Bayerischer VGH, Urteil vom 26.06.2012 - 1 B 11.2471
Fundstelle
openJur 2012, 123274
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Klägerin zu 1. zu einem Fünftel und die Kläger zu 2. und 3. zu vier Fünftel. Die Kläger zu 2. und 3. tragen die auf sie entfallenden Kosten als Gesamtschuldner.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte bzw. die Beigeladenen zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Kläger zu 2. und 3. wenden sich gegen eine Beseitigungsanordnung, mit der ihnen aufgegeben wird, „den überdachten Stellplatz auf dem Grundstück Fl.Nr. 282/1 der Gemarkung S…… bis auf eine Länge von 2,50 m zurückzubauen.“ Die Klägerin zu 1. wendet sich gegen eine entsprechende Duldungsanordnung.

Die Kläger sind Miteigentümer des genannten Grundstücks, das mit einem Wohnhaus mit Einliegerwohnung und einer 6,5 m langen Doppelgarage bebaut ist. Diese steht an der Grenze zum Grundstück der Beigeladenen.

Im Sommer 2004 errichteten die Kläger zu 2. und 3. auf ihrem Grundstück in unmittelbarer Nähe zum Grundstück der Beigeladenen ein Gerüst aus verzinktem Stahl. Daraufhin führte das Landratsamt …-… am 3. August 2004 eine Baukontrolle durch. In einem handschriftlichen Vermerk hielt der Baukontrolleur fest, dass das „Rankgerüst“ 12 m lang und 2,20 m (Traufe) bzw. 3 m (First) hoch sei.

Auf Anfrage teilte das Landratsamt den Beigeladenen mit Schreiben vom 24. November 2004 mit, bei dem Bauvorhaben handle es sich mangels Daches nicht um ein Gebäude im Sinn der Bayerischen Bauordnung, sondern um eine Pergola bzw. einen Laubengang. Nach Art. 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 Buchst. c BayBO 1998 sei eine Pergola eine genehmigungsfreie unbedeutende bauliche Anlage. Da die Stahlkonstruktion allseitig offen sei, sei sie nicht abstandsflächenrelevant, so dass sie baurechtlich nicht zu beanstanden bzw. ein bauaufsichtliches Einschreiten nicht geboten sei.

Mit Schreiben vom 6. Februar 2005 teilten die Beigeladenen dem Landratsamt mit, inzwischen habe die „Pergola = Carport“ ein aus einer festgezurrten Plane bestehendes Dach, von dessen Nordseite Schnee auf ihr Grundstück rutsche. Ein bei der anschließenden Baukontrolle am 14. Februar 2005 gefertigtes Foto und ein von den Beigeladenen dem Landratsamt übersandtes Foto zeigen die schneebedeckte Dachkonstruktion mit einem bzw. zwei untergestellten Pkws. Bei einer Kontrolle am 4. April 2005 stellte das Landratsamt fest, dass die Plane mittlerweile beseitigt worden war.

Mit Schreiben vom 25. Januar 2006 teilten die Beigeladenen unter Vorlage mehrerer Fotos dem Landratsamt mit, auch in diesem Winter sei ab Mitte November eine Plane aufgezogen worden, von der erhebliche Schneemengen auf ihr Grundstück fielen. Ein entsprechendes Schreiben folgte am 9. Dezember 2006. Am 12. Dezember 2006 vermerkte der Baukontrolleur, dass auf dem größten Teil der Überdachung wieder Planen aufgebracht worden seien. Daraufhin forderte das Landratsamt die Kläger zu 2. und 3. auf, bis 8. Januar 2007 die Voraussetzung für eine vorschriftsmäßige Errichtung der baulichen Anlage zu schaffen oder diese zu beseitigen. Eine Reaktion erfolgte jedoch nicht.

