AG Menden, Urteil vom 30.04.2009 - 10 F 323/07
Fundstelle
openJur 2012, 127236
  • Rkr:
Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von 400,00 € ab dem 01.11.2007 jeweils zum 03. eines jeden Monats im Voraus zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 4.800,- € der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 10 % abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Mit der Klage begehrt die Klägerin Abänderung einer Urkunde, in der Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Gattenunterhalt ausgeschlossen wurden.

Die Parteien haben am 04.10.1991 die Ehe geschlossen. Aus der Ehe sind die Kinder D., geboren am 00.00.1993, und E., geboren am 00.00.1996 hervorgegangen, die von der Klägerin betreut und versorgt werden.

Die Klägerin ist im September 2006 aus der Ehewohnung ausgezogen, die seitdem vom Beklagten bewohnt wird. Es handelt sich um eine in seinem Alleineigentum stehende bebaute Grundbesitzung T.-Straße 00 in C.-O. Die aufstehende von ihm bewohnte Wohnung weist eine Wohnfläche von 120 qm auf.

In der am 13.07.2006 vor dem Notar A. in P. beurkundeten Vereinbarung - wegen deren Einzelheiten auf Bl. 9 ff. d.A. Bezug genommen wird - vereinbarten die Parteien unter IV. Gütertrennung und verzichteten wechselseitig auf die Geltendmachung von Zugewinnausgleichsansprüchen.

Unter V. versprach der Beklagte, die Klägerin von ihren Verpflichtungen als Mitdarlehensnehmerin für Darlehen, die durch Grundpfandrechte auf dem Grundstück des Beklagten gesichert waren, zu befreien.

Unter Ziffer VI regelten die Parteien die Abwicklung einer von ihnen vormals betriebenen Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Diese K. & L. B. GbR war zum 31.12.2005 aufgelöst worden. Die Parteien einigten sich darüber, dass die von der GbR angeschafften Gegenstände (nunmehr) alleiniges Eigentum des Beklagten sein sollten und der Beklagte verpflichtet war, alle Gläubigerforderungen alleine zu befriedigen. Er verpflichtete sich zur Freistellung der Klägerin gegenüber den Gläubigern.

Unter VII. vereinbarten die Parteien, dass sämtliche zum Hausrat gehörenden Gegenstände ins Eigentum der Klägerin übergehen sollten.

Schließlich regelten die Parteien unter VIII. den Gattenunterhalt. Wörtlich heißt es dort:

Für den Fall der Scheidung der Ehe verzichteten die Eheleute gegenseitig auf nachehelichen Unterhalt einschließlich Notunterhalt, soweit dies gesetzlich zulässig ist. Jeder von ihnen nimmt das hierauf gerichtete Angebot des anderen an.

Der Notar weist darauf hin, dass ein Verzicht zu Lasten anderer, insbesondere auch des Staates, rechtlich nicht zulässig ist. Das trifft insbesondere für den Fall zu, dass im Zeitpunkt der Scheidung der Ehe ein gemeinsames Kind aufgrund seines Alters oder seiner Gesundheit versorgt werden muss. Für diesen Fall vereinbaren die Eheleute, dass der Unterhaltsanspruch sich nach den jeweiligen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Hamm in Verbindung mit der so genannten Düsseldorfer Tabelle richtet. Voraussetzung für die Geltendmachung solcher Ansprüche ist jedoch, dass der unterhaltsbegehrende Ehegatte nicht in der Lage ist, seinen eigenen Unterhalt sicherzustellen.

Soweit es um den sogenannten Trennungsunterhalt geht, erklären die Beteiligten, dass jeder von ihnen eigene ausreichend große Ansprüche hat, durch die der eigene Unterhalt gesichert ist. Aus diesem Grunde erklären sie, dass sie gegenseitig keinen Trennungsunterhalt geltend machen werden.

Zur Abgeltung möglicher Unterhaltsansprüche zahlt der (Beklagte) an die (Klägerin) einen Betrag von 10.000,- €, fällig 10 Tage nach Auszug der Klägerin aus der ehelichen Wohnung, frühestens am 01.12.2006.

