Bayerischer VGH, Beschluss vom 20.09.2012 - 15 ZB 11.460
Fundstelle
openJur 2012, 128789
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 442.800 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt die bauaufsichtliche Genehmigung zur „Errichtung eines Gebäudes für 5 Einzel-Spielhallen“ mit insgesamt 60 Geldspielgeräten. Das Baugrundstück liegt im unbeplanten Innenbereich. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 27. Januar 2011 ab. Gegen das Urteil beantragt die Klägerin die Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist nicht begründet.

1. Es bestehen weder die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch weist die Rechtssache die von der Klägerin geltend gemachten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten auf (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

a) Die Klägerin wendet sich gegen die Abgrenzung der näheren Umgebung durch das Verwaltungsgericht. So habe es das Verwaltungsgericht unterlassen, sich überhaupt sachlich damit zu beschäftigen, wie das Gebiet östlich der Bundesstraße bei der Beurteilung der Frage der planungsrechtlichen Zulässigkeit zu bewerten sei. Richtigerweise habe nicht nur das faktische Gewerbegebiet betrachtet werden dürfen, sondern auch dasjenige östlich der Bundesstraße. Auch der nördlich gelegene Friedhof und damit auch die weiter nördlich gelegene gewerbliche Nutzung seien als Teil des faktischen Gewerbegebiets zu betrachten. Mit diesen Darlegungen zeigt die Klägerin keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils oder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, das gesamte (faktische) Gewerbegebiet werde im Süden von der Kreisstraße, im Westen von der Bahnlinie Regensburg-Weiden, im Osten von der Bundesstraße 15 und im Norden durch einen Friedhof begrenzt; es habe eine Größe von ca. 50.000 m². An der baulichen Nutzung in diesem Bereich bemisst das Verwaltungsgericht die Gebietsverträglichkeit des Vorhabens. Das ist nicht zu beanstanden.

Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung im unbeplanten Innenbereich einem der Baugebiete die in der Baunutzungsverordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit eines Vorhabens nach der Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Abs. 1 BauGB, im Übrigen § 31 Abs. 2 BauGB entsprechend anzuwenden (§ 34 Abs. 2 BauGB). Die maßgebende nähere Umgebung reicht einmal insoweit, als sich die Ausführung des Vorhabens auf sie auswirken kann, und zweitens insoweit, als die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst. Dabei darf nicht nur diejenige Bebauung als erheblich angesehen werden, die gerade in der unmittelbaren Nachbarschaft des Baugrundstücks überwiegt, sondern es muss auch die Bebauung der weiteren Umgebung des Grundstücks insoweit berücksichtigt werden, als auch sie noch prägend auf dasselbe einwirkt (BVerwG vom 26.5.1978 Az. 4 C 9.77 BayVBl 1979, 152). Auch für die Beurteilung eines Bereichs als faktisches Baugebiet ist die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB maßgebend. Ob eine Straße eine trennende oder verbindende Wirkung hat, ist eine Frage des Einzelfalls (BVerwG vom 11.2.2000 Az. 4 B 1/00 <juris> RdNr. 18). Diesen Grundsätzen folgend erweist sich die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Abgrenzung der näheren Umgebung als zutreffend.