Mit Bescheid vom 22. Februar 2007 gab das Landratsamt den Klägern zu 2. und 3. auf, „den überdachten Stellplatz… bis auf eine Länge von 1,50 m zurückzubauen“ und drohte für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung binnen sechs Wochen ab Bestandskraft ein Zwangsgeld in Höhe von 2.000 Euro an. Die Klägerin zu 1. wurde unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 500 Euro verpflichtet, die Beseitigung zu dulden. Da mit der Garage bereits eine Grenzbebauung von 6,50 m vorliege und jetzt die zusätzliche Grenzbebauung von 12 m hinzuzurechnen sei, werde die genehmigungsfreie bzw. zulässige Grenzbebauung von 8 m erheblich überschritten. Da der Laubengang als Gebäude zu beurteilen sei, fielen Abstandsflächen an. Insbesondere unter Berücksichtigung der nachbarlichen Interessen seien die Voraussetzungen für die Erteilung einer Abweichung nicht gegeben. Bei einer Grenzbebauung von 18,50 m gehe von dieser eine Riegelwirkung aus und die nachbarschützenden Rechte, wie Belichtung, Belüftung und der Wohnfrieden, seien nicht gewährleistet. Da das Bauvorhaben öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspreche, stehe der Erlass einer Beseitigungsanordnung im pflichtgemäßen Ermessen des Landratsamts. Diese diene dazu, rechtmäßige Zustände herzustellen und dem gesetzlich bestimmten Nachbarschutz bzw. dem Rücksichtnahmegebot Geltung zu verschaffen. Ein milderes Mittel führe nicht zu rechtmäßigen Zuständen, weil die Kläger zu 2. und 3. in der Vergangenheit trotz Kenntnis der Sach- und Rechtslage die bauliche Anlage wiederholt überdeckt bzw. als überdachten Stellplatz zweckentfremdet hätten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2007 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch der Kläger als unbegründet zurück. Bei der streitgegenständlichen Grenzbebauung handle es sich nicht um eine Pergola und auch nicht um eine sonstige unbedeutende bauliche Anlage, für die Genehmigungsfreiheit nach Art. 63 BayBO 1998 bestünde. Bereits die Ausführung der Anlage entspreche in Konstruktion, Abmessung und Proportion in keiner Weise dem, was im Rahmen von Gartengestaltung üblicherweise als Pergola fungiere. Zudem fehle aufgrund des Standorts über der Garagenzufahrt zwischen Straße, Garage, Hauswand und Nachbargrenze jeder Bezug zu einer Funktion als gartengestaltendes Element. Der Standort in Verbindung mit den konstruktiven Teilen und deren Proportionen lasse vielmehr, wie das vorliegende Bildmaterial belege, den Eindruck eines Unterstellplatzes für Kraftfahrzeuge aufkommen. Der Umstand, dass sich an einigen konstruktiven Teilen der Anlage Pflanzen hochrankten, mache aus der Anlage keine Pergola. Der Unterstellplatz halte die Abstandsflächen zum Nachbargrundstück nicht ein.

Mit Urteil vom 7. Oktober 2008 wies das Verwaltungsgericht München die Anfechtungsklage der Kläger ab.

