OLG Hamm, Urteil vom 21.10.2010 - I-21 U 162/09
Fundstelle
openJur 2012, 125924
  • Rkr:
Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bochum - Aktenzeichen 6 O 16/09 - vom 29.07.2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.

Gemäß § 540 Abs.1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen, soweit sich aus dem Nachfolgenden nichts anderes ergibt.

Die Klägerin macht als Versicherer aus abgetretenem und gem. § 67 VVG übergegangenem Recht gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche nach einem Brand in einem Übergabeschalthaus auf dem Betriebsgelände ihres Versicherungsnehmers geltend.

Die Klägerin ist Versicherer der I GmbH, wobei auch deren Tochterunternehmen, die Fa. E GmbH und deren Betriebsstelle im Werk X mitversichert sind. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Versicherungsvertrag mit der Versicherungsscheinnummer ...# (Bl. 13 ff. d.A.) Bezug genommen.

Bezüglich des Werkes X schlossen die Beklagte, die örtlichen Stadtwerke, und die Fa. E GmbH am 02.05.2005 einen Netzanschlussvertrag. Der Strom wird nicht von der Beklagten, sondern durch ein anderes Energieversorgungsunternehmen geliefert. Es handelt sich nicht um einen Tarifkundenvertrag, sondern um einen Vertrag für Sonderkunden.

Dieser Vertrag enthält insbesondere folgende Regelungen:

"2 Anschluss

…

Der Netzanschluss gehört zu den Betriebsanlagen des Netzbetreibers und steht in seinem Eigentum. Er umfasst die Netzanschlussleitungen in der Übergabestation des Anschlussnehmers bis zur Eigentumsgrenze. Die Eigentumsgrenze zwischen den Anlagen des Netzbetreibers und denen des Anschlussnehmers liegt an den Endverschlüssen der Anschlussleitungen...

2.1 Netzanschlusserstellung und -änderung

Der Netzanschluss wird bis zur Eigentumsgrenze ausschließlich durch den Netzbetreiber instand gehalten, erneuert, geändert und - soweit erforderlich - entfernt. Er muss jederzeit zugänglich sein und vor Beeinträchtigungen und Beschädigungen geschützt werden...

2.2 Elektrische Anlagen des Anschlusskunden

Die ordnungsgemäße Errichtung, Erweiterung, Änderung und Instandhaltung der nachgeschalteten Anlagen hinter der Eigentumsgrenze des Netzanschlusses sowie der für die Unterbringung aller elektrischen Anlagen erforderlichen Gebäude ist Sache des Anschlussnehmers.

2.6 Errichtungs- und Instandhaltungsrichtlinien

Für die Planung, Errichtung, Erweiterung, Änderung und Instandhaltung der Übergabestation gelten die "Technische Richtlinie Bau und Betrieb von Übergabestationen zur Versorgung von Kunden aus dem Mittelspannungsnetz" (VDEW) nebst Ergänzung des Netzbetreibers in der jeweils gültigen Fassung... Der Anschlussnehmer trägt die Verantwortung dafür, dass seine elektrischen Anlagen nach den gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen, nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet, erweitert, geändert und in Stand gehalten werden..."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Netzanschlussvertrag (Bl. 135 ff.) und die Technische Richtlinie "Bau und Betrieb von Übergabestationen zur Versorgung von Kunden aus dem Mittelspannungsnetz" (VDN-Richtlinie, Bl. 141 ff. d.A.) verwiesen.

Auf dem Betriebsgelände in X befindet sich ein Übergabeschalthaus. Dieses sowie die in dem Übergabeschalthaus befindliche Schaltanlage - mit Ausnahme der Messwandler - stehen im Eigentum der E GmbH. Die Schaltalange besteht aus insgesamt 12 Feldern. Technisch wird der Netzanschluss so umgesetzt, dass die Netzanschlussleitungen der Beklagten in den Feldern 1 bis 3 an eine 10-kV-Schaltanlage angeschlossen sind. In Feld 4 sind im Eigentum der Beklagten stehende Messwandler installiert. Den Einbau der Messwandler hat die Fa. Y vorgenommen, die im Auftrag der Versicherungsnehmerin der Klägerin die gesamte Anlage im Jahr 1998 errichtet hat. Diese Messwandler transformieren Ströme und Spannungen in messbare Werte. Die Umwandlung ist notwendige Voraussetzung für die anschließend im Stromzähler erfolgende Verbrauchsmessung. Der Strom wird in die Felder 1, 2, und 3 eingespeist. Die Beklagte ermittelt in Schaltfeld 4 die Messdaten, die an den außerhalb der Schaltanlage befindlichen Stromzähler weitergeleitet werden. Die Daten werden von dort dem Stromlieferanten für dessen spätere Verbrauchsabrechnung übermittelt. In Feld 5 befindet sich eine Messdatenerfassung der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Die nachfolgenden Felder dienen der Unterverteilung und Schaltung.

