstellten, andererseits auch nicht unter das Pflanzenschutzgesetz fielen. Das zeitlich nach dem Düngemittelgesetz in Kraft getretene Pflanzenschutzgesetz sei eine spezialgesetzliche Regelung für Pflanzenschutzmittel, das für pflanzenschützende Stoffe - soweit nicht ausdrücklich ausgenommen -, unabhängig von einer überwiegenden Zweckbestimmung, abschließende Regelungen treffe. Den Anforderungen der EG-Richtlinie vom 15.07.1991 (91/414/EWG), die ein Zulassungsverfahren vorschreiben, wäre nicht genügt, wenn ein Hersteller durch optische Hervorhebung, etwa einer allgemeinen Bodenverbesserung, ungeachtet einer ebenfalls vorhandenen und ausgelobten Pflanzenschutzwirkung sich einer vorbeugenden Prüfung durch die zuständige Behörde entziehen könne. Der Begriff "ausschließlich" in § 2 Nr. 10 PflSchG diene allein der Abgrenzung zum Pflanzenschutzmittel, hingegen habe er nicht die Zweckbestimmung, solche Stoffe, die neben einer Stärkungswirkung noch andere Wirkungen haben, auszugrenzen. Im Gegensatz zur Begriffsbestimmung der Pflanzenschutzmittel (§ 2 Nr. 9 PflSchG), welche ausdrücklich Düngemittel im Sinne des DüMG und Pflanzenstärkungsmittel vom Begriff des Pflanzenschutzmittels ausnehme, enthalte die Nr. 10 (Pflanzenstärkungsmittel) keine derartige Abgrenzung. Auch das DüMG enthalte keine Abgrenzungsregelung. Eine Bestimmung über die "überwiegende Zweckbestimmung" sei auch nicht ansatzweise erkennbar. Dem stehe auch nicht die Kennzeichnungspflicht nach der Düngemittelverordnung entgegen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 24. Oktober 1994 - 1 K 1614/94 - zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angegriffene Urteil. Ergänzend bringt sie vor, für die Subsumierung unter das PflSchG sei die Zweckbestimmung, d.h. die Art der Auslobung maßgebend. Es komme nicht auf irgendwelche Inhaltsstoffe oder Wirkungsweisen, sondern allein auf die Art der Auslobung an. Diese Auffassung finde ihre Stütze im Wortlaut des Gesetzes ("Stoffe, die dazu bestimmt sind ..."). Der Beklagte argumentiere uneinheitlich. So werde bei Mischprodukten auf die Inhaltsstoffe ohne Rücksicht auf die Auslobung abgestellt. Wenn der Beklagte meine, durch entsprechende Deklarierung wäre es möglich, gefährliche pflanzenschützende Stoffe dem PflSchG zu entziehen, werde übersehen, daß das PflSchG für gefährliche Stoffe einen Auffangtatbestand in § 9 Abs. 1 Nr. 9 enthalte. Es gebe auch einen Grund für eine "analoge Anwendung" der Abgrenzungsregelung Düngemittel/Pflanzenschutzmittel für die hier fraglichen Pflanzenhilfsmittel. Er liege in dem Fehlen einer Abgrenzungsregelung. Es sei kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb man Pflanzenschutzmittel von Düngemitteln anders abgrenzen wolle, als etwa von Pflanzenhilfsmitteln. Es wäre auch willkürlich, bei der Auslobung von Düngemitteln die Erwähnung einer schützenden Nebenwirkung zuzulassen, nicht aber bei Pflanzenhilfsmitteln. Es spreche alles dafür, daß es nur auf einem Redaktionsversehen beruhe, wenn in § 2 Nr. 9 PflSchG das Wort "Düngemittel" verwendet werde, anstelle von "Stoffe, die unter das Düngemittelgesetz fallen". Diese Auffassung werde auch durch § 4 Düngemittelverordnung gestützt, woraus sich positiv ergebe, daß "weitere Angaben" zulässig seien. Wenn es in dieser Bestimmung heiße, Pflanzenhilfsmittel müßten so gekennzeichnet sein, daß sie nicht den Eindruck eines Pflanzenschutzmittels oder eines Pflanzenstärkungsmittels erweckten, so gebe dies nur einen Sinn, wenn bei den zugelassenen "weiteren Angaben" ein Zweitnutzen erwähnt werden dürfe. Umgekehrt seien Pflanzenstärkungsmittel solche Mittel, die ausschließlich dazu bestimmt seien, die Widerstandskraft von Pflanzen gegen Schadorganismen zu erhöhen. Für diese Mittel könne also kein Zweitnutzen ausgelobt werden. Damit sei eine nahtlose Abgrenzung ohne Überlappung gewährleistet.