aa) Es ist ohne weiteres nachzuvollziehen, dass das Verwaltungsgericht der östlich des Baugrundstücks verlaufenden Bundesstraße „auf Grund ihrer Breite, ihrer Verkehrsbedeutung, zusammen mit dem Fußweg und dem Grünstreifen entlang des zum Teil niedriger liegenden Bereichs westlich der Bundesstraße“ eine trennende Wirkung beigemessen hat. Dies haben die Beteiligten ausweislich der Niederschrift zum Augenscheinstermin vom 14. September 2010 ebenso gesehen. Danach sind die Beteiligten übereinstimmend davon ausgegangen, „dass das Baugebiet, in dem das Baugrundstück liegt, nach Süden abgegrenzt wird durch die R 21, nach Westen durch die Bahnlinie Regensburg-Weiden und nach Osten durch die B 15“. Weshalb die Klägerin dies nunmehr in Zweifel zieht, ist auch deswegen nicht nachvollziehbar, weil sie im Schriftsatz vom 1. Juli 2011 bestätigt, „Dieses faktische Gewerbegebiet wird nach Westen durch die Bahnlinie und nach Osten durch die B 15 abgegrenzt“. Der dem widersprechende Einwand in der Zulassungsbegründung, die Bundesstraße teile nicht, sondern verbinde, weshalb sie im Bereich des Baugrundstücks auch ausreichend breit ausgestaltet sei, zeigt indes keine rechtlichen oder tatsächlichen Besonderheiten auf, die an der tatrichterlichen Würdigung des Verwaltungsgerichts Zweifel begründen könnten. Weist die Bundesstraße eine trennende Funktion auf, ist nicht mehr zu erörtern, ob die ihr gegenüberliegende Bebauung den Gebietscharakter der näheren Umgebung des Vorhabensgrundstücks prägt (BVerwG vom 11.2.2000 a. a. O. RdNr. 24).

bb) Der Vortrag, der nördlich gelegene Friedhof und damit auch die weiter nördlich gelegene gewerbliche Nutzung seien als Teil des faktischen Gewerbegebiets zu betrachten, vermag ebenso wenig ernstliche Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung oder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten zu begründen. Soweit auf eine Entscheidung des Senats Bezug genommen wird, wonach Krematorien als Anlagen für kulturelle Zwecke in Gewerbegebieten nur ausnahmsweise zugelassen werden können (BayVGH vom 30.6.2005 Az. 15 BV 04.576 BayVBl 2005, 692), werden die weiteren Ausführungen außer Acht gelassen, wonach Gewerbegebiete den an Feuerbestattungsanlagen zu stellenden Anforderungen, die Würde des Verstorbenen und das sittliche Empfinden der Allgemeinheit nicht zu verletzen, im Allgemeinen nicht gerecht werden (vgl. nachgehend BVerwG vom 20.12.2005 Az. 4 B 71/05 BayVBl 2006, 285; s. auch BVerwG vom 2.2.2012 Az. 4 C 14/10 BauR 2012, 900, wonach sich Krematorien mit Abschiedsräumen oder Friedhöfe als Orte der Ruhe, des Friedens und des Gedenkens an die Verstorbenen nicht mit der Zweckbestimmung eines Gewerbegebiets vertragen). Weshalb dies hier anders sein soll, legt die Klägerin nicht dar.

cc) Soweit eingewandt wird, das Verwaltungsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, der südlich neben dem Baugrundstück befindliche Teil schotte alles südlich davon Gelegene ab, beziehen sich die Feststellungen des Verwaltungsgerichts auf „einen städtebaulichen selbständig zu bewertenden Teil des schlauchartigen Gewerbegebiets“, in dem die vorhandenen Vergnügungsstätten situiert sind, zu der die geplante Spielhalle hinzutreten soll. Der Umgriff der näheren Umgebung bis hin zur Kreisstraße im Süden wird damit aber nicht in Frage gestellt.

b) Der Vortrag, das Vorhaben werde von nur 42 Personen besucht, was lediglich zu einer Steigerung von 6 % an Besuchern von Vergnügungsstätten führe, zeigt weder ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf. Dem Vortrag der Klägerin liegt eine Wirtschaftsstudie zugrunde, wonach jeder Spieler im Durchschnitt 1,40 Geld-Gewinnspielgeräte bespiele; bei 60 geplanten Geldspielgeräten seien daher nur 42 Spieler zu erwarten.

