LG Bonn, Beschluss vom 23.12.2009 - 6 S 148/09
Fundstelle
openJur 2012, 127841
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 19.08.2009 verkündete Schlussurteil des Amtsgerichts Bonn - 10 C 617/08 - wird gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

Die Berufung war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat. Die Sache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung; die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert ebenfalls keine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 ZPO). Zur Begründung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 12.11.2009 Bezug genommen. Zu der Stellungnahme der Klägerin vom 01.12.2009 ist Folgendes anzumerken:

Es ist zunächst nicht "übereinstimmend davon auszugehen", dass der Vertragsmietzins "zur Herstellung des ortsüblichen Vergleichsmietzinsbegriffes rechnerisch um 0,67 Euro bzw. 0,09 Euro zu bereinigen" sei. Der bisherige Mietzins beträgt nämlich eben nicht 464,02 Euro abzüglich 0,67 Euro/qm sowie 0,09 Euro/qm, sondern er beträgt 464,02 Euro. Etwas anderes lässt sich auch dem Erhöhungsschreiben vom 24.07.2008 nicht entnehmen, welches im Gegenteil eine Grundmiete von 464,02 Euro aufführt. Wie die Kammer bereits ausgeführt hat, besteht das Entgelt der Beklagten nicht aus einem Mietanteil sowie aus einem hiervon getrennten Kostenanteil für Schönheitsreparaturen. In § 2 des Mietvertrags heißt es vielmehr ausdrücklich: "Die … Miete beträgt … [seinerzeit 442,00 DM]". Der Zusatz unter § 3 des Mietvertrags, dass der in der Miete enthaltene Kostenansatz für die Durchführung von Schönheitsreparaturen zur Zeit 8,50 DM je qm Wohnfläche und Jahr betrage, ist lediglich ein Hinweis auf die Preiskalkulation, ändert aber nichts an der Qualität des Gesamtbetrags als Miete im Sinne des § 535 Abs. 2 BGB. Die Miete ist der periodisch wiederkehrende Betrag, der als Gegenleistung für die Überlassung der Mietsache geschuldet wird (vgl. Münchener Kommentar/Häublein, 5. Auflage 2008, § 535 BGB Rn. 153). Die Miete deckt alle Leistungen des Vermieters ab (Palandt/Weidenkaff, 68. Auflage 2009, § 535 BGB Rn. 70). Welche Anteile des geschuldeten Geldbetrags daher von Seiten des Vermieters für Instandhaltung, Schönheitsreparaturen, Bildung von Rücklagen etc. verwendet werden und welcher Betrag ihm schließlich als Gewinn (Reinerlös) verbleibt, ist im Grundsatz Sache des Vermieters und wirkt sich auf den Charakter der Zahlung als Miete nicht aus. Nur angemerkt sei im Übrigen, dass ein in der Miete enthaltener Betrag für Kleinreparaturen in dem Mietvertrag überhaupt nicht erwähnt wird, sodass die Argumentation der Klägerin insoweit erst recht unschlüssig ist.

