Bayerischer VGH, Beschluss vom 11.05.2012 - 11 CS 12.752
Fundstelle
openJur 2012, 122538
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.500,-- € festgesetzt.

Gründe

I.

Durch Beschluss vom 14. Juli 2011, der gemäß § 1 des Gewaltschutzgesetzes erging, gab das Amtsgericht Würzburg der Antragstellerin unter Androhung von Ordnungsgeld u. a. auf, es bis zum 14. Januar 2012 zu unterlassen, den Arbeitsplatz einer Frau … aufzusuchen und sich diesem Ort mehr als 50 m zu nähern, mit Frau … in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen, ein Zusammentreffen mit ihr herbeizuführen sowie sie zu belästigen, zu bedrohen, zu beleidigen oder zu verleumden. Zur Begründung bezog sich das Amtsgericht auf die Angaben in einem Schriftsatz der anwaltlichen Bevollmächtigten von Frau …, deren Richtigkeit Frau … an Eides Statt versichert hatte.

Darin wurde ausgeführt, die Antragstellerin habe sich am 10. Juli 2010 beim Arbeitgeber von Frau … unaufgefordert um eine Anstellung als Bürokraft beworben, obwohl ihr Arbeitgeber keine solche Mitarbeiterin gesucht habe. Seit der Ablehnung dieser Bewerbung habe die Antragstellerin Frau … und deren Arbeitgeber belästigt. Sie sei täglich mehrmals in dessen Geschäft erschienen, habe Frau … - auch in Anwesenheit von Kunden - mit Ausdrücken wie "alte Drecksau", "Hurenschlampe", "Miststück" u. ä. beschimpft und ihr den "Stinkefinger" sowie die geballte Faust als Drohgebärde gezeigt. Mehrmals täglich habe sie an Frau … zudem E-Mails mit ähnlichen Beschimpfungen gerichtet. Nachdem die Antragstellerin am 27. Juni 2011 trotz eines ihr erteilten Hausverbots die Arbeitsstelle von Frau … erneut betreten und sie Frau … als "Dreckshure", "Miststück" und "Drecksschlampe" beschimpft habe, habe diese die Polizei gerufen und gegen die Antragstellerin Strafanzeige erstattet. Gleichwohl sei die Antragstellerin auch danach täglich - am 1. Juli 2011 sogar dreimal - am Arbeitsplatz von Frau … erschienen und habe sie in übelster Weise beschimpft. Am Nachmittag jenes Tages hätten der Arbeitgeber von Frau … und der Grundstückseigentümer sie "abgefangen" und sie auf das bestehende Hausverbot hingewiesen. Wenig später habe die Antragstellerin den Lebensgefährten von Frau … mit Schlägen und Tritten attackiert, woraufhin Frau … und ihr Arbeitgeber erneut die Polizei zu Hilfe gerufen hätten. Bis zu deren Eintreffen habe sich die Antragstellerin vor ihren Personenkraftwagen auf den Boden gesetzt und eine "meditierende Yogahaltung" eingenommen. Nachdem Polizeibeamte erschienen seien, habe die Antragstellerin diese beschimpft und erklärt, man könne ihr nichts "anhaben", da ein 2005 eingeleitetes Verfahren, das ihre Einweisung in eine psychiatrische Anstalt zum Gegenstand habe, noch nicht abgeschlossen sei.

In einem Schreiben an das Landratsamt Würzburg vom 24. August 2011 machten die Bevollmächtigten von Frau … geltend, die Antragstellerin, die den Beschluss vom 14. Juli 2011 missachte, benutze ein Kraftfahrzeug; angesichts ihres Verhaltens sei eine Überprüfung ihrer Fahreignung angezeigt.

