LG Köln, Urteil vom 22.09.2010 - 84 O 20/09
Fundstelle
openJur 2012, 125679
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Auf die Widerklage wird die Klägerin zu 2) verurteilt,

1) in die Löschung ihrer beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer ...#6 eingetragenen Deutschen Marke „E“ für die Waren Druckereierzeugnisse, Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate), Speisefette, Mehle und Getreidepräparate, Saucen (Würzmittel) und Gewürze einzuwilligen;

2) in die Löschung ihrer beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer ...#5 eingetragenen Deutschen Marke „E“ für die Waren tiefgekühlte Snacks, nämlich Baguettes und im Wesentlichen mit Wurst- und/oder Fleischwaren sowie Käse und/oder Obst und/oder Gemüse belegte essfertige Toasts oder Brötchen, alle vorgenannten Waren nicht in Großverbraucherpackungen einzuwilligen.

III. Die weitergehende Widerklage wird abgewiesen.

IV. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Rechtsstreits.

V. Das Urteil ist hinsichtlich des Tenors zu II. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von je 100.000,00 € je Marke und im übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die vormalige Klägerin zu 1), die E Delikatessen-Service GmbH mit Sitz in O, wurde 1980 gegründet. Ausweislich des Handelsregisterauszugs (Anlage K 1) ist Gegenstand des Unternehmens die Produktion und der Vertrieb von Nahrungsmitteln, insbesondere von Delikatessen. Aufgrund des Verschmelzungsvertrages vom 07.09.2009 ist die E Delikatessen-Service GmbH auf die jetzige Klägerin zu 1) verschmolzen worden. Gegenstand dieses Unternehmens ist nach dem Handelsregisterauszug (Anlage K 49) die Produktion und der Vertrieb von Lebensmitteln aller Art, insbesondere Feinkost-Lebensmitteln aus biologischem Anbau.

Die Klägerin zu 1) ist als Rechtsnachfolgerin der E Delikatessen-Service GmbH Inhaberin der am 28.11.1980 angemeldeten und am 16.09.1981 in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. ...#1 „E DELIKATESSEN SERVICE GMBH“ (Anlage K 4). Wegen der bildlichen Gestaltung der Marke nimmt die Kammer auf Blatt 183 d.A. Bezug. Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis umfasste ursprünglich die Klassen 29 und 30: Konfitüren, Gemüse-, Obst- und Fischkonserven (auch sauer konserviert), Pickles, Saucen, einschließlich Salatsaucen, Gewürze, sämtliche Waren als Feinkost. Nach Erhebung der Widerklage hat die Klägerin zu 1) das Warenverzeichnis auf die Klasse 30, nämlich

Saucen, einschließlich Salatsaucen, sämtliche Waren als Feinkost

beschränkt.

Die Klägerin zu 2) ist Inhaberin der am 17.02.1998 angemeldeten und am 16.04.1999 in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke Nr. ...#2 „E“ (Anlage K 5). Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis umfasste ursprünglich die Klassen 29 und 30: Fleisch- und Wurstwaren; Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Backwaren, kombiniert mit Fleisch- und Wurstprodukten. Nach Erhebung der Widerklage hat die Klägerin zu 2) das Warenverzeichnis wie folgt beschränkt:

Klasse 29: Fleisch- und Wurstwaren

Klasse 30: Backwaren, kombiniert mit Fleisch- und

Wurstwaren.

Die Klägerin zu 2) ist ferner Inhaberin der am 11.04.2000 angemeldeten und am 01.10.2001 in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke Nr. ...#6 „E“. Hinsichtlich des ursprünglich umfassenden Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses wird auf die als Anlage K 6 vorgelegten Markenunterlagen Bezug genommen. Nach Erhebung der Widerklage hat die Klägerin zu 2) das Warenverzeichnis wie folgt beschränkt:

Klasse 16: Druckereierzeugnisse, Lehr- und

Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate)

Klasse 29: Fleisch, Fruchtsoßen, Speiseöle und -fette

Klasse 30: Mehle und Getreidepräparate, Senf, Essig, Saucen

(Würzmittel) und Gewürze

Klasse 43: Verpflegung von Gästen.

Mit Wirkung vom 04.05.2010 hat die Klägerin zu 2) das Warenverzeichnis ändern lassen. Statt „Mehle und Getreidepräparate“ heißt es nunmehr „Mehle und Getreidepräparate, nämlich Nudeln, gefüllt und ungefüllt sowie Teigwarenspezialitäten, gefüllt und ungefüllt“ (Anlage K 52).

Die Klägerin zu 2) ist schließlich Inhaberin der am 24.01.2001 angemeldeten und am 02.04.2001 in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke Nr. ...#5 „E“ (Anlage K 23). Das Waren- und Dienstleistungsverzeichnis umfasst die Klassen 29 und 30:

Pizza, und tiefgekühlte Snacks, nämlich Baguettes und im Wesentlichen mit Wurst- und/oder Fleischwaren sowie Käse und/oder Obst und/oder Gemüse belegte essfertige Toasts oder Brötchen, alle vorgenannten Waren nicht in Großverbraucherpackungen.