Zur Begründung der vom Senat zugelassenen Berufung machen die Kläger geltend, die angefochtene Abrissverfügung verstoße in gravierender Weise gegen das Übermaßverbot und verletze damit ihr Grundrecht auf Eigentum. Selbst wenn man die temporäre Anbringung einer bloßen Folie in wenigen Frostwochen als nicht statthaft ansehen wolle, sei die Beseitigung des Rankgerüsts nicht erforderlich, um rechtmäßige Zustände herzustellen. Hierzu sei die Beseitigung der Schutzfolie und/oder die Unterlassung der Anbringung offenkundig ausreichend. Das Rankgerüst sei als solches ohne weiteres rechtmäßig. Seine Errichtung sei mit dem Landratsamt abgesprochen gewesen. Kern des sich erst nachträglich ergebenden Streits sei immer und ausnahmslos die vorübergehende Schutzfolie gewesen. Das Landratsamt habe den Beigeladenen mit Schreiben vom 24. November 2004 klar und unmissverständlich geantwortet, dass die von ihnen beanstandete Anlage eine Pergola und damit eine genehmigungsfreie unbedeutende bauliche Anlage sei, die baurechtlich nicht zu beanstanden sei. Nachdem – wie durch die Kläger angekündigt – die Schutzfolie nach wenigen Frostwochen ohnehin wieder entfernt worden sei, sei auch der Beklagte wieder von einem „rechtmäßigen Zustand“ ausgegangen. Schließlich habe auch das Verwaltungsgericht in der mündlichen Verhandlung eine Vergleichsabrede vorgeschlagen und dabei angeregt, dass der Beklagte von der Vollstreckung des streitgegenständlichen Bescheids absehe, wenn von Seiten der Kläger das Gerüst nicht mehr abgedeckt werde und sodann als Pergola gewertet werden könnte. In dem hypothetischen Fall, dass das Rankgerüst auch ohne Schutzfolie formell und materiell widerrechtlich sei, habe das Verwaltungsgericht niemals den von ihm selbst angeregten Vergleich ins Spiel bringen dürfen. Der Argumentationsansatz des Verwaltungsgerichts, dass die Kläger zu 2. und 3. durch die regelmäßige, immer wieder durchgeführte Dacheindeckung gezeigt hätten, dass ohne die Beseitigung des „Gerüsts“ immer wieder mit der Dacheindeckung zu rechnen sei, sei nicht tragfähig. Er sei in gravierender Weise rechtsstaatswidrig und degradiere die Kläger zu „rechtsschutzlosen Untertanen“, die ihres Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz beraubt würden. Die Kläger machten nur von ihren Grundrechten Gebrauch, wenn sie – hier schon als Ausfluss der einfach gesetzlichen Figur der aufschiebenden Wirkung von Rechtsbehelfen – ihre Rankpflanzen durch Anbringung einer Schutzfolie schützten. In einem Rechtsstaat könne und dürfe es Rechtsunterworfenen niemals zum Nachteil gereichen, wenn sie von ihren Grundrechten und sonstigen Rechten Gebrauch machten. Soweit den Klägern unterstellt werde, sie würden sich an eine bestands- oder rechtskräftige Klärung der strittigen Frage, ob eine Schutzfolie statthaft sei, nicht halten, so sei diese Unterstellung als ungehörig zurückzuweisen. Sie beruhe auf keinerlei Anknüpfungstatsachen und verdeutliche die feindselige Einstellung und Befangenheit der Richter des Verwaltungsgerichts. Überdies liege die Unverhältnismäßigkeit im engeren Sinn offen auf der Hand. Um das erklärte Ziel des Verwaltungshandelns durchzusetzen (keine Schutzfolie auf dem Rankgerüst), würde mehr als ein beachtlicher Vermögenswert in seiner Substanz vernichtet, der den Wert der losen Plastikfolie um den Faktor von mehreren Tausend übersteige. Das Rankgerüst besitze nach einer Beseitigung nur mehr Schrottwert und könne schon aus technischen Gründen nicht wiederverwendet werden. Das angefochtene Urteil übergehe auch rechtsfehlerhaft die Figur der formellen und materiellen Verwirkung. Nach den vorab eingeholten klaren und unmissverständlichen Auskünften der Behörde sei das Rankgerüst genehmigungsfrei und rechtmäßig. Seit der Baukontrolle noch im Herbst 2004 seien der Behörde sämtliche Eckdaten des Rankgerüsts bekannt gewesen. Trotzdem sei das Begehren der Beigeladenen, die Behörde möge gegen das Rankgerüst vorgehen, abschlägig verbeschieden worden. Auch nachdem sich ab Frühjahr 2005 der Streit um die Zulässigkeit einer Schutzfolie entwickelt gehabt habe, sei der Beklagte nach der Abnahme der Schutzfolie jeweils wieder von rechtmäßigen Zuständen ausgegangen. Die Kläger hätten in Anbetracht der gegebenen Situation alles getan, um Rechtssicherheit zu erlangen. Nur aufgrund der positiven Auskünfte der Behörde hätten sie das Rankgerüst errichtet und dafür nicht unerheblichen Aufwand in Kauf genommen. Jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung sei der Beklagte dergestalt an das Handeln seiner Ausgangsbehörde gebunden gewesen, als er jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses der Abrissverfügung daran gehindert gewesen sei, überraschend nicht nur die Beseitigung der Schutzfolie, sondern den Abriss des Rankgerüsts zu verfügen. Das Zeit- und Umstandsmoment sowie das Vertrauensmoment seien aufgrund der geschilderten Umstände gegeben. Entgegen den Ausführungen des Verwaltungsgerichts sei das Rankgerüst mitnichten dafür geeignet und dafür vorgesehen, ein Dach zu tragen. Eine Schutzfolie sei und bleibe eine Folie. Von einer losen Schutzfolie gehe auch keine einem Dach gleichkommende oder ähnliche Wirkung aus. Erst recht bewirke sie nicht die Entstehung eines „Carports“.