Mit Beschluß vom 24.10.1994 - 1 K 1044/94 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid des Regierungspräsidiums vom 19.04.1994 wiederhergestellt und die aufschiebende Wirkung gegen die Zwangsgeldandrohung angeordnet. Soweit es um die Produkte Nr. 1.1. bis 1.6. geht, hat das beklagte Land Beschwerde eingelegt. Der Senat hat auf die Beschwerde des Landes den Beschluß des Verwaltungsgerichts geändert und den Antrag in entsprechendem Umfang abgelehnt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen. Dem Senat liegen die einschlägigen Verwaltungsakten des Regierungspräsidiums Tübingen und die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die angefochtene Verfügung aufgehoben. Sie ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

I.

Die Verfügung ist formell rechtmäßig ergangen. Das Regierungspräsidium ist auch für den Erlaß der auf die §§ 1, 3 PolG gestützten Verfügung sachlich zuständig und nicht die Ortspolizeibehörde. Dies folgt aus § 1 Nr. 1 der Verordnung des Ministeriums Ländlicher Raum vom 14.5.1987 (GBl. S. 235), zuletzt geändert durch Verordnung vom 7.1.1991 (GBl. S. 15), das die "Durchführung des Pflanzenschutzgesetzes" regelt. Hierzu ist in § 34 PflSchG bestimmt, daß in den Ländern die Durchführung dieses Gesetzes einschließlich der Überwachung den nach Landesrecht zuständigen Behörden obliegt. Die Frage, nach welchen Vorschriften sich die Zuständigkeit einer Behörde richtet, wenn zwar dem speziellen Gesetz (hier dem Pflanzenschutzgesetz) die der angefochtenen Verfügung zugrundeliegenden materiellen Gebots- oder Verbotsnormen entstammen, mangels spezialgesetzlicher Ermächtigungsgrundlage aber als Eingriffsgrundlage auf die Normen der Generalklausel des allgemeinen Polizeirechts (§§ 1, 3 PolG) zurückgegriffen werden muß, ist bislang in der Rechtsprechung, soweit ersichtlich, nicht ausdrücklich aufgeworfen und geklärt worden (vgl. hierzu jeweils ohne Begründung, einerseits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 9.7.1991 - 9 S 961/90 -; Urteil vom 1.9.1991, Gewerbearchiv 1990, 403, die von einer Zuständigkeit nach dem Polizeigesetz ausgehen, wenn die Ermächtigungsgrundlage dem Polizeigesetz entnommen ist und andererseits VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 19.4.1982, VBlBW 1982, 405, das der "Gaststättenbehörde" ein Eingreifen nach dem Polizeigesetz gestattet).

Der Senat ist der Auffassung, daß jedenfalls in den Fällen, in denen das Spezialgesetz neben Gebots- und Verbotsnormen auch spezielle Eingriffsermächtigungen enthält und damit prinzipiell präventives Handeln ermöglicht, es im Fall eines notwendigen Rückgriffs auf die polizeiliche Generalklausel zur Lückenschließung gleichwohl bei der spezialgesetzlichen Zuständigkeit verbleibt und diese nicht dem allgemeinen Polizeirecht zu entnehmen ist. Nur auf diese Weise läßt sich bei einem der Durchführung und Überwachung eines zu wesentlichen Teilen der Gefahrenabwehr dienenden Gesetzes eine - unerwünschte und nicht sachgemäße - Zersplitterung der Zuständigkeiten vermeiden. Das Pflanzenschutzgesetz geht davon aus, daß die Durchführung und Überwachung den "nach Landesrecht zuständigen Behörden obliegt" (§ 34 Abs. 1 PflSchG). Die für die Durchführung (was die Überwachung begrifflich einschließt) des Pflanzenschutzgesetzes zuständigen Behörden hat das Land in der o. a. Verordnung bestimmt. Es kann davon ausgegangen werden, daß der Verordnungsgeber damit die Zuständigkeiten der Behörden für die Durchführung des Pflanzenschutzgesetzes abschließend regeln wollte. Er mußte dabei voraussetzen, daß das Pflanzenschutzgesetz neben den Gebots- und Verbotsregelungen zahlreiche spezielle Ermächtigungsgrundlagen (vgl. etwa §§ 5; 6, Abs. 3 - 10, Abs. 2, Abs. 22, 38 PflSchG) kannte. Eine generalklauselartige Ermächtigung wurde in das Pflanzenschutzgesetz nicht aufgenommen, im Gegensatz zu ähnlichen Regelungsmaterien wie dem LMBG bzw. AGLMBG (§ 2 Satz 2), dem Arzneimittelgesetz (§ 69) und dem Tierschutzgesetz (§ 16a). Bei diesen gesetzgeberischen Instrumentarien zur Gefahrenabwehr - mit einer erkennbaren Lücke bei den materiellen Ermächtigungsgrundlagen - verbleibt es auch im Falle eines Rückgriffs auf das allgemeine Polizeirecht hinsichtlich der Zuständigkeit bei der speziellen Regelung da, wie ausgeführt, die Zuständigkeitsfrage - im Unterschied zur Ermächtigungsgrundlage - abschließend geregelt ist. Die fachgesetzliche Ermächtigung zur Abwehr bestimmter Gefahren umfaßt eben auch die Kompetenz, andere - vom Pflanzenschutzgesetz erfaßte - Schutzgüter gleichzeitig "mitzubeschützen" bzw. andere Gefahren gleichzeitig "mitabzuwehren". Es war der erkennbare Wille des Verordnungsgebers, daß im Anwendungsbereich des Pflanzenschutzgesetzes jeweils nur die in der o.a. Verordnung bestimmten Behörden tätig werden dürfen (vgl. auch Kunze, Kompetenzverteilung zur Gefahrenabwehr, VBlBW 1995, 84). Vom Grundsatz, daß die Zuständigkeit der Ermächtigungsgrundlage folgt, ist also für einen solchen Fall eine Ausnahme zu machen (vgl. hierzu Mussmann, Allgemeines Polizeirecht in Baden-Württemberg, 4. Aufl., Rdnr. 108; derselbe "Zur Vollziehungsverfügung im Behördenrecht", Gewerbearchiv 1986, 126). Zu diesem - allein praktikablen - Ergebnis gelangte man auch, wenn man in den Ge- und Verbotsnormen des Pflanzenschutzgesetzes eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage sehen würde (vgl. hierzu die Literaturangaben und Rechtsprechungsangaben bei Mussmann, Allgemeines Polizeirecht in Baden-Württemberg, a.a.O. und bei Kunze, a.a.O.).