Die Beklagte zu 1) ist eine Kommanditgesellschaft, deren Geschäftsgegenstand in der Erbringung von Dienstleistungen besteht, insbesondere der Verwaltung von Markenrechten, Markenwertschöpfungen sowie alle zu diesem Zweck dienlichen Tätigkeiten. Der Beklagte zu 4) ist Geschäftsführer ihrer Komplementärin.

Die Beklagte zu 1) ist Inhaberin der am 01.12.1998 angemeldeten und am 01.06.1999 in das Register beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Wortmarke Nr. ...#3 „Villa E“ sowie der am 16.09.1999 angemeldeten und am 24.01.2000 eingetragenen Wort-/Bildmarke Nr. ...#4 „Villa E“. Hinsichtlich der Gestaltung der Wort-/Bildmarke sowie der ursprünglichen Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse der Klassen 29 und 30 wird auf den Klageantrag 1. a) sowie auf die als Anlage K 8 vorgelegten Markenunterlagen Bezug genommen. Nach Teilverzicht der Beklagten zu 1) enthalten die Verzeichnisse nunmehr die Waren:

Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, Fruchmuse, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Kühleis.

Geschäftsgegenstand der Beklagten zu 2) war der Großhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln sowie der Betrieb von Restaurants mit herkömmlicher Bedienung. Sie bot ihre geschäftlichen Tätigkeiten auch über das Internet unter der Domain www.anonym1.de (Anlage K 9) an. Sie pries ihr Geschäftskonzept dort als „Die Welt der Villa E“ an und bot Speisen und Tiefkühlkost unter dieser Bezeichnung an. Ferner betrieb sie Bistros und einen Heimservice. Aufgrund eines Beschlusses der Gesellschafter vom 05.05.2009 ist die Beklagte zu 2) aufgelöst. Sie befindet sich in Liquidation.

Die Beklagte zu 3) ist im Bereich des Großhandels mit Nahrungs- und Genussmitteln tätig. Sie bietet Snacks und Fingerfood, Fertiggerichte und Desserts unter der Bezeichnung „Villa E“ an (Anlage K 10).

Die Beklagten zu 2) und 3) sind aufgrund von Lizenzverträgen mit der Beklagten zu 1) zur Benutzung der Bezeichnung „Villa E“ berechtigt.

Die Klägerinnen sind erstmals im Jahre 2006 auf die beiden Marken der Beklagten zu 1) aufmerksam geworden. Mit Schreiben vom 11.04.2007 (Anlage K 13) haben sie sich an die Beklagte zu 1) gewandt und die Verletzung ihrer Kennzeichenrechte geltend gemacht. Es schloss sich weitere Schriftwechsel an (Anlage K 14). Eine Einigung konnte nicht erzielt werden. Mit Schreiben vom 06.11.2008 (Anlage K 11) haben die Klägerinnen die Beklagte zu 1) noch einmal förmlich abmahnen lassen. Unter dem 12.11.2008 lehnte die Beklagte zu 1) sowohl den Abschluss einer Lizenzvereinbarung als auch die Abgabe einer Unterlassungserklärung ab (Anlage K 12).

Die Klägerinnen, die die sich gegenüber stehenden Kennzeichnungen „E“ und „Villa E“ für verwechslungsfähig halten, begehren mit der vorliegenden Klage Unterlassung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzverpflichtung, Löschung der Marken sowie des Firmenbestandteils.  Sie stützen ihre Ansprüche insbesondere auf den Schutz ihrer geschäftlichen Bezeichnung sowie auf die prioritätsälteren Marken Nr. ...#1 (Anlage K 4), Nr. ...#2 (Anlage K 5). 

Die Klägerinnen beantragen,

I. die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.00,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

a) die Beklagte zu 1. und den Beklagten zu 4.  im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland mit Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, Fleischextrakten, konserviertem, getrocknetem und gekochtem Obst und Gemüse, Gallerten (Gelees), Konfitüren, Fruchmusen, Eiern, Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel, Mehlen und Getreidepräparaten, Brot, feinen Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Soßen (Würzmittel), Gewürzen und Kühleis die Bezeichnung „Villa E“ zu benutzen, insbesondere dieses Zeichen auf den genannten Waren, ihrer Aufmachung oder Verpackung anzubringen, unter diesem Zeichen die genannten Gegenstände anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu diesem Zweck zu besitzen, unter diesem Zeichen die genannten Erzeugnisse einzuführen oder auszuführen oder das Zeichen im Geschäftsverkehr oder in der Werbung für die genannten Produkte zu benutzen;

b) die Beklagte zu 2. und den Beklagten zu 4. im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland unter der Bezeichnung „Villa E“ Speisen und/oder Tiefkühlkost anzubieten, zu bewerben und in den Verkehr zu bringen, insbesondere unter der genannten Bezeichnung „Villa E“ Bistros und/oder einen Heimservice für Speisen anzubieten, zu bewerben und/oder zu erbringen;

c) die Beklagte zu 3) im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland bei dem Vertrieb von Snacks und Fingerfood, Fertiggerichten und Desserts die Bezeichnung „Villa E“ zu verwenden;

