LG Aachen, Urteil vom 11.11.2009 - 11 O 25/07
Fundstelle
openJur 2012, 127683
  • Rkr:
Tenor

Das Versäumnisurteil vom 15.09.2008 wird gegenüber der Beklagten zu 1. aufrechterhalten.

Unter Aufhebung dieses Urteils im übrigen wird die Klage gegen den Beklagten zu 2. dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. trägt die Klägerin. Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist für die Beklagte zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil durch sie darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegenüber den Beklagten, dem am 29.04.1993 geborenen Sohn ihres jetzigen Ehemannes sowie seiner Mutter, Schadensersatzansprüche aus dem Brand einer Halle am 05.04.2003 auf ihrem landwirtschaftlichen Anwesen bzw. ihrer Reitanlage in C1 geltend. An diesem Tag geriet gegen 14.35 Uhr eine auf einer im Miteigentum der Klägerin und ihres Ehemannes stehenden Parzelle errichtete Lager- bzw. Scheunenhalle, bestehend aus einer Holzkonstruktion mit Wänden aus Zeltplanen mit hierin befindlichen 4 Pferdeboxen, eingelagertem Stroh und diversen, im einzelnen streitigen weiteren Gegenständen, sowie zwei an einer Längs- und einer Schmalseite errichteten Anbauten jeweils mit weiteren, insgesamt 29 Pferdeboxen, in Brand und wurde vollständig zerstört. Zu diesem Zeitpunkt hatten der Beklagte zu 2. zusammen mit dem am 11.10.1995 geborenen Sohn D der Klägerin unbeaufsichtigt auf dem Anwesen gespielt. Gegenüber der Polizei gaben die beiden einige Tage nach dem Brand, nachdem sie zunächst von unbekannten Jugendlichen erzählt hatten, die sie unmittelbar vor Entdecken des Brandes bei der Halle gesehen gehabt hätten, an, auf dem Stroh der Lagerhalle mit einem unmittelbar zuvor entwendeten Feuerzeug gespielt und hierdurch den Brand verursacht zu haben. Die Klägerin machte die ihr aus dem Brand entstandenen Schäden in der Folgezeit gegenüber der B-Versicherung in deren Eigenschaft sowohl als ihrer eigenen Sachversicherung als auch als Haftpflichtversicherung der Beklagten zu 1. und des über sie mitversicherten Beklagten zu 2. geltend. Es kam sodann zu Teilzahlungen der B sowohl auf der Klägerin entstandene Schäden als auch auf solche, die Dritten, namentlich Eigentümern von in der Halle eingestellten Pferden, entstanden waren. Mit Schreiben der B als Haftpflichtversicherung der Beklagten vom 28.01.2004 erklärte diese unter Hinweis auf bereits erbrachte Aufwendungen in Höhe von 13.787,78 €, dass zunächst die Regulierung durch die ebenfalls in ihrem Hause bestehende Gebäude- und Inhaltsversicherung abzuwarten sei, bezüglich der Haftung aber jedenfalls eine 50prozentige Mithaftung der Klägerin wegen der gemeinschaftlichen Verursachung des Brandes durch den bei ihr versicherten Beklagten zu 2. mit dem eigenen Sohn D der Klägerin zu berücksichtigen sei. Mit weiterem Schreiben der B als Haftpflichtversicherung vom 18.11.2004 teilte diese der Klägerin die Beauftragung eines Sachverständigen mit der Begutachtung der nach ihrer Beanspruchung infolge des Brandes verletzten Pferde mit und mit Schreiben vom 11.02.2005 bat sie die Klägerin u.a. um Vorlage der Abrechnungsschreiben über erfolgte Erstattungen durch die Sachversicherung. Ein im Jahr 2004 eingeleitetes Klageverfahren der Klägerin gegen die B als ihrer Sachversicherung vor dem Landgericht Köln, in der sie weitere Zahlungen in Höhe von 112.000 € für beschädigte Turniersachen, noch nicht erstattete Mietausfallschäden und Aufräumkosten geltend gemacht hatte, wurde durch Abschluss eines Vergleiches am 02.11.2006 unter Einigung auf eine weitere Zahlung der Versicherung in Höhe von 30.000 € beendet (24 O 521/04 LG Köln).

