OLG Hamm, Urteil vom 26.02.2009 - 1 UF 133/08
Fundstelle
openJur 2012, 127107
  • Rkr:
Tenor

Auf die Berufung des Antragstellers wird das am 22. April 2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Minden in seinem Ausspruch zum nachehelichen Unterhalt teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Schei-dung nachehelichen Unterhalt wie folgt zu zahlen:

- bis zum 31.12.2012 monatlich 645,00 €, davon 129,00 € Altersvorsorgeunterhalt,

- ab dem 01.01.2013 und befristet bis zum 31.12.2014 monatlich 460,00 €.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Antragsgegnerin und die weitergehende Berufung des Antragstellers werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um den nachehelichen Unterhalt der Antragsgegnerin.

Die Parteien haben am 19.09.1990 geheiratet. Aus der Ehe sind keine Kinder hervorgegangen. Seit dem 10.10.2003 leben sie getrennt. Der Scheidungsantrag des Antragstellers ist der Antragsgegnerin am 07.12.2004 zugestellt worden.

Der am ...1967 geborene Antragsteller ist von Beruf Bauzeichner. Als solcher war er seit 1985 bei der Firma J Ing.-Bau GmbH in C beschäftigt. Im Jahr 2006 hat er brutto insgesamt 39.175,28 € verdient und eine Steuererstattung in Höhe von 1.757,63 € erhalten. Nach Insolvenz der Firma Anfang 2007 und kurzer Arbeitslosigkeit ab Mai 2007 war der Antragsteller in der Zeit vom 11.06.2007 bis zum 16.09.2007 als Bauleiter bei einer Firma in T tätig. Zum 17.09.2007 hat er eine Tätigkeit als Projektmanager in der Medizintechnik bei der Firma E in I aufgenommen, mit der er seit Ablauf der Probezeit einschließlich eines geldwerten Vorteils für die Stellung eines PKW auch zur privaten Nutzung monatlich brutto 5.138,98 € brutto verdient.

Die am ...1969 geborene Antragsgegnerin ist gelernte Bürokauffrau. Sie hat bei der Firma N gearbeitet, bis Ende 1990 vollschichtig, danach in Teilzeit. 1993 erkrankte sie an einer bipolaren affektiven Psychose, weshalb sie ihre Stelle kündigte. Von 1994 bis 1999 arbeitete sie nur noch stundenweise im versicherungsfreien Raum, zuletzt etwa 35 Stunden im Monat in einem Sonnenstudio. Seit dem 01.04.1999 war sie dort halbtags versicherungspflichtig beschäftigt. Nach längeren Krankenzeiten wegen Depressionen endete ihre Erwerbstätigkeit Ende des Jahres 2004. Seit dem 01.05.2005 erhält die Antragsgegnerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von derzeit 368,00 € monatlich. Die Rente wird auf Zeit gezahlt und ist seither zweimal verlängert worden, zuletzt mit Bescheid vom 12.Juni 2008 bis zum 30.06.2010.

Die Antragsgegnerin hat den Antragsteller auf Zahlung nachehelichen Unterhalts in Höhe von insgesamt 1358,00 €, davon 298,00 € Altersvorsorgeunterhalt, in Anspruch genommen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie sei aufgrund der festgestellten manischen Depression weiterhin in vollem Umfang erwerbsunfähig. Obwohl sie seit 1993 in ständiger ärztlicher Behandlung sei und den ärztlichen Anweisungen folge, insbesondere die ihr verordneten Medikamente nehme, habe sich ihr Krankheitsbild nicht verbessert. Ihrer Unterhaltsberechnung hat sie die gegenwärtigen Einkünfte des Antragstellers zugrunde gelegt, wobei sie die Auffassung vertreten hat, dass das Einkommen des Antragstellers als Projektmanager in der Medizintechnik die ehelichen Verhältnisse geprägt habe.

Der Antragsteller hat die Zurückweisung des Antrages beantragt. Er hat eine krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit der Antragsgegnerin bestritten. Bei Einhaltung der entsprechenden ärztlichen Vorgaben sei sie erwerbsfähig. Für die Unterhaltsberechnung sei sein zuletzt bei der Firma J in C erzieltes Einkommen maßgeblich, von dem noch Fahrtkosten von 140,80 € in Abzug zu bringen seien für eine einfache Fahrtstrecke von 16 km von seinem Wohnort in Q zu seiner Arbeitsstelle in C. Sein derzeit bei der Firma E erzieltes Einkommen habe die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt. Diese neue Situation habe mit dem Zusammenleben der Parteien nichts zu tun. Jedenfalls sei der Unterhaltsanspruch der Höhe nach sowie zeitlich zu begrenzen. Die Antragsgegnerin habe durch die Ehe weder gesundheitliche noch berufliche noch versorgungsrechtliche Nachteile erlitten. Ihre Erkrankung allein könne kein Grund sein, ihn unbefristet zum Unterhalt zu verpflichten.

Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage der Erwerbsunfähigkeit der Antragsgegnerin hat das Amtsgericht die Ehe der Parteien geschieden, den Versorgungsausgleich zu Lasten des Antragstellers durch Übertragung von Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 211,09 € auf das Rentenkonto der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen durchgeführt und den Antragsteller verurteilt, an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Scheidung nachehelichen (Krankheits-) Unterhalt in monatlicher Höhe von 566,42 € Elementarunterhalt und 140,60 € Altersvorsorgeunterhalt, insgesamt 708,00 € zu zahlen. Dabei hat es auf Seiten der Antragsgegnerin deren Erwerbsunfähigkeitsrente und auf Seiten des Antragstellers dessen zuletzt bei der Firma J in Höhe von monatlich netto 1883,14 € erzieltes Einkommen zuzüglich der im Jahr 2006 erhaltenen Steuererstattung mit auf den Monat umgelegt 146,47 € und abzüglich von Fahrtkosten in geltend gemachter Höhe von 140,80 € zugrunde gelegt. Eine Begrenzung des Unterhalts hat das Amtsgericht unter Hinweis auf die mangelnde Überschaubarkeit der Verhältnisse abgelehnt.

Gegen dieses Urteil richtet sich die wechselseitige Berufung der Parteien.

Der Antragsteller erstrebt mit seiner Berufung die gänzliche Zurückweisung des Antrages auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt, hilfsweise dessen Begrenzung. Er verweist ergänzend auf die im Versorgungsausgleich zugunsten der Antragsgegnerin übertragenen Rentenanwartschaften, durch die sich ihre Erwerbsunfähigkeitsrente erhöhe.

Die Antragsgegnerin verfolgt mit ihrer Berufung ihren erstinstanzlich gestellten Antrag auf Zahlung höheren Unterhalts von insgesamt 1358,00 € weiter. Ihre zunächst auch gegen die Scheidung gerichtete Berufung hat sie im Senatstermin zurückgenommen.

Sie meint, das Amtsgericht habe zu Unrecht einen Karrieresprung angenommen. Eine Begrenzung ihres Unterhalts nach § 1578b BGB sei mit Rücksicht auf die Gestaltung der Haushaltsführung und der Erwerbstätigkeit in der Ehe nicht gerechtfertigt. Sie habe ihre Erwerbstätigkeit auf Wunsch und im Einverständnis mit dem Antragsteller reduziert. Da sie ihren Unterhalt infolge ihrer Erkrankung nicht selbst sicherstellen könne, treffe den Antragsteller im Rahmen der nachehelichen Solidarität die Verpflichtung, für ihren Unterhalt zu sorgen. Sie auf die Sozialhilfe verweisen zu wollen, sei grob unbillig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Antragsgegnerin ist unbegründet. Die Berufung des Antragsstellers hat teilweise Erfolg. Zum einen erreicht er eine Reduzierung des titulierten Unterhalts auf insgesamt 645,00 € monatlich, zum anderen dessen Begrenzung. Den vollen Unterhalt von 645,00 € hat der Antragsteller für eine Übergangszeit von rund vier Jahren bis zum 31.12.2012 zu zahlen und im Anschluss daran und befristet bis zum 31.12.2014 nur noch Unterhalt in herabgesetzter Höhe von monatlich 460,00 €. Mit dem 31.12.2014 entfällt der Unterhaltsanspruch. Im Übrigen ist auch seine Berufung

unbegründet.

1.

