LG Bielefeld, Urteil vom 09.09.2009 - 16 O 52/09
Fundstelle
openJur 2012, 127540
  • Rkr:
Tenor

1. Den Beklagten wird es untersagt,

a) im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „Q.“ in Alleinstellung und/oder als Bestandteil eines kombinierten Zeichens, insbesondere als „Musikschule Q.“, als geschäftliche Bezeichnung einer Musikschule und/oder als Zeichen für Dienstleistungen einer Musikschule zu benutzen;

b) im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „Q.“ als Domainnamen anzumelden und/oder zu benutzen, insbesondere in Form des Domainnamens „musikschule-q..de“.

Ihnen wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld und für den Fall, daß dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angedroht, wobei das einzelne Ordnungsgeld den Betrag von 250.000,-- €, die Ordnungshaft insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf.

2. Es wird festgestellt, daß die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer 1. entstanden ist und noch entstehen wird, soweit diese Handlungen ab dem 11.01.2005 erfolgten.

3. Es wird festgestellt, daß die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer 1. entstanden ist und noch entstehen wird, soweit diese Handlungen vor dem 11.01.2005 erfolgten.

4. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft über die von der Beklagten seit deren Bestehen erzielten Umsätze zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses, in dem die Umsätze monatlich, nach dem jeweils tätigen Musiklehrer geordnet, aufgeführt sind.

5. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von € 120.000,-- vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte aus einer Markenrechtsverletzung auf Unterlassung und auf Schadensersatz in Anspruch.

Dem Klagebegehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin ist einer der größten Papier-, Büro- und Schreibwarenhersteller Deutschlands und genießt sein vielen Jahrzehnten Weltruf. Sie ist Inhaberin weltweit zahlreicher Wort- und Bildmarken „Q.“. Wegen der Einzelheiten der eingetragenen Marken wird auf die Registerauszüge Anlagenkonvolut K 1 Bezug genommen.

Die Klägerin benutzt seit vielen Jahrzehnten das Zeichen „Q.“ auch als Produktkennzeichen und als Unternehmenskennzeichen.

Die Klägerin unterhält seit mehreren Jahren im Internet unter der Adresse www.q.-lehrerinfo.de ein Online-Angebot, in dem sie z.B. Unterrichtsvorschläge und Unterrichtsmaterialien für Grundschullehrer anbietet und zum Download bereithält. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 10 Bezug genommen.

Die Beklagte zu 1. betreibt in Minden eine private Musikschule, in der - lt. Internet-Auftritt von Ende September 2008 - 13 Musiklehrer sowohl Gruppen- als auch Einzelunterricht, Instrumentalunterricht und Gesang anbieten. Wegen der Einzelheiten der Internetseite wird auf das Anlagenkonvolut K 11 Bezug genommen. Die Internetseite betrieb die Beklagte zu 1. unter der Domain www.musikschuleq..de. Derzeit benutzt die Beklagte die Domain nur noch mit dem Hinweis: „Musikschule Rolf Jentsch - Wegen Wartungsarbeiten ist diese Seite vorübergehend nicht verfügbar“. Die Eintragung der Beklagten erfolgte im Handelsregister im Januar 2004 (Anlage K 12).

Der Beklagte zu 2. ist seit dem 01.01.2005 Geschäftsführer der Beklagten zu 1.

Die Klägerin mahnte die Beklagte zu 1. unter dem 15.09.2008 (Anlage K 13) unter Beifügung des Entwurfs einer Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung erfolglos ab.

Die Klägerin ist der Auffassung, ihr stehe ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten zu. Sie trägt dazu vor: Die von den Beklagten angebotene Dienstleistung des Musikunterrichts sei mit denen für die Marken „Q.“ geschützten Waren „Lehr- und Unterrichtsmittel“ hochgradig ähnlich. Zugleich bestehe die erforderliche Branchennähe. Sowohl hinsichtlich der Firma der Beklagten zu 1. als auch hinsichtlich ihrer Domain bestehe eine Verwechselungsgefahr mit den Wortmarken, den Wort-/Bildmarken und dem Unternehmenskennzeichen der Klägerin. Die Verwechselungsgefahr sei zudem durch die hohe Kennzeichnungskraft und die hohe Bekanntheit der Marken und des Firmenbestandteils „Q.“ verstärkt.

Die Klägerin beantragt,

1.     Den Beklagten wird es bei Vermeidung eines für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,--, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu zwei Jahrenv e r b o t e n

a)     im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „Q.“ in Alleinstellung und/oder als Bestandteil eines kombinierten Zeichens, insbesondere als „Musikschule Q.“, als geschäftliche Bezeichnung einer Musikschule und/oder als Zeichen für Dienstleistungen einer Musikschule zu benutzen; 

b)     im geschäftlichen Verkehr das Zeichen „Q.“ als Domainnamen anzumelden und/oder zu benutzen, insbesondere in Form des Domainnamens „musikschuleq..de“.

2.     Es wird festgestellt, daß die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer 1. entstanden ist und noch entstehen wird, soweit diese Handlungen ab dem 11.01.2005 erfolgten. 

3.     Es wird festgestellt, daß die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser aus Handlungen gemäß Ziffer 1. entstanden ist und noch entstehen wird, soweit diese Handlungen vor dem 11.01.2005 erfolgten. 

4.     Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft über die von der Beklagten seit deren Bestehen erzielten Umsätze zu erteilen, und zwar durch Vorlage eines chronologisch geordneten Verzeichnisses, in dem die Umsätze monatlich, nach dem jeweils tätigen Musiklehrer geordnet, aufgeführt sind. 

