VG Freiburg, Urteil vom 16.10.2002 - 1 K 836/00
Fundstelle
openJur 2013, 12420
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Anordnung des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald, ein Sachverständigengutachten zur Frage der Realisierbarkeit einer Sicherung und Sanierung der Abraumhalde Buggingen im Rahmen eines Sanierungsplans vorzulegen.

Die Rechtsvorgängerfirmen der Klägerin bauten in dem Kaliwerk Buggingen seit 1923 bis zu seiner Schließung am 30.04.1973 Kalisalze ab. Die Halde Buggingen entstand bereits zu Beginn des Abbaus und wurde im staatlichen Einverständnis sowohl errichtet als auch betrieben. Eine der Rechtsvorgängerfirmen der Klägerin, die Firma XXXXX, hatte mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 16.12.1970 die frühere Betreiberfirma XXXXX GmbH im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übernommen und bis zu seiner Auflösung im Jahr 1974 betrieben. Das Grundstück, auf dem sich die Halde befindet, wurde 1980 an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts veräußert, die die Fläche 1985 an die heutigen Grundstückseigentümer verkaufte. Die ursprünglich aus Rückständen und Schlamm, mittlerweile aber zu etwa 80 % aus Steinsalz bestehende Halde hat derzeit ein Volumen von ca. 350.000 bis 400.000 cbm Abraummaterial mit einem Anteil von ca. 200.000 bis 250.000 Tonnen Chlorid. Die Halde Buggingen wurde in einer 3 - 4 m tiefen Mulde auf dem Werksgelände angelegt und umfasst eine ca. 3,6 ha große Fläche bei einer Höhe von etwa 40 m. Die steile Oberfläche der Halde ist von Regenrinnen durchfurcht, die das Wasser rasch abfließen lassen, bis es am Fuße der Halde in den Untergrund gelangt. Ein Erdwall um die Halde begrenzt das Austreten des Salzwassers. An der Südseite sind Einbrüche, Risse und metertiefe Klüfte entstanden, die das Wasser sturzbachartig in die Tiefe dringen lassen. Eine historische Erkundung des Wasserwirtschaftsamtes Freiburg geht davon aus, dass etwa 4.200 Tonnen NaCl jährlich bei Niederschlägen in das Grundwasser gelangen.

Am 21.12.1973 zeigte die Rechtsvorgängerfirma der Klägerin dem zuständigen Landesbergamt unter Vorlage des Abschlussbetriebsplanes die beabsichtigte Stilllegung des Bergwerkes an. Auf die Problematik der Grundwasserbeeinträchtigung durch Eintrag von Schadstoffen aus der Halde wurde dabei nicht ausdrücklich eingegangen, obwohl sowohl dem Bergbauunternehmer als auch dem Bergamt die Grundwasserbeeinflussung durch Salzeintrag aus der Diskussion um die ebenfalls zum Bergwerksbetrieb der Klägerin gehörende Halde bei Schacht III in Heitersheim bekannt gewesen war. Mit Verfügung vom 10.04.1974 wurde der Abschlussbetriebsplan durch die zuständige Bergbehörde ohne weitere Maßgaben zugelassen. Die Rechtsvorgängerfirma der Klägerin wurde schließlich durch Bescheid des Landesbergamtes vom 13.07.1988 aus der Bergaufsicht für das Werk Buggingen entlassen.

Seit Anfang 1990 versuchten die Beteiligten, mit der Unterstützung von Fachbehörden und Sachverständigen eine einvernehmliche Lösung zur Sanierung der Kalihalde zu erreichen. Es wurden zahlreiche Besprechungen geführt, die allesamt zu keinem greifbaren Ergebnis führten. Die letzte Besprechung fand am 13.11.1998 statt.

Mit Verfügung vom 19.02.1999 verpflichtete das Landratsamt Breisgau-Hochschwarzwald die Rechtsvorgängerfirma der Klägerin, im Rahmen eines Sanierungsplanes durch ein anerkanntes und fachlich geeignetes Gutachterbüro zur Frage der Realisierbarkeit einer Sicherung und Sanierung der Abraumhalde Buggingen Stellung zu nehmen. Einzelne Erörterungsgesichtspunkte wurden dazu vorgegeben. Zugleich wurde die Klägerin in Ziffer 6 der Verfügung verpflichtet, aus einer definierten Messstelle bis auf weiteres zwei mal jährlich Proben entnehmen und auf die Parameter Natrium, Kalium und Chlor untersuchen zu lassen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 29.02.2000, der Klägerin am 06.03.2000 zugestellt, wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch der Rechtsvorgängerfirma der Klägerin vom 10.03.1999 gegen die Ausgangsverfügung des Landratsamtes zurück. Dabei wurden die Anordnungen des Landratsamtes - nach Änderung der gesetzlichen Grundlagen - auf das Bundes-Bodenschutzgesetz gestützt.

