ArbG Cottbus, Beschluss vom 26.09.2012 - 2 BV 36/12
Fundstelle
openJur 2012, 128942
  • Rkr:

1. Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG n. F. (Gebot der vorübergehenden Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher) begründet einen Zustimmungsverweigerungsgrund des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG.

2. Zur Auslegung des Begriffs "vorübergehend" in § 1 Abs. 1 S. 2 AÜG n. F. kann § 14 Abs. 1 TzBfG herangezogen werden.

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Zustimmung des Beteiligten zu 2) zur befristeten Einstellung von vier Leiharbeitnehmerinnen sowie um die Feststellung, dass die vorläufigen Einstellungen der vier Leiharbeitnehmerinnen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich waren.

Bei der Beteiligten zu 1) und Antragstellerin (zukünftig Arbeitgeberin genannt) handelt es sich um ein Unternehmen des Gesundheitswesens, das unter anderem in Exxx und Fxxx ein Fachklinikum für Psychiatrie und Neurologie betreibt. Der Beteiligte zu 2) ist der in der Klinik gewählte Betriebsrat. Die Arbeitgeberin übernahm mit Wirkung zum 15. Oktober 2006 im Wege eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB vom Land Brandenburg insgesamt drei Kliniken, und zwar in Gxxx, Fxxx und Exxx. Sie beschäftigt im Klinikum Fxxx ca. 280 Mitarbeiter. Darüber hinaus sind dort ca. 132 Leiharbeitnehmer derzeit tätig.

Die Arbeitgeberin beschäftigt insbesondere Leiharbeitnehmer von der Firma Hxxx sowie von der Firma Jxxx. Die Firma Hxxx und die Firma Jxxx sind hundertprozentige Töchter des Kxxx Konzerns. Diese Personalservicegesellschaften verfügen über eine unbefristete Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des § 1 Absatz 1 Satz 1 AÜG. Sie haben ihren Sitz in einem Verwaltungsgebäude der Kxxx Xxx-Klinik in Lxxx.

Grundsätzlich schreibt die Arbeitgeberin die zu besetzenden Stellen im nichtärztlichen Bereich (außer Maßregelungsvollzug) nur intern aus. Extern schreiben lediglich die Firma Hxxx und die Firma Jxxx sämtliche zu besetzenden Arbeitsplätze aus.

Die Arbeitgeberin bat mit Schreiben vom 23. März 2012 den Betriebsrat um Zustimmung zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerinnen Oxxx, Pxxx (beide Diplomsozialarbeiterinnen) und Qxxx und Rxxx (beide Serviceassistentinnen für den Service-Pool). Die Einstellung sollte über die Firma Hxxx erfolgen.

Mit Schreiben vom 27. März 2012 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung innerhalb einer Woche. Er berief sich jeweils auf Gesetzesverstöße der geplanten Einstellungen gemäß § 99 Absatz 2 Ziffer 1 BetrVG. Danach verstieße die jeweilige Einstellung gegen das Verbot der Scheinleihe sowie gegen das Verbot der Dauerleihe gemäß § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG neue Fassung.

Mit weiterem Schreiben vom 30. März 2012 unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat gemäß § 100 Absatz 2 Satz 1 BetrVG darüber, dass die Einstellung als vorläufige Maßnahme durchgeführt werde. Der Betriebsrat bestritt mit Schreiben vom 5. April 2012 die Dringlichkeit der Maßnahme.

Am 5. April 2012 beantragte die Arbeitgeberin beim Arbeitsgericht Cottbus die Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung der Leiharbeitnehmerinnen sowie die Feststellung der dringenden Erforderlichkeit der diesbezüglichen vorläufigen Einstellungen.

Die Arbeitgeberin behauptet, dass jeweils keine unbefristete Einstellung beabsichtigt gewesen sei, sondern eine jeweils auf begrenzte Zeit befristete Einstellung. Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass dem Betriebsrat bezüglich der Einstellungen der vier Leiharbeitnehmerinnen kein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Absatz 2 BetrVG zustehe. Insbesondere verstoße die jeweilige personelle Maßnahme nicht gegen ein Gesetz im Sinne von § 99 Absatz 2 Ziffer 1 BetrVG.

