OLG Hamm, Beschluss vom 25.10.2010 - 15 W 334/10
Fundstelle
openJur 2012, 125758
  • Rkr:
Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Für den Beteiligten besteht eine bei dem Amtgericht Essen (74 XVII L 1191) geführte Betreuung, welche die Bereiche der Vermögensangelegenheiten, Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung, Behörden- und Versicherungsangelegenheiten sowie Wohnungs- und Heimangelegenheiten umfasst. Betreuerin ist Rechtsanwältin O in F. Der Beteiligte ist als Eigentümer des im Grundbuch von Z1 Blatt ...# verzeichneten Grundstücks (lfd. Nr. 11 des Bestandsverzeichnisses) eingetragen. Das Grundstück ist mit einer in Abt. # Nr. # des Grundbuchs verzeichneten Hypothek über 92.400 DM (47.243,37 €) zugunsten der Wohnungsbauförderungsanstalt des Landes O belastet. Am 24.03.2010 bewilligte die X Girozentrale in E als Rechtsnachfolgerin die Löschung des Grundpfandrechts. Rechtsanwältin O erklärte am 22.04.2010 in notariell beglaubigter Form (UR-Nr. .../... des Notars X1 in F-T) als Betreuerin namens des Beteiligten die Zustimmung zur Löschung und beantragte die Löschung des Rechts.

Unter dem 23.04.2010 reichte der Notar X1 seine Urkunde vom 22.04.2010 nebst Löschungsbewilligung der Bank und einer beglaubigten Ablichtung der Betreuerbestellungsurkunde vom 17.09.2008 bei dem Amtsgericht – Grundbuchamt – Essen ein und stellte den Antrag auf Löschung der Hypothek gemäß § 15 GBO. Mit Schriftsatz vom 19.05.2010 legte er ein Schreiben des Betreuungsgerichts vom 04.05.2010 vor, nach dem die Löschung einer betreuungsgerichtlichen Genehmigung nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 BGB nicht bedürfe.

Das Grundbuchamt beanstandete mit Zwischenverfügung vom 08.06.2010 die fehlende vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, die nach §§ 1812, 1908i BGB für die Zustimmung zu der Löschung des Grundpfandrechts erforderlich sei. Gegen diese Entscheidung richtet sich Beschwerde des Beteiligten vom 10.06.2010.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 18.06.2010 nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die gegen die Zwischenverfügung des Grundbuchamts gerichtete Beschwerde ist nach §§ 71 Abs. 1, 73 GBO statthaft und formgerecht eingelegt. Da das FGG-RG die Eigenständigkeit der Vorschriften der §§ 71 ff. GBO betreffend die Beschwerde in Grundbuchsachen nicht berührt hat, verbleibt es bei den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Zulässigkeit der Beschwerde. Dazu gehört, dass die Rechtsmittelfähigkeit einer Zwischenverfügung des Grundbuchamts anerkannt ist, obwohl es sich dabei nicht um eine instanzabschließende Entscheidung handelt (BGH NJW 1994, 1158); § 58 Abs. 1 FamFG ist in diesem Zusammenhang nicht anwendbar.

Der Senat legt die Beschwerde dahingehend aus, dass diese im Namen des Beteiligten erhoben sein soll, der im Eintragungsverfahren gemäß § 13 Abs. 1 S. 2 GBO antragsberechtigt ist und seinen Antrag im Beschwerdewege weiter verfolgen kann. Die Bank hat auf eine Benachrichtigung über die Durchführung ihrer Löschungsbewilligung verzichtet und insoweit ersichtlich kein Beschwerdeinteresse. Demjenigen, der als Vertreter eines Beteiligten im Verfahren auftritt, steht kein eigenes Beschwerderecht zu. Dieser Grundsatz gilt für den Betreuer in einer Eigenschaft als gesetzlicher Vertreter des Betreuten und auch für den nach § 15 GBO mit vermuteter Vollmacht ausgestatteten Notar (Budde in Bauer/von Oefele, GBO, 2. Aufl., § 71, Rdnr. 81; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 15, Rdnr. 20, § 71, Rdnr. 63 ff.).

Die mithin zulässige Beschwerde des Beteiligten ist unbegründet.

Verfahrensrechtlich ist die angefochtene Zwischenverfügung zulässig. Im grundbuchrechtlichen Eintragungsverfahren kann eine Zwischenverfügung des Grundbuchamts nach § 18 Abs. 1 S. 1 GBO ergehen, wenn einem Eintragungsantrag ein Hindernis entgegen steht, welches der Antragsteller rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung beheben kann (BayObLGZ 1990, 6, 8; Wilke in Bauer/von Oefele, a.a.O., § 18, Rdnr. 9; Demharter, a.a.O., § 18, Rdnr. 8). Die nach Ansicht des Grundbuchamts erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ist nachholbar, kann mithin Gegenstand einer Zwischenverfügung sein.

In der Sache beanstandet das Grundbuchamt die fehlende vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Löschungszustimmung zu Recht.