Ferner vereinbaren die Beteiligten, dass der Beklagte an die Klägerin für die Zeit der Unterhaltszahlung für die Kinder eine Mietbeihilfe in Höhe von monatlich 50,- € nach Auszug aus der ehelichen Wohnung zahlt. Die Zahlung der Mietbeihilfe wird eingestellt, sobald eine andere Person in die Wohnung der Klägerin einzieht.

Unter IX versprach der Beklagte Zahlung monatlichen Kindesunterhalts für die Kinder in Höhe von 950,- € einschließlich des Kindergeldes.

Unter X regelten die Parteien, dass die Parteien jeweils 1 der benutzten Fahrzeuge übernahmen.

Im Verfahren 10 F 8/07, das das Gericht zu Informationszwecken beigezogen und verwertet hat, nahm die Klägerin den Beklagten im Wege des Urkundenprozesses auf Zahlung der unter Ziffer VIII. der dargestellten Vereinbarung versprochenen 10.000,- € in Anspruch. Innerhalb des anberaumten schriftlichen Vorverfahrens zahlte der Beklagte im Februar / März 2007 den Betrag an die Klägerin.

Der Scheidungsantrag des Beklagten ist seit dem 14.02.2007 anhängig (10 F 43/07) und seit dem 07.03.2007 rechtshängig.

Aus der Führung der GbR der Parteien stammte ein Darlehen, das die GbR bei den Eltern der Klägerin im Jahre 2003 aufnahmen, um aufgelaufene Verbindlichkeiten begleichen zu können. Die Eltern der Klägerin gewährten der GbR am 15.10.2003 ein Darlehen in Höhe von 30.000,- €, das die Eltern der Klägerin ihrerseits durch ein eigenes Darlehen finanzierten, dass durch auf ihrem Grundstück in H. bestelltes Grundpfandrecht besicherten. Wegen des Darlehensvertrages der Parteien mit den Eltern der Klägerin wird auf Bl. 7 d.A. Bezug genommen. Es waren folgende Rückzahlungskonditionen vereinbart:

monatlich 253,75 € basierend auf 5 % Tilgung sowie 5,27 % Zinsen jährlich. Sondertilgungen von bis zu 1.500,- € jährlich in den Jahren 2004 bis 2008 möglich. Die voraussichtliche Gesamtdarlehenslaufzeit betrug 10 Jahre.

Seit September 2007 hat der Beklagte die Zahlung auf dieses Darlehen entgegen der Vereinbarung zwischen den Parteien, dass der Beklagte die Verbindlichkeiten der GbR übernehme und die Klägerin freistelle (siehe oben unter VI) eingestellt.

Seitdem trägt die Klägerin die Raten.

Über das Vermögen des Beklagten wurde nämlich durch Beschluss des Amtsgerichts Arnsberg am 11.10.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Hintergrund des Insolvenzverfahrens war, dass der Beklagte Anfang 2007 eine Konzertveranstaltung verantwortlich geplant hatte, die letztlich nicht durchgeführt wurde.

Aufgrund des Insolvenzverfahrens trägt der Beklagte keinerlei Raten mehr.

Der Beklagte ist am 12.05.2008 erneut Vater geworden. Aus der Beziehung mit T. M., mit der er zusammenwohnt, ist der Sohn N. hervorgegangen. Frau M. erzielte im Zeitraum November 2007 bis Oktober 2008 ein Nettoeinkommen von

November 2007: 2.472,92 €

Dezember 2007: 1.574,88 €

Januar 2008: 1.646,72 €

Februar 2008: 1.932,23 €

März 2008: 2.373,13 €

April 2008: 1.745,75 €

Mai 2008: 2.080,79 €

Juni 2008: 1.059,85 €

Juli 2008: 423,84 €

September 2008: 1.524,99 €

Oktober 2008: 1.566,18 €.

Offensichtlich nicht dargelegt hat der Beklagte das Einkommen seiner Lebensgefährtin aus Elterngeld und Mutterschutzgeld im Zeitraum Juni bis August 2008; der Beklagte nahm nämlich erst anschließend den Erziehungsurlaub für sich in Anspruch und erhielt ein monatliches Elterngeld von 1.509,10 €, Bl. 122 d.A. für die Monate September 2008 bis Januar 2009. Seit dem 01.02.2009 ist er wieder im regulären Dienst tätig.