Die Antragsgegnerin hat gegen den Antragsteller einen Anspruch auf Zahlung von nachehelichem Unterhalt gemäß § 1572 Nr. 1 BGB, weil sie durch Krankheit an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Sie leidet seit 1993 an einer bipolaren affektiven Psychose mit schweren depressiven und mäßig ausgeprägten hypomanischen Episoden, die aufgrund der Schwere der Erkrankung Erwerbsunfähigkeit zur Folge hat. Daran hat der Senat aufgrund der vorliegenden ärztlichen Bescheinigung der Oberärztin der X Klinik vom 12.08.2005, der Atteste der behandelnden Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie X2 vom 20.12.2005, 06.03.2008 und 14.04.2008, dem die Beurteilung der behandelnden Ärzte bestätigenden Gutachten des Sachverständigen Y und der wiederholten Verlängerung der Erwerbsunfähigkeitsrente durch die Deutsche Rentenversicherung Westfalen keinen Zweifel. Dass die Antragsgegnerin ihren Haushalt führt, Auto fährt und auch einen Urlaub planen kann, ist in diesem Zusammenhang unerheblich, da einfache Verrichtungen im Alltag bei der Art der Erkrankung der Antragsgegnerin nichts über ihr Leistungsvermögen im Erwerbsleben aussagen. Soweit der Antragsteller zudem weiterhin meint, es sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin bei Einhaltung der ihr von den Ärzten vorgegebenen Verhaltensweisen ihre Erwerbsfähigkeit wieder erlangen könne und damit in den Raum stellt, die Antragsgegnerin halte ihre Bedürftigkeit mutwillig aufrecht, trägt er für ein entsprechendes Fehlverhalten auch mit der Berufungsbegründung keine durchgreifenden Anhaltspunkte vor. Solche sind auch nicht ersichtlich. Die Antragsgegnerin ist seit 1993 in ständiger ärztlicher Behandlung. Die behandelnde Ärztin hat die Mitarbeit der Antragsgegnerin als sehr gut bezeichnet.

2.

Auf Seiten der Antragsgegnerin ist danach nur ihre Erwerbsunfähigkeitsrente zugrunde zu legen, die für den nachehelichen Unterhalt der Antragsgegnerin mit monatlich 540,00 € in Ansatz zu bringen ist. Dabei ist berücksichtigt worden, dass sich die Rente von bislang 368,00 € mit der Rechtskraft der Scheidung und dem folgenden Wirksamwerden der Entscheidung zum Versorgungsausgleich aufgrund der zugunsten der Antragsgegnerin erfolgten Übertragung von Anwartschaften erhöht. Nach von der vom Senat eingeholten Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Westfalen vom 12.11.2008 ergibt sich auf der Grundlage fiktiver Berechnung eine Erhöhung der Rente auf rund 540,00 €. Auf diesen Betrag als Grundlage der Berechnung haben sich die Parteien durch im Senatstermin geschlossenen Zwischenvergleich geeinigt.

3.

Auf Seiten des Antragstellers ist in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht dessen zuletzt im Jahr 2006 bei der Firma J erzieltes Einkommen zugrunde zu legen, denn sein deutlich höheres Einkommen als Projektmanager in der Medizintechnik hat die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt.

Gemäß § 1578 I 1 BGB bestimmt sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Veränderungen, die nach der Trennung oder Scheidung eintreten, prägen die ehelichen Lebensverhältnisse, wenn sie auf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Entwicklungen beruhen oder sich als Surrogat der Familienarbeit darstellen, nicht dagegen wenn sie auf einem Karrieresprung beruhen (BGH FamRZ 2001, 986; BGH FamRZ 2008, 968). Von einem Karrieresprung kann immer dann ausgegangen werden, wenn es sich um eine erhebliche unerwartete Einkommensverbesserung infolge der Tätigkeit in einer anderen Funktion oder einem anderen Tätigkeitsbereich mit einem Mehreinkommen von mindestens 20% handelt (Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rdn. 65 m.w.N.).