II.

1.) Der Beklagte hat zu Recht auf die §§ 1, 3 PolG als Ermächtigungsgrundlage zurückgegriffen. Die Maßnahme ist inhaltlich nicht zu beanstanden.

Nach allgemeiner Meinung und in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beteiligten ist eine Rechtsgrundlage für das ausgesprochene "Vertriebsverbot" dem Pflanzenschutzgesetz nicht zu entnehmen. Der Beklagte hätte sonach nur nach dem Pflanzenschutzgesetz repressiv mit der Einleitung und Durchführung eines Bußgeldverfahrens reagieren können. Es kann indessen nicht angenommen werden, daß der Bundesgesetzgeber damit zum Ausdruck bringen wollte, daß die Einhaltung wesentlicher Gebote und Verbote des PflSchG nur mittelbar über das Bußgeldverfahren durchgesetzt werden soll. Bei dieser offenkundigen lückenhaften Regelung spricht vielmehr alles dafür, daß der Rückgriff auf die polizeiliche Generalklausel zum Erlaß "pflichtenkonkretisierender Verfügungen" gerade nicht ausgeschlossen werden sollte (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 27.8.1992 - 10 S 1105/92 -).

2.) Die rechtlichen Voraussetzungen für eine polizeiliche Maßnahme aufgrund der Generalklausel der §§ 1, 3 PolG liegen vor. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 PolG hat die Polizei die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Eine Störung der öffentlichen Sicherheit liegt in dem Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (Produkte 1.1. bis 1.6) ohne die erforderliche Zulassung und Kennzeichnung (§§ 11 Abs. 1, 20 PflSchG) sowie von Pflanzenstärkungsmitteln (§ 31 PflSchG) ohne Anmeldung. Damit sind zugleich Ordnungswidrigkeitentatbestände (§ 40 PflSchG) erfüllt, was ebenfalls eine Störung der öffentlichen Sicherheit bedeutet. Soweit in der angefochtenen Verfügung ausgeführt wird, daß ein sachgerechter Gebrauch der Produkte nach dem Pflanzenschutzgesetz nicht gewährleistet sei, die Folgen durch unsachgemäßen Gebrauch nicht absehbar seien, und es zu Schäden bei Mensch, Tier und Natur kommen könne (abstrakte Gefährdung), wollte das Regierungspräsidium, wie sich aus dem Kontext ergibt, das polizeiliche Einschreiten nicht mit einer abstrakten Gefahr begründen, sondern es wollte damit ersichtlich nur zum Ausdruck bringen, daß von Produkten, die unter den Begriff des Pflanzenschutzmittels bzw. Pflanzenstärkungsmittels fallen, eine abstrakte Gefahr ausgeht, weshalb diese Mittel auch den Reglementierungen des Pflanzenschutzgesetzes unterworfen werden. Die konkrete Gefahr bzw. Störung der öffentlichen Sicherheit liegt hier - wie aus der Verfügung in der Fassung des Widerspruchsbescheids hinreichend hervorgeht - nicht in der Behauptung einer konkreten Gefahr für Mensch, Tier und Natur, sondern in den angesprochenen Verletzungen der Regelungen des Pflanzenschutzgesetzes.

