VG Bayreuth, Beschluss vom 02.07.2012 - B 1 S 12.431
Fundstelle
openJur 2012, 128396
  • Rkr:
Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

3. Der Streitwert wird auf 3.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragstellerin wurde vom Landratsamt Kulmbach am 14.11.1991 die Fahrerlaubnis der Klasse 3 erteilt. Am 17.03.1998 wurde ihr von der Stadt Rosenheim ein Ersatzführerschein für die Klasse 3 ausgehändigt.

Nach Mitteilung der Verkehrspolizeiinspektion Hof vom 15.01.2012 wurde die Antragstellerin als Fahrzeugführerin auf der A93 in Fahrtrichtung Hof am 14.11.2011 einer Verkehrskontrolle unterzogen. Während der Kontrolle hätten sich Hinweise auf Drogenkonsum bei der Betroffenen ergeben. Deshalb sei ein sog. DrugWipe-Test bei der Antragstellerin durchgeführt worden, welcher bezüglich Amphetamin positiv ausgefallen sei. Die Antragstellerin habe sich bei der Kontrolle redefreudig gezeigt, habe aber sehr langsam gesprochen. Der freiwillig durchgeführte Urintest sei positiv auf Amphetamin, Methamphetamin und THC ausgefallen. Daraufhin sei die Antragstellerin durchsucht worden. Die Durchsuchung habe nicht zur Auffindung von Betäubungsmitteln geführt, ebenso wie die vorherige Durchsuchung des Pkws und der beiden Mitfahrer. Die Antragstellerin habe geäußert, dass sie keine Drogen konsumiert habe. Der THC-Wert stamme wohl vom Einatmen von Cannabisrauch anlässlich einer Geburtstagsfeier am 12.11.2011. Für die Amphetaminwerte habe sie keine Erklärung.

Nach der chemisch-toxikologischen Blutuntersuchung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg vom 29.11.2011 wurde in der am 14.11.2011 um 21.19 Uhr entnommenen Blutprobe der Antragstellerin Amphetamin (10 ng/ml) und Methamphetamin (45 ng/ml) nachgewiesen. Weiterhin ergaben sich Hinweise auf einen zusätzlichen Konsum von Cannabisprodukten.

Weiterhin ist der Fahrerlaubnisakte der Antragstellerin zu entnehmen, dass sie von Januar 2009 bis Sommer 2009 Cannabis konsumiert hat. Dies hat auch Herr Dr. …, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in seinem Attest vom 05.11.2010 über die psychiatrisch/psychotherapeutische Behandlung der Antragstellerin bestätigt.