2. die Beklagte zu 1) in die Löschung der Marken „Villa E“, die unter den Nummern ...#3 und ...#4 beim deutschen Patent- und Markenamt eingetragen sind, einzuwilligen;

3. die Beklagte zu 2) in die Löschung des Firmenbestandteils „E“ gegenüber dem zuständigen Registergericht einzuwilligen;

4. den Klägerinnen Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die Handlungen begangen haben, die Beklagte zu 1. und der Beklagte zu 4. die im Klageantrag zu I. 1. a), die Beklagte zu 2. und der Beklage zu 4. die im Klageantrag zu I. 1. b) und die Beklagte zu 3. die im Klageantrag zu I. 1. c) genannt sind, und zwar unter Angabe

a) der Herstellungsmengen sowie der Mengen der erhaltenen und bestellten Erzeugnisse, sowie der Namen und Anschriften der Hersteller, der Lieferanten und anderer Vorbesitzer,

b) der einzelnen Lieferungen der in Rede stehenden Gegenstände, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen, geordnet nach den einzelnen Erzeugnissen, sowie der Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer,

c) der unter Verwendung der genannten Bezeichnungen erzielten Umsätze,

d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhen, Verbreitungszeitraum und -gebiet,

e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns;

II. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägerinnen allen Schaden zu ersetzen, der diesen aus den in dem Klageantrag zu I. 1. a) bis c) genannten Handlungen bisher entstanden ist und noch entstehen wird.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Nachdem die Klägerinnen das Warenverzeichnis ihrer Marken beschränkt und die Parteien die Widerklage in diesem Umfang übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, beantragen die Beklagten im Wege der Widerklage

1) die Klägerin zu 1) zu verurteilen, in die Löschung ihrer beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer ...#1  eingetragenen Deutschen Marke „E DELIKATESSEN SERVICE GMBH“ für die Waren Saucen, einschließlich Salatsaucen, sämtliche Waren als Feinkost einzuwilligen;

2) die Klägerin zu 2) zu verurteilen, in die Löschung ihrer beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer ...#2  eingetragenen Deutschen Marke „E“ für die Waren Fleisch- und Wurstwaren; Backwaren, kombiniert mit Fleisch- und Wurstprodukten einzuwilligen;

3) die Klägerin zu 2) zu verurteilen, in die Löschung ihrer beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer ...#5 eingetragenen Deutschen Marke „E“ für die Waren Pizza, und tiefgekühlte Snacks, nämlich Baguettes und im Wesentlichen mit Wurst- und/oder Fleischwaren sowie Käse und/oder Obst und/oder Gemüse belegte essfertige Toasts oder Brötchen, alle vorgenannten Waren nicht in Großverbraucherpackungen einzuwilligen;

4) die Klägerin zu 2) zu verurteilen, in die Löschung ihrer beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer ...#6  eingetragenen Deutschen Marke „E“ für die Waren  Druckereierzeugnisse; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Fleisch, Fruchtsoßen; Speiseöle und -fette; Mehle und Getreidepräparate, Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Verpflegung von Gästen einzuwilligen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten erheben zunächst die Einrede der Nichtbenutzung. In der Sache halten sie die sich gegenüber stehenden Kennzeichnungen nicht für verwechslungsfähig. Jedenfalls seien für sie Zwischenrechte entstanden. Die geltend gemachten Ansprüche seien auch verwirkt.

Auf die Widerklage seien die Marken der Klägerinnen zu löschen, da diese nicht rechterhaltend benutzt worden seien.

Die Klägerinnen behaupten, ihre Marken seien - soweit die Warenverzeichnisse nicht beschränkt worden seien - rechterhaltend benutzt worden. Insoweit verweist die Kammer insbesondere auf den Vortrag der Klägerinnen in ihrem Schriftsatz vom 17.08.2009.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Die Kammer hat gemäß Hinweis- und Beweisbeschluss vom 09.12.2009 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen F, C, Dr. L, K, R sowie Z. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsprotokolle vom 12.04.2010 und 30.06.2010 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist nicht begründet. Die Widerklage hat - soweit sie nicht übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist - teilweise Erfolg.