3.) Bei den Produkten 1.1. bis 1. 6 handelt es sich um Pflanzenschutzmittel im Sinne des § 2 Nr. 9 PflSchG, bei den Produkten 1. 7 bis 1.11 um Pflanzenstärkungsmittel im Sinne des § 2 Nr. 10 PflSchG. Zwischen den Beteiligten besteht kein Streit darüber, daß die Produkte 1.1 - 1.6 von ihrer Wirkungsweise her a u c h pflanzenschützende Wirkung bzw. pflanzenstärkende Wirkung haben. Die Klägerin meint jedoch, im Falle einer "doppelten Zweckbestimmung", wie sie bei den hier fraglichen Produkten vorliege, komme es auf die überwiegende Zweckbestimmung an und diese sei aufgrund der geänderten Beschreibung nicht (mehr) pflanzenschützender bzw.-stärkender Art.

Dem kann für die Produkte 1. 4 "Etermut" und 1. 5. "Kohl-Fit", die von der Klägerin als Bodenhilfsstoffe im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 DüMG deklariert werden, schon im Ansatz nicht gefolgt werden. Denn nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 DüMG spielt für Bodenhilfsstoffe die "Zweckbestimmung" keine Rolle, vielmehr knüpft die Legaldefinition an objektive Eigenschaften an. Aber auch gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abgrenzung der Pflanzenhilfsmittel im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 DüMG, von den Pflanzenschutzmitteln im Sinne von § 2 Nr. 9 PflSchG bestehen Bedenken. Die für die Abgrenzung von Düngemitteln nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 DüMG und von Pflanzenschutzmitteln nach § 2 Nr. 2 PflSchG vorgenommene Bestimmung nach der "überwiegenden Zweckbestimmung" dürfte sich nicht ohne weiteres auf die Abgrenzung von Pflanzenhilfsmittel und Bodenhilfsstoffen einerseits und Pflanzenschutzmittel - bzw. stärkungsmittel - andererseits übertragen lassen. Von den Düngemitteln unterscheiden sich Bodenhilfsmittel und Pflanzenhilfsstoffe deutlich durch das Fehlen eines wesentlichen Nährstoffgehalts. Während darüber hinaus - wie bereits erwähnt - Bodenhilfsstoffe nicht an eine "Zweckbestimmung" anknüpfen, ist die Begriffsbestimmung für Pflanzenhilfsmittel in ihren Voraussetzungen sehr allgemein gefaßt. So werden Pflanzenhilfsmittel als Stoffe ohne wesentlichen Nährstoffgehalt definiert, die dazu bestimmt sind, auf die Pflanzen "einzuwirken" oder die Aufbereitung organischer Stoffe zu "beeinflussen". Im Vergleich zu den zahlreichen spezifischen Zwecken, die einen Stoff zum Düngemittel oder zum Pflanzenschutzmittel werden lassen, haben Pflanzenhilfsmittel eher die Funktion eines Auffangtatbestandes wahrzunehmen, wenn eben kein spezieller Zweck (als Düngung, Pflanzenschutz oder Pflanzenstärkung) hinzutritt. Anders als bei der Abgrenzung zwischen Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln stellt sich hier die Frage einer "überwiegenden Zweckbestimmung" nicht in gleicher Weise, sondern eine festgestellte - auch untergeordnete - spezielle Zweckbestimmung dürften keinen Raum mehr für die Einordnung eines Produkts als Pflanzenhilfsmittel lassen. Desweiteren würde es auch vom Zweck der Regelung, der vorbeugenden Gefahrenabwehr zu dienen, nicht einleuchten, daß eine etwa 49-prozentige Pflanzenschutzwirkung gegenüber einer 51-prozentigen Wirkung als Pflanzenhilfsmittel dazu führen könnte, das präventive Instrumentarium der Zulassung bzw. Anmeldung und die weiteren Einschränkungen bei der Abgabe im Einzelhandel (§§ 22, 31 Abs. 3 PflSchG) auszuschalten oder zu umgehen. Nach Wortlaut, Sinn und Zweck als auch bei einer systematischen Betrachtung der Regelungen spricht wenig für eine entsprechende Anwendung der mit guten Gründen ausdrücklich nur für das Verhältnis Düngemittel/Pflanzenschutzmittel bzw. auch ausdrücklich für den Bereich der Lebensmittel und Arzneimittel vorgesehenen Abgrenzung nach der überwiegenden Zweckbestimmung. Anders als die Klägerin meint, dürfte keine Lücke im Gesetz vorliegen, die es mit einer Analogie zu schließen gelte. Soweit § 2 Nr. 10 PflSchG Pflanzenstärkungsmittel als Stoffe definiert, die "ausschließlich" dazu bestimmt sind, die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegen Schadorganismen zu erhöhen, ohne daß diese Stoffe schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder auf den Naturhaushalt haben, folgt hieraus für die Abgrenzung der Pflanzenhilfsmittel zu den Pflanzenstärkungsmitteln nichts anderes. Zum einen setzen Pflanzenstärkungsmittel im Verhältnis zu Pflanzenhilfsmitteln eine spezielle Zweckbestimmung voraus, die das Produkt ohne Rücksicht auf den Grad dieser Wirkung dem Begriff des bloßen Pflanzenhilfsmittels entzieht, zum anderen dient die "ausschließliche" Zweckbestimmung der Abgrenzung zu Pflanzenschutzmitteln im Sinne von § 2 Abs. 9 PflSchG. Auch hier wiederum läßt sich die Regelungsstruktur erkennen, wonach auch eine geringe Pflanzenschutzwirkung ein Produkt dem Pflanzenschutzmittel im Sinne von § 2 Nr. 9 PflSchG zuordnet. Das Fehlen des Wortes "ausschließlich" in § 1 Abs. 1 Nr. 5 DüMG läßt einen Gegenschluß nicht zu, es wäre bei dessen weiter und allgemeiner Zweckbestimmung auch überflüssig.