Am 03.04.2000 hat die Rechtsvorgängerfirma der Klägerin Klage erhoben und nach Rechtshängigkeit ihre Firmenbezeichnung geändert. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass sie nicht verpflichtet sei, im Rahmen einer Sanierungsplanung zur Frage der Realisierbarkeit einer Sicherung und Sanierung der Abraumhalde Buggingen Stellung zu nehmen. Sie sei weder Zustands- noch Verhaltensstörer. Auch sei sie nicht aus sonstigen Rechtsgründen für die Erstellung einer Sanierungsplanung verantwortlich. Jedenfalls scheitere ihre Inanspruchnahme daran, dass sämtliche Betriebshandlungen durch behördliche Zulassungen in Kenntnis der möglichen Auswirkungen auf das Grundwasser legalisiert worden seien. Die Aufhaldung bzw. Ablagerung des Abraummaterials sei auf der Grundlage zugelassener bergrechtlicher Betriebspläne erfolgt. Voraussetzung für die Zulassung der bergrechtlichen Betriebspläne für die Dauer von jeweils 2 Jahren durch das auch für die Prüfung wasserrechtlicher Belange zuständige Bergamt sei gewesen, dass von der Aufhaldung keine gemeinschädlichen Einwirkungen - mithin also keine Grundwasserbeeinträchtigungen - zu erwarten gewesen seien. Da die zuständige Behörde bereits zum Zeitpunkt der endgültigen Ablagerung keine Auflagen zur Vermeidung einer schon damals objektiv erkennbaren Grundwasserbeeinträchtigung erlassen habe, obwohl schon damals der Besorgnisgrundsatz des § 34 Abs. 2 WHG gegolten habe, könne aufgrund der damit begründeten Legalisierungswirkung heute aus § 34 Abs. 2 WHG keine Handlungspflicht mehr abgeleitet werden. Auch seien weder in dem zugelassenen Abschlussbetriebsplan noch in der Entlassung aus der bergrechtlichen Aufsicht Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers für nötig erachtet worden, obwohl die zuständige Behörde die genauen Umstände der Ausspülung von Salzen ins Grundwasser gekannt habe. Schließlich habe die Behörde die Möglichkeit zum Einschreiten verwirkt. Die Klägerin habe durch die langjährige Zulassungspraxis - wegen der Kenntnis der zuständigen Behörde von einer Versalzung des Grundwassers durch Haldenwässer - darauf vertrauen dürfen, dass ihr Handeln rechtmäßig und der geschaffene Zustand nicht später wieder zu beseitigen sei. Zudem sei eine Polizeipflichtigkeit der Klägerin verjährt. In der mündlichen Verhandlungen erhob der Prozessbevollmächtigte der Klägerin schließlich noch den Einwand, dass die Kalihalde aufgrund der Regelung des § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrW/AbfG nicht als Abfall im Rechtssinne angesehen werden könne.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald vom 19.02.1999 mit Ausnahme deren Ziffer 6 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 29.02.2000 aufzuheben.