Im Einzelnen:

I. Klage

Die Nutzung des Kennzeichens „Villa E“ durch die Beklagten verletzt weder die Firmen- noch die Markenrechte der Klägerinnen an dem Kennzeichen „E“. Die sich gegenüber stehenden Zeichen sind nicht verwechslungsfähig im Sinne der §§ 14, 15 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. der §§ 15 Abs. 2, 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auf der Grundlage des jeweiligen Gesamteindrucks der in Frage stehenden Zeichen vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad an Ähnlichkeit der Marken durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann, während umgekehrt ein höherer Ähnlichkeitsgrad erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Marke nur schwach und/oder der Warenabstand größer ist (ständige Rechtsprechung, vgl. nur: BGH GRUR 2008, 719, 721 Rn. 18 - idw Informationsdienst Wissenschaft; BGH GRUR 2007, 780 - Pralinenform; BGH GRUR 2003, 1040 ff. - Kinder, aus Juris Rn. 28).

Bei alledem ist nicht auf den Standpunkt eines „flüchtigen“, dem angesprochenen Verkehr zugehörigen Adressaten der Zeichen abzustellen, sondern auf denjenigen eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Adressaten der betroffenen Art von Waren oder Dienstleistungen. Der Grundsatz, dass Ausgangspunkt der auf der Grundlage der dargestellten Determinanten zu beurteilenden Verwechslungsgefahr der durch die jeweiligen Zeichen vermittelte Gesamteindruck ist, schließt es dabei allerdings nicht aus, dass einem einzelnen Zeichenbestandteil unter Umständen eine besondere, den Gesamteindruck des Zeichens prägende Kraft beizu­messen ist und dass deshalb bei Übereinstimmung der Zeichen in dem jeweils prägenden Bestandteil die Gefahr von Verwechslungen zu bejahen sein kann (vgl. z.B. BGH GRUR 2008, 258 Rn. 25 - Interconnect/T- Interconnect; BGH GRUR 2006, 859 f - Malteserkreuz; BGH GRUR 2006, 60 Rn. 17 - coccodrillo). Dabei dürfen jedoch die übrigen Zeichenbestandteile nicht völlig außer Acht gelassen bzw. „abgespalten“ und die Prüfung allein auf das prägende Element reduziert werden; denn es besteht kein Erfahrungssatz, der die Annahme rechtfertigt, einzelne Bestandteile eines Zeichens würden vom Verkehr nicht zur Kenntnis genommen (BGH GRUR 1996, 774 f - „falkerun/LE RUN“). Ausgehend von diesen Grundsätzen ist eine Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüber stehenden Zeichen „E“ und „Villa E“ zu verneinen:

1) Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Köln (Urteil der 31. Zivilkammer vom 22.03.2007 - 31 O 967/06; Urteil der 1. Kammer für Handelssachen vom 13.02.2009 - 81 O 130/06; Urteil der erkennenden Kammer vom 01.07.2009 - 84 O 48/09) sowie des Oberlandesgerichts Köln (Urteile vom 18.09.2009 - 6 U 46/09 - und vom 22.01.2010 - 6 U 130/09) fehlt dem Zeichen „E“ für Waren des Nahrungs- und Genussmittelbereichs zwar nicht jede Unterscheidungskraft. Der Grad der Kennzeichnungskraft ist allerdings gering. Das Oberlandesgericht Köln hat hierzu in seinem Urteil vom 18.09.2009 (6 U 46/09) ausgeführt:

„Dass ihr nicht jede Unterscheidungskraft fehlt, steht auf Grund der Eintragung bindend fest. Die Kennzeichnungskraft, deren Grad das Verletzungsgericht selbstständig zu bewerten hat (BGH, GRUR 2007, 1071 [Rn. 24] = WRP 2007, 1461 - Kinder II), erscheint wegen der oben (zu Nr. 1 lit. b) erörterten, für den Nahrungs- und Genussmittelbereich deutlich warenbeschreibenden Anklänge zwar von Hause aus schwach. Angesichts der fremdartig wirkenden Sprachform und der je nach Kontext schwankenden Bedeutung des Begriffs „E“  ist ihm ein fantasievoller Überschuss aber nicht abzusprechen. Ergänzend kann auf die den Parteien bekannten, das Unternehmenskennzeichen der Klägerinnen betreffenden Erwägungen im Urteil des Landgerichts Köln vom 22.03.2007 - 31 O 967/06 - verwiesen werden.“

Unter Nr. 1 lit. b der Gründe, auf die der Senat in dem oben wiedergegebenen Passus verwiesen hat, hatte  der Senat zuvor ausgeführt:

„Obwohl der in mehreren romanischen Sprachen geläufige Begriff „E“ selbst kein Wort der deutschen Umgangssprache ist, verbindet der informierte Durchschnittsverbraucher damit zwanglos die Vorstellung von „kulinarischen“,  gemäß der Duden-Definition … auf die Kochkunst bezogenen Genüssen und entsprechenden, dem Bereich der (gehobenen) Küche zugeordneten Waren, insbesondere (erlesenen) Speisen und Getränken.“

Dem schließt sich die Kammer an.