Ein Wartungsvertrag für das Schaltfeld 4 bestand nicht.

Am 27.10.2005 kam es in dem Übergabeschalthaus zu einem Brand. Verursacht wurde der Brand durch einen Lichtbogen in der mittleren Phase des in Feld 4 der Schaltanlage eingebauten Messwandlers. Die Beklagte beauftragte die Fa. E2 GmbH, die die Herstellerin des Messwandlers ist, mit der Untersuchung der Ursache. Die Klägerin beauftragte ihrerseits die Fa. Y3 (Deutschland) GmbH mit der Überprüfung des Vorfalles. Beide kamen zu dem Ergebnis, dass eine Lockerung der Schraubverbindung im Bereich mittlerer Messwandler - Stromschiene die wahrscheinlichste Ursache für den Lichtbogen gewesen sei.

Es wird insoweit auf den Untersuchungsbericht der Fa. E2 GmbH vom 19.01.2007 (Bl. 65 d.A.) und das Gutachten der Fa. Y3 (Deutschland) GmbH vom 30.04.2007 (Bl. 71 d.A.) verwiesen.

Der defekte Messwandler wurde inzwischen von der Beklagten ausgetauscht.

Durch den Brand wurde die gesamte Schaltanlage thermisch erheblich beschädigt. Es kam in der Zeit von 4.30 Uhr - 21.00 Uhr zu einem Ausfall der gesamten Stromversorgung des Werkes X. Durch den Stromausfall und die damit verbundenen Stromspitzen wurden eine Vielzahl von weiteren Betriebseinrichtungen beschädigt.

Die Klägerin hat mit der Klage gem. § 280 BGB den Ersatz des durch den Brand entstandenen Gesamtschadens zum einen aus gem. § 67 VVG übergegangenem Recht, zum anderen aus abgetretenem Recht begehrt.

Sie hat behauptet, dass sie ihre Versicherungsnehmerin bereits durch Versicherungsleistungen teilweise entschädigt habe. Wegen der darüber hinaus gehenden Ansprüche habe die Versicherungsnehmerin ihre Ansprüche aus dem Schadensfall an sie abgetreten. Es wird auf die Abtretungserklärung vom 19.12./29.12.2008 (Bl. 271 d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die Beklagte eine ihr aufgrund des Netzanschlussvertrages obliegende Nebenpflicht verletzt habe, indem sie die zum Messwandler gehörende Schraubverbindung nicht gewartet und instand gesetzt habe. Für die Wartung und Instandhaltung des Messwandlers und der dazu gehörenden Schraubverbindung sei allein die Beklagte verantwortlich.

Eine Pflicht der Beklagten zur Wartung ergebe sich auch aus den §§ 11 und 12 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Elektrizitätsversorgung von Tarifkunden (AVBEltV).

Die Beklagte könne sich deshalb auch nicht auf Ziffer 8.5 der VDN-Richtlinie berufen, denn bei dem Messwandler handele es sich nicht um ein dem Kunden zur Nutzung überlassenes Gebäudeteil. Der Einbau des Messwandlers diene allein dem Interesse der Beklagten als Versorgungsunternehmen.

Von diesen Grundregelungen abweichende Allgemeine Geschäftsbedingungen seien als überraschend gem. § 305c Abs. 1 BGB anzusehen. Ein Abweichen von den Grundregeln, die wesentliche Pflichten normierten, stelle eine unangemessene Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Die Beklagte könne sich deshalb nicht auf einen Haftungsausschluss oder ein Haftungsbegrenzung gem. § 6 AVBEltV berufen.