Das beklagte Land beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land trägt vor, dass nunmehr das Bundesbodenschutzgesetz (BBodSchG) Anwendung finde. Das Bundesberggesetz sei im vorliegenden Fall nicht mehr anwendbar, nachdem das Werk Buggingen mit Bescheid des ehemaligen Landesbergamtes vom 13.07.1988 aus der Bergaufsicht entlassen worden sei. Rechtsgrundlage für die Anordnung der Sanierungsuntersuchungen und der Sanierungsplanung seien die §§ 10 Abs. 1 und 13 Abs. 1 BBodSchG. Das Verlangen, die Sanierungsuntersuchungen sowie den Sanierungsplan von einem Sachverständigen erstellen zu lassen, stütze sich nun auf § 13 Abs. 2 BBodSchG. Rechtsgrundlage für die Anordnung zu Beprobungen und Untersuchungen der Messstelle seien die §§ 10 und 15 Abs. 2 und 3 BBodSchG. Die Störereigenschaft der Klägerin ergebe sich aus § 4 Abs. 3 BBodSchG. Sie sei Gesamtrechtsnachfolgerin der Firmen, die die Kalihalde betrieben hätten. Im Rahmen der Störerauswahl sei das der Behörde zustehende Auswahlermessen von dem Vorrang der Effektivität bestimmt worden. Die Klägerin habe ausreichend Erfahrung mit der Sanierung entsprechender Halden, sie habe den wirtschaftlichen Nutzen aus der Ablagerung gezogen und sei leistungsfähig, was für die Grundstückseigentümer nicht oder nur sehr eingeschränkt gelte. Die Kalihalde sei als ein Grundstück, auf dem Bergbauabfälle gelagert würden, eine Altlast im Sinne von § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG. Die Lagerung des Materials sei unter Verstoß gegen die grundwasserschützende Vorschrift des § 34 Abs. 2 WHG erfolgt, was Gefahren für die Allgemeinheit hervorgerufen habe, da es dadurch zu Chlorid-, Kalium- und Natriumeintragungen in den Boden und das Grundwasser gekommen sei. Die in der Trinkwasserverordnung niedergelegten zulässigen Grenzwerte seien für Chlorid und Natrium um das Vier- bis Fünffache, für Kalium um das Zehnfache überschritten worden. Weder durch die Zulassung des Abschlussbetriebsplanes noch durch die Entlassung aus der Bergaufsicht sei die Klägerin aus ihrer Verantwortlichkeit entlassen worden. Die für gewerbe- und immissionsschutzrechtliche Genehmigungen entwickelten Grundsätze der Legalisierungswirkung seien auf bergrechtliche Zulassungen von Betriebsplänen nicht anwendbar. Zudem könnten nach der Zulassung des Abschlussbetriebsplanes und der Entlassung aus der Bergaufsicht die polizeibehördlichen Eingriffsbefugnisse nicht stärker beschränkt werden als die ursprünglichen bergrechtlichen Eingriffsermächtigungen. Die Klägerin könne einer Anordnung zur Gefahrenbeseitigung die Legalisierungswirkung jedenfalls in dem Umfang nicht entgegensetzen, als sie auch während des Betriebs mit nachträglichen Anordnungen habe rechnen müssen. Eine Anordnung zur Gefahrenabwehr wegen des Austritts salzhaltiger Auswaschungen hätte nach § 71 Abs. 1 BBergG erfolgen können. Der zugelassene Abschlussbetriebsplan enthalte keine ausdrückliche Regelung über die Zulässigkeit der Grundwasserbelastung. Nach § 14 Abs. 3 WHG hätten der Abschlussbetriebsplan aus dem Jahre 1974 und die anschließende Zulassung des Einvernehmens der zuständigen Wasserbehörde bedurft, welches in keinem Fall eingeholt worden sei. Die Entscheidung enthalte somit keine abschließende Regelung. Deshalb könne die Klägerin nunmehr keinen Vertrauensschutz dafür geltend machen, dass sie künftig nicht mehr in Anspruch genommen werden könne. Schließlich könne die Klägerin für sich weder das Rechtsinstitut der Verwirkung noch das der Verjährung in Anspruch nehmen, da in beiden Fällen ordnungsrechtliche Pflichten nicht Gegenstand eines Rechts- oder Anspruchsverlustes sein könnten.

Der Kammer liegen die einschlägigen Akten des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald und des Regierungspräsidiums Freiburg vor. Zudem wurden die Akten des Verwaltungsgerichts Freiburg im Verfahren 1 K 52/97 beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf diese Akten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, und die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Verfügung des Landratsamtes Breisgau-Hochschwarzwald vom 19.02.1999 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Freiburg vom 29.02.2000 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Die sicherheitsrechtlichen Anordnungen des Landratsamtes wurden zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zu Recht auf die Regelungen des Bundes-Bodenschutzgesetzes gestützt, das am 01. März 1999 in Kraft trat (BGBl. I, 502). Diese gehen den landesrechtlichen Regelungen des Landesabfallgesetzes, auf die noch der Ausgangsbescheid abhob, wegen ihrer Vorranggeltung als Bundesrecht vor (Art. 31 GG).

Die Halde stand insbesondere nicht mehr unter dem Regime der ursprünglich auf den gesamten Bergbaubetrieb anzuwendenden Regelungen des Bergrechts. Dies gilt sowohl für die Vorschriften des Bundesberggesetzes, die nach § 169 Abs. 2 Satz 1 BBergG vom 13.08.1980 (BGBl. I S. 1310) nicht auf Betriebe im Sinne des Absatzes 1, die bei Inkrafttreten des Gesetzes am 01.01.1982 bereits endgültig eingestellt waren, anzuwenden sind, als auch für die Vorschriften des vor Inkrafttreten des Bundesberggesetzes anzuwendenden Badischen Berggesetzes vom 22.06.1890 in der Fassung des zweiten Gesetzes zur Änderung der bergrechtlicher Vorschriften vom 18.05.1971 (GBl. S. 161). Diese sind nach der Einstellung des Bergwerksbetriebes und jedenfalls nach der Entlassung aus der Bergaufsicht nicht mehr anzuwenden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, - 1 S 1245/99 -; OVG NRW, Urt. v. 16.09.1976, ZfB 1977, 110; Bay. VGH, Urt. v. 14.10.1980, ZfB 1981, 465). Spezielle bergrechtliche Vorschriften, die die Ordnungsbehörden auch nach der Stilllegung eines Bergwerks dazu ermächtigen, den ehemaligen Betreiber zur Vornahme von Gefahrenabwehrmaßnahmen zu verpflichten, gibt es nicht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, - 1 S 1245/99 -).