Es kann zugunsten der Klägerinnen unterstellt werden, dass die originäre Kennzeichnungskraft des Zeichens durch Drittnutzung nicht in relevantem Umfang weiter geschwächt worden ist. Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft infolge erhöhter Verkehrsbekanntheit des Zeichens ist allerdings nicht anzunehmen. Hierfür reicht der Umfang der Benutzung, der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als erwiesen angesehen werden kann, nicht aus. Auf die Ausführungen zur Widerklage wird Bezug genommen.

2) Die Warenähnlichkeit ist hoch.

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen. (BGH GRUR 2009, 484 - Metrobus m.w.N.).

Sowohl die Klagemarken - soweit diese rechtserhaltend benutzt sind (siehe unter II.) - als auch die Marke der Beklagten zu 1) - insoweit ist das ursprüngliche Warenverzeichnis zugrunde zu legen - beziehen sich auf Lebensmittel der Warenklassen 29 und 30. Zum Teil sind die geschützten Waren gar identisch (Fleisch, Saucen, Backwaren).

Die Tätigkeitsbereiche der Parteien sind ebenfalls zumindest ähnlich. Zwar befassen sich die Beklagten, insbesondere die Beklagte zu 3), vornehmlich mit dem Vertrieb tiefgekühlter Speisen, die von den Klägerinnen nicht angeboten werden. Dieser Umstand mag in tatsächlicher Hinsicht einer unmittelbaren Begegnung der kollidierenden Zeichen im Handel entgegenstehen, ändert aber nichts daran, dass sich die jeweiligen Warensortimente jedenfalls ergänzen, so dass die angesprochenen Verkehrskreise den Zeichen in sachlichem Zusammenhang begegnen.

3) Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Zeichen im Bild, im Klang oder in der Bedeutung ist auf den jeweiligen Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen (st. Rspr., vgl. nur: BGH GRUR 2008, 719, 722 Rn. 37 - idw Informationsdienst Wissenschaft; BGH GRUR 2003, 1040 ff. - Kinder, aus Juris Rn. 34). Entscheidend kommt es darauf an, wie die Zeichen auf den Durchschnittsverbraucher der Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke oder ein Zeichen regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten. Bei der Prüfung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr bedeutet die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken nicht, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke zu berücksichtigen und mit einer anderen Marke zu vergleichen wäre. Vielmehr sind die sich gegenüber stehenden Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was allerdings nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (BGH GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz; EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; BPatG GRUR 2008, 174, 176 f. - EUROPOSTCOM).

Die Bezeichnung „Villa E“ wird vom Verkehr als Gesamtbegriff verstanden. Ob man hierunter ein „kulinarisches Landhaus“ versteht - wie das Patent - und Markenamt im Beschluss vom 18.09.2002 (Anlage B 7) ausgeführt hat - kann dahin stehen. Insoweit mag es auch andere Interpretationsmöglichkeiten geben. In jedem Falle aber ist der Bestandteil „E“ in dem Gesamtbegriff nicht allein oder zumindest überwiegend prägend. Vielmehr erklärt der Bestandteil „E“, um was für eine Art von Villa es sich handelt. Insoweit sei beispielhaft auf andere bekannte Villen verwiesen, so die Villa A2 in Essen, die Villa Kunterbunt von A3, das Museum Villa A4 in München oder das Luxushotel Villa A1 in Frankfurt. „Villa“ und „E“ sind daher innerhalb des Gesamtbegriffs in gleicher Weise prägend. Der Verkehr wird das Zeichen „Villa E“ auch nicht zu „E“ verkürzen. Dem steht - wie ausgeführt - entgegen, dass der Bestandteil „E“ die Art der Villa erläutert.

Der Umstand, dass sich demnach die Zeichen „E“ und „Villa E“ gegenüber stehen, schließt die Verwechslungsgefahr nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes allerdings noch nicht aus. Stimmen die Zeichen - wie hier - nur in einem Bestandteil überein, prägt dieser den Gesamteindruck aber nicht, kann dennoch Verwechslungsgefahr bestehen, wenn dem betreffenden Bestandteil - hier „E“ - eine eigenständige, von der Kennzeichnungsfunktion anderer Bestandteile unabhängige Kennzeichnungsfunktion zukommt, der Bestandteil mithin eine selbständig kennzeichnende Stellung hat (BGH GRUR 2008, 258, 261 - INTERCONNECT/T-InterConnect; BGH GRUR 2006, 859 f. - Malteserkreuz, aus Juris Rn. 18, 21; EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE, aus Juris Rn. 30 ff.).

Dem Bestandteil „E“ kommt eine derartige selbständig kennzeichnende Stellung nicht zu.