Hier hat der Antragsteller seit 1985 und nach der Trennung im Oktober 2003 über weitere drei Jahre in seinem erlernten Beruf als Bauzeichner bei der Firma J gearbeitet. Er wäre dort aller Wahrscheinlichkeit nach noch heute tätig, wenn er nicht durch die Insolvenz der Firma arbeitslos geworden wäre. Auch danach hat er zunächst eine Tätigkeit in seinem bisherigen Berufsfeld ausgeübt. Seine jetzige Tätigkeit als Projektmanager beruht nach seinen unwidersprochenen Angaben im Senatstermin zum einen auf dem zufälligen Angebot eines alten Freundes, zum anderen liegt sie im kaufmännischen Bereich. Sie hat deshalb nicht nur mit seinem erlernten Beruf und der von ihm in der Ehe ausgeübten Tätigkeit nichts gemein, sondern ergab sich zudem zufällig und damit gerade unerwartet. Darüber hinaus hat sich das Einkommen des Antragstellers erheblich verbessert von monatlich brutto 3.171,00 € bei der Firma J auf monatlich brutto 5.139 € bei der jetzigen Firma. Dies entspricht einer Steigerung von gut 30%. Hinzu kommt weiter, dass sich die berufliche Veränderung erst vier Jahre nach der Trennung ergeben hat und daher auch in keinem zeitlichen Zusammenhang mehr mit dem ehelichen Zusammenleben steht. Im Zeitpunkt der Trennung konnten die Parteien einen Wechsel des Antragstellers vom Bauwesen in das deutlich höher dotierte Projektmanagement in der Medizintechnik weder konkret erwarten noch sich hierauf in ihrer Lebensführung einstellen. Allein der Umstand, dass dieser Wechsel ohne weitere grundlegende Ausbildung erfolgte, vermag demgegenüber der Annahme eines "Karrieresprungs" nicht entgegenzustehen.

4.

Ausgehend von dem im Jahr 2006 erzielten Bruttojahreseinkommen von 39.175,28 € ergibt sich auf der Basis des Steuerjahres 2008 bei Lohnsteuerklasse 1 das monatlich durchschnittliche Nettoeinkommen des Antragstellers wie folgt:

Bruttolohn 39.175,28 €

./. Lohnsteuer 7.619,00 €

./. Solidaritätszuschlag 419,04 €

./. Rentenversicherung (19,9%) 3.897,94 €

./. Arbeitslosenversicherung (3,3%) 646,39 €

./. Krankenversicherung (13,9 % / 2 + 0,9 %) 3.075,26 €

./. Pflegeversicherung mit Zuschlag (AN-Anteil 1,225%) 479,90 €

verbleiben jährlich netto 23.037,75 €

oder monatsdurchschnittlich 1.919,81 €.

a)

Danach errechnet sich der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin zunächst wie folgt:

aa)

Nettoeinkommen Antragsteller 1.919,81 €

./. Fahrtkosten 140,80 €

verbleiben 1.779,01 €

davon 6/7 (Abzug 1/7 Erwerbstätigenbonus) 1.524,86 €

./. Erwerbsunfähigkeitsrente Antragsgegnerin 540,00 €

Differenzeinkommen 984,86 €

davon ½ vorläufiger Elementarunterhalt 492,43 €.

bb)

Zur Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts ist der ermittelte Elementarunterhalt nach der Bremer Tabelle um 13 % (64,01 €) hochzurechnen auf brutto 556,44 €. Davon 19,9 % ergeben den Altersvorsorgeunterhalt mit 110,73 €, gerundet 111,00 €.

cc)

Unter Berücksichtigung des zu leistenden Altersvorsorgeunterhalts, der vom Einkommen des Antragstellers vorab abzuziehen ist, verbleibt ein Einkommen von (1779,00 € ./.111,00 € = 1668,00 € x 6/7 =) 1429,72 €. Die Differenz der beiderseitigen Einkünfte ergibt einen Betrag von 889,72 €, von dem der Antragsgegnerin die Hälfte, das sind 444,86 €, gerundet 445,00 €

zusteht.

Insgesamt ergibt sich ein zunächst ein Gesamtunterhalt von 556,00 €.

b)

Dabei ist noch nicht berücksichtigt der erzielbare Realsplittingvorteil gemäß § 10 I Nr. 1 EStG, den der Antragsteller noch für das laufende Jahr durch Eintragung eines Freibetrags in Höhe des zu zahlenden Unterhalts steuerlich geltend machen kann und unterhaltsrechtlich auch geltend machen muss. Bei einem Unterhalt von

556,00 €/Monat = 6.672,00 €/Jahr (= einzutragender Freibetrag) ergibt sich folgender Realsplittingvorteil:

Jahresbruttoeinkommen 39.175,28 €

./. Lohnsteuer 5.428,00 €

./. Solidaritätszuschlag 298,54 €

./. Rentenversicherung (19,9%) 3.897,94 €

./. Arbeitslosenversicherung (3,3%) 646,39 €

./. Krankenversicherung (13,9 % / 2 + 0,9 %) 3.075,26 €

./. Pflegeversicherung mit Zuschlag (AN-Anteil 1,225%) 479,90 €

verbleiben jährlich netto 25.349,25 €

das sind monatsdurchschnittlich 2.112,44 €.