Da Bergrecht nach der Entlassung des Kalibergwerks Buggingen aus der Bergaufsicht somit keine Rolle mehr spielt, findet das Bundes-Bodenschutzgesetz auch nach der Subsidiaritätsregelung in § 3 Abs. 1 Nr. 10 BBodSchG auf schädliche Bodenveränderungen und Altlasten Anwendung, da insoweit Vorschriften des Bundesberggesetzes Einwirkungen auf den Boden nicht (mehr) spezialgesetzlich regeln.

Die Kalihalde Buggingen ist als sog. Altablagerung eine Altlast im Sinne von § 4 Abs. 3 S. 1 und § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG. Unter Halden werden im bergrechtlichen Sinne künstliche Anhäufungen der bei der Aufsuchung oder Gewinnung von Bodenschätzen angefallenen Gesteinsmassen verstanden (vgl. Boldt/Weller, Bundesberggesetz, 1984, § 128 Rdnr. 2). Werden diese Gesteinsmassen endgültig auf einer Abraumhalde abgelagert, stellen diese sowohl nach dem objektiven als auch nach dem subjektiven Abfallbegriff Abfall im rechtlichen Sinne dar. Hieran ändert auch die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 4 KrW/AbfG nichts, da dort für bergbauliche Abfälle lediglich die Geltung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ausgeschlossen wird. Das Bundes-Bodenschutzgesetz ist indes auch für bergbauliche Abfälle anwendbar, die auf einem Grundstück abgelagert worden sind (§ 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG).

Die geforderte Erstellung eines Sanierungsgutachtens findet ihre Rechtsgrundlage in den Eingriffsermächtigungen der §§ 4 Abs. 3, 10 Abs. 1 und 13 BBodSchG. Die Forderung, dieses durch einen Sachverständigen erstellen zu lassen, ist nach § 13 Abs. 2 i.V.m. § 18 BBodSchG zulässig. Wegen der Ausbreitung der Versalzung des Grundwassers können in besonderem Maße Gefahren für die Allgemeinheit ausgehen. Insbesondere das Grundwasser ist als eine natürliche Lebensgrundlage gegen Verschmutzungen besonders zu schützen (vgl. Art. 20a GG; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 03.09.2002, - 10 S 957/02 -). Zudem ist es naheliegend, dass aufgrund des Ausmaßes der eingetretenen Grundwasserverschmutzungen ein abgestimmtes Vorgehen zur Sanierung der Altlast notwendig ist.

An der Bestimmtheit der Verfügung vom 19.02.1999 bestehen keine Zweifel. Die Ziffern 1 bis 5 der Verfügung des Landratsamtes vom 19.02.1999 entsprechen im Wesentlichen den Ausführungen des Anhangs 3 Nr. 1 und 2 sowie dem Anhang 2 Nr. 3.2.e der BBodSchVO vom 12.07.1999 (BGBl I, 1554). Der Klägerin war - nicht zuletzt aufgrund der sich über Jahre hinziehenden Besprechungen - bekannt, welche Punkte die eingehende Sanierungsuntersuchung behandeln sollte.

Die Klägerin war zwar nicht Verursacher der Altablagerung, sie kann aber als Gesamtrechtsnachfolger i.S.v. § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG sicherheitsrechtlich in Anspruch genommen werden. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass sie Gesamtrechtsnachfolger der für die Haldenerstellung und -erweiterung polizeirechtlich verantwortlichen Bergbaugesellschaft ist. Sie ist damit auch Gesamtrechtsnachfolger im Sinne dieser Vorschrift. Die Grundentscheidung des Gesetzgebers, Gesamtrechtsnachfolger als Verhaltensstörer selbst für ein vor der Normierung liegendes Verhalten in Anspruch nehmen zu können, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. Erbguth/Stollmann, DVBl 2001, 601/602 f.). Ein Verstoß gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Rückwirkungsverbot liegt nicht vor (vgl. Bickel, Bundes-Bodenschutzgesetz, 2. Aufl. 2000, § 4 Rdnr. 28, 31; a.A. Bender/Sparwasser/Engel, Umweltrecht, 4. Aufl. 2000, Kap. 7 Rdnr. 217). Die gesetzliche Übernahme der bis zum Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes geltenden Rechtsprechung verschiedener Oberverwaltungsgerichte spricht für die Zulässigkeit einer derartigen Rückwirkung (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 04.03.1996, - 10 S 2687/95 -; Holzwarth/Radtke/Hilger/Bachmann, Bundes-Bodenschutzgesetz/Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung, Handkommentar, 2. Aufl. 2000, § 4 BBodSchG Rdnr. 91 m.w.N.). Insbesondere ist eine Rückwirkung verfassungsrechtlich dann nicht zu beanstanden, wenn die geltende Rechtslage unklar oder verworren ist (vgl. BVerfG, Beschluss v. 08.06.1977, - 2 BvR 499/74 und 1042/75 -, BVerfGE 45, 142/173 f.). Schließlich ist die Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots echter Rückwirkung in § 4 Abs. 3 S. 1 BBodSchG auch im Lichte der bei seinem Inkrafttreten bereits geltenden Schutzzielbestimmung des Art. 20a GG zu sehen. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen rechtfertigt gerade bei der Sanierung von schädlichen Bodenveränderungen und Altlasten die getroffene gesetzliche Regelung.

