VG Minden, Urteil vom 20.05.2010 - 4 K 3525/08
Fundstelle
openJur 2012, 125336
  • Rkr:
Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin steht als T. im Dienst des beklagten Landes.

Mit Schreiben vom 12.07.,27.09., 08.09., 13.11., 15.12. und 21.12.2007, 20.04. und 01.08.2008 beantragte die Klägerin bei der C. E. die Gewährung von Beihilfe zu Aufwendungen, die ihr u.a. durch die Anschaffung von nichtverschreibungspflichtigen Medikamenten und die Durchführung zweier Ernährungsberatungen im September und November 2007 entstanden waren.

Durch Bescheide vom 09.08., 01.10., 10.10., 15.11. und 19.12.2007, 08.01., 29.04. und 13.08.2008 lehnte die C. E. die Gewährung von Beihilfe insoweit ab.

Hiergegen legte die Klägerin unter dem 27.08. und 01.09.2008 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.11.2008 wies die C. E. den Widerspruch der Klägerin gegen die Nichtgewährung von Beihilfe zu den Aufwendungen für die Ernährungsberatungen zurück. Die Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin gegen die Versagung von Beihilfeleistungen bezüglich der nichtverschreibungspflichtigen Medikamente wurde zurückgestellt.

Am 16.12.2008 hat die Klägerin Klage erhoben und mit Schriftsatz vom 22.01.2009

- klarstellend - beantragt,

den Beklagten unter Abänderung der Bescheide der C. E. vom 10.10.2007 und 19.12.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der C. E. vom 18.11.2008 zu verpflichten, die der Klägerin entstandenen Aufwendungen für eine Ernährungsberatung in Gesamthöhe von 760,00 EUR als beihilfefähig anzuerkennen und der Klägerin eine (weitere) Beihilfe in Höhe von 380,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vom Beklagten beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Beklagte hat es durch seine Bescheide vom 10.10.2007 und 19.12.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2008 zu Recht abgelehnt, der Klägerin zu den ihr im September und November 2007 entstandenen Aufwendungen für die Durchführung zweier Ernährungsberatungen in Höhe von insgesamt 760,00 EUR Beihilfe zu gewähren; denn insoweit steht der Klägerin ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe nicht zu.

Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 BVO in der zum Zeitpunkt des Entstehens der hier betroffenen Aufwendungen geltenden Fassung sind die notwendigen Aufwendungen in angemessenem Umfange in Krankheitsfällen zur Wiedererlangung der Gesundheit, zur Besserung oder Linderung von Leiden, zur Beseitigung oder zum Ausgleich angeborener oder erworbener Körperschäden sowie bei dauernder Pflegebedürftigkeit beihilfefähig. Die beihilfefähigen Aufwendungen umfassen nach § 4 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 BVO auch die Kosten für eine vom Arzt schriftlich angeordnete - also nicht von ihm selbst durchgeführte - Heilbehandlung, zu der gem. Satz 2 dieser Vorschrift auch ärztlich verordnete Bäder, Massagen, Bestrahlung, Krankengymnastik, Bewegungs-, Beschäftigungs- und Sprachtherapie gehören. § 4 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 BVO bestimmt in diesem Zusammenhang dann allerdings weiter, dass eine solche ärztlich verordnete Heilbehandlung von einem Beschäftigungs- und Arbeitstherapeuten, Ergotherapeuten, Krankengymnasten, Logopäden, Masseur und medizinischen Bademeister, Physiotherapeut oder Podologen durchgeführt werden muss, damit die entsprechenden Aufwendungen beihilfefähig sind.

Nach diesen Maßstäben ist es nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land in den Beihilfebescheiden vom 10.10.2007 und 19.12.2007 die Aufwendungen der Klägerin für die Durchführung zweier Ernährungsberatungen in Höhe von insgesamt 760,00 EUR nicht als beihilfefähige Aufwendungen anerkannt hat.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei einer Ernährungsberatung überhaupt um eine Heilbehandlung i.S. des § 4 Abs. 1 Nr. 9 Satz 2 BVO handelt. Es spricht einiges dafür, dass es sich bei der Aufzählung der verschiedenen Behandlungsarten um eine abschließende Regelung handelt, mit der der Verordnungsgeber in typisierender Weise bei den Heilbehandlungen eine Abgrenzung zwischen den Kosten in Krankheitsfällen und den Kosten der allgemeinen Lebensführung vorgenommen hat.