Mit Bescheid vom 3. Februar 2012 änderte das Landratsamt die Beseitigungsanordnung unter Hinweis auf Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO dahingehend ab, dass die beanstandete bauliche Anlage (nur) bis auf eine Länge von 2,50 m zurückzubauen sei.

In der mündlichen Verhandlung am 14. Februar 2012 stellten die Kläger zahlreiche Beweisanträge, denen der Senat teilweise stattgab.

Gemäß Beweisbeschluss vom 5. März 2012 erstellte die Sachverständige Dr. … eine gutachtliche Stellungnahme. Darin kommt sie zu dem Ergebnis, dass ein Fachmann das „Rankgerüst“ für die beiden angepflanzten Kletterpflanzen in der vorgenommenen Weise nicht errichten würde. Dieses sei für Efeu schlecht und für das Immergrüne Geißblatt nicht optimal geeignet. Die Massivität sei für die entstehenden Flächengewichte nicht erforderlich, so dass ein Fachmann das Gerüst zur Kostenminderung mit geringeren Querschnitten und anderen Materialien errichten würde. Ein Schutz vor zu hoher Feuchtigkeit sei bei Freilandpflanzen nicht notwendig und zielführend.

Mit Schreiben vom 21. Mai 2012 wurden die Beteiligten zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2012 geladen. Da die Klägerin zu 2. und der Kläger zu 3. gemäß Beschluss vom 14. Februar 2012 als Partei vernommen werden sollten, wurde ihnen das Ladungsschreiben auch persönlich zugestellt. Laut Zustellungsurkunde erfolgte die Zustellung am 23. Mai 2012. Nachdem die Bevollmächtigten der Kläger das Mandat am 8. Juni 2012 niedergelegt hatten, beantragten diese mit Schreiben vom 12. Juni 2012, „den Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Juni 2012 geringfügig zu verlegen auf ein Datum ab dem darauffolgenden 21. Juni 2012.“ Begründet wurde dies damit, dass die Kläger zu 2. und 3. an diesem Tag einen umfangreichen und bedeutsamen Termin vor einem auswärtigen Gericht wahrzunehmen hätten. Daraufhin teilte das Gericht dem Kläger zu 3. mit Telefax vom 13. Juni 2012 mit, dass aufgrund seines Schreibens beabsichtigt sei, den Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung auf den 26. Juni 2012 zu verlegen. Dieser Termin beruhte auf einer telefonischen Absprache mit den übrigen Beteiligten, den Zeugen und der Sachverständigen. Mehrere Versuche, die Klägerin zu 2. und/oder den Kläger zu 3. telefonisch zu erreichen, waren erfolglos geblieben. Der auf den Anrufbeantworter gesprochenen Bitte der Geschäftsstellenverwalterin um einen Rückruf kamen weder die Klägerin zu 2. noch der Kläger zu 3. nach.