Schließlich ist es unstreitig, dass die Salzauswaschungen aus der Abraumhalde schädliche Bodenveränderungen mit sich bringen und durch die Belastung des Grund- und Trinkwassers über die in der nach § 4 Abs. 2 BBodSchVO i.V.m. Ziff. 3.2. des Anhangs 2 heranzuziehenden Trinkwasserverordnung (BGBl. I 1986, 760) festgelegten Werte hinaus eine Gefahr für die Allgemeinheit i.S.v. § 2 Abs. 5 Nr. 1 BBodSchG darstellen.

Das Auswahlermessen wurde durch das Landratsamt rechtmäßig betätigt. Es ist nicht zu beanstanden, wenn die Klägerin - im Gegensatz zu den als Zustandsstörern heranziehbaren Grundstückseigentümern - vorrangig in Anspruch genommen wird, da sie die auftretenden Gefahren besser beherrschen kann, als Gesamtrechtsnachfolger der tatsächlichen Verursacher von der Ablagerung wirtschaftlich profitiert hat, finanziell leistungsfähiger und in der Sanierung von Kalihalden erfahren ist und ihr daher auch Gefahrenbeseitigungsmaßnahmen eher zugemutet werden können.

Der Störerhaftung der Klägerin steht eine Legalisierungswirkung der zum Bergwerk Buggingen ergangenen bergaufsichtsrechtlichen Verfügungen nicht entgegen. Die Klägerin kann ihrer Inanspruchnahme als Verhaltensstörer auch nicht eine Legalisierungswirkung durch langjährige staatliche Gestattung oder aufgrund einer behördlichen Genehmigung entgegenhalten.

Die staatliche Gestattung der Halde - ohne ausdrückliche Genehmigung - ist für deren sicherheitsrechtliche Behandlung ohne Bedeutung. Grundsätzlich kann aus selbst langjähriger behördlicher Untätigkeit ebenso wenig wie aus pflichtwidriger Duldung eine Legalisierungswirkung abgeleitet werden, weil es an einer positiven Willensäußerung der Behörde in Form eines Verwaltungsakts fehlt, die Anknüpfungspunkt einer solchen Wirkung sein könnte (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 04.03.1996, - 10 S 2687/95 -, zitiert nach juris; Kothe, VerwArch 88, 456/480 m.w.N.).

Den zugelassenen Betriebsplänen für das Bergwerk Buggingen kann ebenso wenig eine legalisierende Wirkung zukommen, wie dem zugelassenen Abschlussbetriebsplan:

Für das Gewerbe- und Immissionsschutzrecht hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die ordnungsbehördliche Generalklausel in der Regel keine Handhabe bietet, um gegen immissionsschutzrechtlich wirksam genehmigte Anlagen einschreiten zu können (BVerwGE 55, 118/120 ff.). Die Erteilung von Genehmigungen büßte einen wesentlichen Teil ihres Sinnes ein, wenn gleichwohl gegen den genehmigten Zustand unter Berufung auf die ordnungsbehördliche Generalklausel, d. h. unter Berufung auf das Vorliegen einer Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung, eingeschritten werden dürfte. Die Vorschriften des allgemeinen Polizeirechts sind zwar nicht im Wege der Gesetzesspezialität formell verdrängt, jedoch schließt die Legalisierungswirkung einer Genehmigung aus, die in der Generalklausel bezeichneten Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Einschreitens für gegeben zu halten (BVerwGE 55, 118/121). Im einzelnen ist die Frage einer Legalisierungswirkung von erteilten Genehmigungen - insbesondere hinsichtlich Umfang und Reichweite - in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Überwiegend wird jedoch die Auffassung vertreten, dass die Legalisierungswirkung nur im Rahmen des Regelungsgehalts der Genehmigung eintreten kann; ausschlaggebend sind Gegenstand, Inhalt und Umfang der konkreten Regelung des Genehmigungsbescheides (vgl. BVerwGE 55, 118/123; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.12.1989 - 1 S 2719/89 -, UPR 1990, 310/312 und Beschl. v. 04.03.1996 - 10 S 2687/95 -, NVwZ-RR 1996, 387/389; Martens, DVBl. 1981, 597/605 ff.; Breuer, JuS 1986, 359/362; Kloepfer, Umweltrecht, 2. Aufl., München 1998, § 12 RdNr. 72).