Die Antragstellerin wurde deshalb vom Landratsamt Kulmbach am 01.03.2012 schriftlich darüber informiert, dass sie aufgrund des festgestellten Amphetamin- und Methamphetaminkonsums als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei, dass beabsichtigt sei, ihr die Fahrerlaubnis zu entziehen, und dass Gelegenheit bestehe, sich bis spätestens 09.03.2012 zur Sache zu äußern. Mit Schreiben vom 14.03.2012 zeigte sich der Bevollmächtigte der Antragstellerin an und führte in seiner Stellungnahme vom 15.03.2012 aus, dass die Antragstellerin nicht wissentlich und willentlich Drogen konsumiert habe. Sie habe sich mit Herrn …, einem bekannten Drogenkonsumenten, in der Tschechei befunden. Während einer Pause habe die Antragstellerin in Abwesenheit von Herrn … dessen übrige Apfelschorle getrunken. Die Antragstellerin sei der Meinung, dass das Methamphetamin dadurch in ihr Blut gelangt sei.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom 21.03.2012 entzog das Landratsamt Kulmbach der Antragstellerin die Fahrerlaubnis der Klasse 3 (Ziffer 1 des Bescheides), forderte die Antragstellerin auf, ihren Führerschein innerhalb von sieben Tagen nach Zustellung dieses Bescheides beim Landratsamt Kulmbach abzugeben (Ziffer 2 des Bescheides) und drohte für den Fall der Nichtbefolgung der Ziffer 2 ein Zwangsgeld in Höhe von 750,00 EUR an (Ziffer 4 des Bescheides). Zur Begründung wurde folgendes ausgeführt: Der Antragstellerin sei die Fahrerlaubnis zu entziehen, da sie als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei. Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV gelte dies insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorlägen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen worden sei und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen sei. Gemäß Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV sei grundsätzlich die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beim Konsum von Betäubungsmitteln ausgeschlossen. Ausgenommen hiervon sei allenfalls eine gelegentliche Einnahme von Cannabis, wenn feststehe, dass der Konsum von Cannabis und das Führen von Kraftfahrzeugen getrennt werden könnten. Außerdem dürfe kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol und anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, noch eine Störung der Persönlichkeit oder Kontrollverlust gegeben sein. Die Annahme der Nichteignung beruhe darauf, dass bei der Antragstellerin am 14.11.2011 Amphetamin, Methamphetamin und THC nachgewiesen worden seien. Laut dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg vom 29.11.2011 stehe aufgrund der Untersuchung der Blutprobe definitiv fest, dass die Antragstellerin Amphetamin und Methamphetamin konsumiert habe. Es seien dabei Amphetamin in einer Konzentration von 10 ng/ml und Methamphetamin in einer Konzentration von 45 ng/ml festgestellt worden. Die Antragstellerin habe in ihrer Beschuldigtenvernehmung am 14.11.2011 bei der Verkehrspolizeiinspektion Hof zwar erklärt, dass sie keine Drogen konsumiert habe. Im Rahmen der Anhörung habe der Bevollmächtigte der Antragstellerin vorgebracht, dass die Antragstellerin weder wissentlich noch willentlich das Betäubungsmittel Methamphetamin zu sich genommen habe. Durch das Trinken der Apfelschorle des Beifahrers sei das Betäubungsmittel in das Blut der Antragstellerin gelangt. Soweit die Antragstellerin mit der Behauptung, sie habe – nur – die Apfelschorle getrunken, geltend machen wolle, dass der festgestellte Drogenkonsum unbewusst erfolgt sei, erscheine dies als unglaubhafte Schutzbehauptung.Das Vorbringen, nicht wissentlich Drogen zu sich genommen zu haben, könne zwar grundsätzlich für die Kraftfahreignung relevant sein. Die Behauptung einer unbewussten Drogenaufnahme setze aber nach obergerichtlicher Rechtsprechung eine nachvollziehbare und plausible Darlegung der maßgeblichen Umstände voraus. Daran fehle es hier (wird weiter ausgeführt). Erschwerend hinzu komme der bereits bekannte Drogenkonsum im Jahr 2009, der den Kontakt zu Drogen bestätige. Bereits bei einem einmaligen Konsum von Amphetamin und Methamphetamin sei unabhängig von der Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen somit im Regelfall nicht mehr gegeben. Die Nichteignung der Antragstellerin stehe zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde allein bereits auf Grund des nachgewiesenen Amphetamin- und Methamphetaminkonsums fest.

Gegen diesen Bescheid legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin mit Schreiben vom 30.04.2012 Widerspruch ein, über den bislang noch nicht entschieden ist.

Mit Schriftsatz vom 15.05.2012 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Bayreuth,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der „Antragsgegnerin“ vom 21.03.2012 wiederherzustellen.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sei wiederherzustellen, da eine summarische Überprüfung der Rechtslage ergebe, dass der Entziehungsbescheid rechtswidrig sei und die Antragstellerin insoweit in ihren Rechten verletzt werde. Die Antragstellerin habe nicht wissentlich Methamphetamin am Tage der Fahrt zu sich genommen. Soweit die Antragstellerin geltend mache, sie habe die festgestellten Substanzen nicht wissentlich konsumiert und gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde die Möglichkeit angesprochen, durch unbeabsichtigtes Trinken der Apfelsaftschorle mit den Drogen in Kontakt gekommen zu sein, sei dies gemäß den Anforderungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes eine plausible Erklärung für den in ihrer Blutprobe festgestellten Amphetamingehalt. Bei derartigen Fällen sei es Sache des Antragstellers, konkret darzulegen, wann, wo und unter welchem Umständen ihr Amphetamin ohne ihr Wissen verabreicht worden sein könnte. Gerade hieran dürften die Anforderungen nicht überspannt werden, da bei einer unwissentlichen Einnahme letztendlich ein 100%iger Beweis nicht geführt werden könne. Die Antragstellerin sei gemeinsam mit Herrn …, einem bekannten Drogenkonsumenten, in Tschechien gewesen; ob er dort etwas gekauft habe oder nicht, könne die Antragstellerin nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sagen. Jedenfalls sei es so gewesen, dass Herr … auf der Fahrt gegen 15:00/15:30 Uhr das Auto Richtung Toilette verlassen habe und die Antragstellerin zu diesem Zeitpunkt seine Apfelsaftschorle leer getrunken habe, die sich auf der hinteren Bank befunden habe. Als Herr … von der Toilette wiedergekommen sei, habe er einen großen Aufstand über die Tatsache des Austrinkens seiner Apfelsaftschorle gemacht, was die Antragstellerin nun nachträglich nur so verstehe, dass dort eben Methamphetamin enthalten gewesen sei. Beim Trinken der Apfelsaftschorle habe die Antragstellerin nichts Konkretes wahrnehmen können, insbesondere nicht eine auffällige Bitterkeit. Dies sei jedoch die einzige Erklärung für die Antragstellerin, wie die illegale Substanz in ihr Blut gelangt sein könne.