Mit Schreiben vom 16. September 2011 forderte das Landratsamt die Antragstellerin unter Hinweis auf den Beschluss vom 14. Juli 2011 und den jener Gerichtsentscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt auf, bis zum 16. November 2011 das Fahreignungsgutachten eines Facharztes für "Neurologie/Psychiatrie" mit verkehrsmedizinischer Qualifikation beizubringen, das dazu Stellung zu nehmen habe, ob bei der Antragstellerin eine Erkrankung (psychische/geistige Störung) vorliege, die nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung die Fahreignung in Frage stelle, und ob sie (wieder) in der Lage sei, den Anforderungen an das Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 gerecht zu werden.

Mit Schreiben an das Landratsamt vom 21. September 2011 erklärte die Antragstellerin, sie beauftrage die Fachärzte für Neurologie und Psychiatrie Dr. … und Dr. Hobert mit ihrer Untersuchung. Diese führten am 26. September 2011 gegenüber der Antragstellerin aus, sie könnten die vom Landratsamt gesetzte Frist nicht einhalten; erst vom Januar 2012 an sei es ihnen wieder möglich, Gutachten zu erstellen.

Am 5. Oktober 2011 benannte die Antragstellerin gegenüber dem Landratsamt den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. … als den Arzt, durch den sie sich begutachten lassen wolle. Dieser reichte die ihm übersandte Fahrerlaubnisakte mit Schreiben vom 2. November 2011 mit dem Bemerken an die Behörde zurück, aus zeitlichen Gründen sei ihm die Erstellung des Gutachtens während der nächsten drei Monate nicht möglich.

Das Landratsamt verlängerte die Frist zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens daraufhin bis zum 16. Dezember 2011 und teilte der Antragstellerin mit, sofern sie keinen Facharzt finde, der die Begutachtung innerhalb dieser Zeitspanne durchführen könne, werde ihr empfohlen, sich mit einer Begutachtungsstelle für Fahreignung in Verbindung zu setzen, da diese Institutionen ebenfalls zur Begutachtung in der Lage seien. Mit Schreiben vom 15. November 2011 erklärte die Antragstellerin, sie beauftrage die … GmbH in Würzburg (bzw. einen in dieser Begutachtungsstelle für Fahreignung tätigen Facharzt) mit ihrer Untersuchung.

Den durch die … GmbH auf den 8. Dezember 2011 festgesetzten Termin zur Begutachtung sagte die Antragstellerin mittels einer E-Mail vom gleichen Tage ab, da sie "entsetzliche Blasenschmerzen" habe. Ebenfalls mit E-Mail vom 8. Dezember 2011 forderte das Landratsamt die Antragstellerin auf, bis zum 16. Dezember 2011 eine ärztliche Bestätigung dafür vorzulegen, dass sie den Termin am 8. Dezember 2011 aus gesundheitlichen Gründen nicht habe wahrnehmen können, und einen Ersatztermin für die Begutachtung zu benennen. Am 19. Dezember 2011 ging dem Landratsamt das vom 15. Dezember 2011 datierende Attest eines Arztes zu, bei dem es sich nach Darstellung der Antragstellerin um ihren Hausarzt handelt. Darin wurde ausgeführt, die Antragstellerin habe sich am 15. Dezember 2011 in der Praxis des bescheinigenden Arztes vorgestellt und berichtet, sie habe am 8. Dezember 2011 eine akute Harnblaseninfektion gehabt, die so gravierend gewesen sei, dass sie das Haus nicht habe verlassen können.

In je einer E-Mail an das Landratsamt vom 20. Dezember 2011 und vom 3. Januar 2012 bat die Antragstellerin die Behörde um Übersendung eines (weiteren) Antragsformulars "Erklärung zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens", damit sie dieses Formblatt ausfüllen und es dem Landratsamt zuleiten könne.

Mit Schreiben vom 21. Dezember 2011 hörte das Landratsamt die Antragstellerin zu der Absicht an, ihr die Fahrerlaubnis zu entziehen, da gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf ihre Nichteignung geschlossen werden dürfe. Eine Rückfrage der Behörde bei dem Arzt, der das Attest vom 15. Dezember 2011 ausgestellt hatte, habe ergeben, dass die darin getroffenen Feststellungen messtechnisch nicht belegbar seien; sie beruhten ausschließlich auf den Aussagen der Antragstellerin. Das Attest könne deshalb nicht als Beleg für ein unverschuldetes Versäumen des Termins bei der Begutachtungsstelle für Fahreignung anerkannt werden.