Auch ein Verstoß gegen das Verbot zur Scheinleihe läge nicht vor. Die Personalservicegesellschaften würde ihre Funktion als Arbeitgeber wahrnehmen.

Es läge auch keine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung vor, da die jeweiligen Leiharbeitnehmerinnen nur befristet eingestellt wurden. Die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern auf einem Dauerarbeitsplatz stelle keinen Verweigerungsgrund für den Betriebsrat dar. Hieran habe sich auch nichts durch das „Erste Gesetz zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetztes - Verhinderung von Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung“ vom 28. April 2011 – geändert.

Schließlich sei auch die Durchführung der vorläufigen Maßnahme im Sinne von § 100 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen. Dass Einstellungen verzögert würden, könne die Arbeitgeberin nicht hinnehmen, wenn dadurch der ordnungsgemäße betriebliche Ablauf gestört werde. Die Einstellung der Arbeitnehmerin Oxxx sei dringend erforderlich gewesen, weil sie die in Mutterschutz und Elternzeit befindliche Arbeitnehmerin Frau Sxxx vertreten müsse. Die Einstellung der Frau Pxxx sei dringend erforderlich um Unterbesetzung zu beseitigen. Die Arbeitnehmerinnen Qxxx und Rxxx seien dringend erforderlich gewesen, um Personalabgänge zu kompensieren und um eine reibungslose Versorgung der Patienten abzusichern.

Die Arbeitgeberin beantragt,

1.a) Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin Oxxx für die Dauer vom 10.04.2012 bis zum Ende des Mutterschutzes und Elternzeit der Stelleninhaberin Frau Sxxx zu ersetzen;1.b) festzustellen, dass die am 10.04.2012 vorgenommene vorläufige Durchführung der befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin Oxxx aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.2.a) Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin Pxxx für die Zeit vom 11.04.2012 bis 09.04.2014 zu ersetzen;2. b) festzustellen, dass die am 11.04.2012 vorgenommene vorläufige Durchführung der befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin Pxxx aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

3.a) Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin Qxxx für die Zeit vom 15.04.2012 bis 14.03.2013 zu ersetzen;3. b) festzustellen, dass die am 15.04.2012 vorgenommene vorläufige Durchführung der befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin Qxxx aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

4.a) Die vom Beteiligten zu 2) verweigerte Zustimmung zur befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin Rxxx für die Zeit vom 15.04.2012 bis 14.03.2013 zu ersetzen;4. b) festzustellen, dass die am 15.04.2012 vorgenommene vorläufige Durchführung der befristeten Einstellung der Leiharbeitnehmerin Rxxx aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war.

Der Betriebsrat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, es liege schon keine Arbeitnehmerüberlassung, sondern eine sogenannte „Scheinleihe“ bzw. „Strohmannkonstruktion“ vor. Der Verleiher verfüge über keine Betriebsorganisation, die eine ordnungsgemäße Arbeitnehmerüberlassung ermögliche. Die Personalservicegesellschaften trägen weder bei Anbahnung und Begründung des Arbeitsverhältnisses hinreichend in Erscheinung, noch seien diese auf dem normalen Leiharbeitsmarkt aktiv. Außerdem würden die Personalservicegesellschaften nicht die üblichen Arbeitgeberpflichten und das Arbeitgeberrisiko übernehmen. Schon aus dem Grund läge ein Gesetzesverstoß und damit ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Absatz 2 Ziffer 1 BetrVG vor.

Zudem bestehe ein Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Absatz 2 Ziffer 1 BetrVG i. V. m. § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG neue Fassung. Die beabsichtigten Einstellungen würden allesamt zu einer Beschäftigung der Leiharbeitnehmerinnen auf Dauerarbeitsplätzen der Antragstellerin führen. Es seien keine vorübergehenden Überlassungen im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG neue Fassung.