Die Klägerin behauptet, dass die letztlich maßgeblichen Ursachen für den Brand von dem Beklagten zu 2. gesetzt worden seien, hinter dessen Tatbeitrag derjenige ihres Sohnes D vollständig zurücktrete, weswegen sie der Ansicht ist, dass eine Mitverursachung des Schadens durch ihn ihr nicht entgegengehalten werden könne. So sei es der Beklagte zu 2. gewesen, der zuvor das Feuerzeug entwendet gehabt habe, er habe auch Bedenken Ds gegen die Entzündung eines Lagerfeuers auf dem Stroh zerstreut und das Stroh dann auch selbst angezündet. Eine Aufsichtspflicht ihrerseits habe gegenüber dem Beklagten zu 2. nicht bestanden. Dieser habe sich an diesem Wochenende nicht etwa im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht ihres Ehemannes bei ihnen auf dem Hof aufgehalten, sondern es habe sich - wie bei einer Vielzahl von Aufenthalten zuvor auch - um einen zwischen den Kindern verabredeten Besuch gehandelt. Die Aufsichtspflicht habe daher auch konkret an diesem Wochenende weiterhin der Beklagten zu 1. oblegen, die sich unstreitig an diesem Wochenende an ihrem Wohnort in L aufhielt. Unter der Behauptung, dass der Beklagte zu 2. bereits vor dem Brandvorfall vom 05.04.2003 in der Grundschule L gezündelt habe, wie ihr und ihrem Ehemann aber erst nachträglich bekannt geworden sei, ist sie der Ansicht, dass die Beklagte zu 1. sie hierüber zumindest habe aufklären müssen. Insgesamt fehle es selbst bei Annahme einer Aufsichtspflicht ihrerseits sowie ihres Ehemannes sowohl gegenüber dem Beklagten zu 2. als auch gegenüber ihrem Sohn D jedenfalls an einer Verletzung dieser Pflicht. Bezüglich der ihr entstandenen Schäden behauptet sie zum einen, dass die Lagerhalle, die nicht als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks zu qualifizieren sei, gemäß den Vereinbarungen mit ihrem Mann in ihrem Alleineigentum gestanden habe. Überdies habe dieser sie vorsorglich zur alleinigen Geltendmachung sämtlicher Schäden unter vollständiger Zahlung an sie ermächtigt. Ihr seien insoweit Schäden in Form des verletzungsbedingten Ausfalls zweier Sportpferde, von Tierarztkosten, Schäden an landwirtschaftlichen Fahrzeugen, Hindernismaterial, den insgesamt 33 Pferdeboxen, in der Halle untergestellten Containern und einem Schmiedeanhänger, Sachverständigenkosten sowie Planungskosten, Gebühren und Zinsen sowie von von der Sachversicherung auch durch den Vergleichsabschluss in dem Verfahren vor dem LG Köln noch nicht erstatteten weiteren Schäden an Turniersachen und Mietausfallbeträgen in einer bislang geltend zu machenden Gesamthöhe von 736.930,78 € entstanden. Überdies seien nach wie vor Kosten für die Beseitigung der zerstörten Halle und Aufräumung des Grundstücks nicht erstattet worden. Die Fa. N GmbH, deren Geschäftsführer der Bruder der Klägerin ist, habe insoweit Leistungen in einem erforderlichen Gesamtumfang von 166.400,72 € erbracht, die unter Abzug von der B bislang hierauf erbrachter Zahlungen noch in einer - der Klägerin derzeit gestundeten - Höhe von 30.975,47 € offenstünden, bezüglich derer sie daher die Freistellung durch Zahlung unmittelbar an die N GmbH begehrt.