Der sich danach ergebende Realsplittingvorteil von aufgerundet (2.112,44 € - 1.919,81 € =) 193,00 € ist um einen geschätzten Nachteilsausgleich von rund 10,00 € zu bereinigen, den der Antragsteller der Antragsgegnerin für die sie infolge der Unterhaltszahlungen treffende Steuerbelastung zu leisten hat.

Das bereinigte Nettoeinkommen, das der Unterhaltsberechnung zu Grunde zu legen ist, beträgt damit (2.112,44 ./. 10,00 € Nachteilsausgleich ./. 140,80 € Fahrtkosten = 1.961,64 € ./. 280,23 € 1/7 Erwerbstätigenbonus = ) 1.681,40 €.

aa)

Nach Abzug des Renteneinkommens der Antragsgegnerin von 540,00 €

ergibt sich ein Differenzeinkommen von 1.141,40 €

und ein vorläufiger Elementarunterhalt von 570,70 €.

bb)

Der ermittelte Elementarunterhalt ist zur Berechnung des Altersvorsorgeunterhalts wiederum nach der Bremer Tabelle um 13 % (74,19 €) hochzurechnen auf brutto 644,89 €. Davon 19,9 % ergeben den Altersvorsorgeunterhalt mit 128,33 €, gerundet 129,00 €.

cc)

Unter Berücksichtigung des Altersvorsorgeunterhalts berechnet sich der Elementarunterhalt der Antragsgegnerin letztendlich wie folgt:

Bereinigtes Nettoeinkommen Antragsteller 1.961,64 €

./. Altersvorsorgeunterhalt 129,00 €

verbleiben 1.832,64 €

davon 6/7 (1/7 Erwerbstätigenbonus) 1.570,83 €

./ Renteneinkommen der Antragsgegnerin 540,00 €

ergibt ein Differenzeinkommen von 1.030,83 €

davon kann die Antragsgegnerin die Hälfte, das sind aufgerundet 516,00 €

verlangen.

Damit beträgt der Gesamtunterhalt der Antragsgegnerin 645,00 €.

5.

Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin ist gemäß § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB mit Wirkung ab dem 01.01.2013 zunächst auf ein angemessenes Maß von monatlich 460,00 abzusenken und gemäß § 1578b Abs. 2 S. 1 BGB zeitlich bis zum 31.12.2014 zu befristen.

Gemäß § 1578b BGB ist der nacheheliche Unterhalt herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs und/oder dessen zeitlich unbegrenzte Zubilligung unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben. Diese durch das Unterhaltsänderungsgesetz vom 21.12.2007 mit Wirkung zum 01.01.2008 eingeführte Vorschrift lässt auch beim Krankheitsunterhalt eine zeitliche Befristung zu. In der Begründung des Regierungsentwurfs zum Unterhaltsänderungsgesetz (BT-Drucks. 16/1830 S. 19) heißt es hierzu: " § 1578b des Entwurfs erfasst auch die Fälle, in denen es nicht um die Kompensation "ehebedingter Nachteile", sondern allein um das Ausmaß der darüber hinausgehenden nachehelichen Solidarität geht. Zu denken ist etwa an den Fall der Erkrankung eines Ehegatten, die unabhängig von der Ehe eingetreten ist. Billigkeitsmaßstab für die Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts ist hier allein die fortwirkende Solidarität im Licht des Grundsatzes der Eigenverantwortung, wobei die in § 1578b Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs genannten Umstände auch Bedeutung haben für das Ausmaß der fortwirkenden Verantwortung haben. Dies gilt insbesondere für die Dauer der Ehe."

Dass die Antragsgegnerin durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit erlitten hat, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen, lässt sich nicht feststellen. Aus dem eigenen Vortrag der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 08.12.2005 ergibt sich vielmehr, dass es allein auf ihre Erkrankung zurückzuführen ist, dass sie während der Ehe nicht durchgängig gearbeitet hat. Danach hat sie in der Ehezeit nur manchmal gearbeitet, aber während der gesamten Zeit ständig an Depressionen gelitten. Ende 1993 habe sie ihre bis dahin ausgeübte Tätigkeit wegen ihrer Depressionen gekündigt. Auch ihre weiteren Stellen habe sie wegen ihrer Depressionen gekündigt. Es kann daher keine Rede davon sein, dass die Antragsgegnerin ihre Arbeit fortwährend auf Wunsch des Antragstellers reduziert hat, um sich mehr um den Haushalt kümmern zu können. Dass der Antragsteller einverstanden war, ist kein Argument. Ihm blieb in Anbetracht der Erkrankung nichts anderes übrig.