Schließlich sei die Notwendigkeit der Neubesetzung der jeweiligen Arbeitsplätze mit Arbeitnehmern jeweils längerfristig vorhersehbar gewesen. Die dringende Erforderlichkeit sei in missbräuchlicher Weise jeweils herbeigeführt worden. Der Arbeitgeber habe sich selbst in Zugzwang gesetzt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

II. Die Zustimmungsersetzungsanträge sind unbegründet. Auch die Anträge auf Feststellung, dass die vorläufigen Einstellungen der Leiharbeitnehmerinnen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sind, (Anträge zu b), waren unbegründet.

1. Der Betriebsrat hat sich zu Recht auf den Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 99 Absatz 2 Ziffer 1 BetrVG berufen. Die beabsichtigten Einstellungen der Leiharbeitnehmerinnen Oxxx, Pxxx, Qxxx und Rxxx verstoßen gegen das gesetzliche Verbot der Dauerleihe in § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG neue Fassung.

a) Hinsichtlich der Begründung verweist die Kammer auf die ausführliche Begründung des Arbeitsgerichts Cottbus, Beschluss vom 22. August 2012 – 4 BV 2/12 zu II. 1. b) bb) der Gründe, die hier im Wesentlichen wiedergegeben werden.

Hier erfolgte die Einstellung der Leiharbeitnehmerinnen in den Fällen der Frau Oxxx, Frau Pxxx, Frau Qxxx und Frau Rxxx nicht vorübergehend im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG.

Zur Klärung der Frage, ob die Überlassung vorübergehend im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG erfolgte, ist der Begriff „vorübergehend“ auszulegen, da sowohl der europäische als auch der nationale Gesetzgeber auf eine nähere, auch auf eine zeitliche Festlegung bewusst verzichtet hat.

Vorübergehend bedeutet „nur für kurze Zeit“, temporär, zeitweilig oder negativ formuliert „nicht endgültig“, „nicht dauerhaft“ (vgl. Bartl/ Romanowski, NZA Online Aufsatz, 3/12, S. 3; vgl. Hamann, NZA 2011, S. 70 ff. (72)).

Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Umsetzung der Leiharbeitsrichtlinie bewusst nicht für eine zeitliche Höchstgrenze entschieden. Dies ergibt sich bereits aus der Begründung des Gesetzesentwurfs vom 17.02.2011 (BT-Dr 17/4804). Danach wird der Begriff „vorübergehend“ im Sinne der Leiharbeitsrichtlinie als flexible Zeitkomponente verstanden und insbesondere auf genau bestimmte Höchstüberlassungsfristen verzichtet. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dagegen für eine sogenannte „Zweckbefristungslösung“ entschieden (Hamann, NZA 2011, 70 ff. (72)). Dementsprechend ist bei der Auslegung des Wortes „vorübergehend“ der Zweck des Gesetzes, einen dauerhaft bestehenden Arbeitskräftebedarf nicht durch den Einsatz von Leiharbeitnehmern zu befriedigen, zu beachten (vgl. Bartl/Romanowski, NZA Online Aufsatz 3/12, S. 3; vgl. auch die Ausführungen unter 1., b), bb)), (1)).

Um diesem Zweck Sorge zu tragen, und gleichzeitig eine praktikable und transparente Lösung zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgabe „vorübergehend“ zu erhalten, zieht die Kammer – wie auch ein Großteil der Literatur - § 14 Abs. 1 TzBfG zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ heran (so auch Bartl/Romanowski, NZA Online Aufsatz, 3/12, S. 4; Preis/ Sansone S. 21 ff.; Fitting, BetrVG, 26. Aufl., § 99 Rn. 192a; vgl. auch Ausführungen von Hamann in NZA 2011, 70 ff., 73, wobei Hamann die sogenannte „Missbrauchskontrolle“ favorisiert).

Hierfür spricht zum einen die wortgleiche Verwendung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG n.F. und in § 14 Abs. 1 S. 2 Ziff. 1 TzBfG.