Der Vorsitzende wies die Antragstellerin auf die vorläufige Einschätzung der Streitsache durch die Kammer hin und legte eine Antragsrücknahme nahe. Eine Äußerung erfolgte nicht.

Der Antragsgegner legte mit Schreiben vom 30.05.2012, eingegangen bei Gericht am 04.06.2012, die Behördenakten vor und beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Zur Begründung wurde auf den streitgegenständlichen Bescheid verwiesen. Im Übrigen wurde darauf hingewiesen, dass bei einem auch nur einmaligen nachgewiesenen Konsum von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes mit Ausnahme von Cannabis die Fahrerlaubnis nach § 3 Abs. 1 und 2 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV zwingend zu entziehen sei. In diesen Fällen stehe die Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nach § 46 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV fest. Soweit die Antragstellerin geltend mache, die festgestellten Substanzen nicht wissentlich konsumiert zu haben, sei nochmals festzuhalten, dass für eine derartige Behauptung nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes eine nachvollziehbare, plausible und glaubhafte Schilderung konkreter Umstände erforderlich sei, die eine unwissentliche Aufnahme der festgestellten Substanzen nahe legen. Ein entsprechendes Maß an Plausibilität und Glaubhaftigkeit sei den Angaben der Antragstellerin keineswegs zu entnehmen. Vielmehr habe es den Anschein, als sollten mittels des behaupteten Geschehensablaufs Schlupflöcher der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung zu Gunsten der Antragstellerin genutzt werden. So werde es in der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes als unglaubhaft angesehen, wenn eine dritte Person dem jeweiligen Betroffenen ohne erkennbaren Grund Drogen ins Getränk mische. Diese Argumentation werde von der Antragstellerin vorliegend scheinbar ‚geschickt" umgangen, indem sie behaupte, das Getränk der dritten Person ohne deren Wissen und Wollen zu sich genommen zu haben. Wie im Bescheid vom 21.03.2012 und auch in den Hinweisen des Gerichts vom 16.05.2012 bereits dargelegt, scheitere hier die Glaubhaftigkeit aber an anderen Punkten. So habe die Antragstellerin keinen ungewöhnlichen, bitteren Geschmack der Apfelsaftschorle festgestellt. Ebenso wäre die behauptete Art des Konsums durch die dritte Person mittels Auflösen des Methamphetamins in einem Getränk mehr als ungewöhnlich. Außerdem stehe aufgrund des bekannten Konsums von Cannabisprodukten durch die Antragstellerin im Jahr 2009 und dem jetzt ebenfalls wieder festgestellten, nicht plausibel erklärbaren THC-Wert in der Blutprobe der vorhandene Kontakt zu Drogen fest. Da die unwissentliche Einnahme der nachgewiesenen Substanzen nicht plausibel und glaubhaft habe dargelegt werden können, sei die Schilderung der Geschehnisse durch die Antragstellerin als reine Schutzbehauptung zu werten.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin reichte mit Schreiben vom 06.06.2012 eine Prozessvollmacht nach. Eine Äußerung der Antragstellerin zur Sache erfolgte nicht mehr.

Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten, die Gründe des angefochtenen Bescheides und das Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

II.

Die Antragstellerin begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid des Landratsamtes Kulmbach vom 21.03.2012, mit dem ihr die Fahrerlaubnis der Klasse 3 sofort vollziehbar entzogen wurde.