Am 14. Juni 2012 beantragten die Kläger, dass „der Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2012 um etwa sechs (6) Wochen auf ein Datum nach dem 31. Juli 2012 verlegt werden möge.“ Sie verwiesen darauf, dass ihr Prozessbevollmächtigter sein Mandat niedergelegt habe und die anstehende mündliche Verhandlung bislang nicht vorbereitet worden sei. Zudem sei eine Dringlichkeit im Sinn des § 102 Abs. 1 Satz 2 VwGO, die eine Verkürzung der Ladungsfrist rechtfertigen könne, in Anbetracht des Verfahrensgangs ausgeschlossen. Diesem Begehren entsprach der Senat nicht. Noch am selben Tag verfügte der Vorsitzende, dass der Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung vom 20. Juni 2012 auf den 26. Juni 2012 verlegt und insoweit die Ladungsfrist auf sieben Tage abgekürzt wird. Dabei wurde vor allem darauf hingewiesen, dass damit dem Begehren des Klägers zu 3. um eine geringfügige Terminsverlegung nachgekommen werde.

Mit Schreiben vom 19. Juni 2012 beantragten die Bevollmächtigten der Kläger, den Termin am 26. Juni 2012 zu verlegen. Begründet wurde dies mit einem bereits seit längerem feststehenden Termin vor dem Amtsgericht …. Zudem wurde angeregt, dem Wunsch des Klägers zu 3. auf Terminierung nicht vor dem 31. Juli 2012 nachzukommen, um den Klägern mehr als ausreichend Zeit zu gewähren, einen anderen rechtlichen Beistand zu beauftragen. Die Mandatsniederlegung bleibe bestehen. Den Antrag lehnte der Senat mit Beschluss vom 20. Juni 2012 ab. Zur Begründung wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass grundsätzlich eine Vertretung durch einen anderen Bevollmächtigten sicherzustellen sei und der Termin am 26. Juni 2012 wegen der Mandatsniederlegung seitens der Anwälte ohnehin nicht wahrgenommen werde. Daraufhin lehnten die Kläger die an diesem Beschluss mitwirkenden Richter mit Schreiben vom 25. Juni 2012 als befangen ab. Zudem rügten sie, dass die Verkürzung der Ladungsfrist rechtswidrig sei, so dass auch damit ihre Verfahrensgrundrechte auf rechtliches Gehör und ein faires Verfahren verletzt würden.

In der Sache beantragen die Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2008 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückzuverweisen.

Für den Fall, dass der Senat die Zurückverweisung nicht für veranlasst hält, beantragen sie,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2008 sowie die Duldungsverfügung des Landratsamts …-… vom 22. Februar 2007 gegen die Klägerin zu 1. nebst Anordnung eines Zwangsgelds von 500 Euro in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2007 und die Beseitigungsverfügung des Landratsamts …-… vom 22. Februar 2007 gegen die Kläger zu 2. und 3. nebst Anordnung eines Zwangsgelds von 2.000 Euro in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2007 aufzuheben.

Zudem beantragen sie für den Fall des Unterliegens die Zulassung der Revision.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die vom Beklagten vorgelegten Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

A) Der Senat konnte in der vorliegenden Besetzung in der Sache entscheiden, obwohl die Kläger kurz vor dem anberaumten Verhandlungstermin mit Schreiben vom 25. Juni 2012 Befangenheitsanträge gegen die drei Richter gestellt haben. Diese Anträge sind unwirksam. Die Kläger waren daran gehindert, aus ihrer Sicht bestehende Ablehnungsgründe geltend zu machen, weil sie sich jedenfalls nach der seit dem 1. Juli 2008 geltenden Rechtslage (vgl. das Gesetz vom 12.12.2007 BGBl I S. 2840) auch insoweit durch eine nach § 67 Abs. 4 VwGO postulationsfähige Person vertreten lassen müssen (vgl. BayVGH vom 23.2.2009 Az. 11 B 07.30511 <juris>; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 67 RdNr. 30; Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 54 RdNr. 17). Zwar bestimmt § 78 Abs. 3 ZPO, dass der Vertretungszwang unter anderem nicht bei Verfahrenshandlungen gilt, die wie die Anbringung eines Ablehnungsgesuchs vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können (vgl. § 44 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO). Diese Regelung wird jedoch durch die speziellere Norm des § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO verdrängt (vgl. NdsOVG vom 28.11.2008 NJW 2009, 387). Über ein unwirksames Ablehnungsgesuch kann das Gericht auch ohne dienstliche Äußerungen und unter Mitwirkung der abgelehnten Richter entscheiden (vgl. BVerwG vom 15.6.2007 Az. 5 B 145.07 <juris>). Eine Wartepflicht besteht demnach nicht.