Außerdem sei die Haftungsbeschränkung tatbestandlich nicht einschlägig, weil weder eine Unterbrechung der Versorgung noch eine Unregelmäßigkeit der Belieferung vorgelegen habe. Eine Störung im Bereich der Messeinrichtung werde von dieser Regelung nicht erfasst. Haftungsausschluss- und Haftungsbegrenzungsklausel seien einer erweiternden Auslegung nicht zugänglich.

Die Klägerin hat behauptet, dass ihr durch den Brand ein Gesamtschaden in Höhe von 280.949,00 € entstanden sei.

Mit Rücksicht auf eine nach der Versicherungspolice bestehende Schadensbeteiligung der Versicherungsnehmerin sei auf den Schadensbetrag von 267.786,00 € ein Betrag von 143.101,00 € an die Versicherungsnehmerin gezahlt worden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 280.949,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Voraussetzungen eines gesetzlichen Übergangs vermeintlicher Schadensersatzansprüche, die Zahlung von 143.101,00 € an die Versicherungsnehmerin sowie die Abtretung bestritten.

Die Beklagte hat außerdem die Auffassung vertreten, dass eine Haftung dem Grunde nach nicht gegeben sei. Zumindest würde der vereinbarte Haftungsausschluss eingreifen.

Die genaue Schadensursache stehe nicht fest und sei auch nicht mehr feststellbar.

Im Übrigen sei die Versicherungsnehmerin der Klägerin für die Wartung der Anschlussverbindung zuständig gewesen. Dies ergebe sich aus den Ziffern 2.2 und 2.6 des Netzanschlussvertrages sowie aus Ziffer 8.5 der VDN-Richtlinie.

§ 12 AVBEltV sei nicht anwendbar, weil diese Regelung nur für Tarifkundenverträge gelte. Hier liege aber ein Sonderkundenverhältnis vor.

Im Übrigen sei eine Haftung der Beklagten nach § 6 AVBEltV ausgeschlossen. Die Regelung halte der Inhaltskontrolle nach § 307 ff. BGB stand. Es handele sich um eine gängige Klausel, die nicht als überraschend angesehen werden könne.

Die Beklagte hat zudem den Schaden der Höhe nach bestritten.

Das Landgericht Bochum hat die Klage durch Urteil vom 29.07.2009 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass von einer gelockerten Anschlussschraube als Schadensursache ausgegangen werden könne. Eine Pflichtverletzung der Beklagten sei jedoch nicht gegeben, da die Kontrolle und Wartung dieser Schraube nämlich Aufgabe der Versicherungsnehmerin der Klägerin gewesen sei. In Ziffer 2.2 des Netzanschlussvertrages hätten die Vertragsparteien vereinbart, dass die ordnungsgemäße Errichtung, Erweiterung, Änderung und Instandhaltung der nachgeschalteten Anlagen hinter der Eigentumsgrenze des Netzanschlusses sowie der für die Unterbringung aller elektrischen Anlagen erforderlichen Gebäude Sache des Anschlussnehmers, also der Fa. E GmbH, war. Die Vertragsparteien hätten zudem die Geltung der VDN-Richtlinie vereinbart. Dort sei in Ziffer 8.5 geregelt, dass dem jeweiligen Kunden die Instandhaltung der in seinem Eigentum stehenden oder ihm zur Nutzung überlassenen Anlagen- und Gebäudeteile obliege, auch wenn diese unter Verschluss oder unter Schaltzuständigkeit des Netzversorgungsbetreibers stehen. Der Kunde sei verpflichtet, die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel regelmäßig zu überprüfen.

Aus sonstigen Vorschriften ergebe sich auch keine davon abweichende Regelung der Wartungspflicht. Die Klägerin könne sich nicht auf § 21b EnWG 2005 berufen, da diese erst nach Vertragsschluss in Kraft getreten sei. Zudem erlaube § 21b EnWG auch abweichende Regelungen, wie sie hier im Vertrag begründet worden seien.

Auch § 12 AVBEltV spreche nicht für eine Kontrollpflicht der Beklagten. Es sei bereits zweifelhaft, ob § 12 AVBEltV überhaupt die Schraubverbindung erfasse. § 12 AVBEltV sei jedoch nicht anwendbar, weil AVBEltV nur für Tarifkundenverträge gelte, nicht jedoch, wenn wie hier ein Sonderkundenverhältnis vorliege.