Die Klägerin hält die Vereinbarung vom 30.07.2006 hinsichtlich des Unterhaltsausschlusses für unwirksam. Sie verstoße gegen § 1614 BGB, weil sie das Darlehen entgegen der vertraglichen Regelung nunmehr bedienen müsse und deshalb ein Verzicht auf den Trennungsunterhalt vorliege.

Er könne sich aufgrund der Zahlungseinstellung hinsichtlich des Darlehens nach Treu und Glauben nicht mehr auf den Unterhaltsausschluss berufen.

Deshalb begehrt sie Zahlung des Notunterhalts.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

an sie laufenden Trennungsunterhalt in Höhe von monatlich 400,- € ab dem 01.11.2007 jeweils zum 03. eines jeden Monats zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Auffassung, die Klägerin sei an die notarielle Vereinbarung vom 13.07.2006 gebunden. Der Vertrag sei auch hinsichtlich des Trennungsunterhalts nicht gemäß § 1614 BGB nichtig, da aufgrund des Eigeneinkommens der Klägerin und der vom Ehemann getragenen Lasten der Trennungsunterhaltsanspruch nicht um 20 % unterdeckt sei. Unterhaltsansprüche seien deshalb ausgeschlossen. Sie könne sich aufgrund der Nichtbedienung des Darlehens nur auf Sekundäransprüche aus dem notariellen Vertrag berufen.

Jedenfalls sei sie aber verpflichtet, bei Unwirksamkeit der Vereinbarung die empfangenen 10.000,- € zur Deckung ihres Trennungsunterhaltsanspruchs bzw. ihres nachehelichen Unterhaltsanspruchs zu verwenden.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im ausgeurteilten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Trennungsunterhalt gegen den Beklagten aus

§ 1361 BGB zu.

1) Es kann dahinstehen, ob die Klägerin bis September 2007 aufgrund der Regelung in VIII. in der die wesentlichen Trennungs- und Scheidungsfolgen betreffenden Vereinbarung vom 13.07.2006 mit der Geltendmachung des Trennungsunterhaltsanspruchs ausgeschlossen gewesen ist.

2) Jedenfalls ist der Ausschluss des Trennungsunterhalts durch die Regelung im Vertrag vom 13.07.2006 ab Beginn der beantragten Unterhaltszahlungen im November 2007 gemäß §§ 1361 Abs. 4, 1360 a Abs. 3, 1614 BGB unwirksam. Denn auf Trennungsunterhalt kann nicht mit Wirkung für die Zukunft verzichtet werden. Entsprechend ist die Vereinbarung vom 13.07.2006 gemäß §§ 1614, 134 BGB nichtig, soweit ein Verzicht auf Getrenntlebensunterhalt mit Wirkung für die Zukunft mit ihr verbunden ist; mithin ist die Regelung unwirksam, sobald die nicht nur unwesentlich von der vereinbarten Regelung ausfallende Bedürftigkeit des Berechtigten eintritt, Münchener Kommentar-Born, § 1614 Rn. 12.

A) Die Bedürftigkeit der Berechtigten trat jedenfalls ab November 2007 ein.

a) Bedarf

aa) bedarfsprägendes Einkommen des Beklagten

Ab Einstellung der Bedienung der Schulden durch den Beklagten, die mit dem Anfang Oktober 2007 über das Vermögen des Beklagten eröffneten Insolvenzverfahren einherging, verblieb ihm von einem Einkommen ein erheblicher bedarfsprägender Mehrbetrag.

Der Beklagte erzielte jedenfalls in 2006 ein monatliches Bruttoeinkommen von 2.953,59 €.

Die Behauptung der Klägerin, daraus folge für die Folgezeit ein nach Steuerklasse I und 1 Kinderfreibetrag errechnetes Nettoeinkommen von 2.357,- €

und der Beklagte erziele zusätzlich steuerfrei zusätzlich 150,- €

hat der Beklagte nicht hinreichend angegriffen. Insoweit hätte er schon seine Gehaltsabrechnungen für das Jahr 2007 vorlegen müssen.