Nicht zutreffend ist darüber hinaus die Auffassung der Klägerin, dass die Kammer den Vertragsmietzins, der aufgrund der mietvertraglichen Vereinbarung inklusive Schönheitsreparaturanteil gebildet worden ist, mit dem Mietspiegel vergleiche, der sich nach seiner Definition ohne diesen Anteil verstehe. Das Gegenteil hat die Kammer in dem Beschluss vom 12.11.2009 ausgeführt. Es ist nämlich richtig, dass sich die Angaben in dem Mietspiegel auf Wohnungen beziehen, bei denen die Kosten für Schönheitsreparaturen - weil auf den Mieter abgewälzt - nicht in die Miete eingepreist sind. Weiterhin richtig ist es, dass es als möglich (wenn auch nicht zwingend) erscheint, dass sich für eine Wohnung, bei der die Kosten für Schönheitsreparaturen nicht auf den Mieter abgewälzt sind, auf dem Markt eine höhere ortsübliche Miete herausbilden wird. Denn der Mieter ist in diesem Umfang entlastet, während der Vermieter zusätzlich mit Kosten belastet wird. All dies hat die Kammer allerdings schon in dem Beschluss vom 12.11.2009 ausführlich dargelegt. Fehlerhaft ist lediglich die Konsequenz der Klägerin, zunächst die ortsübliche Miete für eine Wohnung ohne eingepreiste Schönheitsreparaturkosten nach Maßgabe des Mietspiegels zu ermitteln und dann einen zusätzlichen Kostenanteil für Schönheitsreparaturen aufzuschlagen; denn es steht keineswegs fest, dass der so ermittelte Gesamtbetrag dem Marktpreis für eine Wohnung mit eingepreisten Schönheitsreparaturkosten entspricht. Darüber hinaus entspricht ein derartiges Vorgehen nicht dem System der §§ 558 ff. BGB, da - wie der Bundesgerichtshof in dem Urteil vom 09.07.2008 - VIII ZR 83/07 - ausdrücklich festgehalten hat - kostenbasierte Zuschläge zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens nicht in Betracht kommen (ebenso Urteil vom 09.07.2008 - VIII ZR 181/07 - sowie prägnant nochmals Urteil vom 11.02.2009 - VIII ZR 118/07 -). Die Kammer sieht keine Veranlassung, von dieser eindeutigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzurücken. Die Bezugnahme der Klägerin auf Schmidt-Futterer/Börstinghaus, Mietrecht, 9. Auflage 2007, § 558a BGB Rn. 50-51, überzeugt insoweit nicht; diese Literaturmeinung ist vielmehr durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 09.07.2008 überholt, in welcher die genannte Stelle ausdrücklich zitiert und abgelehnt wird. Hierbei unterscheidet der Bundesgerichtshof auch nicht zwischen solchen Mietverhältnissen, bei denen die Abwälzung der Schönheitsreparaturen zwar vereinbart worden ist, allerdings im Wege einer unwirksamen Klausel, und solchen Mietverhältnissen, bei denen der Vermieter von vornherein die Schönheitsreparaturen tragen sollte. Vielmehr lehnt der Bundesgerichtshof die Berücksichtigung von kostenbasierten Zuschlägen generell als systemfremd ab, da hierdurch ein Kostenelement ohne Rücksicht auf seine Durchsetzbarkeit am Markt zur Begründung einer Mieterhöhung herangezogen würde.

Soweit sich die Klägerin dagegen wehrt, dass der von ihr angesetzte Betrag für Schönheits- und Kleinreparaturen als "Zuschlag" bezeichnet wird, zeigt sie in der Sache nicht auf, um was es sich sonst handeln soll. Insbesondere legt sie nicht dar, dass es sich nicht um die durchschnittlichen Kosten handelt, die für die Übernahme der Schönheits- und Kleinreparaturen anfallen werden. Nur ergänzend - wenngleich nicht entscheidend - kommt hinzu, dass der in dem Mietspiegel insoweit angegebene Betrag nicht auf einer qualifizierten statistischen Erhebung beruht. Ein kostenbasierter Betrag ist aber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in jedem Falle systemfremd und könnte daher jedenfalls - unbeschadet seiner Erwähnung im Mietspiegel - nicht angesetzt werden.

Weiterhin ist anzumerken, dass der Mietspiegel keineswegs einen Zuschlag aufführt, der zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden soll. Vielmehr heißt es in dem textlichen Teil des Mietspiegels 2007 der Bundesstadt C (Ziffer 8.1.3):

"In der definierten Nettokaltmiete wird davon ausgegangen, dass die formularmäßig auf den Mieter abzuwälzenden Schönheits- und Kleinreparaturen auch von den Mietern geleistet werden. Zur Bereinigung der Nettokaltmiete wurden folgende Beträge verwendet: Schönheitsreparaturen 0,67 EUR pro m² Wohnfläche; Kleinreparaturen 0,09 EUR pro m² Wohnfläche."