Der von der Klägerin zur Stützung ihrer Ansicht herangezogene § 4 der Düngemittelverordnung, wonach "weitere Angaben" zulässig seien, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Anwendung dieser Vorschrift setzt zunächst voraus, daß es sich um Produkte handelt, die dem DüMG unterfallen. Dies richtet sich allein nach den gesetzlichen Begriffsbestimmungen. Keinesfalls kann aus den Kennzeichnungsvorschriften abgeleitet werden, daß spezifisch genannte pflanzenschützende bzw. pflanzenstärkende Wirkungen auch für Bodenhilfsmittel und Pflanzenhilfsstoffe ausgelobt werden können, ohne daß dies Einfluß auf die Begriffsbestimmung hat.

Doch auch dann, wenn man mit der Klägerin und dem Verwaltungsgericht davon ausgeht, daß die Abgrenzung zwischen Bodenhilfsstoffen und Pflanzenhilfsmitteln einerseits und Pflanzenschutzmitteln und Pflanzenstärkungsmitteln andererseits nach der jeweiligen "überwiegenden Zweckbestimmung" vorzunehmen ist, ändert sich am Ergebnis nichts, denn - nach wie vor - sind die Produkte 1.1. bis 1. 6 ihrer überwiegenden Zweckbestimmung nach Pflanzenschutzmittel bzw. die Produkte 1.7. bis 1.11 Pflanzenstärkungsmittel.

Pflanzenschutzmittel sind nach § 2 Nr. 9 PflSchG Stoffe, die unter anderem dazu bestimmt sind, Pflanzen vor Schadorganismen oder nicht parasitären Beeinträchtigungen zu schützen und/oder Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse vor Tieren, Pflanzen oder Mikroorganismen zu schützen, die nicht Schadorganismen sind; ausgenommen sind Wasser, Düngemittel und Pflanzenstärkungsmittel. Pflanzenstärkungsmittel sind - im Unterschied zu Pflanzenschutzmitteln - Stoffe, die ausschließlich dazu bestimmt sind, die Widerstandsfähigkeit von Pflanzen gegen Schadorganismen zu erhöhen, ohne daß diese Stoffe schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Mensch und Tier oder den Naturhaushalt haben. Das Düngemittelgesetz seinerseits gibt bei der ersten Ausnahme vom Düngemittelbegriff die Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 PflSchG sinngemäß wieder und schließt seinerseits Pflanzenschutzmittel aus seinem Anwendungsbereich aus, allerdings mit der Maßgabe, daß dies nur für Stoffe gilt, die einen überwiegenden Schutzzweck verfolgen. Wie dieser überwiegende Schutzzweck festgestellt werden kann, ist in den fraglichen Gesetzen nicht eigens geregelt. Die Rechtsprechung hat sich indessen zum Arzneimittelgesetz mit einer vergleichbaren Abgrenzungsproblematik befaßt. Diese Rechtsprechung kann auch für die Abgrenzung zwischen den hier fraglichen Begriffen fruchtbar gemacht werden. Danach ist für die Bestimmung eines Produkts entscheidend, wie es einem durchschnittlich informierten Verbraucher gegenüber in Erscheinung tritt. Diese "Bestimmung" - der Verwendungszweck - erschließt sich aus der stofflichen Zusammensetzung des Produkts, seiner Aufmachung und Beschreibung. Mit seinem Erscheinungsbild begründet das Produkt Erwartungen und Vorstellungen über seine Zweckbestimmung und/oder es knüpft an eine schon bestimmte Auffassung der Verbraucherkreise über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihrer Anwendung an. Die bloße Erklärung des Herstellers, sein Produkt sei kein Pflanzenschutzmittel oder Pflanzenstärkungsmittel, bewirkt für sich genommen deswegen noch nicht, daß es nicht als Pflanzenschutzmittel oder Pflanzenstärkungsmittel einzustufen ist. Der Anwendungsbereich der pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften ist vielmehr - wie bereits erwähnt - wegen der erstrebten Sicherheit im Verkehr mit Pflanzenschutzmitteln (vgl. § 1 Nr. 4 PflSchG), "objektiv" anhand tatsächlicher Gegebenheiten abzugrenzen (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.11.1994 RdL 1995, 147). Diese "Objektivierung" des Pflanzenschutzbegriffes wird auch dadurch verdeutlicht, daß der Gesetzgeber nicht wie etwa in früheren Fassungen des Arzneimittelbegriffes daran anknüpft, daß der Zweck der Stoffe und Zubereitungen, "vom Hersteller oder demjenigen, der sie sonst in den Verkehr bringt", zu bestimmen ist. Diese Worte finden sich weder in der neuen Definition des § 2 Abs. 1 Arzneimittelgesetz noch in den Definitionen des Düngemittel- oder Pflanzenschutzgesetzes. Es kommt demnach entscheidend darauf an, wie der "allgemeine Verwendungszweck des Mittels beim Feilhalten oder Verkauf dem Publikum gegenüber in Erscheinung tritt" (vgl. BVerwG, a. a. O.). Nach diesen Kriterien liegen den hier fraglichen Produkten - wie zuvor - überwiegend pflanzenschützende bzw. pflanzenstärkende Zwecke zugrunde.