Die für gewerbe- und immissionsschutzrechtliche Genehmigungen von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten Grundsätze der Legalisierungswirkung sind nach überwiegender Auffassung auf bergrechtliche Zulassungen von Betriebsplänen nicht anwendbar (vgl. Kothe, VerwArch 88, 456/478; Breuer, JuS 1986, 359/363; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10.01.1985, NVwZ 1985, 355 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.09.1996 - 21 A 7041/95 -, ZfB 1997, 36 ff.; VG Köln, Urt. v. 21.09.1995, ZfB 1996, 89/93; a.A.: Kloepfer, NuR 1987, 7/13 ff.). Die bergrechtliche Betriebsplanzulassung stellt lediglich eine schlichte Präventionskontrolle dar. Sie sichert dagegen seit jeher nicht gegen repressive Verfügungen der Bergaufsicht. Die Bergbehörde konnte selbst seit der Geltung des strengeren Bundesberggesetzes nach § 71 Abs. 1 und 2 BBergG die „erforderlichen Anordnungen“ treffen, wenn eine Gefahr im Hinblick auf bergaufsichtliche Belange, für Beschäftigte oder Dritte eintrat (vgl. Breuer, JuS 1986, 359/362 m.w.N.). Gegen eine Legalisierungswirkung der bergrechtlichen Betriebserlaubnis spricht auch, dass die Betriebshandlungen des Bergbaus wegen des Eingriffs in die Erdkruste von vornherein eine im Verhältnis zum Normalmaß erhöhte Gefahrentendenz zeigen (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluß vom 10.01.1985 a.a.O.) und von ihnen somit stets eine latente Gefährdung der Erdoberfläche ausgeht (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 26.09.1996 a.a.O. sowie Urteil vom 29.03.1984, UPR 1984, 279). Im Gegensatz zu stillgelegten immissionsschutzrechtlichen Anlagen kann sich die latente Gefährdung der Erdoberfläche auch noch nach Jahrzehnten aktualisieren. Dies gilt auch für die Ablagerung von Abraummaterial auf der Erdoberfläche, da dieses dadurch erstmals der Erosion ausgesetzt wird, was - wie im vorliegenden Fall - zur Realisierung weiterer typischer bergbaulicher Gefahren führen kann. Aus diesem Grund ist auch die „Quasi-Verjährungs-Regelung“ des § 17 Abs. 4 a Bundesimmissionsschutzgesetz nicht entsprechend anwendbar, da sie speziell auf die Stilllegung von emittierenden Betrieben zugeschnitten ist, von denen nach Stilllegung typischerweise keine Emissionen mehr ausgehen und weder die Erfüllung des Abschlussbetriebsplanes noch die Entlassung aus der Bergaufsicht nach § 69 Abs. 2 BBergG jene begrenzende Wirkung der Störerhaftung bezwecken wollen. Die Betriebsplanzulassung vermag den Adressaten nach ihrer gesetzlichen Ausgestaltung somit nicht vor repressiven Maßnahmen zu schützen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, - 1 S 1245/99 - m.w.N.).

Selbst wenn man bergrechtlichen Genehmigungen grundsätzlich eine Legalisierungswirkung zuerkennen wollte, schließt dies die polizeirechtliche Inanspruchnahme der Klägerin nicht aus:

Zum einen ist zu sehen, dass die nach der Zulassung des Abschlussbetriebsplans und der Entlassung aus der Bergaufsicht gegebenen polizeibehördlichen Eingriffsbefugnisse nicht stärker beschränkt werden können als die ursprünglichen bergrechtlichen Eingriffsermächtigungen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, - 1 S 1245/99 -; Breuer, JuS 1986, 359/363). Der frühere Betreiber kann daher einer Anordnung zur Gefahrenbeseitigung die Legalisierungswirkung der Genehmigung jedenfalls in dem Umfang nicht entgegensetzen, als er auch während des Betriebs mit nachträglichen Anordnungen rechnen musste (vgl. Kutscheidt, NVwZ 1986, 622). Ein Vertrauenstatbestand ist somit im Fall der Klägerin gar nicht entstanden. Die Klägerin musste als Rechtsnachfolgerfirma der ursprünglichen Betreiber trotz der Zulassung des Abschlussbetriebsplans auf derartige Maßnahmen gefasst sein. Dies gilt erst recht nachdem sämtlichen Beteiligten spätestens seit Ende der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts die Problematik der Salzauswaschungen in das Grundwasser zumindest in groben Umrissen bekannt gewesen ist. Dass auch die Überwachungsbehörde die möglicherweise erkennbare Gefahr zur Zeit der Zulassung nicht gesehen oder nicht behandelt hat, vermag die Klägerin nicht zu entpflichten. Eine solche Fallkonstellation ist gerade der Hauptanwendungsfall für eine nachträgliche Anordnung. Die Zulassung des Abschlussbetriebsplans und die spätere Entlassung aus der Bergaufsicht haben zudem grundsätzlich nicht zur Folge, dass damit der Zustand des stillgelegten Bergwerks als "genehmigt" gilt und der ehemalige Betreiber von seiner Haftung frei wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, - 1 S 1245/99 -).