Diese Darlegungen lassen schon eine Anknüpfung an einen bestimmten Zeitraum vermissen. Sie zeigen nur auf, wie viele Spieler sich gleichzeitig in der Spielhalle aufhalten würden, nicht aber, wie viele Spieler das Vorhaben etwa während der Öffnungszeit von 24 Stunden (vgl. Beschreibung der Betriebsstätte, Nr. 8 Betriebsbeschreibung), abzüglich der obligatorischen Putzstunde (vgl. Schreiben der Klägerin vom 21.10.2008), voraussichtlich aufsuchen werden. Davon abgesehen werden nach der Beschreibung der Betriebsstätte nicht nur Geldspielgeräte, sondern auch „Fun-Spielautomaten, Nostalgieflipper, Billard-Tische etc.“ aufgestellt. Schließlich hat das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung zutreffend auf die nur ausnahmsweise Zulassungsfähigkeit des Vorhabens (§ 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO), auf die vorhandenen bzw. noch nachprägenden Vergnügungsstätten in seiner Nachbarschaft und auf die Größenordnung des Spielhallengebäudes abgestellt. Ein Vorhaben ist nicht ausnahmefähig, wenn es gegen planungsrechtliche Vorschriften verstößt und deshalb unzulässig ist. Das ist vor allem der Fall, wenn es gemäß § 15 Abs. 1 BauNVO unzulässig ist, weil es zu einer der Eigenart des Gewerbegebiets widersprechenden und damit gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässigen Häufung von Vergnügungsstätten führt (BayVGH vom 6.7.2005 Az. 1 B 01.1513 <juris> RdNr. 39 f. m. w. N.; ferner zur Ausnahmefähigkeit BayVGH vom 30.4.2008 15 ZB 07.2914 <juris> RdNr. 9). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO sind die in den §§ 2 bis 14 BauNVO aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Im Hinblick auf Anzahl und Lage hat das Verwaltungsgericht nachvollziehbar ausgeführt, dass mit der Errichtung des Vorhabens Vergnügungsstätten auf drei nebeneinander liegenden Grundstücken vorhanden wären, die einen Vergnügungsschwerpunkt im nur ca. 50.000 m² großen Gewerbegebiet entstehen ließen. Soweit es den Umfang des Vorhabens betrifft, kann der Widerspruch zur Eigenart des Baugebiets mit den durch eine funktionsgerechte Nutzung der Anlage notwendigerweise einhergehenden Folgewirkungen zusammenhängen; das beträfe etwa die Anzahl der Besucher. Gleichermaßen kann aber auch die bautechnische Dimensionierung des Baukörpers Aufschluss über den Umfang des Vorhabens geben, wenn also im Einzelfall Quantität in Qualität umschlägt (Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Auflage 2003, RdNr. 20 zu § 15). Hierauf stellt das Verwaltungsgericht u. a. ab, wenn es ausführt, dass es sich bei dem Vorhaben „nicht um eine kleine Spielhalle von ca. 100 m² handelt, sondern um eine große Spielhalle, die 3 Spielhallen mit je 148 m² und 2 Spielhallen mit je 147 m² beinhaltet“. Jede Spielhalle schöpft mit jeweils 12 Geldspielgeräten den Rahmen der zulässigen Anzahl von Geldspielgeräten (§ 3 Abs. 2 Satz 1 SpielV) aus und überschreitet jeweils deutlich den in der Rechtsprechung entwickelten Schwellenwert von ca. 100 m², ab dem eine Spielhalle in der Regel als kerngebietstypische Vergnügungsstätte zu werten ist (BVerwG vom 29.10.1992 Az. 4 B 103/92 NVwZ-RR 1993, 287; zusammenfassend Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, RdNr. 43 zu § 6 BauNVO; BayVGH vom 19.1.2012 Az. 15 ZB 09.3142 <juris>). Es bestehen deshalb keine ernstlichen Zweifel an der Wertung des Verwaltungsgerichts, dass das fünf kerngebietstypische Spielhallen umfassende Vorhaben in der Nachbarschaft einer vorhandenen und einer nachprägenden Vergnügungsstätte innerhalb des ca. 50.000 m² umfassenden Gewerbegebiets nicht mehr ausnahmefähig ist.

c) Auch der Vortrag, entweder sei die nähere Umgebung bereits in ein Vergnügungsviertel „umgekippt“ oder es sei bisher nicht „umgekippt“, dann kippe es auch nicht durch weitere 42 Personen, zeigt weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils noch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf.