Auch die NAV (Verordnung über Allgemeine Bedingungen für den Netzanschluss und dessen Nutzung der Elektrizitätsversorgung in Niederspannung) sei nicht anwendbar, weil sie nur den Niederspannungsbereich erfasse, hier erfolge der Anschluss jedoch im Mittelspannungsnetz. Im Übrigen sei auch diese Verordnung erst nach Vertragsschluss in Kraft getreten.

Das Landgericht hat zudem ausgeführt, dass es dazu neige, von einem wirksamen Haftungsausschluss gem. § 6 AVBEltV auszugehen.

Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 08.08.2009 zugestellt worden ist, hat diese mit Schriftsatz vom 04.09.2009 Berufung eingelegt und mit Schriftsatz vom 06.11.2009 begründet, nachdem die Frist zur Begründung der Berufung bis zum 06.11.2009 verlängert worden war.

Die Klägerin ist weiterhin der Auffassung, dass die Beklagte für die Wartung und Instandhaltung der Schraubverbindung verantwortlich gewesen sei. Die Beklagte sei Eigentümerin des Messwandlers. Es sei ihre Aufgabe, für einen ordnungsgemäßen Einbau und damit auch für eine ordnungsgemäße Befestigung zu sorgen.

Ziffer 2.2 des Netzanschlussvertrages begründe keine Wartungspflicht der Versicherungsnehmerin hinsichtlich der Schraubverbindung. Das Landgericht habe bei der Anwendung der Ziffer 2 des Vertrags bei der Bestimmung der Eigentumsgrenze zu Unrecht auf die Grundstücksgrenze abgestellt. Die Eigentumsgrenze sei in Ziffer 2 anders definiert. Nach Ziffer 2 gehöre der eigentliche Netzanschluss der Beklagten, und zwar einschließlich der Netzanschlussleitungen in der Übergabestation des Anschlussnehmers. Die Eigentumsgrenze zwischen den Anlagen des Netzbetreibers und denen des Netzanschlussnehmers lägen an den Endverschlüssen der Anschlussleitungen. Alles, was danach komme, stehe im Eigentum des Kunden. Ziffer 2 erfasse den hier vorliegenden Fall überhaupt nicht. Denn hier sei ein im Eigentum der Beklagten stehender Bauteil hinter der Eigentumsgrenze nach Ziffer 2 eingebaut. Für diesen Ausnahmefall treffe Ziffer 2 des Vertrages keine Regelung. Ziffer 2 sei insoweit nicht hinreichend transparent. Gem. § 305c Abs. 2 BGB sei dann die kundenfreundlichste Auslegung zu wählen.

Auf Ziffer 8.5 der VDN-Richtlinie könne nicht zurückgegriffen werden, da diese über Ziffer 2.6 des Vertrages nicht wirksam einbezogen worden sei. In Ziffer 2.6 sei bestimmt, dass die Technische Richtlinie in der jeweils gültigen Fassung einbezogen werden solle. Die Regelung ermögliche der Beklagten eine einseitige Änderung der Vertragsbedingungen. Eine solche Klausel sei überraschend (§ 305c Abs. 1 BGB) und benachteilige den Vertragspartner unangemessen (§ 307 BGB).

Auch Ziffer 8.5 der VDN-Richtlinie sei eine Überraschungsklausel im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB. Die Klausel sei sowohl vom Inhalt her (Wartung von Fremdeigentum) als auch von der Stellung im Vertragswerk überraschend.

Ziffer 8.5 sei auch nach § 307 BGB unwirksam.

Außerdem sei Ziffer 8.5 der VDN-Richtlinie inhaltlich nicht einschlägig. Bei dem Messwandler handele es sich nicht um ein Anlagenteil, das dem Kunden zur Nutzung überlassen worden sei. Die Versicherungsnehmerin nutze den Messwandler überhaupt nicht. Die Zähl- und Messeinrichtung in Feld 4 werde ausschließlich von der Beklagten genutzt.