Soweit sich der gestellte Antrag auch gegen die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 4 des Bescheides richtet, besteht kein Rechtsschutzinteresse mehr, da sich diese Androhung mit der Abgabe des Führerscheins durch die Antragstellerin am 10.04.2012 erledigt hat. Der im Übrigen zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei dieser Entscheidung hat es entsprechend § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da ein Rechtsbehelf gegen die Fahrerlaubnisentziehung nach summarischer Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg hat. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides wiegt schwerer als das Interesse der Antragstellerin an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs. In der Sache schließt sich das Gericht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen im Wesentlichen zunächst den ausführlichen und überzeugenden Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer gesonderten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend ist zur Sache sowie zum Antragsvorbringen noch folgendes auszuführen:

Gemäß §§ 3 Abs. 1 und 2 StVG, 46 Abs. 1 FeV ist die Fahrerlaubnisbehörde verpflichtet, die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ungeeignet ist insbesondere derjenige, bei dem ein Mangel nach Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV (Anlage 4) vorliegt. Danach ist die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bei Einnahme von anderen Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes als Cannabis ausgeschlossen (Ziffer 9.1 der Anlage 4). Die Rechtsprechung nahezu aller Oberverwaltungsgerichte geht übereinstimmend davon aus, dass bereits die einmalige Einnahme eines anderen Betäubungsmittels als Cannabis den Verlust der Fahreignung nach sich zieht (vgl. u.a. BayVGH vom 16.12.2010 Az. 11 CS 10.2718, vom 19.10.2010 Az. 11 CS 10.2330, vom 4.10.2010 Az. 11 ZB 09.2973, vom 29.6.2010 Az. 11 ZB 08.3297, vom 17.6.2010 Az. 11 CS 10.991, vom 21.4.2010 Az. 11 B 09.3229, vom 27.3.2009 Az. 11 CS 09.85, vom 24.3.2009 Az. 11 CS 08.2881, vom 15.12.2008 Az. 11 ZB 08.2708, vom 24.11.2008 Az. 11 CS 08.2665, vom 30.5.2008 Az. 11 CS 08.127, vom 18.2.2008 Az. 11 CS 07.2831 und vom 11.1.2008 Az. 11 CS 07.3000; OVG Sachsen-Anhalt vom 19.10.2010 in Blutalkohol 48, 115 und vom 1.10.2010 Az. 3 M 407/10; OVG Mecklenburg-Vorpommern vom 2.9.2009 Az. 1 M 114/09, vom 24.6.2009 Az. 1 M 87/09 und vom 19.3.2004 Az. 1 M 2/04; OVG Rheinland-Pfalz vom 25.7.2008 in Blutalkohol 45, 418 und vom 21.11.2000 in DAR 2001, 183; OVG Saarlouis vom 14.5.2008 Az. 1 B 191/08, vom 30.3.2006 Az. 1 W 8/05 und vom 12.12.2005 Az. 1 W 16/05; OVG Berlin-Brandenburg vom 15.2.2008 in Verkehrsrecht aktuell 2008, 120 und vom 22.7.2004 in VRS 107, 397). In der vorliegenden Sache kommt noch hinzu, dass die Antragstellerin unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug geführt hat, was nach der Regelung in Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV und der darauf beruhenden ständigen Rechtsprechung (vgl. oben) gar nicht nötig wäre, da bereits der Konsum von Amphetamin bzw. Methamphetamin ausreicht, um die Fahreignung auszuschließen.

Bei der Antragstellerin ist die Einnahme von Amphetamin nachgewiesen. Laut dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg vom 29.11.2011 steht aufgrund der Untersuchung der Blutprobe fest, dass die Antragstellerin zumindest Methamphetamin, das im Körper zu Amphetamin abgebaut wird, konsumiert hat. Es wurde dabei Amphetamin in einer Konzentrationsmenge von 10 ng/ml und Methamphetamin in einer Konzentration von 45 ng/ml festgestellt.