Wie ausgeführt bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass die nähere Umgebung einem Gewerbegebiet entspricht. Zwei ausnahmsweise zulassungsfähige Vergnügungsstätten (hier: Diskothek und Tanzlokal; § 34 Abs. 2 BauGB, § 8 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO) in der maßgebenden näheren Umgebung stellen den Gesamtcharakter des Gebiets als faktisches Gewerbegebiet nicht in Frage, weil diese Nutzungen die erkennbaren „Grundzüge der Planung“ noch nicht berühren (BVerwG vom 11.2.2000 a. a. O. RdNr. 34). Die beiden Vergnügungsstätten bestimmen den besonderen Gebietscharakter zwar mit, angesichts des Überhangs der übrigen gewerblichen Nutzung, ist aber noch vom Vorliegen eines zusammenhängenden faktischen Gewerbegebiets auszugehen. Tritt das fünf kerngebietstypische Spielhallen umfassende Vorhaben der Klägerin mit einer Grundfläche von über 1.000 m² als weitere Vergnügungsstätte in unmittelbarer Nachbarschaft zu Diskothek und Tanzlokal hinzu, entstünde nach den überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts inmitten des „schlauchartigen Gewerbegebiets“ ein Schwerpunkt von Vergnügungsstätten, der „eine Zäsur zu den allgemein in Gewerbegebieten zulässigen Nutzungen im Süden des Baugrundstücks und Baugebiets“ schaffen würde. Darin liegt hier die Gefahr des „Umkippens“ des bislang einheitlichen Gewerbegebiets in städtebaulich eigenständig zu bewertende Bereiche, die den unmittelbaren Umgriff um die Vergnügungsstätten nach Eigenart und Zweckbestimmung gleichsam als Sondergebiet für Vergnügungsstätten erscheinen ließe (vgl. BVerwG vom 25.11.1983 Az. 4 C 21/83 BauR 1984, 145) oder eine im Nordteil des Gebiets durch Vergnügungsstätten und sonstige Gewerbebetriebe geprägte Gemengelage und im Südteil einen durch Gewerbebetriebe geprägten Bereich vorgeben würde.

d) Darauf, ob die Überlegungen des Verwaltungsgerichts zu den Arbeitszeiten im Gewerbegebiet zutreffen, kommt es nicht entscheidungserheblich an.

Das Verwaltungsgericht hat zwar ausgeführt, auch durch den Betrieb des Vorhabens in den Abend- und Nachtstunden, einer Zeit, in der in Gewerbegebieten üblicherweise nicht gearbeitet werde, werde die nachhaltige Veränderung der Gebietsart deutlich. Neben der bereits erörterten fehlenden Ausnahmefähigkeit des Vorhabens u. a. aufgrund seiner Größenordnung kommt diesen Überlegungen keine eigenständige, das angegriffene Urteil tragende Bedeutung zu, was sich schon aus der Relativierung „üblicherweise“ ergibt.

e) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils oder besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten zeigt auch der Vortrag nicht auf, der Baukörper liege nicht unmittelbar an der Bundesstraße an, er sei zurückversetzt und nehme nicht das gesamte Baugrundstück ein, in der Umgebung stünden Gebäude, die wesentlich größer seien.