Vor allem aber ergibt sich aus dem Inhalt der Zulassung des Abschlussbetriebsplans vom 10.04.1974 keine Legalisierungswirkung mit der Folge einer weitergehenden Haftungsfreistellung. Ausgehend davon, dass die Reichweite der Legalisierungswirkung sich nach dem Regelungsgehalt der Genehmigung richtet, kann diese nur soweit gehen, als im Abschlussbetriebsplan hinsichtlich der durch die Halde verursachten Gefahrenlage abschließende Anordnungen tatsächlich getroffen wurden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, - 1 S 1245/99 -). Die Problematik der Salzauswaschungen wurde indes nicht abschließend behandelt. Vielmehr geht der mit Schreiben vom 10.04.1974 zugelassene Abschlussbetriebsplan in Punkt „3.6 Halden“ hinsichtlich der Erosionsfestigkeit der Halde davon aus, dass

„im oberen Teil der Halde ... die im Lauf der Zeit eintretende Verbesserung der oberen Tonschichten abgewartet werden ...“

muss. Erkennbar wurde somit vorausgesetzt, dass die Salzauswaschungen im Laufe der Zeit abnehmen würden. Zu einer endgültigen Beurteilung der Situation und einer damit verbundenen endgültigen Regelung sah man sich aber nicht in der Lage. Wurde die Frage eines ausreichenden zukünftigen Grundwasserschutzes im Rahmen des Betriebsplanverfahrens somit nicht abschließend geprüft, so kann einer bergbaurechtlichen Zulassung in dieser Hinsicht unter keinen Umständen eine legalisierende Wirkung zukommen.

Es kann schließlich auch dahingestellt sein, ob die Mitteilung des Landesbergamtes vom 13.07.1988, dass unter anderem die Halde des Kali- und Salzbergwerkes Buggingen aus der Bergaufsicht entlassen werde, überhaupt eine hoheitliche Regelungswirkung besitzt (verneinend: VG Düsseldorf, Urt.v. 26.01.1993, - 3 K 6003/92 -, zitiert nach juris). Jedenfalls kommt dem Schreiben mit der Mitteilung der Entlassung aus der Bergaufsicht kein eigener feststellender Regelungsgehalt mit der Folge zu, dass der so aus der Bergaufsicht Entlassene später eine legalisierende Wirkung geltend machen könnte. Die Mitteilung der Entlassung aus der Bergaufsicht, die viele Jahre nach der eigentlichen Betriebseinstellung liegen kann, zeigt lediglich auf, dass die Behörde die Erfüllung der im Abschlussbetriebsplan beschriebenen Maßnahmen zur Kenntnis genommen hat und im Wege einer Prognose davon ausgeht, dass eine besondere, gesteigerte Gefahr, die eine gesonderte bergrechtliche Überwachung bisher erforderlich machte, nicht mehr vorliegt. Eine Haftungsfreistellung des Betreibers ist damit jedoch nicht verbunden (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, -1 S 1245/99-). Die Mitteilung besitzt lediglich einen klarstellenden deklaratorischen Charakter, da nach § 69 Abs. 2 BBergG die Bergaufsicht kraft Gesetzes nach Durchführung des Abschlussbetriebsplanes oder entsprechender Anordnung der zuständigen Behörde zu dem Zeitpunkt endet, in dem nach allgemeiner Erfahrung - die nach objektiven Grundsätzen zu beurteilen ist - nicht mehr damit zu rechnen ist, dass durch den Betrieb Gefahren für Leben oder Gesundheit Dritter, für andere Bergbaubetriebe und für Lagerstätten, deren Schutz im öffentlichen Interesse liegt, oder gemeinschädliche Einwirkungen eintreten werden. Mit der Entlassung aus der Bergaufsicht verbunden ist somit keine abschließende Beurteilung der Sicherheit des - nunmehr geschlossenen - Bergbaubetriebs, sondern lediglich eine Verlagerung der ordnungsbehördlichen Zuständigkeiten für weitere möglicherweise notwendig werdende sicherheitsrechtliche Maßnahmen (vgl. Fluck, VerwArch 79 (1988), 406/441). Insofern lebt die Bergaufsicht auch nicht wieder auf, sollte sich die getroffene Prognose als falsch erwiesen haben (vgl. Boldt/Weller, Bundesberggesetz, § 69 Rdnr. 19).