Bei dieser Erkenntnis knüpft der Senat zunächst an das rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11.4.1994 - 1 K 615/92 - an, das seinerseits auf die Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 28.8.1992 - 10 S 1105/92 - BWVPr 1992, 278) Bezug nimmt. In den Entscheidungen ist im einzelnen zutreffend ausgeführt, daß es sich bei den hier umstrittenen Produkten um Pflanzenschutzmittel bzw. Pflanzenstärkungsmittel handelt. Der Senat nimmt auf diese Entscheidungen Bezug. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt hat sich gegenüber diesen Entscheidungen nicht maßgeblich verändert. Die stoffliche Zusammensetzung der Produkte blieb bis auf den Wegfall von Schwefel bei "BIO S" unverändert, geändert wurde nur die Beschreibung insoweit, als jeweils der im Text im wesentlichen unverändert gebliebenen Beschreibung der pflanzenschützenden bzw. pflanzenstärkenden Wirkung, die Worte "interessanter Nebeneffekt" bzw. "nebenbei" vorangestellt wurden. Diesem subjektiven Willen des Herstellers, der pflanzenschützenden bzw. pflanzenstärkenden Wirkung nur noch eine untergeordnete Rolle beizumessen, kommt keine entscheidende Bedeutung zu, ansonsten wäre die Einordnung letztlich der Willkür des Herstellers oder des Vertriebsunternehmers überlassen, was in diesem Fall besonders plastisch zutage tritt, aber mit den Schutzzwecken des Pflanzenschutzgesetzes unvereinbar wäre (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 16.2.1971, BVerwGE 37, 209). Bei der Würdigung der Gesamtumstände sind nämlich auch frühere Indikationen und frühere Fassungen von Prospekten und Gebrauchsanweisungen desselben oder eines nahezu identisch erscheinenden Produkts mit zu berücksichtigen, wenn und soweit daraus auf das Fortwirken von Verbrauchergewohnheiten geschlossen werden kann, die Produkte weiter auch und überwiegend als Pflanzenschutz- bzw. Pflanzenstärkungsmittel zu benutzen. Diesem Kriterium kommt im vorliegenden Fall um so mehr Bedeutung zu, als - wie noch zu den einzelnen Produkten auszuführen sein wird - diese Zwecke eindeutig im Vordergrund standen bzw. praktisch alleiniger Zweck waren. Mit einem solchen Fortwirken früherer Verbrauchergewohnheiten muß und wird der Hersteller auch rechnen, gerade wenn es sich bei den Verbrauchern - im Unterschied zu den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht - bei Gartenbesitzern eher um Stammkundschaft handelt, die im allgemeinen einmal erfolgreich verwendete Produkte zu dem gleichen früheren Zweck weiter verwendet und eine eher unauffällige Beschreibungsänderung kaum zu Kenntnis nehmen wird. Dies gilt erst recht, wenn, wie dies hier der Fall ist, die Produkte unter der gleichen Markenbezeichnung erscheinen und mindestens seit Mitte der achtziger Jahre, zum Teil seit den sechziger Jahren auf dem Markt sind. Bei solchen, seit vielen Jahren mit einer bestimmten Zweckbestimmung auf dem Markt eingeführten Produkten, ändert eine dezente Voranstellung in der Beschreibung als "interessanter Nebeneffekt" nichts, zumal die Beschreibung, die auf pflanzenschützende bzw. pflanzenstärkende Wirkung hinweist, gegenüber den allgemeinen Angaben wie "Kräftigung" oder "Förderung" oder "Pflege" der Pflanzen, durch ihre spezielle Aussage hervortritt. In diesem Zusammenhang darf nicht außer Acht gelassen werden, daß die spezifischen Schutz- und Stärkungswirkungen gerade für den Klein- und Hobbygärtner den eigentlichen Anreiz zum Kauf darstellen. Nur unter diesem Gesichtspunkt wird auch das Verhalten der Klägerin verständlich.