Das Verwaltungsgericht setzt den Gebäudekörper der Spielhalle in Bezug zu den vorhandenen Vergnügungsstätten und zeigt damit die Größenordnung des Vorhabens auf. Im Unterschied zu den vorhandenen Vergnügungsstätten, die nur Teile der auf den Baugrundstücken vorhandenen Bebauung nutzten, nehme die Spielhalle das ganze Baugrundstück in Anspruch. Damit wird ersichtlich nicht zum Ausdruck gebracht, das Spielhallengebäude überdecke das Baugrundstück zur Gänze. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht in Abrede gestellt, dass in der näheren Umgebung größere als das geplante Gebäude vorhanden sind. Es hat die vorhandenen Vergnügungsstätten mit dem Gebäudekörper des Vorhabens verglichen, um dessen Dominanz zu verdeutlichen.

f) Darauf, ob das Vorhaben Lärm emittiere, kommt es nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ebenso wenig an, wie auf die Gründe, aus denen der beigeladene Markt das gemeindliche Einvernehmen versagt hat.

3. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen einer Abweichung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts von obergerichtlicher Rechtsprechung zuzulassen.

Zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes ist vor allem erforderlich, dass der Rechtsmittelführer ausführt, welcher abstrakte Rechtssatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil des Verwaltungsgerichts aufgestellte abstrakte Rechtssatz dazu in Widerspruch steht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Auflage 2010, RdNr. 73 zu § 124 a). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag der Klägerin nicht. Der als divergierend bezeichnete Rechtssatz des Verwaltungsgerichts, „Zur Wahrung des so geprägten Gebietscharakters ist es erforderlich, dass ausnahmsweise zulässige Nutzungen im Baugebiet die Ausnahme bleiben und nicht, auch nicht in Teilen des Baugebiets, zur Regel werden“, entstammt (wörtlich) der genannten Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vom 6.7.2005 Az. 1 B 01.2005 <juris> RdNr. 43), von der das Verwaltungsgericht abgewichen sein soll. Eine Abweichung des diesem Rechtssatz nachfolgenden Rechtssatzes aus der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, „Der Unzulässigkeitstatbestand des § 15 Abs. 1 BauNVO ist allerdings kein zulässiges Mittel, um eine vom Plangeber möglicherweise gewollte, tatsächlich aber nicht vorgenommene Differenzierung des Baugebiets im Sinn des § 1 Abs. 4 bis 10 BauNVO nachzuholen", scheidet schon aus tatsächlichen Gründen aus, weil es an einem Bebauungsplan fehlt, in dem eine derartige Differenzierung hätte getroffen werden können. Davon abgesehen hat es die Klägerin versäumt, aus der angefochtenen Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz anzuführen oder herauszuarbeiten, der von dem Rechtssatz der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht. Warum die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur ausnahmsweisen Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in Gewerbegebieten von der genannten Entscheidung des 1. Senats des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweichen sollen, kann auf Grundlage der Begründung des Zulassungsantrags nicht nachvollzogen werden.

4. Mit dem Vortrag, es sei erforderlich einen weiteren Ortstermin durchzuführen und durch Beweisaufnahme zu klären, ob der Eigentümer des Tanzlokals beabsichtige, dieses wieder zu eröffnen oder eröffnen zu lassen, beanstandet die Klägerin eine aus ihrer Sicht unzureichende Ermittlung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht (§ 86 Abs. 1 VwGO).

Eine Aufklärungsrüge setzt regelmäßig die Darlegung voraus (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten, weshalb sich die unterbliebene Beweisaufnahme hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die Beweisaufnahme voraussichtlich gebracht hätte und inwiefern das angefochtene Urteil darauf beruhen kann (Happ in Eyermann, a. a. O., RdNr. 75 zu § 124 a). Dem genügt das Zulassungsvorbringen nicht. Insbesondere ist die Aufklärungsrüge kein Mittel, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem das Stellen von Beweisanträgen, zu kompensieren (Happ, a. a. O., ebd.; BVerwG vom 18.12.2006 Az. 4 BN 30.06 NVwZ-RR 2007, 285).

5. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 9.1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).