Als Folge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sind unterhaltsrechtlich ab November 2007 nicht mehr die - mit den erheblichen Verbindlichkeiten belasteten - vollen Erwerbseinkünfte des Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen, sondern nur noch die ihm in der Insolvenz für den eigenen Unterhalt und für die Ansprüche andere Unterhaltsberechtigter nach Ermessen der Gläubigerversammlung bzw. des Insolvenzverwalters gewährten Beträge, § 100 InsO. Bezieht der Unterhaltsschuldner ein Arbeitseinkommen aus abhängiger Beschäftigung, ergibt sich der unpfändbare und somit gemäß § 36 Abs. 1 InsO nicht in die Insolvenzmasse fallende Teil seines Einkommens aus § 850 c ZPO unter Berücksichtigung der Zahl der zu bedienenden Unterhaltsansprüche, siehe BGH, XII ZR 112/05, Urteil vom 31.10.2007, RPfl 2008, S. 194, 196.

Diese pfändungsfreien Beträge sind vorliegend nicht erst ab Urteilsverkündung, sondern bereits ab Insolvenzeröffnung unter Berücksichtigung der bestehenden Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Klägerin zu ermitteln. Denn die Klägerin hat die Ansprüche bereits vor Insolvenzeröffnung aufgrund der Zahlungseinstellung im September 2007 geltend gemacht. Insoweit kann dahinstehen, inwieweit der Insolvenzverwalter dem Beklagten das Einkommen ab November 2007 unter Beachtung auch der Unterhaltspflicht gegenüber der Klägerin ausgekehrt hat, was angesichts der monatlichen Zahlung von 50,- € Mietzuschuss an die Klägerin durchaus der Fall sein könnte. Denn dem Beklagten hätte es jedenfalls angesichts der Geltendmachung der Trennungsunterhaltsansprüche durch die Klägerin oblegen, die geschuldeten Trennungsunterhaltsbeträge zu zahlen. Denn es kann nicht angehen, dass der Beklagte durch die Nichtzahlung von geschuldetem Unterhalt die Höhe des Unterhalts einschränken kann (Verbot des venire contra factum proprium).

Unter Berücksichtigung dessen verbleibt folgendes einzusetzendes Einkommen:

Nach der Tabelle zu § 850 c ZPO sind pfändbar bei 2.507,00 € Einkommen und 3 Unterhaltspflichten 219,29 €, sodass für Unterhaltszwecke 2.507 - 219,29 €

also 2.287,71 €

zur Verfügung stehen.

Berufsbedingte Aufwendungen legt der Beklagte konkret nicht dar. Pauschal sind sie nicht zu gewähren.

Da der Beklagte die in seinem Eigentum stehende Immobilie ab November 2007 ohne Bedienung von Verbindlichkeiten tilgte, hat er insoweit einen Wohnvorteil, der ihm selbstverständlich anzurechnen ist und der der Höhe nach unstreitig mit 540,- €

einzustellen ist.

Daraus folgt ein bereinigtes Einkommen des Beklagten in Höhe von monatlich 2.827,71 €.

Vorweg ist der Tabellenkindesunterhalt für die Kinder

D. (9. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle vom 01.07.2007,

3. Altersstufe, Unterhaltspflicht ggü. drei Personen) 461,00 €

und E. (9. EG, 2. Altersstufe) 392,00 €

abzuziehen, sodass für Trennungsunterhaltszwecke 1.974,71 €

verbleiben.

bb) Bedarfsprägendes Einkommen der Klägerin

Die Klägerin erzielt als Beschäftigte bei einer Tankstelle ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von allenfalls 990,57 €

monatlich, wie der Beklagte mit Schriftsatz vom 02.12.2008 einräumt. Dieses Einkommen basiert unstreitig auf einer 132 Stunden monatlich umfassenden ¾ Stelle und ist unstreitig um monatliche Fahrtkosten von 60,00 €

zu bereinigen.

Zusätzlich erzielt die Klägerin durch einen Nebenverdienst für einen Sicherheitsdienst ein Einkommen von maximal 171,66 €,

wie der Beklagte mit Schriftsatz vom 02.12.2008 zugesteht.

Dieses Einkommen ist um die Fahrtkosten der Klägerin zu bereinigen, die im Abschnitt September 2008 bis November 2008 mit monatlich 56,00 €

unstreitig sind.

Der Wohnkostenzuschuss des Beklagten ist hinzuzusetzen 50,00 €,

sodass sich insgesamt 1.046,23 €

errechnen.