Zwar setzt dies nicht voraus, dass der Bestandteil über eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt (BGH GRUR 2008, 258, 261 - INTERCONNECT/T-InterConnect; Rohnke/Thiering, GRUR 2008, 1047, 1050). Wie ausgeführt, wird der informierte Durchschnittsverbraucher mit dem Bestandteil „E“ aber die Vorstellung von „kulinarischen“,  auf die Kochkunst bezogenen Genüssen und entsprechenden, dem Bereich der (gehobenen) Küche zugeordneten Waren, insbesondere (erlesenen) Speisen und Getränken, verbinden. Der Bestandteil „E“ beschreibt daher lediglich die Art der „Villa“. Eine selbständig kennzeichnende Stellung innerhalb einer Gesamtbezeichnung kann einem Bestandteil, der den anderen Bestandteil ähnlich einem Adjektiv im Verhältnis zum Substantiv beschreibt, nicht zukommen. Vielmehr bildet „Villa E“ eine untrennbare Gesamtbezeichnung, in der keinem der Bestandteile eine vom anderen Bestandteil unabhängige Kennzeichnungsfunktion zukommt.  

Unter Berücksichtigung der geringen Kennzeichnungskraft der Klagezeichen ist die Verwechslungsgefahr im Sinne der §§ 15 Abs. 2, 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG trotz der hohen Warenähnlichkeit daher zu verneinen.

II. Widerklage

Die Widerklage hat - soweit sie nicht von den Parteien übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt worden ist - in dem zuerkannten Umfang Erfolg. Insoweit sind die Marken der Klägerinnen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht rechtserhaltend benutzt worden und daher auf die Widerklage der Beklagten zu löschen, §§ 49 Abs. 1, 55 MarkenG.

Im Einzelnen:

1) Wort-/Bildmarke Nr. ...#1

Insoweit war die Widerklage abzuweisen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Wort-/Bildmarke der Klägerin zu 1) für den noch in Frage stehenden Warenbereich

Saucen, einschließlich Salatsaucen, sämtliche Waren als

Feinkost

rechtserhaltend im Sinne des § 26 MarkenG benutzt worden ist.

Der Zeuge R hat bekundet, dass die Saucen, die auf den Anlagen K 34 und K 35 abgebildet und von den Sorten her beschrieben werden, im Vertrieb der Klägerin zu 2) sind und innerhalb des maßgeblichen Zeitraums der §§ 49, 26 MarkenG auch vertrieben worden sind. Er hat geschildert, seit wann, in welchem Umfang und in welcher Form und Ausstattung die jeweiligen Saucen vertrieben werden.

Die Kammer hat keinerlei Veranlassung, an der Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Zeugen oder an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Allein der Umstand, dass der Zeuge freier Mitarbeiter der Klägerinnen ist, reicht hierfür nicht aus.

Aufgrund der Dauer und des Umfangs des Vertriebs kann von einer Scheinbenutzung nicht die Rede sein.

Die Wort-/Bildmarke der Klägerin zu 1) wird auf den Produkten auch markenmäßig benutzt.

Sie befindet sich zwar auf dem Etikett auf der Rückseite des jeweiligen Produkts. Sie wird dort aber in Form einer Zweitmarke verwendet. Die Wort-/Bildmarke stellt prominent die Bezeichnung „E“ heraus. Am unteren Rand befinden sich die weiteren Firmenbestandteile der früheren Klägerin zu 1). Der Verkehr wird daher der auf der Rückseite aufgebrachten Wort-/Bildmarke, die textlich eine Firmenbezeichnung beinhaltet, einen Herkunftshinweis entnehmen, zumal sich die Bezeichnung „E“ auch auf der Vorderseite des jeweiligen Etiketts befindet und so auf der Rückseite „wiederholt“ wird.

2) Wortmarke Nr. ...#2

Auch insoweit war die Widerklage abzuweisen.

Die Zeugin F hat glaubhaft bekundet, dass die Firma T Fleisch- und Wurstwaren GmbH jedenfalls bis zu ihrem Ausscheiden am 02.11.2009 Bauch- und Zwiebelfleisch in der aus Anlage K 15 ersichtlichen Ausstattung in erheblichem Umfang seit dem Jahre 2003 vertrieben habe. Sie hat darüber hinaus ausgesagt, dass die Fa. T eine Vereinbarung mit einer anderen Firma, an deren Namen sie sich nicht mehr erinnern könne, getroffen habe, wonach die Fa. T berechtigt sei, die Bezeichnung „E“ weiterhin zu benutzen und dass sie in diesem Zusammenhang Kontakt mit einem Herrn Q gehabt habe. Damit steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Vortrag der Klägerinnen zutrifft, dass die Klägerin zu 2) der Fa. T eine Lizenz zur Nutzung der Marke erteilt hat.

Die Marke wird von der Fa. T auch markenmäßig benutzt.