Am 27.10.2005 - der Beklagten zu 1. zugestellt am 29.10.2005 - haben die Streithelfer der Klägerin als ihre damaligen Prozessbevollmächtigten beim Amtsgericht Euskirchen gegen die Beklagte zu 1. einen Mahnbescheid über 555.179,93 € nebst Mahnkosten und Zinsen erwirkt unter Bezeichnung der Hauptforderung als „Versicherungsleistung aus Vorfall vom 05.04.05“. Nach Widerspruchseinlegung der Beklagten zu 1. hiergegen ist am 22.11.2006 die Einzahlung des weiteren Prozesskostenvorschusses erfolgt und daraufhin der Rechtsstreit an das im Mahnbescheidsantrag angegebene Amtsgericht Aachen abgegeben worden. Mit einem am 11.12.2006 beim Amtsgericht Aachen eingegangen Schriftsatz der Streithelfer der Klägerin vom 07.12.2006 haben diese erklärt, die Klage auf den Beklagten zu 2. zu erweitern, und Verweisung an das Landgericht Aachen beantragt. Auf die entsprechende Aufforderung des AG Aachen zur Einreichung eines den Vorgaben des § 253 ZPO entsprechenden Schriftsatzes vom 13.12.2006 haben die Streithelfer der Klägerin mit Schriftsatz vom 02.01.2007, eingegangen beim AG Aachen am 03.01.2007, die Klageerweiterung unter vollständiger Rubrumsbezeichnung und Antragsformulierung wiederholt, welcher beiden Beklagten am 08.01.2007 zugestellt worden ist. Nach daraufhin erfolgter Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Aachen und Bestellung des jetzigen Prozessbevollmächtigten für die Klägerin unter Mandatsniederlegung ihrer jetzigen Streithelfer hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 14.05.2007 unter Hinweis auf laufende Verhandlungen mit der Ver­sicherung im Hinblick auf eine drohende Verjährung zu Grund und Anspruchshöhe kurz vorgetragen unter Darlegung der bis dahin geltend gemachten Anspruchspositionen als Teilklage bezogen auf zwei unbrauchbar gewordenen Sportpferde in Höhe von 260.000,00 € sowie in restlicher Höhe auf Tierarzt- und Gutachterkosten hinsichtlich dieser Pferde, Schäden an landwirtschaftlichen Fahrzeugen, Kosten für Leistungsschau und für die durch den Brand zerstörten 33 Pferdeboxen. Die Versicherung hatte zuvor mit außergerichtlichem Schreiben vom 16.02.2007 gegenüber der Klägerin erklärt, die Einrede der Verjährung bis zum 31.07.2007 nicht zu erheben, soweit die Ansprüche noch nicht verjährt seien. Mit Schriftsatz vom 28.08.2007 hat die Klägerin sodann zum einen ihren früheren Prozessbevollmächtigten den Streit verkündet und zum anderen die Klage gegenüber beiden Beklagten auf die oben dargelegten Schadenspositionen in Höhe von insgesamt 736.930,78 € zuzüglich der Freistellung in Höhe von 30.975,47 € erweitert. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.09.2008 hat die Klägerin nach gerichtlichem Hinweis auf eine voraussichtliche Abweisung der Klage wegen angenommener Unschlüssigkeit keinen Antrag gestellt, woraufhin klageabweisendes Versäumnisurteil ergangen ist, gegen welches die Klägerin mit einem am 29.09.2008 eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt hat.

Die Klägerin beantragt nunmehr,

unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 15.09.2008 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an sie 736.930,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

a) aus 339.179,93 € seit dem 29.10.2005;

b) aus weiteren 216.000,00 € seit dem 05.04.2003, mindestens insoweit in Höhe von 4 % sowie

c) aus den restlichen 181.750,85 € seit Zustellung der Klagerweiterung zu zahlen;

2. sie von restlichen Vergütungsansprüchen der N GmbH, X-str. 2, ...# C1 in Höhe von 30.975,47 € für Aufräumarbeiten gemäß Rechnungen der N GmbH vom 22.12.2003/19.04.2004 freizustellen.

Die Streithelfer der Klägerin schließen sich diesen Anträgen an und beantragen im übrigen,

den Beklagten als Gesamtschuldnern die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.

Unter Bezugnahme auf das Vorbringen der Klägerin verweisen sie ergänzend auf ein Telefonat mit der B-Versicherung vom 21.11.2006, in dem über eine vergleichsweise Erledigung habe gesprochen werden sollen, was sie als Verhandlung über die streitgegenständlichen Ansprüche bewerten.

Die Beklagten beantragen,

das Versäumnisurteil vom 15.09.2008 aufrecht zu erhalten.