Im Übrigen sind die Ablehnungsgesuche der Kläger rechtsmissbräuchlich. Sie beruhen im Wesentlichen auf der Verlegung des Termins zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung, der frühzeitig auf den 20. Juni 2012 festgelegt worden war, obwohl der Senat damit der mit Schreiben vom 12. Juni 2012 geäußerten Bitte der Kläger entsprochen hat.

B) Der Senat war auch nicht deswegen an einer Sachentscheidung gehindert, weil die Kläger zu 2. und 3. kurz nach Beginn des Verhandlungstermins den Sitzungssaal verlassen haben und somit ihre mit Beschluss vom 14. Februar 2012 angeordnete Parteieinvernahme nicht stattfinden konnte. Mit dem eigenmächtigen Verlassen des Sitzungssaals trotz des ausdrücklichen Hinweises des Vorsitzenden auf die sogleich vorgesehene Parteieinvernahme haben die Kläger zu 2. und 3. ihre Aussage im Sinn von § 454 Abs. 1 ZPO, der gemäß § 173 Satz 1 VwGO entsprechende Anwendung findet, verweigert. Da die Kläger in dem Verhandlungstermin entgegen § 67 Abs. 4 VwGO nicht anwaltlich vertreten und somit nicht postulationsfähig waren, hatten sie keinen Anspruch darauf, dass von ihnen gestellte (unwirksame) Anträge in das Protokoll aufgenommen werden. Selbst wenn man einen solchen Anspruch bejahen würde, würde er den Klägern nicht das Recht geben, ihre Einvernahme als Partei zu verhindern, sondern sie hätten gegebenenfalls nachträglich eine Protokollergänzung beantragen müssen.

C) Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht München liegen nicht vor. Weder ist aufgrund eines Verfahrensmangels in erster Instanz eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch hat das Verwaltungsgericht nicht in der Sache selbst entschieden (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

D) Die gegen die Beseitigungsanordnung gerichtete Klage der Kläger zu 2. und 3. ist wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses bereits unzulässig, soweit sich diese durch den Änderungsbescheid vom 3. Februar 2012 erledigt hat. Im übrigen hat das Verwaltungsgericht diese Anfechtungsklage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Beseitigungsanordnung in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. Juli 2007 und des Änderungsbescheids vom 3. Februar 2012 ist rechtmäßig und verletzt somit die Kläger zu 2. und 3. nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Rechtsgrundlage für die Beseitigungsanordnung ist Art. 82 Satz 1 BayBO 1998 (= Art. 76 Satz 1 BayBO). Nach dieser Vorschrift kann die Bauaufsichtsbehörde die teilweise oder vollständige Beseitigung von im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichteten oder geänderten Anlagen anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Der zu beseitigende Teil der baulichen Anlage wurde im Widerspruch zu den abstandsflächenrechtlichen Vorschriften der Bayerischen Bauordnung errichtet. Mit ihm überschreitet die Grenzbebauung auf dem Grundstück der Kläger das gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 2 BayBO 1998 bzw. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO maximal zulässige Längenmaß. Neben der bereits seit langem vorhandenen Garage mit einer Länge von 6,5 m ist eine weitere Garage im Sinn des Gesetzes mit 12 m Länge hinzugekommen, nämlich ein Carport, der gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 GaStellV als offene Garage gilt. Zwar wurde die Folie bzw. Plane als Schutzdach für die abgestellten Pkws stets nur im Winter aufgebracht, doch ist auch ein sog. Winter-Carport eine Garage im baurechtlichen Sinn, die an der Grundstücksgrenze oder in Grenznähe nur im Rahmen der abstandsflächenrechtlichen Privilegierung des Art. 6 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 BayBO zulässig ist.