Die Bezeichnung „E“ wird auf der Ausstattung prominent und auf einem besonders gestaltetem Rechteck hervorgehoben. Sie hat daher nicht lediglich einen dekorativen Charakter, sondern erscheint dem Verkehr als Herkunftshinweis in Form einer Zweitmarke neben der herausgestellten Firmenbezeichnung „T“ mit einem „R“ im Kreis.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist aber zweifelhaft geworden, ob das von der Fa. T vertriebene Bauch- und Zwiebelfleisch als Fleisch- oder Wurstware einzuordnen ist. Während die Kammer und auch wohl die Parteien davon ausgegangen sind, dass es sich entsprechend der Bezeichnungen Bauch- und Zwiebelfleisch um Fleischwaren handelt, hat die Zeugin F bekundet, dass diese Produkte bei der Fa. T unter Wurstwaren und nicht unter Fleischwaren vertrieben würden.

Die Kammer hält es daher für angezeigt, den Warenoberbegriff „Fleisch- und Wurstwaren“ uneingeschränkt im Warenverzeichnis zu belassen. Wie die hier in Frage stehenden Produkte zeigen, ist die Abgrenzung zwischen Fleisch- und Wurstwaren bei bestimmten Produkten, die aus Fleisch hergestellt werden, offensichtlich schwierig und nicht eindeutig. Die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise und das berechtigte Interesse des Zeicheninhabers bzw. der Fa. T als Lizenznehmerin, in der geschäftlichen Bewegungsfreiheit nicht ungebührlich eingeengt zu werden, rechtfertigen es, im Warenverzeichnis über die konkrete Ware hinaus den weiten Oberbegriff uneingeschränkt zu belassen, da eine Abgrenzung offenbar nicht eindeutig vorgenommen werden kann. Insoweit müssen hier die Grundsätze der „LOTTOCARD“-Entscheidung des BGH (GRUR 2009, 60 ff., aus Juris Rn. 32 f.) entsprechend gelten.

Der Zeuge C hat glaubhaft bekundet, dass die Firma Dr. P seit dem Jahre 2002 in erheblichem Umfang tiefgekühlte Pizza verschiedener Sorten unter der Bezeichnung „E“ in einer der Anlage K 19 entsprechenden Ausstattung vertreibe. Die Fa. Dr. P habe die von ihr angemeldete Marke auf die Klägerin zu 2), die die älteren Markenrechte gehabt habe, übertragen und mit dieser im Jahre 2005 ein Lizenzvertrag geschlossen. Die Umsätze hätten stets im Millionenbereich pro Jahr gelegen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Wortmarke der Klägerin damit auch für den Warenbereich „Backwaren, kombiniert mit Fleisch- und Wurstwaren“ im maßgeblichen Zeitraum rechterhaltend benutzt worden.

3) Wortmarke Nr. ...#6

Insoweit hat die Widerklage in dem zuerkannten Umfang Erfolg.

a) Klasse 16

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Marke weder für „Druckereierzeugnisse“ noch für „Lehr- und Unterrichtsmaterial“ rechterhaltend im Sinne des § 26 MarkenG benutzt worden.

Der Zeuge Dr. L hat zwar bekundet, dass die Firma Dr. L Marketing GmbH im Jahre 2007 mit der früheren Klägerin zu 1) den als Anlage K 40 vorgelegten Vertrag zur Nutzung der Marke „E“ geschlossen habe. Die Marke sei aber lediglich einmal im November 2007 auf einer Messe benutzt worden, auf der ein Prospekt mit der Bezeichnung „E“ in einer Auflagehöhe von eher mehr als 10.000 Stück kostenlos verteilt worden sei.

Der Zeuge Z hat bekundet, dass die Firma E GmbH mit Sitz in Hamburg vor 1 ½ Jahren lediglich einmal eine Werbebroschüre mit dem Logo der Firma herausgegeben habe.

Dies stellt jedoch weder von der Dauer noch vom Umfang her eine ernsthafte Benutzung im Sinne des § 26 MarkenG dar.

Entsprechendes gilt für den Warenbereich „Lehr- und Unterrichtsmaterial“.

Insoweit hat der Zeuge Z bekundet, dass die Firma E GmbH weder Rezept- oder Kochanleitungen noch Kochbücher herausgebe. Es komme schon mal vor, dass in einem Newsletter vor Weihnachten eine Anleitung für Glühwein enthalten sei.

b) Klasse 29

Hinsichtlich des Warenbereiches „Fleisch“ verweist die Kammer auf die Ausführungen zu II. 2) (Zeugin F).

Insoweit war die Widerklage somit abzuweisen.

Entsprechendes gilt für die Warenbereiche „Fruchtsoßen, Speiseöle“.

Insoweit hat der Zeuge R bestätigt, dass von der Klägerin zu 2) auch diese Produkte (vgl. Anlagen K 30, K 31, K 33) in erheblichem Umfang vertrieben werden und in der Vergangenheit in dem maßgeblichen Zeitraum vertrieben wurden.