Sie erheben zunächst die Einrede der Verjährung unter Hinweis darauf, dass die Klägerin das Mahnverfahren nach Einlegung des Widerspruchs durch die Beklagte zu 1. über ein Jahr lang nicht betrieben hat, weswegen die verjährungshemmende Wirkung des Mahnbescheides entfallen sei. Im übrigen sind sie hinsichtlich der Inanspruchnahme der Beklagten zu 1. der Ansicht, dass die Aufsicht über den Beklagten zu 2. an dem maßgeblichen Wochenende dem Ehemann der Klägerin als seinem Vater sowie der Klägerin selbst als Stiefmutter oblegen habe und schon mangels eigener Aufsichtspflicht der Beklagten zu 1., erst recht aber in Ermangelung einer diesbezüglichen Verletzung ihre Haftung unter jeglichem Gesichtspunkt ausscheide. Zu der Inanspruchnahme des Beklagten zu 2. bestreiten sie, dass dieser an der Verursachung des zum Brand führenden Feuers beteiligt gewesen sei. Hierzu behaupten sie, dass die Beklagte zu 1. zwar ebenso wie die Kripo zunächst von einem gemeinsamen Feuerchenmachen durch ihn und seinen Stiefbruder D ausgegangen sei. Etwa ein dreiviertel Jahr nach dem Vorfall habe der Beklagte zu 2. seiner Mutter und seinem Stief­vater aber abends im Bett unter Tränen schließlich erzählt, den Schaden nicht verursacht zu haben. Er habe zwar zusammen mit D einige Male zuvor Feuerchen gemacht, diese jedoch immer wieder ausgemacht. D habe dann ein größeres Feuer machen wollen und ihn weggeschickt, woraufhin er dann auch nach unten gegangen sei. Im übrigen sind die Beklagten der Ansicht, dass die Klägerin wegen Verletzung der zum Vorfallszeitpunkt eben unter anderem ihr obliegenden Aufsichtspflicht über die beiden Jungen selbst für die Schadensentstehung verantwortlich sei mit der Folge eines Erlöschens jeglicher diesbezüglicher Ansprüche ihrerseits als gleichzeitig Geschädigte und Schadensersatzpflichtige. Die Entstehung der geltend gemachten Schäden im Umfang der nicht bereits erfolgten Regulierung durch die B-Versicherung als Sachversicherung bestreiten sie überdies unter mehreren Gesichtspunkten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen L1. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.10.2009 (Bl. 362 f d.A.) Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist gegenüber der Beklagten zu 1. unbegründet. Insoweit war das Versäumnisurteil vom 15.09.2008 daher gemäß § 343 S. 1 ZPO aufrechtzuerhalten.

Letztlich dahingestellt bleiben kann, ob die Ansprüche der Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1. verjährt sind, was angesichts der Anspruchsbezeichnung „Versicherungsleistung aus Vorfall vom 05.04.05“ in dem Mahnbescheid unter dem Gesichtspunkt einer mangelnden Individualisierbarkeit der damit geltend gemachten Ansprüche sowie einer gewissen Zweifelhaftigkeit daran, dass sich die vorprozessualen Verhandlungen mit der B-Versicherung als Haftpflichtversicherung gerade auch auf Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 1. selbst wegen Verletzung ihrer Aufsichtspflicht und nicht etwa nur auf solche gegenüber dem mitversicherten Beklagten zu 2. als - vermeintlichem - Mitverursacher des Brandes bezogen, durchaus in Betracht kommt. Denn jedenfalls steht der Klägerin auch unabhängig davon gegenüber der Beklagten zu 1. kein Anspruch auf Ersatz der ihr bei dem Brandvorfall vom 05.04.2003 entstandenen Schäden zu. Ein solcher ergibt sich insbesondere nicht aus § 832 Abs. 1 BGB wegen Verletzung der Aufsichtspflicht der Beklagten zu 1. gegenüber dem Beklagten zu 2.