Entgegen dem Antragsvorbringen liegen auch keine Umstände vor, welche die oben dargestellte normative Regelannahme (vgl. auch Vorbemerkung Nr. 3 zu Anlage 4) in Frage stellen könnte. Für derartige Umstände ist die Antragstellerin darlegungs- und insbesondere nachweispflichtig (vgl. u.a. VGH Baden-Württemberg in VRS 104, 67; VG Koblenz vom 23.5.2000 in VRS 99, 238). Soweit vorgetragen wird, die Antragstellerin sei nicht ungeeignet, weil die Regelannahme der Nr. 9.1 der Anlage 4 nicht greife, da die Antragstellerin das Betäubungsmittel nicht wissentlich eingenommen habe, sondern allenfalls eine unwissentliche Einnahme vorliege, kann dem nicht gefolgt werden. Auch das Gericht ist bei einer Gesamtbetrachtung der Umstände zur Überzeugung gelangt, dass das diesbezügliche Vorbringen der Antragstellerin nicht geeignet ist, das Vorliegen einer Ausnahme von der oben genannten Regelannahme darzutun. Das Vorbringen der Antragstellerin, die in ihrem Blut festgestellten Drogen könnten bzw. müssten in Apfelsaftschorle eines Mitfahrers enthalten gewesen sein, die sie ohne Kenntnis des Drogengehalts getrunken habe, wird den Anforderungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. u.a. BayVGH vom 16.1.2012 Az. 11 ZB 11.2169, vom 28.10.2011 Az. 11 CS 11.1996, vom 24.3.2011 Az. 11 C 11.318, vom 4.10.2010 Az. 11 ZB 09.2973, vom 24.3.2009 Az. 11 CS 08.2881, vom 30.5.2008 Az. 11 CS 08.127, vom 4.3.2008 Az. 11 CS 07.3417, vom 10.12.2007 Az. 11 CS 07.2905, vom 4.9.2007 Az. 11 CS 07.308, vom 31.5.2007 Az. 11 CS 06.2694, vom 28.3.2007 Az. 11 CS 06.1478, vom 8.11.2006 Az. 11 CS 05.2688 und vom 13.9.2006 Az. 11 ZB 06.835) an eine plausible und glaubhafte Erklärung für den in ihrer Blutprobe festgestellten Methamphetamin- und Amphetamingehalt nicht gerecht. Nachdem die Antragstellerin nach den Erkenntnissen der Fahrerlaubnisbehörde bereits früher jedenfalls Cannabis konsumiert hatte und sich vor der Fahrt am 14.11.2011 in Tschechien aufgehalten hatte, erscheint das nunmehrige Vorbringen, sie könne sich die festgestellten Drogenkonzentrationen nur dadurch erklären, dass sie die Betäubungsmittel unwissentlich durch Trinken von Apfelsaftschorle eines Mitfahrers aufgenommen habe, schon für sich betrachtet wenig glaubhaft, zumal eine Auflösung der Droge durch den Mitfahrer in Apfelsaftschorle nicht zu den gebräuchlichen Konsumweisen gehören würde (meist wird Methamphetamin als „line“ geschnupft).

Weiterhin wird im angefochtenen Bescheid auch mit Recht darauf abgestellt, dass die Antragstellerin dann, wenn die angeblich getrunkene Apfelschorle wirklich Methamphetamin enthalten hätte, einen bitteren Geschmack hätte bemerken müssen (vgl. hierzu BayVGH vom 16.1.2012 Az. 11 ZB 11.2169). Normalerweise bemerkt man die Zugabe von Amphetaminen an der Farbe des Getränks, aber vor allem am Geschmack, da Amphetamin laut telefonischer Mitteilung des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Erlangen wie Bittersalz schmecken würde. Gerade bei einem süßen Mischgetränk wie Apfelschorle (Wasser/Apfelsaft) würde dieser Bittergeschmack deutlich schmeckbar sein. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin bei der Polizei noch nichts vom Trinken der Apfelschorle berichtet hatte, kann hier als Anhaltspunkt für eine nachträgliche Schutzbehauptung gewertet werden (vgl. BayVGH vom 4.10.2010 Az. 11 ZB 09.2973).

Weiter spricht auch gegen die Antragstellerin, dass die Blutentnahme um 21.19 Uhr erfolgte, sie die Apfelschorle aber bereits um ca. 15.00/15.30 Uhr getrunken haben will, also etwa 6 Stunden vorher. Nachdem Methamphetamin im Blut sehr schnell abgebaut wird, wäre bei der Aufnahme einer „normalen“ Dosis die Methamphetaminkonzentration bei weitem nicht mehr so hoch gewesen. So führt eine orale Gabe von 10 mg Amphetaminsulfat zu einer maximalen Konzentration von ca. 35 ng/ml im Blut (vgl. Hettenbach/Kalus/Möller/Uhle, Drogen- und Straßenverkehr, 2. Aufl., § 3 RdNr. 64). Aufgrund des Abbaus von Methamphetamin zu Amphetamin im Körper hätte sich außerdem bei einer (unbewussten) Drogenaufnahme 6 Stunden vor der Blutentnahme auch ein anderes Verhältnis hinsichtlich der Konzentrationen von Methamphetamin und Amphetamin ergeben (der Amphetaminanteil hätte höher liegen müssen als bei 10 ng/ml und der Methamphetaminanteil vergleichsweise niedriger als 45 ng/ml).

Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben der Antragstellerin spricht schließlich auch ihre Behauptung, die Feststellung von THC im Blut (wie auch in der Urinprobe) beruhe auf Passivrauchen anlässlich einer Geburtstagsfeier am 12.11.2011 (also fast zwei Tage vorher), bei der Kiffer anwesend gewesen seien. Nachdem eine Passivexposition der behaupteten Art nach einer so langen Zeit nicht mehr zu einem messbaren Nachweis von THC im Blut oder Urin führen kann (vgl. MPI Infobrief September 2010 des TÜV Süd, Seite 2), erscheint die diesbezügliche Behauptung der Antragstellerin unglaubhaft, was auch bei der Würdigung ihrer sonstigen Angaben ins Gewicht fällt.

Auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung im angefochtenen Bescheid ist nicht zu beanstanden. Die Fahrerlaubnisbehörde hat bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung den formalen Begründungserfordernissen des § 80 Abs. 3 VwGO in ausreichendem Umfang Rechnung getragen. Es wurde zu Recht festgestellt, dass das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegenüber den Belangen der Verkehrssicherheit zurückzustehen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs reicht es bei einer Fahrerlaubnisentziehung aus, die für den Fall typische Interessenlage aufzuzeigen; die Darlegung besonderer zusätzlicher Gründe für die Erforderlichkeit der sofortigen Vollziehung ist nicht geboten (vgl. z.B. BayVGH vom 10.10.2011 Az. 11 CS 11.1963, vom 11.5.2011 Az. 11 CS 10.68, vom 24.8.2010 Az. 11 CS 10.1139, vom 19.7.2010 Az. 11 CS 10.540, vom 25.5.2010 Az. 11 CS 10.227 und vom 25.3.2010 Az. 11 CS 09.2580; VGH Baden-Württemberg vom 24.1.2012 Az. 10 S 3175/11). Abgesehen davon hat das Verwaltungsgericht bei der Entscheidung über einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO eine eigenständige Interessenabwägung vorzunehmen. Im Fahrerlaubnisrecht ist bei dieser dann, wenn das behördliche Handeln nach summarischer Prüfung nicht rechtswidrig erscheint, in der Regel das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Fahrerlaubnisentzugs schwerer zu gewichten als das private Interesse der Antragstellerin, vorerst weiter am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen zu dürfen, selbst bei beruflicher Betroffenheit (vgl. BayVGH a.a.O. sowie u.a. auch vom 5.9.2008 Az. 11 CS 08.1890, vom 13.10.2006 Az. 11 CS 06.1724, vom 4.4.2006 Az. 11 CS 05.3214, vom 27.7.2005 Az. 11 CS 05.801, vom 13.1.2005 Az. 11 CS 04.2968, vom 4.1.2005 Az. 11 CS 04.2838, vom 14.5.2003 Az. 11 CS 03.924 und vom 5.9.2002 Az. 11 CS 02.1780 zu einem Berufskraftfahrer; OVG Lüneburg vom 26.10.2011 in DAR 2011, 716; OVG Saarland vom 14.5.2008 Az. 1 B 191/08 und vom 1.10.2002 in ZfSch 2003, 47; VGH Baden-Württemberg vom 15.5.2002 in DÖV 2002, 783; Niedersächsisches OVG vom 30.11.1999 in ZfSch 2000, 86). Dies gilt hier insbesondere auch deshalb, weil die Antragstellerin unter Einfluss der harten Droge Methamphetamin ein Kraftfahrzeug im öffentlichen Straßenverkehr geführt hat.

Nach allem ist der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Höhe des Streitwertes richtet sich nach den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 und 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz in Verbindung mit den Ziffern 1.5 (Hälfte des Hauptsachestreitwertes), 46.3 (Klasse B) und 46.8 (Klasse E) des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (vgl. Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 18. Aufl. 2012, Anh. § 164 RdNr. 14).

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