Im einzelnen ist zu den früheren und aktuellen Beschreibungen zu bemerken:

Zu 1.1 BIO S: In der früheren Aufmachung war in Großdruck "Zur Vorbeugung gegen Pilzkrankheiten" ausgelobt, die Wirkung war ausschließlich auf Pflanzenschutzwirkung bezogen. Demgegenüber sind in der neuen Auslobung die Pilzkrankheiten im einzelnen nicht mehr aufgeführt, dadurch wurde der Textumfang zwar verringert, ohne aber an Aussagekraft einzubüßen. Für eine Schutzwirkung spricht zudem die Anwendung mittels Spritzbrühe und die empfohlene Anwendung in kürzeren Abständen. Dem Verbraucher drängt sich eine vorrangige Schutzwirkung ohne weiteres auf.

1.2) Preiscobakt: In der früheren Fassung waren ausschließlich Schutzwirkungen beschreiben und die Maßnahme selbst als "Pflanzenschutzmaßnahme" bezeichnet. In der Neufassung ist nach wie vor von "Schutz vor Wildverbiß, Knospenfraß und gegen Einnistung von Schädlingen" die Rede. Weiter deutet auf eine Schutzwirkung die Anwendung durch Anstrich oder Spritzlösung hin.

1.3) Tomatenpflegemittel: Die frühere Ausschreibung beinhaltete ebenfalls nichts anderes als eine Schutzwirkung. Diese Schutzwirkung ist auch in der neuen Beschreibung enthalten. Auch hier weist wiederum auf eine Schutzwirkung die Anwendung durch Spritzflüssigkeit hin.

1.4) Etermut: In der früheren Auslobung stand die Schutzwirkung eindeutig im Vordergrund, zu erwähnen ist dabei der Gehalt an ätherischen Duftstoffen, wodurch Schädlinge abgehalten werden sollen. Dieser Zweck wird auch in der Neufassung ausgelobt, die Schutzwirkung wird zudem klar durch die empfohlene, insbesondere bei Nässe öfter zu wiederholende Anwendung.

1.5) Kohl-Fit: Die frühere Fassung enthielt ebenfalls weit überwiegend Hinweise auf eine Schutzwirkung. Diese Wirkung, die Behinderung der Ausbreitung des Kohlhernie-Erregers ist auch in der Neufassung ausgelobt.

1.6) Ecomin: In der früheren Fassung wird vorrangig auf die Anwendung bei Befall von Schadinsekten und Pilzkrankheiten hingewiesen. Dieser Hinweis findet sich auch in der Neufassung wieder.

1.7) Tannalgin: Die bisherige Beschreibung hob die "Stärkung der natürlichen Abwehrkräfte" hervor, diese Wirkung findet sich in der neuen Beschreibung als "erhöht die natürliche Widerstandskraft" wieder.

1.8) Schachtelhalm-Konzentrat: Die frühere Beschreibung stellte die Erhöhung der Widerstandskraft gegen Pilzkrankheiten in den Vordergrund (Pilzvorbeuge). In der Neufassung ist die Pilzvorbeuge nach wie vor aufgeführt.

1.9) Schachtelhalm-Pulver: Die Wirkung war ursprünglich als "Stärkung der Widerstandskraft und Vorbeugung gegen Pilzkrankheiten geschildert. Die Kräftigung des Pflanzengewebes und die Pilzvorbeuge sind auch in der neuen Beschreibung enthalten.

1.10) Algifert: Der alte Beschrieb enthielt ebenfalls den im Mittelpunkt stehenden Hinweis auf die Kräftigung der Widerstandskraft gegen Schadinsekten und Viruskrankheiten. Die "Erhöhung der Widerstandskraft gegen Schaderreger" findet sich ebenfalls in der aktuellen Schilderung wieder.