Da sich die Bedeutung der Salzeintragungen aus der Halde in das Grundwasser erst seit Beginn der 70er Jahre langsam herauskristallisiert hat und erst zu Beginn der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts deutlich wurde, dass es weiterhin konstant zu Salzeinträgen in des Grundwasser kommt, kann von einer Verwirkung der polizeirechtlichen Eingriffsbefugnis durch ein unverhältnismäßig lange währendes Nichteinschreiten der zuständigen Behörde nicht gesprochen werden. Eine Verwirkung käme auch bei Berücksichtigung der langjährigen betriebsplanrechtlichen Zulassungspraxis durch das Landesbergamt nicht in Betracht. Verwirkung bedeutet, dass ein Recht nicht mehr ausgeübt werden darf, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist und besondere Umstände hinzutreten, die die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht geltend machen würde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete auch tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand), und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (BVerwGE 52, 16/25; VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 04.03.1996, NVwZ-RR 1996, 387). Es kann offen bleiben, ob die Anwendung der Grundsätze der Verwirkung lediglich auf verzichtbare Rechte beschränkt und somit auf die aus der Verhaltenshaftung folgende materielle Polizeipflicht nicht anzuwenden ist. Denn jedenfalls wurden im vorliegenden Fall weder eine Vertrauensgrundlage noch ein Vertrauenstatbestand im oben dargelegten Sinne geschaffen. Für den zeitlichen Ablauf ist allein der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem die Gefahr für das damals noch zuständige Landesbergamt erkennbar wurde. Da diese sich erst aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und Untersuchungen konkretisiert hat, ist jedenfalls nicht von einem langen Zeitablauf auszugehen, der einen Vertrauenstatbestand schaffen konnte. Zudem konnte der Bergwerksbetreiber wegen der Existenz der zu weiteren sicherheitsrechtlichen Eingriffen ermächtigenden Regelung des § 71 BBergG gerade nicht darauf vertrauen, hinsichtlich der Auswaschung von Haldensalzen nicht in Anspruch genommen zu werden.

Die Befugnis des Landratsamtes zum Einschreiten ist auch nicht verjährt. Die Befugnis der zuständigen Behörde, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen, stellt keinen vermögensrechtlichen Anspruch dar, auf den die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anwendbar wären. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, welche eine Verjährungsfrist für die Befugnis bestimmt, von einer polizeirechtlichen Ermächtigung Gebrauch zu machen, existiert nicht (BVerwGE 28, 336 ff.; VGH Bad.-Württ., Beschluß vom 04.03.1996, NVwZ-RR 1996, 387 ff.). Eine analoge Anwendung des § 195 BGB scheidet aus, denn es fehlt an einer vergleichbaren Interessenlage. Es besteht insbesondere zum Schutz des Grundwassers ein besonderes öffentliches Interesse, zum Zwecke der Gefahrenabwehr von einer ordnungsrechtlichen Ermächtigungsgrundlage Gebrauch zu machen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 03.09.2002, - 10 S 957/02 -).

Das in der Vergangenheit liegende ungesicherte Ablagern von Abraummaterial kann schließlich auch nicht dadurch als polizeirechtlich irrelevant betrachtet werden, dass erst durch den gewandelten wissenschaftlich-technischen Erkenntnis-, Erfahrungs- und Entwicklungsstand eine Gefahr objektiv als solche erkannt worden ist. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit, der insbesondere für Fälle der - hier nicht vorliegenden - sog. Uraltlasten eine zeitliche Begrenzung gebieten kann, (OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 10.01.1985, NVwZ 1985, 355 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 30.05.1996, NVwZ 1997, 507 ff.; BVerwG, Beschl. v. 12.03.1999 - 7 B 260.98 -) ist der Zeitablauf von über 28 Jahren seit Zulassung des Abschlussbetriebsplans und mehr als 14 Jahren seit der Entlassung der Rechtsvorgängerin der Klägerin aus der Bergaufsicht kein Hindernis für den Erlass der angegriffenen Verfügung. Bei der Auswaschung von Salzen aus Abraumhalden handelt es sich um eine bergbautypische Gefahr, die nunmehr nach vielen Jahren der Haldenerosion und des fortschreitenden naturwissenschaftlich-technischen Erkenntnisstandes relevant geworden ist. Es ist somit auch aus Billigkeitsgesichtspunkten nicht gerechtfertigt, die Nachfolgerfirma der ehemaligen Betreiberin des Bergwerks, die aus deren bergbaulichen Tätigkeit auch wirtschaftlichen Nutzen gezogen hat, von der Verantwortung freizustellen. Das durch die bergbaulichen Betriebshandlungen begründete Näheverhältnis zur Gefahr hat durch den Zeitabstand von mehreren Jahrzehnten keine Lockerung erfahren (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 29.03.2000, - 1 S 1245/99 -; OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 26.09.1996, - 21 A 7041/95 -, a.a.O.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Es besteht kein Anlass, die Kostenentscheidung für vorläufig vollstreckbar zu erklären (§ 167 Abs.2 VwGO).