Auch die Gesetzesentwurfsbegründung vom 02.09.2010 lieferte Anhaltspunkt für eine Auslegung des Begriffs „vorübergehend“, indem sie sich eng an die Befristungsgründe des § 14 TzBfG anlehnt. Im Referentenentwurf vom 2.09.2010 wurde erstmals der Begriff „vorübergehend“ im Zusammenhang mit der Änderung des § 1 Abs. 2 AÜG eingefügt. In diesem Entwurf wurde eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass durch die Beschränkung der Leiharbeit auf vorübergehende Überlassungen der Einsatz auf Dauerarbeitsplätzen verhindert werden sollte. Des Weiteren heißt es in der Begründung: „In der Regel kann immer dann von einer vorübergehenden Überlassung ausgegangen werden, wenn der Einsatz in dem Entleiherunternehmen nicht dauerhaft sein soll und beispielsweise im Rahmen einer Urlaubs- oder Krankheitsvertretung oder zur Durchführung eines besonderen Projekts oder Auftrags stattfindet.“

Eine inhaltliche Distanzierung von den im Referentenentwurf vom 02.09.2010 enthaltenen Erläuterungen ist im Laufe des weiteren Gesetzgebungsverfahrens nicht erfolgt. Sie sind deshalb weiter zur Auslegung heranzuziehen (vgl. Bartl/Romanowski, NZA Online Aufsatz 3/12, S. 3). Damit orientierte sich offenbar der Gesetzgeber auch an sachlichen Gründen, insbesondere solchen im Sinne von § 14 Abs. 1, Satz 2 Ziffer 1 und 3 TzBfG.

Schließlich kann auch auf die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 21.03.1990, 7 AZR 198/89 zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in § 1 Abs. 3 Ziff. 2 AÜG alte Fassung abgestellt werden. Ein wichtiges Indiz für eine vorübergehende Arbeit eines Leiharbeitnehmers (bei der Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen) sah das Gericht hierbei in der Art der vom überlassenen Arbeitnehmer beim Entleiher wahrzunehmenden Aufgaben. Handelte es sich dabei um solche, die bei einer Direktanstellung des Arbeitnehmers dazu geeignet wären, eine Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der jeweiligen Überlassung sachlich zu rechtfertigen, so sprach dies nach Auffassung des BAG gegen eine Wertung dieses Tatbestandes im Sinne einer unzulässigen privaten Arbeitsvermittlung. Nahm der überlassene Arbeitnehmer beim Entleiher dagegen Daueraufgaben wahr, die bei einer direkten Anstellung des Arbeitnehmers eine Befristung des Arbeitsverhältnisses sachlich nicht rechtfertigen könnten, so sprach dies für eine Schwerpunktverlagerung des Arbeitsverhältnisses vom überlassenen Arbeitnehmer zum Entleiher und damit letztlich gegen eine nur vorübergehende Arbeitsleistung. Das Bundesarbeitsgericht orientierte sich hier im Rahmen der Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ ebenfalls an den Befristungsgründen des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.

Dieser Maßstab muss auch zur Auslegung des Begriffs „vorübergehend“ in der Neufassung des § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG herangezogen werden. „Sachliche Gründe“ dürften jedoch im Hinblick auf die Tätigkeit als Leiharbeitnehmer lediglich bei Abstellen auf § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 3 TzBfG zu sachgerechten Ergebnissen führen (vgl. Preis/Sansone, S. 21; vgl. auch Bartl/Romanowski, NZA Online Aufsatz 3/12, S. 4 ff.).

b) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt hier kein sachlicher Grund im Sinne von § 14 Absatz 1 Satz 2 TzBfG für die vorübergehende Überlassung von Leiharbeitnehmern vor.