Gemäß § 27 GBO darf eine Hypothek, außerhalb der Berichtigung bei nachgewiesener Unrichtigkeit des Grundbuchs, nur mit Zustimmung des Eigentümers des Grundstücks gelöscht werden. Die Eigentümerzustimmung ist ein Unterfall der Bewilligung nach § 19 GBO und unterliegt wie diese der grundbuchamtlichen Prüfung ihrer Wirksamkeit (Kohler in Bauer/von Oefele, a.a.O., § 27, Rdnr. 27 ff.). Wird der Eigentümer bei der Erklärung der Zustimmung (gesetzlich) vertreten, erstreckt sich die Prüfungspflicht des Grundbuchamts deshalb auch auf die Vertretungsbefugnis und etwaige behördliche oder gerichtliche Genehmigungserfordernisse.

Gemäß § 1908i Abs. 1 S. 1 BGB bedarf der Betreuer in den Fällen der in Bezug genommenen Vorschriften der Genehmigung durch das Vormundschaftsgericht. Geht es um die Verfügung über eine Hypothek, Grund- oder Rentenschuld, ergibt sich ein Genehmigungserfordernis aus § 1821 Abs. 1 Nr. 1 BGB zwar wegen Absatz 2 der Vorschrift nicht. Die Verfügung über ein Grundpfandrecht fällt jedoch in den Anwendungsbereich des § 1812 Abs. 1 S. 1 BGB. Danach kann der Betreuer über ein Recht, kraft dessen der Betreute eine Leistung verlangen kann, nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen, wenn, wie es hier der Fall ist, kein Gegenvormund bestellt ist. Zu den Rechten, kraft deren eine Leistung verlangt werden kann, gehören u.a. die Hypotheken, Grund- und Rentenschulden (vgl. MünchKomm-Wagenitz, BGB, 5. Aufl., § 1812, Rdnr. 18; Staudinger/Engler, BGB, Neub. 2004, § 1812, Rdnr. 23, jeweils m.w.N.).

Eine Vermögensverfügung in diesem Sinne ist vorliegend dem Löschungsantrag der Betreuerin vom 22.04.2010 zu entnehmen. Ist die Hypothek aufgrund Erlöschens der persönlichen Forderung auf den Beteiligten mit der Folge übergegangen, dass sie ihm als Eigentümerrecht zusteht (§ 1163 Abs. 1 S. 2 BGB), so ist in dem Löschungsantrag die materiellrechtliche Aufhebungserklärung nach § 875 BGB zu sehen. Sollte die Löschungsbewilligung der Gläubigerin ihren Grund nicht in einer Befriedigung der persönlichen Forderung, sondern etwa in einer Aufhebung des Hypothekenrechts gemäß § 875 BGB haben, ist der mit dem Löschungsantrag zugleich erklärten Eigentümerzustimmung nach § 27 GBO die materiellrechtliche Zustimmung nach § 1183 BGB zu entnehmen. Dem Betreuten wird in beiden Fällen eine vermögenswerte Position entzogen, indem der Betreuer entweder die Eigentümergrundschuld oder die Anwartschaft auf Erlangung einer Eigentümergrundschuld zum Erlöschen bringt. Mit Blick auf den Schutz des Betreuten bedarf der Betreuer deshalb jedenfals dann, wenn es – wie hier – um die Verfügung über ein nicht rangletztes Recht geht, der vorgeschriebenen Genehmigung (Senat Rpfleger 1976, 309 m.w.N.; vgl. insbesondere auch BayObLGZ 1984, 218 = DNotZ 1985, 161, das dieselbe Auffassung weitergehend auch für rangletzte Grundpfandrechte vertritt; Schöner/Stöber, Grundbuchrecht, 14. Aufl., Rdnr. 3711, 3723).

Der vorgelegte Bescheid des Vormundschaftsgerichts vom 04.05.2010, nach dem eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist (sog. Negativattest), bindet das Grundbuchamt in dem hier vorliegenden Fall nicht. Denn das Genehmigungserfordernis nach § 1812 Abs. 1 S. 1 BGB dient gerade dem Schutz der Interessen des Betreuten und erfordert mithin zwingend eine sachliche Prüfung der Zweckmäßigkeit durch das Vormundschaftsgericht. Hat das Vormundschaftsgericht die Genehmigungsbedürftigkeit verneint, so hat es in erster Linie nur die Frage geprüft, ob das vorgelegte Rechtsgeschäft überhaupt einer Genehmigung bedarf, regelmäßig jedoch nicht, ob dadurch konkret schutzwürdige Interessen des Betreuten gefährdet werden (vgl. BGHZ 44, 325 = NJW 1966, 625; OLG Zweibrücken NJW-RR 1999, 1174 = FamRZ 2000, 117).

Die Wertfestsetzung für das Verfahren der Beschwerde beruht auf §§ 131 Abs. 4, 30 Abs. 1 KostO.