An dem maßgeblichen Wochenende, an dessen Samstag sich der Brandvorfall ereignete, hielt sich der Beklagte zu 2. unstreitig vom 04. bis 06.04.2003 bei der Klägerin und ihrer Familie in C1 auf, während die Beklagte zu 1. sich an ihrem Wohnort im rund 50 Kilometer entfernten L befand. Unabhängig von der - dem Gericht im übrigen abenteuerlich erscheinenden - Darstellung der Klägerin, dieser Aufenthalt des Beklagten zu 2. bei ihr stehe nicht etwa im Zusammenhang mit dem Umgangsrecht ihres Ehemannes als Vater des Beklagten zu 2., sondern sei als zwischen diesem und ihrem Sohn selbständig verabredeter Besuch erfolgt, hielt sich der Beklagte zu 2. damit jedenfalls mit Einwilligung der Beklagten zu 1. tatsächlich zumindest unter anderem auch bei seinem Vater auf. Es spricht daher bereits Vieles dafür, dass die Aufsichtspflicht bezüglich des Beklagten zu 2. für die Dauer dieses Aufenthaltes bereits kraft Gesetzes entsprechend auch der Entscheidungsbefugnis des nicht sorgeberechtigten Elternteils in Angelegenheiten der tatsächlichen Betreuung gemäß § 1687a BGB sowie dessen Ehegatten gemäß § 1687b BGB auf den Vater und die Klägerin als seiner Ehefrau übergegangen ist. Jedenfalls aber ist anderenfalls von einer konkludenten vertraglichen Übernahme der Aufsichtspflicht für die Dauer dieses Aufenthaltes durch sie beide auszugehen. Soweit es bei einer solchen vertraglichen Übertragung der Aufsicht grundsätzlich der Prüfung bedarf, ob der Aufsichtspflichtige damit seiner Aufsichtspflicht  genügt, ihn insbesondere Obliegenheiten hinsichtlich der Auswahl der insoweit zu beauftragenden Personen oder hinsichtlich zu erteilender Weisungen oder Informationen treffen können, ist auch unter diesem Gesichtspunkt vorliegend nicht ersichtlich, dass die Beklagte zu 1. ihrer Aufsichtspflicht nicht genügt haben könnte. Die Überlassung der tatsächlichen Aufsicht an ihren geschiedenen Ehemann und dessen Frau begegnet mangels ersichtlicher entgegenstehender Umstände keinerlei Bedenken. Eine dabei anzunehmende besondere Informations- oder Hinweispflicht etwa bezüglich einer Neigung des Beklagten zu 2. zum Zündeln oder ähnlichem würde voraussetzen, dass es tatsächlich bereits im Vorfeld zu solchen Vorfällen gekommen wäre und die Beklagte hiervon auch Kenntnis gehabt hätte. Zwar behauptet die Klägerin einen früheren Vorfall, bei dem der Beklagte zu 2. schon einmal in der Grundschule in L mit Feuer gespielt haben soll. Jedoch ist ihr diesbezüglicher Vortrag zu Zeitpunkt und Gewicht dieses Vorfalles bereits völlig unkonkret und ist überdies von ihr insbesondere nicht vorgetragen, dass die Beklagte zu 1. von diesem Vorfall überhaupt vor dem 05.04.2003 Kenntnis gehabt haben soll. Ebenso wenig bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagten zu 1. eine Zündelneigung ihres Sohnes wegen unzureichender allgemeiner Beaufsichtigung und Überwachung seines Spiel- und Freizeitverhaltens entgangen wäre oder sie ihn unzureichend über die Gefahren des Umgangs mit Feuer belehrt und aufgeklärt hätte. Letzteres gilt um so mehr, als die Klägerin ihrerseits geltend macht, eine solche Belehrung - ebenso wie gegenüber ihrem eigenen Sohn - auch gegenüber dem Beklagten zu 2. wiederholt ausgesprochen zu haben, was im Hinblick auf die besonderen Gefahren beim Spiel mit Feuer auf ihrem landwirtschaftlichen bzw. reiterlichen Anwesen auch unmittelbar nachvollziehbar erscheint. Unter diesen Umständen ist entsprechend der Rechtsauffassung der Beklagten eine Aufsichtspflichtverletzung der Beklagten zu 1. insgesamt nicht ersichtlich.

Gegenüber dem Beklagten zu 2. besteht demgegenüber ein Anspruch der Klägerin dem Grunde nach aus §§ 823 Abs. 1, 828 Abs. 3, 830 BGB, weswegen das klageabweisende Versäumnisurteil insoweit gemäß § 343 S. 2 ZPO aufzuheben war.