Sollte das Gericht tatsächlich zu dem Ergebnis gelangen, dass die Versicherungsnehmerin aufgrund der vertraglichen Regelungen für die Wartung und Instandhaltung verantwortlich gewesen sei, so müsse man zumindest der Beklagten eine Verletzung von Nebenpflichten vorwerfen. Das Vertragswerk sei so gestaltet, dass die Fa. E GmbH nicht habe erkennen können, dass sie hier zur Wartung verpflichtet gewesen wäre.

Der Haftungsausschluss des § 6 AVBEltV greife nicht ein. Es sei bereits fraglich, ob die Beklagte als reiner Netzbetreiber überhaupt mit einem Elektrizitätsversorgungsunternehmen im Sinne der AVBEltV gleichgesetzt werden könne. Zudem habe sich nicht ein Risiko aus der Stromlieferung realisiert. Eine analoge Anwendung einer AGB-Klausel sei nicht möglich.

Die Klägerin beantragt,

abändernd die Beklagte zu verurteilen, an sie 280.949,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.10.2007 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag.

Die Beklagte ist der Auffassung, dass sich unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt eine Kontroll- und Wartungspflicht der Beklagten für die gelockerte Anschlussschraube ergebe.

Sollte der Messwandler von der Fa. Y nicht ordnungsgemäß eingebaut worden sein, so wäre die Beklagte dafür nicht verantwortlich. Sie habe lediglich den Messwandler für den Einbau zur Verfügung gestellt. Die Verschraubung sei Aufgabe der Versicherungsnehmerin gewesen.

Aus Ziffer 2 des Netzanschlussvertrages ergebe sich eindeutig eine Verantwortlichkeit der Versicherungsnehmerin, da sich der Messwandler hinter den Endverschlüssen der Anschlussleitungen, also hinter der Eigentumsgrenze befinde. Zudem liege die gelockerte Anschlussschraube im Übergabeschalthaus der Versicherungsnehmerin, so dass diese die tatsächliche Herrschaftsgewalt habe und sie die Möglichkeit der Kontrolle jederzeit gehabt habe.

Der Netzanschlussvertrag sei auch hinreichend transparent.

Die VDN-Richtlinie sei wirksam einbezogen worden. Es handele sich dabei nicht um ein Regelwerk, dass die Beklagte erlassen habe oder ändern könne. Normgeber sei allein der Verband der Deutschen Netzbetreiber (VDN) e.V. beim VDEW. Eine dynamische Verweisung auf die Technische Richtlinie als Regelwerk für das Mittelspannungsnetz sei zulässig.

Ziffer 8.5 der VDN-Richtlinie sei weder überraschend noch unklar.

Die Klägerin unterscheide auch nicht zwischen der Wartung des Messwandlers und der Wartung der Schraubverbindung. Der Versicherungsnehmerin sei es zwar untersagt, den Messwandler zu bedienen oder auf ihn einzuwirken. Dies gelte aber nicht für die Anschlussschraube. Schließlich habe die Versicherungsnehmerin den Messwandler auch fest einbauen lassen. Eine Instandhaltungspflicht sei vor diesem Hintergrund nicht überraschend.

Ziffer 8.5 sei auch inhaltlich einschlägig.

Der Einbau des Messwandlers diene zumindest auch den Interessen der Versicherungsnehmerin. Denn nur über diese Messeinrichtung werde der Verbrauch gemessen. Der Verbrauchszähler der Versicherungsnehmerin in Feld 5 sei für den Stromlieferanten ohne Bedeutung.

Es sei auch zu berücksichtigen, dass die Vertragsparteien ausschließlich einen Vertrag über den Netzanschluss geschlossen hätten, nicht aber über die Netznutzung. Netznutzerin sei hier der Stromlieferant. Eine Wartungspflicht würde so nur gegenüber dem Stromlieferanten bestehen.

Bezüglich des Messwandlers habe die Beklagte keine Wartungspflichten verletzt. Der Messwandler sei wartungsfrei. Von dem Messwandler gehe auch keine Gefahr aus.

Die Beklagte habe auch keine Nebenpflichten verletzt.

Schließlich greife hier der Haftungsausschluss des § 6 AVBEltV ein.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch wegen des Brandes im Übergabeschalthaus der Fa. E GmbH in X am 27.10.2005 zu.