Die Erkrankung als solche ist nicht durch die Ehe verursacht. Die Antragsgegnerin trägt zwar vor, dass der Unterhaltsstreit und die in den Raum gestellten Vorwürfe des Antragstellers, sie tue nicht genug für die Wiedererlangung ihrer Erwerbsfähigkeit, ihre Depressionen verstärkten. Das die Ehe mit dem Antragsteller die Ursache ihrer Erkrankung ist, behauptet sie selbst nicht. Aus diesem Grund kann es auch nicht als ehebedingter Nachteil angesehen werden, wenn es der Antragsgegnerin bei einer nicht völlig auszuschließenden Genesung nicht gelingen sollte, eine Stelle in ihrem erlernten Beruf zu finden.

Damit ist wesentlicher Gesichtspunkt für die Frage des Fortbestandes und der Dauer des Unterhaltsanspruchs der Antragsgegnerin das Ausmaß der vom Gesetz weiterhin grundsätzlich geforderten nachehelichen Verantwortung. Insoweit fällt hier besonders ins Gewicht, dass von einer fortdauernden Erwerbsunfähigkeit der Antragsgegnerin ausgegangen werden muss. Gerade aber unter Berücksichtigung der danach auf unabsehbare Zeit fortbestehenden Unterhaltsbedürftigkeit der erst 39 Jahre alten Antragsgegnerin erscheint es unbillig, diese Belastung allein und unbegrenzt dem Antragsteller aufzuerlegen, so dass der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin nicht dauerhaft fortbestehen kann. Auch die Dauer der Ehe, die sich von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages bemisst (vgl. BGH, FamRZ 1986, 866, 888) und damit hier 14 Jahre und 2 Monate (19.09.1990 bis 07.12.2004) beträgt, ist nicht derart lang, dass sie einen zeitlich unbegrenzten Unterhaltsanspruch rechtfertigen könnte.

Soweit die Antragsgegnerin nach einem Wegfall des Unterhaltsanspruchs auf ergänzende staatliche Leistungen angewiesen sein wird, ist dies ebenfalls kein Umstand, der einer Befristung entgegenstehen kann. Denn diese Möglichkeit hat der Gesetzgeber durch die Einführung der Möglichkeit der Befristung des Alters- und Krankenunterhalts bewusst in Kauf genommen hat (so auch: OLG Celle, FamRZ 2008, 1449 ff., 1452).

Bei der sich anschließenden Frage, für welchen Zeitraum der Antragsgegnerin der Unterhaltsanspruch unter dem Gesichtspunkt der nachehelichen Verantwortung noch zuzubilligen ist, kommt der Ehedauer nach der Begründung des Regierungsentwurfs besonderes Gewicht zu. Bedeutsam ist weiter die Schwere der bereits chronifizierten Erkrankung. Die Wahrscheinlichkeit einer Genesung der Antragsgegnerin ist gering. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass der Antragsteller bereits seit der Trennung im Oktober 2003, mithin seit mehr als fünf Jahren Unterhalt zahlt und sich der Fortbestand der Unterhaltspflicht trotz seines derzeit guten Verdienstes nicht zuletzt mit Rücksicht auf seine zukünftige Familienplanung als eine deutliche Belastung darstellt.

Nach Abwägung der vorgenannten Umstände hält der Senat es für angemessen den Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin bis zum 31.12.2014 zu befristen, wobei der Antragsteller ihr für eine Übergangszeit von vier Jahren den vollen mit 645,00 ermittelten eheangemessenen Unterhalt schuldet und ab dem 01.01.2013 noch einen auf 460,00 € herabgesetzten Unterhalt, der es der Antragsgegnerin ermöglicht, für weitere zwei Jahre zusammen mit ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente ihren angemessenen Selbstbehalt von 1000,00 € zu decken. Innerhalb dieser Zeitspanne von sechs Jahren ist es der Antragsgegnerin nach Auffassung des Senats zuzumuten, sich auf die durch den Wegfall des Unterhaltsanspruchs veränderte wirtschaftliche Situation einzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93 a, 516 Abs. 3 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

III.

Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen. Die Frage der Befristung des Krankheitsunterhaltes nach der Neuregelung des § 1578 b BGB bedarf in Anbetracht fehlender höchstrichterlichen Rechtsprechung der Klärung.