Unter Würdigung des beiderseitigen Parteivorbringens sowie der Aussage des Zeugen L1 steht zur Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Beklagte zu 2. gemeinschaftlich mit dem Sohn D der Klägerin den Brand der Scheunenhalle am 05.04.2003 verursacht und damit das Eigentum zumindest unter anderem der Klägerin im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB verletzt hat. Unstreitig haben die beiden Jungen gegenüber der Polizei zwei Tage nach dem Brand eine gemeinschaftliche Verursachung des Feuers eingeräumt. Ein konkreter und unter Beweis gestellter Sachvortrag der Beklagten zu einem abweichenden Verlauf der Geschehnisse im Zusammenhang mit der Brandentstehung selbst ist - entgegen ihrer Darstellung in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27.10.2009 - nicht erfolgt. Vielmehr haben sie sich in ihrem Schriftsatz vom 27.06.2007 darauf beschränkt, eine Beteiligung des Beklagten zu 2. an der Brandverursachung unter Hinweis darauf zu bestreiten, dass der Beklagte zu 2. etwa ein ¾ Jahr nach dem Vorfall abends vor dem Einschlafen unter Tränen das Geschehen abweichend geschildert und ein alleiniges Legen des Feuers durch seinen Stiefbruder D angegeben habe. Zu diesem Vorbringen haben sie einheitlich das Zeugnis sowohl des Beklagten zu 2. selbst als auch seiner Schwester und seines Stiefvaters angeboten. Insoweit hat das Gericht aber auch bereits im Rahmen der Erörterung der Sach- und Rechtslage in der mündlichen Verhandlung vom 05.10.2009 darauf hingewiesen, dass der diesbezügliche Vortrag ohne weiteres als wahr unterstellt werden kann, da es dem Gericht durchaus glaubhaft und lebensnah, andererseits aber eben auch nicht entscheidungserheblich erscheint, dass der Beklagte zu 2. nicht zuletzt unter dem offensichtlichen Druck der familiären Situation zwischen den beiden neuen Familien seiner Eltern solche Äußerungen gemacht hat. Dass diese nachträglichen und nachvollziehbar einen eigenen Tatbeitrag leugnenden Angaben aber eher der Wahrheit entsprechen sollen als die unstreitige Einräumung der eigenen Tatbeteiligung zwei Tage nach dem Brand gegenüber der Polizei, ergibt sich daraus zur Überzeugung des Gerichtes gerade nicht. Angesichts dieser für den Beklagten zu 2. überaus belastenden Situation und unter Berücksichtigung der Zeugenaussage des Kriminalbeamten, der die Jungen zwei Tage nach dem Brand vernommen hat und der ihre dabei getätigten Angaben als glaubhaft und überzeugend bewertet hat, hat das Gericht keine Veranlassung gesehen, von Amts wegen - ohne ausdrücklichen Sachvortrag und Beweisantritt der Beklagten zu dem Tatgeschehen selbst - den Beklagten zu 2. als Partei anzuhören oder zu vernehmen, wie es nach Vollendung seines 16. Lebensjahres im April 2009 grundsätzlich in Betracht gekommen wäre. Das gilt umso mehr, als eine konkrete Aufklärung der einzelnen Tat- und Verursachungsanteile im Hinblick auf § 830, 840 Abs. 1 BGB insofern nicht erforderlich ist, als im Außenverhältnis sämtliche Beteiligte einer unerlaubten Handlung, gleich ob als Mittäter, Anstifter oder lediglich Gehilfen, für den hierdurch verursachten Schaden jeweils in voller Höhe als Gesamtschuldner haften und das Gericht eben zumindest von einer solchen Beteiligung des Beklagten zu 2. aus den genannten Gründen jedenfalls überzeugt ist. Die gegebenenfalls erforderliche Haftungsaufteilung im Innenverhältnis der beiden Beteiligten, wie sie etwa im Falle eines Rückgriffs des Beklagten zu 2. bzw. seiner Haftpflichtversicherung gegenüber dem Sohn der Klägerin relevant werden könnte, bedarf vorliegend keiner Klärung.

Dass der zum Vorfallszeitpunkt kurz vor Vollendung seines 10. Lebensjahres stehende Beklagte zu 2. bei Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht im Sinne des § 828 Abs. 3 BGB gehabt hätte, ist weder von den Beklagten geltend gemacht worden noch sonst ersichtlich.

