LG Magdeburg, Urteil vom 28.09.2011 - 7 O 545/11
Fundstelle
openJur 2012, 136299
  • Rkr:
Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Name und Anschrift des Inhabers des Kontos Nr. 4....

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen eine Sicherheitsleistung von 1.000,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin stellt als exklusive Lizenznehmerin das Parfüm der Marke Davidoff her und vertreibt dieses. Laut Lizenzvertrag hat sie der Markeninhaber Zino Davidoff SA berechtigt, Markenrechte geltend zu machen.

Mitte Januar wurde die Klägerin im Rahmen ihrer Marktbeobachtung auf das Angebot eines Verkäufers mit dem Synonym "AA" aufmerksam. Als Inhaber des eBay-Mitglieds-Kontos wurde ihr A. B., ...Straße 1, ... M. mitgeteilt. In einer anderen Zahlungsinformation tauchte die Adressexxx.de auf. Die Zahlung sollte auf das im Auskunftsantrag benannte Konto der ... in Magdeburg erfolgen.

Die Klägerin erwarb am 14.01.2011 über eBay das Parfüm Davidoff Hot Water 100 ml EdT. Versandt wurde das Päckchen unter dem Nachnamen H.. Das Parfüm erwies sich als eine sogar für Laien offensichtliche Fälschung.

Eine Umsatzanalyse vom 04.01.2011 ergab hinsichtlich des Verkäufers "AA" zwischen dem 12.12.2010 und 14.01.2011 einen Gesamtumsatz von 10.956,63 EUR.

Mit Schreiben vom 14.03.2011 forderte die Klägerin die Beklagte auf, Auskunft über Name und Anschrift des Kontoinhabers zu erteilen, was die Beklagte zurückwies.

Die Klägerin behauptet, sie habe sich an die Inhaberin des eBay-Kontos A. B. gewandt und von ihr die Auskunft erhalten, dass sie nicht die Verkäuferin des Parfüms sei und wegen eines bestehenden Zeugnisverweigerungsrechts auch keine weiteren Informationen erteile.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen über Name und Anschrift des Inhabers des Kontos Nr. 4....

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass das Zurverfügungstellen eines Kontos bereits begrifflich keine Tätigkeit ist, die für die Markenrechtsverletzung genutzt wird und meint, sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen zu können.

Gründe

Die Klage ist zulässig. Insbesondere kann sich die Klägerin auf ein Rechtsschutzbedürfnis berufen. Selbst wenn sie - entgegen ihrer Behauptung - bislang nicht versucht hätte, über die Inhaberin des eBay-Kontos Näheres über den Markenrechtsverletzer zu erfahren, musste sie sich nicht auf diesen Weg verweisen zu lassen. Es ist nämlich nicht sicher, dass Klägerin auf diesem Weg schneller Zugriff auf die von ihr begehrten Informationen bekommen würde.

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Auskunftsanspruch aus §19 II Nr. 3, III MarkenG zu.

Die Klägerin ist aufgrund des Lizenzvertrages nach § 30 III MarkenG berechtigt, Klage zu erheben.

Es liegt eine offensichtliche Rechtsverletzung im Sinne des § 19 II MarkenG vor, da nach dem nachvollziehbaren und unwidersprochenen Vortrag der Klägerin die Fälschung auch für Laien sofort ersichtlich ist.

Die Beklagte erbringt in Form der Bereitstellung eines Kontos eine Dienstleistung, die für die Markenrechtsverletzung genutzt wird. Auch die den Zahlungsverkehr abwickelnde Bank wird als Dienstleister im Sinne dieser Vorschrift verstanden (Ingerl/Rohnke, 3. Auflage, MarkenG, Rn.20 zu § 19). Entgegen der Auffassung der Beklagten hält die Kammer die Dienstleistung der Beklagten für eine Tätigkeit, die zur rechtsverletzenden Tätigkeit genutzt wird. Die verletzende Tätigkeit ist die Benutzung einer zu Gunsten der Klägerin geschützten Marke im geschäftlichen Verkehr. Die Markenrechtsverletzung nach § 14 II Nr. 1 MarkenG beginnt mit der Anpreisung des gefälschten Artikels im Internet zum Verkauf. Voraussetzung hierfür ist die Angabe einer Kontoverbindung, denn schließlich erfolgt der Versand nur bei vorheriger Zahlung des Kaufpreises. Über die Herkunft der widerrechtlich gekennzeichneten Ware geben Name und die Anschrift des Kontoinhabers Auskunft, weil davon auszugehen ist, dass der Kontoinhaber auch diejenige Person ist, die den wirtschaftlichen Vorteil aus der Markenrechtsverletzung zieht.

Die Beklagte unterfällt nicht dem Personenkreis, der zur Zeugnisverweigerung berechtigt ist. Insbesondere steht ihr ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht zu. Nach dieser Vorschrift können sich Personen, denen kraft ihres Gewerbes Tatsachen anvertraut sind, deren Geheimhaltung durch ihre Natur oder durch gesetzliche Vorschrift geboten ist, diesbezüglich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht berufen. Die im Vertrag übernommene Verpflichtung der Beklagten, das Bankgeheimnis zu wahren, reicht hierfür jedoch nicht aus. Denn schließlich können nach Sinn und Zweck des § 19 II MarkenG nur Geschäftsgeheimnisse in den Schutzbereich fallen, die sich nicht auf den Verletzungsvorwurf beziehen (so auch: Ingerl/Rohnke, a.a.O., Rn. 26 zu § 19 MarkenG). Wenn bereits die rechtsgeschäftliche Vereinbarung einer Verschwiegenheitsverpflichtung ausreichen würde, um ein Zeugnisverweigerungsrecht zu begründen, könnte der Verletzer selbst durch Vereinbarung mit dem Dienstleister eine Durchbrechung der Auskunftspflicht nach § 19 II MarkenG herbeiführen. Auch die richtlinienkonforme Auslegung der aufgrund der Durchsetzungsrichtlinie 2004/48/EG eingeführten § 19 II MarkenG führt zu dem Ergebnis, dass das vertraglich vereinbarte Bankgeheimnis kein Zeugnisverweigerungsrecht bietet. Art. 8 III d) der Richtlinie gestattete nämlich dem Gesetzgeber nur "die Verweigerung von Auskünften zulassen, mit denen die ... Person gezwungen würde, ihre Beteiligung oder die Beteiligung enger Verwandter an einer Verletzung eines Rechts des Eigentums zuzugeben".

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 I ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 S. 1 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 48 I GKK i.V.m. § 3 ZPO. Zu bewerten ist das Interesse des Klägers an der Auskunft. Hier hat die Kammer berücksichtigt, dass die Klägerin gegen den Verletzer nicht nur Schadensersatz-, sondern auch Unterlassungsansprüche hat, so dass das von der Klägerin angegebenen Streitwertinteresse in Höhe von 3.000,00 € angemessen erscheint.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.000,00 € festgesetzt.

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