Es liegen weder die Voraussetzungen der §§ 280 Abs. 1 BGB, 398 BGB, 67 VVG noch der §§ 823 Abs. 1, 398 BGB, 67 VVG vor, weil die Gefahr hier nicht von dem im Eigentum der Beklagten stehenden Messwandler, sondern von der Schraubverbindung zwischen Messwandler und Stromschiene ausging und so die Beklagte weder eine sich aus dem Netzanschlussvertrag vom 02.05.2005 ergebende Wartungs- und Instandhaltungspflicht noch eine Verkehrssicherungspflicht verletzt hat.

Es ist nunmehr unstreitig, dass Ursache für den Brand im Übergabeschalthaus eine gelockerte Anschlussschraube zwischen Messwandler und Stromschiene im Feld 4 der Schaltanlage war. Zu diesem Ergebnis sind sowohl die Herstellerin des Messwandlers als auch die von der Klägerin beauftragten Sachverständigen gelangt.

So hat der Leiter der Qualitätssicherung der Herstellerfirma E2 in seinem Untersuchungsbericht vom 19.01.2007 ausgeführt, dass die Ursache des Lichtbogens, der zum Brand geführt hat, auf den Verlust der Isolationsfestigkeit durch thermische Zerstörung des Gießharzes am Anschluss "L" zurückzuführen sei. Die starke lokale Erwärmung sei durch einen Anstieg der Verlustleistung durch Widerstandserhöhung am Anschluss verursacht worden. Wahrscheinlichste Ursache dafür sei eine gelockerte Anschlussschraube. Auch die Privatgutachter der Klägerin kommen in ihrem Gutachten vom 30.04.2007 zu dem Ergebnis, dass die wahrscheinlichste Ursache eine infolge der Betriebsschwingungen gelockerte Schraube im Bereich des Anschlusses des Messwandlers an die Stromschiene sei. Dadurch sei es zu einer Erhöhung des Widerstandes gekommen, wodurch der Werkstoff in diesem Bereich einer erheblichen Wärmebelastung ausgesetzt gewesen sei. Dies habe zum Abschmelzen des Werkstoffes und zur Entstehung des Lichtbogens geführt.

Danach steht zur Überzeugung des Senats fest, dass allein die gelockerte Anschlussschraube für den Eintritt des Schadens verantwortlich ist. Aufgrund der nicht mehr ordnungsgemäßen Befestigung konnte es im Bereich des Anschlusses Messwandler - Stromschiene zu einer starken thermischen Belastung kommen, die zur einer Beschädigung des Gießharzes am Messwandler führte, wodurch die Entstehung des Lichtbogens ermöglicht wurde.

Soweit die Klägerin die Beschädigung der Gießharzummantelung des Messwandlers für mitursächlich für die Schadensentstehung hält und daraus folgert, dass von dem Messwandler selbst ein Risiko ausgegangen sei, verkennt sie, dass die Beschädigung der Gießharzummantelung allein auf die gelockerte Anschlussverbindung zurückzuführen ist. Dass die Ummantelung des Messwandlers mangelhaft gewesen sei, behauptet die Klägerin nicht.

Da die Versicherungsnehmerin der Klägerin den Einbau des von der Beklagten zur Verfügung gestellten Messwandlers in ihre Anlage selbst veranlasst hat, liegt die Anschlussverbindung in ihren Risikobereich, so dass sie grundsätzlich für den ordnungsgemäßen Anschluss und die Wartung und Instandhaltung der Anschlussverbindung verantwortlich ist.

Eine davon abweichende Verteilung der Wartungs- und Instandhaltungspflichten ergibt sich weder aus dem Netzanschlussvertrag noch aus anderen Richtlinien, Bedingungen oder gesetzlichen Vorschriften.

Das Landgericht hat insoweit die Anwendbarkeit des § 21b EnWG 2005 und des § 12 AVBEltV mit zutreffender Begründung verneint. Die Klägerin stützt sich auch nicht mehr auf diese Vorschriften.

Aus den vertraglichen vereinbarten Regelungen ergibt sich hingegen, dass der Beklagten nicht die Wartung und Instandhaltung der Anschlussverbindung oblag, sondern dass dies die Aufgabe der Versicherungsnehmerin der Klägerin war.