Der Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2. ist auch nicht wegen eines ihr zuzurechnenden Mitverschuldens ausgeschlossen oder gemindert. Die Beteiligung ihres Sohnes D an der Brandverursachung muss sich die Klägerin als Fremdverschulden ebenso wenig zurechnen lassen wie eine eventuell anzunehmende Aufsichtspflichtverletzung ihres Ehemannes als Vater des Beklagten zu 2. Aber auch von einem eigenen Mitverschulden bzw. einer Eigenverantwortlichkeit ihrerseits für den Schadenseintritt wegen - vermuteter - Verletzung der ihr obliegenden Aufsicht sowohl gegenüber ihrem eigenen Sohn gemäß §§ 1626, 1631 BGB als auch gegenüber dem Beklagten zu 2. entweder kraft Gesetzes gemäß § 1687b BGB oder aber eben zumindest aus konkludent erfolgter Übernahme der Aufsicht ist nicht auszugehen. Dabei verkennt das Gericht nicht, dass die Anforderungen an die Aufsichtspflicht gegenüber Kindern gerade auch hinsichtlich der Gefahren im Umgang mit Feuer streng sind und es im Falle einer Verwirklichung dieser Gefahr zur Darlegungspflicht und zum Entlastungsbeweis der Eltern (bzw. sonstigen kraft Gesetzes oder Auftrags aufsichtspflichtigen Personen) gehört, im einzelnen darzulegen und nachzuweisen, dass sie der diesbezüglichen Belehrungs- und Beaufsichtigungspflicht nachgekommen sind. Bezüglich des Beklagten zu 2. oblag dabei die grundsätzliche Belehrung über die Gefahren von Feuer allerdings in erster Linie der Beklagten zu 1. als Inhaberin der elterlichen Sorge, bei der sich der Beklagte zu 2. seit der Trennung der Eltern mit Ausnahme der Besuchsaufenthalte bei seinem Vater auch ständig aufhielt. Insoweit ging es hinsichtlich der konkret an dem Wochenende bei der Klägerin (und ihrem Ehemann) liegenden Aufsichtspflicht vorrangig um die Beaufsichtigung des Beklagten zu 2. in Form ausreichender Überwachung seines Aufenthaltes und Tuns. Soweit dagegen gegenüber ihrem eigenen Sohn D die Aufklärung und allgemeine Belehrung über die Gefahren von Feuer der Klägerin oblag, sieht das Gericht für die konkrete Schadensverwirklichung die Frage einer ausreichenden Erfüllung dieser Belehrungspflicht ebenfalls nicht als entscheidungsmaßgeblich an in Anbetracht dessen, dass es um die Beteiligung an einem „Feuerchenmachen“ durch zwei zum Vorfallszeitpunkt fast 10 bzw. rund 7 ½ Jahre alte Jungen geht, bezüglich derer nicht davon ausgegangen werden kann, dass das Erfolgen einer ausreichenden oder unzureichenden allgemeinen Belehrung gerade des Jüngeren der beiden Beteiligten sich auf die tatsächliche Entschlussfassung und Ausführung und damit die Schadensverwirklichung maßgeblich ausgewirkt hat. Auch insoweit kommt es daher entscheidungserheblich auf die konkrete Beaufsichtigung der Kinder zum Vorfallszeitpunkt an. Bei der Beurteilung der insoweit gebotenen und erforderlichen Maßnahmen ist zu berücksichtigen, dass bei 7 bzw. 9 Jahre alten Kindern eine ständige Überwachung „auf Schritt und Tritt“ weder erforderlich ist noch dem Erziehungsgedanken des § 1626 Abs. 2 BGB entspricht. Dieser Bestimmung zur Folge ist im Rahmen der Wahrnehmung der Personensorge, zu der gemäß § 1631 Abs. 1 BGB die Beaufsichtigung des Kindes gehört, seine wachsende Fähigkeit und sein wachsendes Bedürfnis zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln zu berücksichtigen. Hier haben die Kinder nach dem Vortrag der Klägerin seit dem Mittagessen mit ihrer Mutter bis zum Ausbruch des Brandes gut eine Stunde lang (zwischen ca. 13.30 Uhr und ca. 14.35 Uhr) unbeaufsichtigt auf dem Anwesen der Klägerin gespielt. Soweit die Beklagten dieses Vorbringen insgesamt mit Nichtwissen bestritten haben, ist ein solches Bestreiten in Bezug auf den hier maßgeblichen Beklagten zu 2. gemäß § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig und mithin unbeachtlich. Eine solche, daher als unstreitig zugrunde zu legende  Dauer unbeaufsichtigten Spiels, zumal auf dem eigenen Grundstück und unter gleichzeitiger dortiger Anwesenheit unter anderem der Klägerin, wenn auch ohne Kenntnis ihrerseits von dem genauen Spielort innerhalb dieses Anwesens, erscheint dem Gericht in Anbetracht des Alters der Kinder und in Ermangelung feststellbarer Anhaltspunkte dafür, dass etwa wegen früherer Vorkommnisse oder für die Klägerin erkennbarer Verhaltensauffälligkeiten eine intensivere Beaufsichtigung veranlasst gewesen wäre, insgesamt nicht zu beanstanden zu sein.