Dass es sich entgegen den Beteuerungen der Kläger auch tatsächlich um einen Winter-Carport handelt, belegen die einschlägigen Fotos des Baukontrolleurs und der Beigeladenen (Bl. 14, 16 der Akte des Landratsamts 2004-1609; Bl. 2, 5, 6, 7, 13 der Akte des Landratsamts 2006-0258), aber auch das verwendete Material (verzinkter Stahl), die Massivität und Größe der baulichen Anlage sowie der Standort direkt neben der (breiten) Grundstückszufahrt, wo nach den eigenen Angaben der Kläger seit jeher zwei Stellplätze ausgewiesen sind (vgl. Schriftsatz vom 1.3.2009 S. 10). Demgegenüber haben die rechtskundigen Kläger zu 2. und 3. stets nur vorgeschoben, einen Laubengang bzw. ein Rankgerüst errichten zu wollen. Da sie wussten, dass die Errichtung eines Carports in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze unzulässig war, sprachen sie gegenüber ihren Nachbarn (vgl. das an das Landratsamt gerichtete Schreiben der Beigeladenen vom 20.3.2004), dem Metallbauunternehmer (vgl. Aussage des Zeugen …) und dem Sachbearbeiter des Landratsamts (vgl. Aussage des Zeugen …) lediglich vom Bau eines Laubengangs bzw. eines Rankgerüsts.

Aus der gutachtlichen Stellungnahme der Sachverständigen Dr. … ergibt sich, dass der verwendete Zinkstahl für das Ranken des angepflanzten Efeus kontraproduktiv ist, weil er mit seinen Haftwurzeln keinen Halt findet und sich die Zinkstahloberfläche zum Schaden dieser Pflanze im Sommer auf über 42 Grad Celsius erhitzen kann. Selbst für das ebenfalls angepflanzte Immergrüne Geißblatt, das im Gegensatz zum Efeu zu den Gerüstkletterern gehört, ist die von den Klägern zu 2. und 3. gewählte Konstruktion aus den in der gutachtlichen Stellungnahme genannten Gründen nur bedingt geeignet, was sich auch daran zeigt, dass die Kläger zu 2. und 3. überall dort, wo eine Geißblattpflanze steht, eine Bambusstange als Rankhilfe angebracht haben. Die Sachverständige ist dementsprechend zu dem Fazit gelangt, dass ein Fachmann ein Rankgerüst für die beiden angepflanzten Kletterpflanzen nicht in der von den Klägern zu 2. und 3. vorgenommenen Weise errichten würde. Sie hat auch überzeugend dargelegt, dass Schutzwirkungen der saisonal angebrachten Folie zugunsten der verwendeten immergrünen Kletterpflanzen nicht erkennbar seien. Die von den Klägern behauptete Problematik des Anfrierens der Triebe an dem Zinkstahl ist aus fachlicher Sicht nicht nachvollziehbar. Ein Schutz vor zu hoher Feuchtigkeit ist bei Freilandpflanzen nicht notwendig und zielführend. Vielmehr ist bei den immergrünen Kletterpflanzen darauf zu achten, dass ausreichend Feuchtigkeit im Boden vorhanden ist, um der Frosttrocknis in anhaltenden Frostperioden vorzubeugen. Damit ist erwiesen, dass das Aufbringen der Folie bzw. Plane ausschließlich dem Schutz der untergestellten Pkws insbesondere vor Schnee diente. Die beiden mit Folie überdachten, gleichwohl aber nach allen Seiten offenen Stellplätze boten naturgemäß zwar einen geringeren Wetterschutz als eine geschlossene Garage. Wie dem Gericht aufgrund eigener Sachkunde bekannt ist und auch die einschlägigen Fotos mit den untergestellten schnee- und eisfreien Autos zeigen, kann aber keine Rede davon sein, dass diese durch die Überdachung überhaupt keinen Schutz gehabt hätten.