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie halten die klägerischen Ansprüche für unbegründet und tragen dazu vor:

Zwischen den Geschäftsfeldern der Parteien bestehe keine Branchenidentität, da die Klägerin nicht - wie die Beklagte zu 1. - im Bereich der Ausbildung und Erziehung tätig sei. Eine Verwechselungsgefahr sei nicht gegeben. Das gelte sowohl für das Kennzeichen „Q.“ als auch für den Domainnamen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze einschließlich der überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist begründet.

1.     Der Klägerin steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 14 V, 15 IV MarkenG zu.Bezüglich des Zeichens „Q.“ in Alleinstellung und/oder als Bestandteil eines kombinierten Zeichens, insbesondere als „Musikschule Q.“ ist der Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 14 II Nr. 2, V MarkenG begründet.Das Zeichen der Klägerin „Q.“ und das von der Beklagten als Firmierung gewählte Zeichen sind identisch. Die von der Beklagten angebotene Dienstleistung des Musikunterrichtes ist mit denen für die Marken der Klägerin geschützten Waren und Dienstleistungen „Lehr- und Unterrichtsmittel“ hochgradig ähnlich. Die Kammer sieht in dem Angebot der Beklagten in Form von Unterricht und Erziehung eine dem Angebot der Klägerin zur Bereitstellung von Lehr- und Unterrichtsmitteln ein sehr ähnliches Dienstleistungsangebot. Die Klägerin bietet seit Jahren Unterrichtsvorschläge und Unterrichtsmaterialien für Grundschullehrer an, veröffentlicht Unterrichtsideen und stellt Lernhilfen für Eltern bereit. Das ergibt sich aus dem Inhalt des Anlagenkonvoluts K 10, in dem die Klägerin u.a. didaktischmethodische Informationen über das Malen veröffentlicht. Daß die Klägerin dabei vorrangig an die Förderung ihres Absatzes denken mag, ist danach zur Überzeugung des Gerichts unerheblich. Die Klägerin ist - wie die Beklagte auch - im Bereich des Unterrichtes tätig.Die Benutzung des Zeichens „Q.“ durch die Beklagte begründet eine Verwechselungsgefahr. Diese beruht im wesentlichen auf der Identität des Zeichens, das die Parteien verwenden. Aber auch die oben dargestellte Art der Ähnlichkeit des Dienstleistungsangebotes ist geeignet, eine Gefahr einer Verwechselung beim Durchschnittsverbraucher zu begründen. Wenn auch der Beklagten zuzugeben ist, daß jedenfalls im Zusammenhang mit „Musikschule“ das Zeichen der Beklagten nicht eine Verwechselungsgefahr von sich indiziert, angesichts der Identität der Zeichen ist eine solche Verwechselungsgefahr im Ergebnis doch zu bejahen. Beide Faktoren, Ähnlichkeit des Dienstleistungsangebotes und Identität des Zeichens, stehen in einer Wechselbeziehung zueinander (vgl. dazu etwa Ingerl/Rohnke MarkenG 2. Aufl. § 14 Rdnr. 233 m.w.N.). Danach wird der geringere Grad der Dienstleistungsähnlichkeit ausgeglichen durch die Identität des Zeichens. Das gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, daß es sich bei dem klägerischen Zeichen um ein solches handelt, das über einen sehr hohen Bekanntheitsgrad verfügt. Danach ist Verwechselungsfähigkeit i.S.d. § 14 MarkenG gegeben.Nach alledem steht der Klägerin der Unterlassungsanspruch gemäß § 14 V MarkenG zu. 

2.     Das gilt auch für den Unterlassungsanspruch zu Ziffer 1. b. der Klageschrift bzgl. der Anmeldung und/oder Benutzung des Zeichens „Q.“ als Domainname. Domainnamen sind nicht nur bloße Adressen, sondern ihnen wird vom Verkehr auch eine eine Dienstleistung bewerbende Funktion zugeschrieben. Sie stellen sich danach als geschäftliche Bezeichnung i.S.d. § 5 MarkenG dar.Insoweit ergibt sich aus den unter Ziffer 1. genannten Gründen ein Unterlassungsanspruch gemäß § 15 IV MarkenG i.V.m. § 15 II MarkenG. 

3.     Soweit die Klägerin die Feststellung der Beklagten zu gesamtschuldnerischem Schadensersatz aus den zu Ziffer oben 1. und 2. dargestellten Sachverhalten begehrt, ergibt sich dieser Anspruch aus § 14 VI und § 15 V MarkenG. Die Beklagten haben die Verletzungshandlungen schuldhaft begangen. Vor Benutzung des Zeichens „Q.“ und der geschäftlichen Nutzung des streitigen Domainnamens hätten sie Recherchen anstellen müssen. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Marke „Q.“ - wie die Beklagte zu 1. selbst ausgeführt hat - weltweit bekannt ist. Daß das nicht geschehen ist, begründet das Verschulden der Beklagten.Beide Beklagte haften als Gesamtschuldner ab der Zeit der Bestellung des Beklagten zu 2. zum Geschäftsführer.Für die Zeit vorher ist allein die Beklagte zu 1. schadensersatzpflichtig. 

4.     Die Beklagten sind auch verpflichtet, Auskunft im Rahmen des Klageantrages zu Ziffer 4. zu erteilen. Dieser Anspruch ergibt sich schon aus § 242 BGB zur Vorbereitung der Bezifferung des Schadens, zu dem die Beklagten nach dem oben Gesagten verpflichtet sind.

Insgesamt ist die Klage danach begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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