Bereits dieses Einkommensgefälle führt zu einer Unwirksamkeit der Vereinbarung gemäß § 1614 BGB; denn eine Vereinbarung ist gemäß § 1614 BGB nur solange wirksam, wie sie die Höhe des angemessenen Unterhalts regelt und ist unabhängig davon, ob sie gegen Abfindung erfolgt oder nicht, Palandt-Diederichsen § 1614 BGB Rn. 1 m.w.N., Münchener Kommentar-Born § 1614 Rn. 8, Heiss/Born-Langenfeld 16 Rn. 12.

Hinzukommt vorliegend noch, dass die Klägerin durch Vorlage ihrer Kontoauszüge nachgewiesen hat, dass sie monatlich pauschaliert 375,- € seit September 2007 an ihre Eltern zahlt, obwohl der Beklagte ihr insoweit Freistellung von der Verbindlichkeit im notariellen Vertrag zugesagt hat. Zur Zahlung dieser Schuld ist die Klägerin im Außenverhältnis zu ihren Eltern verpflichtet. Ein Verbraucherinsolvenzverfahren braucht sie nicht durchführen zu lassen, da mittlerweile aufgrund des Gutachtens betreffend den Beklagten im Insolvenzverfahren feststeht, dass die Klägerin nicht überschuldet ist. Insoweit hat der Beklagte die substantiierte Darstellung der Klägerin im Schriftsatz vom 12.02.2009, auf die Bezug genommen wird, nicht erschüttert.

Dieser Zahlung steht auch kein realisierbarer Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten aufgrund der Verletzung der in Ziffer VI. von ihm versprochenen Freistellung der Klägerin gegenüber ihren Eltern als Gläubigern der Forderung. Denn der Rückgriffsanspruch der Klägerin aus dem Gesamtschuldverhältnis ist eine Insolvenzforderung. Rückgriffsansprüche aus dem Gesamtschuldverhältnis sind immer dann Insolvenzforderungen, wenn sie vor der Insolvenzeröffnung angelegt sind, gleichgültig ob sie erst nach der Insolvenzeröffnung fällig werden, siehe Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung - Ehricke, § 38 Rn. 23 f mit weiteren Nachweisen in Fußnoten 108 - 111.

Insoweit ist das Einkommen der Klägerin zu bereinigen um 375,- €, sodass ihr verbleiben 671,23 €.

b) Bedürftigkeit

Es besteht eine Bedürftigkeit der Klägerin mindestens von

(1.974,71 € - 671,23 €) x 3/7 = 559,00 €.

Da die Klägerin diesen Betrag nur teilweise in Höhe von 400,- € monatlich geltend macht, ist die Klage jedenfalls im Zeitraum bis zur Geburt des weiteren Kindes des Beklagten begründet. Auch unter Geltung des neuen Unterhaltsrechts ab dem 01.01.2008 erscheint die praktisch vollschichtige Tätigkeit der Klägerin als ihrer Erwerbsobliegenheit genügend.

Entgegen der Vorstellung des Beklagten sind die von ihm Anfang 2007 gezahlten 10.000,- € nicht mit dem geltend gemachten Unterhalt zu verrechnen. Die von ihm geltend gemachte Verwendung der gezahlten 10.000,- € als Vorausleistung auf den später geschuldeten Trennungsunterhalt ist gemäß § 1614 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 760 Abs. 2 BGB nur für 3 Monate ab Zahlung zulässig, sodass ihr Einsatz im November 2007 jedenfalls ausscheidet.

Keine andere Handhabung wird dem Zweck des § 1614 BGB gerecht, der kurzsichtige Verzichtsentscheidungen verhindern will. Denn derartige Abfindungen - insbesondere mit einer kaum anlagegeeigneten eher gering anmutenden Summe von 10.000,- € - sind nicht geeignet, als langfristige Sicherheit oder als Notgroschen zu dienen, da gerade in Trennungssituationen eine derartige vorausschauende ruhige Lebenshaltung fehlt. Insoweit ist § 1614 Abs. 2 BGB aus plausiblen Erwägungen des Gesetzgebers nur bei Kindes- und Trennungsunterhalt anwendbar.

