AG Detmold, Beschluss vom 06.03.2008 - 10 IN 214/07
Fundstelle
openJur 2012, 126583
  • Rkr:

Bei der Festsetzung der Vergütung eines Gläubigerausschussmitglieds ist neben dem Umfang der Tätigkeit, besondere berufliche Stellung, Sachkunde und Qualifikation des Mitglieds, aktive Mitwirkung auch außerhalb der Sitzungen, umfangreiche Betriebsfortführung, erfolgreiche Beteiligung an Verhandlungen, besondere tatsächliche und rechtliche Probleme, Auslandsbezüge tatsächlicher Art, besondere Haftungsrisiken, Prüfung mehrerer Rechnungslegungen, besondere Tätigkeit wie z. B. Kassenprüfung zu berücksichtigen.

Im Einzelfall sind unter Würdigung der dargestellten Krierien Stundensätze von 300,00 € zu gewähren.

Tenor

wird die Vergütung für das Mitglied des Gläubigerausschusses Dr. N, N-Straße, ...5 N2 wie folgt festgesetzt.

Vergütung 15.000,00 €

Auslagen 1.125,89 €

Zwischensumme 16.125,89 €

zuzüglich 19 % Umsatzsteuer 3.063,92 €

Endbetrag 19.189,81 €

Der Insolvenzverwalter wird ermächtigt, nach Rechtskraft dieses Beschlusses die festgesetzten Beträge aus der verwalteten Masse zu entnehmen und dem Gläubigerausschussmitglied auszuzahlen.

Gründe

Gemäß § 73 der Insolvenzordnung haben die Mitglieder des Gläubigerausschusses Anspruch auf eine Vergütung für ihre Tätigkeit und auf Erstattung angemessener Auslagen. Dabei ist dem Zeitaufwand Rechnung zu tragen.

Nach § 17 der Insolvenzrechtlichen Vergütungsverordnung beträgt die Vergütung regelmäßig zwischen 35,00 EUR und 95,00 EUR je Stunde (Regelstundensatz). Bei der Festsetzung des Stundensatzes ist der Umfang der Tätigkeit zu berücksichtigen.

Die Schuldnerin ist die Holdinggesellschaft innerhalb der "XX"-Gruppe (Europas größtes Möbelunternehmen). Innerhalb der XX-Gruppe brach das Finanzkonzept Ende Mai 2007 aufgrund festgestellter Bilanzmanipulationen endgültig zusammen. Zwischen den Gesellschaften der XX-Gruppe bestehen außergewöhnlich komplexe Verflechtungen und gegenseitige Abhängigkeiten. Zudem bestehen aufgrund der Unzuverlässigkeit der Buchführung innerhalb der XX-Gruppe (die auch Gegenstand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind) hohe Unsicherheiten. Das Verfahren wird durch die zahlreichen ausländischen Beteiligungen der Schuldnerin und die komplexen Konzernverflechtungen bestimmt. Die Schuldnerin hielt am Anfang des Verfahren rund 100 Beteiligungen, von denen zahlreiche an diverse Finanzinvestoren verpfändet worden waren. Geprägt wird das Verfahren durch die komplizierte und vielschichtige Gläubigerstruktur. Diese und weitere Faktoren unterstreichen den Ausnahmecharakter des Verfahrens.

Aufgrund des außerordentlichen Umfangs und Schwierigkeit des Verfahrens sowie der besonderen Tätigkeit, Haftungsrisiken, Leistungen und Qualifikation des Gläubigerausschussmitglieds, ist der Stundensatz für ein Gläubigerausschussmitglied grundsätzlich individuell festzusetzen. Als Erhöhungen des Regelstundensatzes sind folgende Faktoren in Rechtssprechung und Literatur anerkannt:

besondere berufliche Stellung, Sachkunde und Qualifikation des Mitgliedes, aktive Mitwirkung auch außerhalb der Sitzungen, umfangreiche Betriebsfortführung,

erfolgreiche Beteiligung an Verhandlungen, besondere tatsächliche und rechtliche Probleme, Auslandsbezüge tatsächlicher oder rechtlicher Art, besondere Haftungsrisiken, Prüfung mehrerer Rechnungslegungen, besondere Tätigkeiten wie z. B. Kassenprüfung. Im Einzelfall sind unter Würdigung der dargestellten Kriterien gemäß der einschlägigen Rechtssprechung und Literatur Stundensätze von 300,00 € zu gewähren (vgl. Haarmeyer/Wutzke/Förster InsVV, 4. Aufl., § 17, Rn 19 ff mit weiteren Nachweisen).

Das Insolvenzgericht geht davon aus, dass unter Berücksichtigung der dargestellten Grundsätze sowie unter Würdigung der tatsächlichen und rechtlichen Probleme des vorliegenden Verfahrens, der Verantwortung und des Haftungsrisikos des Ausschussmitglieds sowie seiner Qualifikation ein Stundensatz von 300,00 € angemessen ist. Für 50 Stunden näher dargelegten Zeitaufwands war die Vergütung daher festzusetzen auf 15.000,00 €.

Wegen der Einzelheiten wird auf das Gutachten und die Tätigkeitsberichte des Verwalters sowie auf den Antrag des Gläubigerausschussmitgliedes vom 19.12.2007 und 25.02.2008 Bezug genommen.

Die entstandenen Auslagen

Fahrtkosten

1.101,25 €

Kopiekosten

1,80 €

Telefonate und Faxe

22,84 €

sind näher aufgeschlüsselt und belegt. Sie waren neben der Vergütung festzusetzen.

Zusätzlich festzusetzen war die vom Gläubigerausschussmitglied zu zahlende Umsatzsteuer.

Dieser Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung beim Insolvenzgericht mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden (§§ 73 Abs. 2, 64 Abs. 2 InsO).

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