1.11) SPS Wurzelbildung: In der bisherigen Beschreibung stand die "Erhöhung der Widerstandskraft gegen Pilzkrankheiten" im Vordergrund. In der neuen Beschreibung ist ebenfalls die "Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Pflanzen gegen Pilz und Witterungskrankheiten" ausgelobt.

Von einem Zurücktreten der Beschreibung der Schutz- bzw. Stärkungswirkungen kann nicht durch das bloße Voranstellen als "interessanter Nebeneffekt" und "nebenbei", nachdem gerade diese Wirkung nach den früheren Beschreibungen der eigentliche Zweck der Mittel waren, gesprochen werden, wie das Verwaltungsgericht meint. Etwas anderes wäre es möglicherweise bei neuen Produkten oder bei Änderung des Produktnamens und der Aufmachung.

Zu dem gleichen Ergebnis gelangen im übrigen die Bayerische Landesanstalt für Bodenkultur und Pflanzenbau in ihrem Schreiben vom 28.3.1995 (AS 145 der Beschwerdeakte), die Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (AS 149 der Beschwerdeakte und die Arbeitsgemeinschaft Pflanzenschutzmittel Verkehrskontrolle der Länder (AS 143 der Beschwerdeakte).

III.

Ermessensfehler liegen nicht vor. Die Entscheidung über den Erlaß des Vertriebsverbotes steht im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, auch wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten erfüllt sind. Der Beklagte hat die öffentlichen Interessen und die privaten Interessen der Klägerin in rechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Ermessensfehler sind nicht zu erkennen (§ 114 VwGO). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist nicht verletzt. Die in der angefochtenen Verfügung enthaltenen "auflösenden Bedingungen" stellen es in das Belieben der Klägerin, durch die Einhaltung der Zulassungs-bzw. Anmeldepflicht ihr Produkt weiter vertreiben zu können. Die Klägerin wird dabei auch nicht in unzumutbarer Weise belastet, sie muß lediglich etwas veranlassen, was für alle Hersteller von Pflanzenschutzmittel bzw. Pflanzenstärkungsmitteln in gleicher Weise gilt. Auf die etwaige tatsächliche Gefährdung für Mensch, Tier und Umwelt durch die hier fraglichen Produkte der Klägerin kommt es nicht entscheidend an, wenn es dem Beklagten um die Einhaltung der Ge- und Verbote des Pflanzenschutzgesetzes geht. Der Gesetzgeber hat Pflanzenschutzmittel und Pflanzenstärkungsmittel wegen ihrer abstrakten Gefährlichkeit, insbesondere bei unsachgemäßem Gebrauch, der Zulassungspflicht bzw. Anmeldepflicht und weiteren Einschränkungen im Einzelhandel bei der Abgabe an den Verbraucher unterworfen. Auch ist mit der Deklarierung von Produkten als Pflanzenschutz- bzw. Stärkungsmittel kein (Un-) Werturteil ("Mittel aus dem Giftschrank") verbunden. Der Klägerin brauchte ebenfalls keine weitere Übergangsfrist eingeräumt zu werden, nachdem sie bereits seit 1991 von der Rechtsansicht des Regierungspräsidiums Kenntnis hatte und mit einem entsprechenden Ausgang des Verfahrens rechnen mußte. Vertrauensschutz kann die Klägerin auch nicht aus dem bisherigen Verhalten des Beklagten oder einer Äußerung des Hessischen Landesamts für Ernährung, Landwirtschaft und Landentwicklung vom 14.11.1982 ableiten und schließlich auch nicht aus dem Umstand, daß das Regierungspräsidium Tübingen 1986 ein Bußgeldverfahren nicht weitergeführt hat.

Aus diesen Umständen konnte die Klägerin nicht den Schluß ziehen, daß das Regierungspräsidium Tübingen bei Verstößen gegen Bestimmungen des Pflanzenschutzgesetzes nicht (mehr) vorgehen werde. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen, daß zum einen sich die Frage nach der Durchführung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach anderen Erwägungen richtet als der Entschluß zum polizeirechtlichen Einschreiten, und daß darüber hinaus das Pflanzenschutzgesetz 1986 novelliert wurde und für die Abgabe an den Verbraucher geänderte Bestimmungen gelten (§ 22 PflSchG). Von einer Verwirkung kann ebenfalls keine Rede sein.

Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz ist nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß die Klägerin das einzige Unternehmen ihrer Art in seinem Zuständigkeitsbereich sei.

IV.

Die Androhung des Zwangsgeldes ist nicht zu beanstanden. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in den §§ 19 Abs. 1 Nr. 1, 20 Abs. 1 und 23 LVwVG. Die Höhe des Zwangsgeldes ist in Anbetracht der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung des Vertriebsverbots (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluß vom 27.08.1992, a.a.O.), worauf auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nochmals hingewiesen hat, nicht zu beanstanden. Ermessensfehler sind auch im übrigen nicht ersichtlich.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.