Die Aufwendungen der Klägerin sind schon deshalb nicht beihilfefähig, weil die die Ernährungsberatung durchführende (Diplom-)Oecotrophologin nicht dem Kreis der in § 4 Nr. 9 Satz 3 BVO genannten Personen angehört. (Diplom-)Oecotrophologen gehören nicht zu den in § 4 Nr. 9 Satz 3 BVO genannten Berufsgruppen. Insoweit handelt es sich bei dieser Vorschrift um eine abschließende Regelung.

Angesichts des eindeutigen Wortlautes des § 4 Nr. 9 Satz 3 BVO kommt eine erweiternde Auslegung dieser Vorschrift nicht in Betracht. Die Regelung des § 4 Nr. 9 Satz 3 BVO enthält eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass eine Heilbehandlung durch einen Arzt zu erfolgen hat. Dementsprechend muss der Personenkreis, der berechtigt sein soll, ärztliche Aufgaben zu übernehmen, eng begrenzt sein, um eine fach- und sachgerechte Behandlung des Patienten sicherzustellen. Aufwendungen für ärztlich verordnete Heilbehandlungen sind daher nur dann beihilfefähig, wenn sie von den in der Vorschrift abschließend aufgeführten Behandlern durchgeführt werden, bei denen es sich durchweg um Angehörige von Heilhilfsberufen handelt, für die eine staatliche Regelung der Berufsausbildung oder des Berufsbildes besteht.

Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2000 - 26 K 10538/98 -.

Angesichts dieser Erwägungen kommt auch eine analoge Anwendung des § 4 Nr. 9 Satz 3 BVO auf (Diplom-)Oecotrophologen nicht in Betracht. Insoweit liegt keine Regelungslücke vor, sondern eine vom Verordnungsgeber beabsichtigte Beschränkung des Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Angehörige von bestimmten Heilhilfsberufen. In diesem Zusammenhang kommt auch der Frage, ob die Behandlung im Einzelfall fachgerecht durchgeführt wird, keine entscheidende Bedeutung zu, da dies von der jeweiligen Beihilfestelle nicht zumutbar überprüft werden kann. Welche Regelungen insoweit für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen, kann ebenfalls dahinstehen, weil die beihilferechtlichen Vorschriften eine Erweiterung des Kreises der Behandler nicht erlauben.

Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2000 - 26 K 10538/98 -.

Der Klägerin steht die begehrte Beihilfe auch nicht aus der Fürsorgepflicht ihres Dienstherrn zu. Das geltende Beihilfensystem enthält grundsätzlich eine abschließende Festlegung und Konkretisierung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn gegenüber seinen Beamten.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. 11.1990 - 2 BvF 3/88 -,

BVerfGE 83, S. 89 ff.

Deshalb können nur in Ausnahmefällen nicht von der BVO erfasste Aufwendungen als beihilfefähig anerkannt werden. Das setzt eine einschneidende Beeinträchtigung der Lebensführung des Beamten im Falle der Nichtgewährung der begehrten Beihilfe voraus.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 10.06.1999 - 2 C 29.98 -, ZBR 2000, S. 46, und Urteil vom 24.08.1995 - 2 C 7.94 -, ZBR 1996, S. 46, 48; OVG NRW, Urteil vom 04.07.2002 - 6 A 3458/99 -, juris.

Ein solcher Fall liegt hier angesichts der begehrten Beihilfe von 380 EUR und der Einmaligkeit der Aufwendungen einerseits sowie der Höhe der monatlichen Bezüge der Klägerin ausgehend von der Besoldungsgruppe A 13 BBesG andererseits ersichtlich nicht vor.

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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