Die Beseitigungsanordnung ist nicht dadurch (teilweise) rechtswidrig geworden, dass die Folie bzw. Plane seit dem Winter 2008/09 nicht mehr aufgezogen wurde (vgl. OVG NRW vom 9.5.1996 BRS 58 Nr. 118). Unter den gegebenen Umständen ist davon auszugehen, dass sich die Kläger zu 2. und 3. dazu aus prozesstaktischen Gründen entschlossen haben, um die Erfolgsaussichten ihres Rechtsmittels gegen das am 7. Oktober 2008 ergangene erstinstanzliche Urteil zu erhöhen.

Die Beseitigungsanordnung ist nicht ermessensfehlerhaft. Bei der Ermessensentscheidung, ob eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtete bauliche Anlage zu beseitigen ist, genügt es regelmäßig, dass die Behörde zum Ausdruck bringt, der beanstandete Zustand müsse wegen seiner Rechtswidrigkeit beseitigt werden (vgl. BVerwG vom 18.4.1996 BVerwGE 101, 58/64). Bereits nach den eigenen Angaben der Kläger wurde die Errichtung eines Winter-Carports nicht mit dem Landratsamt abgesprochen. Abgesehen davon ist der Senat nach der Beweisaufnahme überzeugt, dass die Kläger seitens des Landratsamts lediglich die Auskunft bekommen haben, dass ein Laubengang an der Grundstücksgrenze bis zu einer Höhe von 2 m bei einer zierlichen Ausführung zulässig sei. Die weitergehenden Behauptungen der Kläger sind auch unter Berücksichtigung der Angaben, die sie gegenüber ihren Nachbarn gemacht haben (vgl. das an das Landratsamt gerichtete Schreiben der Beigeladenen vom 20.3.2004) nicht glaubhaft. Ein Ermessensfehler ergibt sich auch nicht aus der Rechtsauskunft, die das Landratsamt mit Schreiben vom 24. November 2004 den Beigeladenen gegeben hat. Abgesehen davon, dass dieses Schreiben nicht für die Kläger bestimmt war, war es dem Landratsamt nicht verwehrt, aufgrund neuer Erkenntnisse (vgl. die einschlägigen Fotos des Baukontrolleurs und der Beigeladenen von dem Winter-Carport) zu einer anderen Einschätzung zu kommen.

Die Beseitigungsanordnung wäre auch dann rechtmäßig, wenn man annehmen würde, die streitgegenständliche bauliche Anlage sei nicht nur ein Winter-Carport, sondern auch ein Rankgerüst. Diesem würde unter den gegebenen Umständen lediglich eine untergeordnete Nebenfunktion zukommen, so dass es auch dann nicht unverhältnismäßig ist, die (vollständige) Beseitigung des materiell baurechtswidrigen Winter-Carports zu verlangen.

E) Rechtliche Mängel der Zwangsgeldandrohungen und der Duldungsanordnung sind weder geltend gemacht noch ersichtlich.

F) Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO). Es erscheint billig, dass sie auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt haben (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO). Die Aufteilung der Kosten unter den Klägern richtet sich nach der unterschiedlichen Bedeutung der an die Kläger zu 2. und 3. gerichteten Beseitigungsanordnung einerseits und der an die Klägerin zu 1. gerichteten Duldungsverfügung andererseits. Diese kommt auch in der unterschiedlichen Höhe des jeweils angedrohten Zwangsgelds zum Ausdruck.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 7. Oktober 2008 wird der Streitwert für beide Rechtszüge auf jeweils 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327). Ausgehend von den von den Klägern genannten Gesamtbaukosten in Höhe von 15.000 Euro (vgl. Widerspruch vom 13.3.2007 S. 3), schätzt der Senat den Zeitwert der zu beseitigenden Bausubstanz auf 7.500 Euro. Hinzu kommen geschätzte Abrisskosten in Höhe von 2.500 Euro. Die Befugnis zur Änderung der Streitwertentscheidung des Verwaltungsgerichts ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.