Die Zustimmung zur befristeten Einstellung der Frau Oxxx war nicht zu ersetzen, da kein sachlicher Grund für eine Befristung vorlag. Hier handelte es sich unstreitig um einen Dauerarbeitsplatz. Die Stelleninhaberin Frau Sxxx war ihrerseits Leiharbeitnehmerin. Da die Beteiligte zu 1) nicht die Arbeitgeberin der Frau Sxxx war, konnte sie auch nicht den Arbeitsplatz dieser Arbeitnehmerin frei halten für ihre etwaige Rückkehr aus der Elternzeit. Damit erfolgte die Überlassung der Frau Oxxx nicht mehr nur „vorübergehend“ und verstieß gegen § 1 Absatz 1 Satz 2 AÜG.

Auch die Zustimmung der Frau Pxxx war nicht zu ersetzen, da die Arbeitgebern nach einem geänderten Konzept die Stelle neu geschaffen hatte. Ein vorübergehender Mehrbedarf lag mithin nicht vor. Die Arbeitgeberin hat dauerhaft Bedarf auf diesem Arbeitsplatz.

Schließlich lag auch ein Zustimmungsverweigerungsgrund seitens des Betriebsrats zur Einstellung der Frau Qxxx und der Frau Rxxx vor. Diese beiden Stellen beabsichtigte die Arbeitgeberin ebenfalls wegen Personalabgangs im Service-Pool wieder zu besetzen. Es handelte sich unstreitig um einen wieder zu besetzenden Dauerarbeitsplatz.

2. Die Anträge auf Feststellung, dass die vorläufigen Einstellungen der Leiharbeitnehmerinnen aus sachlichen Gründen dringend erforderlich sind, (Anträge b), waren ebenfalls unbegründet.

Nach § 100 Absatz 3 Satz 1 BetrVG darf das Arbeitsgericht den Feststellungsantrag nur zurückweisen, wenn die vorläufige Maßnahme offensichtlich aus sachlichen Gründen nicht dringend erforderlich war. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es für die dringende Erforderlichkeit der vorläufigen Durchführung einer Personalmaßnahme allein darauf an, ob es mit dem ordnungsgemäßen betrieblichen Ablauf zu vereinbaren ist, dass der Arbeitsplatz für längere Zeit unbesetzt bleibt. Das Merkmal „offensichtlich in § 100 Absatz 3 Satz 1 BetrVG erfordert eine grobe Verkennung der sachlich betrieblichen Notwendigkeit der vorläufigen Durchführung der Personalmaßnahme seitens des Arbeitgebers, wobei von dessen Sicht im Zeitpunkt der Durchführung der dringlich angesehenen Maßnahme auszugehen ist, vergleiche BAG vom 6.10. 1978, 1 ABR 51/77. Ein Recht zur vorläufigen Durchführung der personellen Maßnahme hat der Arbeitgeber wenn er als verantwortungsbewusster Arbeitgeber im Interesse des Betriebes alsbald handeln muss, die geplante Maßnahme also keinen Aufschub verträgt. Die Dringlichkeit muss allerdings auf vom Arbeitgeber nicht rechtzeitig voraussehbaren Umständen beruhen, vergleiche Fitting, BetrVG 23. Auflage § 100 Rn 4. Der Arbeitgeber darf sich also nicht bewusst selbst in Zugzwang setzten, um nach § 100 BetrVG handeln zu können, vergleiche Fitting, BetrVG 23. Auflage § 100 Rn 4 mit weiteren Nachweisen.

Vorliegend hat die Arbeitgeberin die Erforderlichkeit der Besetzung der Stellen in missbräuchlicher Weise herbeigeführt. Die Kammer konnte der Argumentation des Betriebsrats im Kammertermin folgen, wonach die Arbeitgeberin den vorliegenden – unstreitigen – dringenden Bedarf an Personal nicht durch eine gesetzeswidrige Besetzung decken darf und insoweit eine Festeinstellung hätte vornehmen müssen. Alle Arbeitsplätze waren längerfristig bereits zu besetzen gewesen, weil sie schon längere Zeit unbesetzt waren. Die Arbeitgeberin hätte die Stellen durch Ausschreibung auf dem externen Arbeitsmarkt besetzten können.