Die Verteilung der Zuständigkeiten ist insoweit in Ziffer 2 des Netzanschlussvertrages eindeutig geregelt.

Dort heißt es:

" 2 Anschluss: Der Netzanschluss gehört zu den Betriebsanlagen des Netzbetreibers und steht in seinem Eigentum. Er umfasst die Netzanschlussleitungen in der Übergabestation des Anschlussnehmers bis zur Eigentumsgrenze. Die Eigentumsgrenze zwischen den Anlagen des Netzbetreibers und denen des Anschlussnehmers liegt an den Endverschlüssen der Anschlussleitungen...

2.1 Netzanschlusserstellung und -änderung

Der Netzanschluss wird bis zur Eigentumsgrenze ausschließlich durch den Netzbetreiber instand gehalten, erneuert, geändert und - soweit erforderlich - entfernt. Er muss jederzeit zugänglich sein und vor Beeinträchtigungen und Beschädigungen geschützt werden...

2.2 Elektrische Anlagen des Anschlusskunden

Die ordnungsgemäße Errichtung, Erweiterung, Änderung und Instandhaltung der nachgeschalteten Anlagen hinter der Eigentumsgrenze des Netzanschlusses sowie der für die Unterbringung aller elektrischen Anlagen erforderlichen Gebäude ist Sache des Anschlussnehmers."

In diesen Regelungen wird zur Abgrenzung der Zuständigkeiten eine Eigentumsgrenze herangezogen. Damit ist jedoch nicht das Grundstückseigentum gemeint, wovon das Landgericht in seinem Urteil unzutreffend ausgegangen war. Die Eigentumsgrenze wird in Ziffer 2 des Vertrages vielmehr näher definiert. Die Eigentumsgrenze liegt danach an den Endverschlüssen der Anschlussleitungen. Für die Wartung und Instandhaltung der Netzanschlussleitungen bis zu den Endverschlüssen ist der Netzbetreiber zuständig, die Wartung und Instandhaltung aller hinter den Endverschlüssen folgenden Anlageteilen obliegt hingegen dem Kunden.

Die Schaltanlage ist hier so aufgebaut, dass die Netzanschlussleitungen der Beklagten in den Feldern 1 - 3 einmünden und dort mit Klemmen befestigt sind. An diesen Endverschlüssen verläuft die Eigentumsgrenze im Sinne der Ziffer 2 des Vertrages, die für die Wartungszuständigkeit maßgeblich ist. Das Feld 4, das den Messwandler enthält, ist dem nachgeschaltet. Es wird insoweit auf das als Anlage zum Protokoll vom 21.10.2010 genommene Übersichtsschaltbild Bezug genommen.

Diese Anordnung hat zur Folge, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin für die Wartung und Instandhaltung des Feldes 4 verantwortlich ist. Die Tatsache, dass der Messwandler selbst im Eigentum der Beklagten steht, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Es handelt sich dabei lediglich um ein einzelnes Bauteil, dass in Feld 4 von der Versicherungsnehmerin der Klägerin eingebaut wurde. Die gesamte Schaltanlage sowie der Teil, der Feld 4 der Anlage beinhaltet, stehen im Eigentum der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Sie ist auch die Eigentümerin der Anschlussverbindung. Ihr ist lediglich der Zugriff auf den Messwandler, nicht jedoch auf alle anderen in ihrem Eigentum stehenden Bauteile des Feldes 4 untersagt.

Entgegen der Auffassung der Klägerin ist Ziffer 2 des Vertrages auch nicht gem. § 307 BGB unwirksam.

Da die Beklagte den Vertrag für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert hat, handelt es sich dabei zwar um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305, 307 BGB.

Ein Verstoß gegen § 307 BGB liegt jedoch nicht vor.

Die in Ziffer 2 getroffene Regelung der Wartungszuständigkeit führt zu keiner unangemessenen Benachteiligung des Kunden.

Die Regelung ist insbesondere hinreichend klar und verständlich (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).

Das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar, einfach und präzise darzustellen (BGH NJW 2006, 996).

Diesen Anforderungen hält die Klausel stand.