Hinsichtlich des Warenbereichs „Speisefette“ hat die Widerklage hingegen Erfolg.

Für den Vertrieb von Speisefetten ist auch nach dem Hinweis der Kammer nichts vorgetragen. Die Klägerin zu 2) kann sich insoweit auch nicht auf die „LOTTOCARD“-Entscheidung des BGH (GRUR 2009, 60 ff.) berufen. Dem steht schon entgegen, dass es sich bei dem Begriff „Speisefette“ nicht um den Oberbegriff zu „Speiseöle“ handelt. Vielmehr sind beide Begriffe jeweils getrennte Oberbegriffe, die aus sprachlichen Gründen kombiniert und dadurch verkürzt worden sind, dass bei dem Begriff „Speisefette“ der Bestandteil „Speise“ durch einen Bindestrich ersetzt worden ist.

c) Klasse 30

Hinsichtlich des Warenbereichs „Senf“ und „Essig“ hat die Widerklage keinen Erfolg.

Insoweit hat der Zeuge R bestätigt, dass von der Klägerin zu 2) auch diese Produkte (vgl. Anlagen K 28, K 32) in erheblichem Umfang vertrieben werden und in der Vergangenheit in dem maßgeblichen Zeitraum vertrieben wurden.

Die übrigen in Klasse 30 enthaltenen Waren sind jedoch zu löschen.

Die Kammer hält an ihrer im Hinweis- und Beweisbeschluss vom 09.12.2009 geäußerten Auffassung fest, dass Nudel- und Teigwaren nicht unter „Mehle und Getreidepräparate“ fallen, nur weil sie Mehl bzw. Getreide enthalten. Vielmehr sind mit „Mehle und Getreidepräparate“ Mühlenpropdukte (z.B. Haferflocken, Grieß etc.) gemeint. Die nunmehr auf Veranlassung der Klägerin zu 2) erfolgte Änderung des Warenverzeichnisses in „Mehle und Getreidepräparate, nämlich Nudeln, gefüllt und ungefüllt sowie Teigwarenspezialitäten, gefüllt und ungefüllt“ (Anlage K 52) stellt insofern eine unzulässige Erweiterung des Warenverzeichnisses dar.

Für den Vertrieb von Saucen als Würzmittel ist nichts vorgetragen.

Entsprechendes gilt für „Gewürze“.

Senf mag zwar das älteste Gewürz sein. Senf ist aber in der Klasse 30 der Marke gesondert aufgeführt, so dass der Begriff „Gewürze“ zwangsläufig andere Gewürze als Senf beinhaltet.

d) Klasse 43

Auch hinsichtlich des Dienstleistungsbereichs „Verpflegung von Gästen“ war die Widerklage abzuweisen.

Insoweit hat der Zeuge K glaubhaft bekundet, dass die Firma E GmbH mit Sitz in O den als Anlage K 20 vorgelegten Lizenzvertrag mit der Klägerin zu 2) geschlossen habe. Die Fa. E betreibe in O und Umgebung ein Cateringunternehmen, das Speisen und Getränke unter der Firma E anbiete und im historischen Stadthaus von O das ausschließliche Recht habe, Speisen und Getränke anzubieten.

4) Wortmarke Nr. ...#5

Insoweit hat die Widerklage in dem zuerkannten Umfang Erfolg.

Lediglich hinsichtlich „Pizza“ wird die Marke rechtserhaltend benutzt. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II. 2) (Zeuge C verwiesen.

Für die rechtserhaltende Benutzung der Marke für tiefgekühlte Snacks ist nichts vorgetragen. Hierauf hat die Kammer bereits hingewiesen. Entgegen der Ansicht der Klägerinnen fällt „Pizza“ nicht unter den Begriff „tiefgekühlte Snacks“. Dieser Begriff ist im Warenverzeichnis selbst näher definiert, wenn es dort heißt „tiefgekühlte Snacks, nämlich Baguettes und im Wesentlichen mit Wurst- und/oder Fleischwaren sowie Käse und/oder Obst und/oder Gemüse belegte essfertige Toasts oder Brötchen“ (Unterstreichung nur hier). Pizza ist sicherlich etwas anderes als Baquettes, Toasts oder Brötchen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 a, 92 Abs. 2 Nr. 1,  709 ZPO.

Die Klägerinnen haben die Kosten auch zu tragen, soweit die Parteien die Widerklage in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. In diesem Umfang sind die Marken der Klägerinnen nicht rechtserhaltend benutzt worden, so dass die Widerklage insoweit Erfolg gehabt hätte.

Da die Beklagten nur zu einem geringen Teil unterlegen sind, waren die Kosten des Rechtsstreits in Anwendung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO insgesamt den Klägerinnen aufzuerlegen.

Streitwert:

Klage:          200.000,00 €

Widerklage: 200.000,00 €

Insgesamt:  400.000,00 €