Da die Klägerin im Übrigen nur eine Teilforderung geltend macht, verbleibt der Abfindung auch für die Trennungszeit der Sinn der Abgeltung der Mehrforderung.

Da hier nichts dafür spricht, dem Vertrag die Wirksamkeit im Übrigen abzusprechen - immerhin betont der Beklagte immer wieder, dass die einzelnen Vertragsregelungen in keinerlei innerem Zusammenhang stünden - dienen die 10.000,- € im Übrigen auch weiterhin als Abfindung für den nachehelichen Unterhalt unter Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse bei Vertragsschluss. Insoweit erscheint es absolut angemessen, den Beklagten an seinen Vorstellungen bei Vertragsschluss festzuhalten, wonach er das Darlehen bei den Eltern der Klägerin voll übernahm und die Abfindung von 10.000,- € an die Klägerin auszahlte. Da die Gründe der Insolvenz voll in seine Risikosphäre fallen, ist deshalb entsprechend den allgemeinen Grundsätzen eine Günstigerstellung des Beklagten nicht geboten.

Nach alledem bedarf es keiner Aufklärung, ob der Beklagte tatsächlich - wie es sein Vortrag nahelegt - bereits seit September 2006 mit seiner leistungsfähigen Lebensgefährtin zusammenlebt. Auch eine Neuberechnung des Unterhalts ab 1/08 aufgrund der geringeren vorweg abzuziehenden Zahlbeträge des Kindesunterhalts ist nicht erforderlich, da die Klage jedenfalls begründet ist.

B) Auch nach der Geburt des weiteren Kindes des Beklagten am 00.00.2008 verbleibt es bei der Berechtigung der klägerischen Forderung.

Insoweit vermag das Gericht trotz der nur dürftigen Angaben des Beklagten zu den Gesamteinkommensverhältnissen seiner neuen Partnerschaft einen geringeren für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehenden Betrag auszuschließen.

Denn der Beklagte hat einen Unterhaltsbedarf seiner Lebensgefährtin nach § 1615 l BGB bzw. einen erheblichen weiteren Unterhaltsbedarf seines weiteren Sohnes nicht glaubhaft gemacht.

Durch die Inanspruchnahme des Erziehungsurlaubes hat der Beklagte gegen die Obliegenheit verstoßen, seine Leistungsfähigkeit zu erhalten. Denn der Einkommensdurchschnitt der Lebensgefährtin für die Monate November bis Mai 2008 beträgt monatlich 1.975,21 €. Die weiteren Monate berücksichtigt das Gericht aufgrund der unvollständigen Angaben des Beklagten zum dortigen Einkommen der Lebensgefährtin nicht; er teilt offensichtlich deren Einkommen aus Elterngeld und sonstigen Einnahmen in der Mutterschutzzeit nicht mit.

Dieses Nettoeinkommen liegt erheblich unter dem eigenen Nettoeinkommen des Beklagten in Höhe von 2.507,- €. Insoweit durfte der Beklagte nicht in die Rolle des Hausmannes zu Lasten der Unterhaltsberechtigten wechseln und so die für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehende Einkommensmasse willkürlich verringern. Der Beklagte ist deshalb so zu behandeln, als hätte er den Erziehungsurlaub nicht in Anspruch genommen.

Auf den entsprechenden Hinweis des Gerichts auch zu dem Vorhaben des Beklagten nach Ablauf des geplanten Erziehungsurlaubes nur noch 25 Wochenstunden zu arbeiten, hat der Beklagte den Erziehungsurlaub auch abgebrochen.

Angesichts des Nettoeinkommens der Lebensgefährtin könnte sie aus dem Elterngeld, das bei einem Nettoeinkommen von 1.975,- € 1.323,25 € beträgt und das sie jedenfalls bis Mai 2009 beziehen kann, ihren Bedarf von 1.100,- € und einen Teil des Bedarfs des gemeinsamen Sohnes decken, sodass der Beklagte aufgrund des höheren Freibetrages nach § 850 c ZPO in Höhe von weiteren 115,- € durch die Unterhaltspflicht gegenüber 4 Personen den Übrigen Bedarf des Kindes decken kann.

Ob sich ab Mai 2009 Änderungen ergeben, hat der Beklagte nicht dargelegt. Insoweit mag er gegebenenfalls Abänderungsklage erheben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.