In Ziffer 2 werden die Wartungszuständigkeiten unmissverständlich nach räumlichen Gesichtspunkten verteilt, wobei die dafür maßgebliche Eigentumsgrenze ausdrücklich definiert wird. Diese Regelung ist ausreichend transparent, auch wenn technische Fachbegriffe wie "Netzanschlussleitungen" oder "Endverschlüsse" verwendet werden. Im Hinblick auf den Vertragsgegenstand ist ein Verwenden solcher Fachbegriffe unvermeidbar. Zudem ist bei der Beurteilung, ob eine Regelung dem Transparenzgebot genügt, nicht auf einen flüchtigen Betrachter, sondern auf den aufmerksamen und sorgfältigen Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr abzustellen (Palandt-Grüneberg, BGB, 69. Aufl. 2010, § 307 Rdn. 19).

Da hier die Versicherungsnehmerin der Klägerin als Unternehmerin einen Vertrag über den Netzanschluss abgeschlossen hat, kann von ihr erwartet werden, dass sie sich mit den technischen Begriffen auseinandersetzt, zumal ihr auch der Bau der gesamten Schaltanlage, die Voraussetzung für den Netzanschluss war, oblag.

Vor diesen Hintergrund hält der Senat die Klausel für ausreichend transparent.

Die Klausel führt auch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung im Sinne des § 307 Abs. 2 BGB. In Ziffer 2 kommt es gerade nicht zu einer Verlagerung wesentlicher Rechte und Pflichten. Denn - wie bereits oben ausgeführt - die Zuständigkeitsverteilung nach allgemeinen Grundsätzen führt bereits dazu, dass die Versicherungsnehmerin der Klägerin für die Wartung der Anschlussverbindung zuständig war, da sie selbst diese Schraubverbindung zwischen Messwandler und Stromschiene hat herstellen lassen, die Schraubverbindung in ihrem Eigentum steht und damit zu ihrer Risikosphäre gehört.

Eine Regelung, die der Beklagten die Wartungspflicht bezüglich der Anschlussverbindung auferlegt, ergibt sich auch nicht aus der Technischen Richtlinie "Bau und Betrieb von Übergabestationen zur Versorgung von Kunden aus dem Mittelspannungsnetz" (VDN-Richtlinie).

Diese Richtlinie enthält u.a. folgende Regelung: "8.5 Instandhaltung:

Dem Kunden obliegt die Instandhaltung der in seinem Eigentum stehenden oder ihm zur Nutzung überlassenen Anlagen- und Gebäudeteile, auch wenn sie unter Verschluss oder Schaltzuständigkeit des VNB stehen. Der Turnus zur Überprüfung der Netz-Schutzeinrichtungen ist mit dem VNB abzustimmen. Die Ergebnisse der Prüfungen sind zu dokumentieren und auf Anforderung dem VNB zu übergeben.

Der Kunde hat nach der Unfallverhütungsvorschrift BGV A2/71 dafür zu sorgen, dass in bestimmten Zeitabständen die elektrischen Anlagen und Betriebsmittel (z.B. Schalter, Schutzeinrichtungen, Hilfsspannungsversorgung) auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden".

Da die Anschlussverbindung im Eigentum der Versicherungsnehmerin steht, ist diese gem. Ziffer 8.5 der VDN-Richtlinie auch für die Wartung dieser Anschlussverbindung zuständig. Die Klausel enthält insoweit keine vom Vertrag und den allgemeinen Grundsätzen abweichende Verteilung der Wartungszuständigkeit. Auf die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob es sich bei dem Messwandler um einen dem Kunden zur Nutzung überlassenen Anlagenteil im Sinne der Ziffer 8.5 der VDN-Richtlinie handelt und ob die Klausel wirksam einbezogen wurde und den Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen genügt, kommt es damit nicht an.

Da die Beklagte somit nicht für die Wartung der Anschlussverbindung zuständig war und die Gefahr allein von einem im Eigentum der Versicherungsnehmerin der Klägerin stehenden Anlagenteil ausging, scheiden Schadenersatzansprüche nach den §§ 280 Abs. 1, 823 BGB aus.

III.

Die Entscheidungen zur Kostentragung und vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 709 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, weil die Sache wegen der Vielzahl möglicher Fälle grundsätzliche Bedeutung hat (§ 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).