Demnach dienen die Beträge lediglich einer Rechenoperation bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für Wohnungen mit abgewälzten Schönheits- und Kleinreparaturen. Die Autoren des Mietspiegels teilen in der vorgenannten Passage mit, dass sie diejenigen Mieten, bei denen bekannt war, dass die Schönheits- und Kleinreparaturen nicht abgewälzt sind, um einen bestimmten Faktor ermäßigt haben, bevor sie sie in die Berechnung der Vergleichswerte einbezogen haben. Hieraus folgt zwar im Umkehrschluss auch, dass bei den entsprechenden Wohnungen die Kaltmiete tatsächlich um 0,67 Euro/qm - ggf. zuzüglich 0,09 Euro/qm - höher lag als im Mietspiegel berücksichtigt. Jedoch lässt sich aus dieser Erkenntnis nicht der weitere Umkehrschluss ableiten, dass dann die ortsübliche Vergleichsmiete - also die auf dem Markt durchsetzbare Miete - im Hinblick auf die streitgegenständliche Wohnung um denselben Faktor höher liegen muss als im Mietspiegel angegeben. Zum einen ist nicht bekannt, ob der angesetzte Abschlag tatsächlich sachgerecht war, zumal er nicht auf einer empirisch abgesicherten Erhebung beruht. Eine eigenständige Begründung dafür, weshalb gerade diese Beträge angesetzt werden, hat die Klägerin nicht mitgeteilt. Darüber hinaus entspricht die Vornahme von kostenbasierten Zu- oder Abschlägen - wie ausgeführt - generell nicht dem System der §§ 558 ff. BGB. Schließlich gibt der Mietspiegel nicht an, welche Miethöhe bei den zur Ermittlung des Vergleichswerts herangezogenen Wohnungen erzielt wurde, um wieviele Wohnungen es sich handelte, ob sie sich in dem fraglichen Gebiet befinden und ob sie mit der klägerischen Wohnung überhaupt vergleichbar sind.

Letztlich liegt das Problem der Klägerin darin, dass sie die Miete mithilfe des Mietspiegels erhöhen will, dieser aber überhaupt keine Angaben zu der ortsüblichen Vergleichsmiete einer Wohnung enthält, bei der die Schönheits- und Kleinreparaturen nicht auf den Mieter abgewälzt sind. Ein Mieterhöhungsverlangen aufgrund des Mietspiegels ist daher von vornherein nicht möglich (sofern sich die Klägerin nicht mit der dort aufgeführten Vergleichsmiete für Wohnungen ohne eingepreiste Schönheits- und Kleinreparaturen begnügt). Sie hat mithin die falsche Vorgehensweise gewählt. Dies schließt zwar ein Mieterhöhungsverlangen mit einem anderen Begründungsmittel nach § 558a Abs. 2 BGB nicht aus. Ein solches Mieterhöhungsverlangen hat sie jedoch bisher gegenüber den Beklagten nicht erklärt. Damit kann ihre Klage auf Zustimmung zu der Mieterhöhung keinen Erfolg haben.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO). Auch insoweit wird zunächst auf den Hinweisbeschluss der Kammer vom 12.11.2009 verwiesen. Die Rechtssache hat schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Angaben in dem Mietspiegel 2007 der Bundesstadt C zu der Höhe des dort vorgenommenen Abschlags, um die ortsübliche Nettokaltmiete zu errechnen, nicht auf einer empirisch abgesicherten Erhebung beruhen und im Übrigen auch nicht zu dem Zweck angegeben wurden, die ortsübliche Vergleichsmiete für Wohnungen ohne abgewälzte Schönheits- und Kleinreparaturen zu ermitteln. Allein schon aus diesem Grund - der ersichtlich nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist - kann das Mieterhöhungsverlangen keinen Erfolg haben. Darüber hinaus ist die Frage, ob kostenbasierte Beträge zur Berücksichtigung von Schönheits- und Kleinreparaturen im Rahmen eines Mieterhöhungsverlangens nach § 558 BGB hinzugerechnet werden können, bereits abschließend höchstrichterlich entschieden, nachdem der Bundesgerichtshof in den Urteilen vom 09.07.2008 sowie nochmals in dem Urteil vom 11.02.2009 ein derartiges Vorgehen als systemwidrig abgelehnt hat. Schließlich hat die Klägerin nicht aufgezeigt, dass sich die Problematik bei anderen Vermietern oder über den hiesigen Gerichtsbezirk hinaus in vergleichbarer Weise stellt, sodass auch nicht aus diesem Gesichtspunkt eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bejaht werden kann.

Inwiefern die - dem Gesetz entsprechende - Nichtzulassung der Revision eine "Verletzung des rechtlichen Gehörs" darstellen soll, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Sie hat den Vortrag der Klägerin zur Kenntnis genommen, teilt jedoch nicht ihre Auffassung. Ein Anspruch auf Zulassung der Revision wird hierdurch nicht begründet.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 755,76 Euro festgesetzt.