Der daher dem Grunde nach uneingeschränkt berechtigte Anspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2. ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten auch nicht verjährt. Gemäß § 199 Abs. 1 BGB begann die nach § 195 BGB dreijährige Verjährungsfrist mit dem 31.12.2003 und lief mithin ohne Eingreifen von Hemmungs- oder Unterbrechungstatbeständen am 31.12.2006 ab. Ausweislich der vorgelegten außergerichtlichen Schreiben der Haftpflichtversicherung der Beklagten aus den Jahren 2004 und 2005, in denen diese ihre Einstandspflicht dem Grunde nach nicht in Abrede gestellt hat, sondern - unter Hinweis auf eine anzunehmende hälftige Mithaftung der Klägerin sowie auf bereits erfolgte Zahlungen - zunächst zum Abwarten der Regulierung durch die Sachversicherung aufgefordert und damit selbst eine erst spätere Geltendmachung der weiteren Haftpflichtansprüche veranlasst hat, ist zumindest von einem Verhandeln zwischen den Parteien über die Ansprüche im Sinne des § 203 BGB, wenn nicht sogar hinsichtlich der - zeitlich nicht näher bekannten - Teilzahlungen von einem Anerkenntnis im Sinne des § 212 Abs. 1 Nr. 1 BGB auszugehen mit der Folge, dass der Lauf der Verjährung zumindest für die Dauer der Verhandlungen gehemmt war. Da diese Verhandlungen aber mindestens über einen Zeitraum von mehreren Monaten angedauert haben, war die Klageerhebung gegenüber dem Beklagten zu 2. auch dann noch rechtzeitig, wenn insoweit nicht auf den am 08.01.2007 zugestellten Klageerweiterungsschriftsatz vom 02.01.2007 abgestellt wird, sondern auf den erstmals eine Begründung der Ansprüche enthaltenden Schriftsatz vom 14.05.2007 und zwar schon unabhängig von dem außergerichtlichem Schreiben der Versicherung vom 16.02.2007, mit dem sie den Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede bis zum 31.07.2007, soweit Verjährung nicht bereits eingetreten gewesen sei, erklärt hat. Selbst hinsichtlich des erst nach Ablauf dieser Frist eingereichten klageerhöhenden Schriftsatzes vom 28.08.2007 ist in Anbetracht der anzunehmenden mehrmonatigen Verjährungshemmung nach § 203 BGB noch von einer Geltendmachung innerhalb der Verjährungsfrist auszugehen. Auf das ausschließlich gegenüber der Beklagten zu 1. eingeleitete - und im übrigen entsprechend den obigen Ausführungen in seiner verjährungshemmenden Wirkung insgesamt durchaus zweifelhafte - Mahnverfahren und dessen weiteren Verlauf kommt es insoweit nicht an.

Da die - unbegründete - Klage gegenüber der Beklagten zu 1. zur Endentscheidung reif ist, während es bezüglich der dem Grunde nach begründeten Inanspruchnahme des Beklagten zu 2. zur Schadenshöhe noch weiterer Sachaufklärung bedarf, war über die Klage gegenüber der Beklagten zu 1. gemäß § 301 ZPO durch Teilurteil zu entscheiden. Bezüglich des Beklagten zu 2. war demgegenüber im Hinblick auf die Erforderlichkeit weitergehender Darlegung und Beweiserhebung zur Höhe der insgesamt streitigen einzelnen Schadenspositionen der Erlass eines Grundurteils gem. § 304 Abs. 1 ZPO veranlasst, um zunächst eine rechtskräftige Klärung des streitigen Anspruchsgrundes zu ermöglichen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen, soweit sie bereits zu treffen waren, beruhen auf §§ 91, 709 S. 1 bis 3 ZPO. Auch wenn im Verhältnis zu den Streithelfern mit der Verneinung einerseits jeglicher Ansprüche gegenüber der Beklagten zu 1. unabhängig von einer Verjährung und andererseits der Verjährung der Ansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2. der Grund für die Streitverkündung bereits geklärt und ihre Regresspflichtigkeit aus ggf. verspäteter Klageerhebung unabhängig von dem weiteren Ausgang des Rechtsstreits zu verneinen ist, kann eine Entscheidung über die Kosten der Nebenintervention gemäß § 101 Abs. 1 ZPO erst im Rahmen der Schlussentscheidung erfolgen.

Streitwert: 767.906,25 €

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