Mit Schreiben an die Polizeidirektion Würzburg vom 4. Januar 2012 erstattete die Antragstellerin gegen Frau … und deren Arbeitgeber Strafanzeige "wegen Verstoßes gegen Art. 2 GG". Darin führte sie u. a. aus, sie habe den Untersuchungstermin Anfang Dezember deshalb nicht wahrgenommen, weil sie nicht einsehe, warum sie etwa 400,-- € für ein Gutachten zahlen solle. Am 19. Mai 2005 sei sie durch ihre behandelnde Neurologin zwangsweise in ein Bezirkskrankenhaus eingewiesen worden. Seit September 2007 nehme sie im Einvernehmen mit dieser Neurologin, bei der sie sich bis vor drei Monaten in Therapie befunden habe, keine Medikamente mehr ein. Ihre Verkehrsauffälligkeiten würden sich darin erschöpfen, dass sie in verkehrsberuhigten Zonen bisweilen etwas schneller als 30 km/h fahre. Zu einer Eintragung im Verkehrszentralregister im Umfang eines einzigen Punkts sei es nur einmal - und zwar vor mindestens 15 Jahren - gekommen; damals habe sie "noch keine anerkannte psychische Erkrankung" gehabt.

In einer E-Mail an das Landratsamt vom 5. Januar 2012 erklärte die Antragstellerin, sie habe am Vortag auf Anraten ihrer Bevollmächtigten bei der … GmbH wegen eines neuerlichen Begutachtungstermins nachgefragt. Diese Begutachtungsstelle für Fahreignung wolle sich mit ihr wegen eines Untersuchungstermins in Verbindung setzen, sobald die die Antragstellerin betreffende Fahrerlaubnisakte dort erneut vorliege.

Durch Bescheid vom 12. Januar 2012, zugestellt am 17. Januar 2012, entzog das Landratsamt der Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit die Fahrerlaubnis. Gleichzeitig wurde die Antragstellerin unter Zwangsgeldandrohung aufgefordert, ihren Führerschein unverzüglich, spätestens jedoch eine Woche nach der Zustellung des Bescheids, im Landratsamt abzugeben. Zur Begründung der Entziehungsentscheidung wies die Behörde im Wesentlichen darauf hin, dass die Antragstellerin das von ihr verlangte ärztliche Fahreignungsgutachten nicht fristgerecht vorgelegt habe.

Über die Anfechtungsklage, die die Antragstellerin am 13. Februar 2012 vor dem Verwaltungsgericht Würzburg gegen diesen Bescheid erhoben hat, wurde nach Aktenlage noch nicht entschieden. Den gleichzeitig gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung dieses Rechtsbehelfs wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 6. März 2012 ab, da die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit ausreichend begründet worden sei und die Klage nach summarischer Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg haben werde.

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt die Antragstellerin, unter Abänderung des Beschlusses vom 6. März 2012 die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Verfügung des Antragsgegners vom 12. Januar 2012 wiederherzustellen. Das Landratsamt habe das ihm bei der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit zustehende Ermessen ebenso fehlerhaft ausgeübt wie das Verwaltungsgericht. Auch sei die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit nicht ausreichend begründet worden. Die Annahme, es sei ein Verfahren anhängig, das ihre "Einweisung in die Psychiatrie" zum Gegenstand habe, sei unzutreffend. Sie habe sich in den Jahren 2005 und 2006 wegen schizoaffektiver Störungen im Zusammenhang mit Depressionen in der Universitätsklinik Würzburg aufgehalten. Weiteren Klinikbehandlungen habe sie sich aus den gleichen Gründen vom 3. Juli 2006 bis zum 29. September 2006 und vom 2. Oktober 2006 bis zum 25. Oktober 2006 unterzogen. Die sich daran anschließende ambulante Weiterbehandlung dauere an. Da sie in deren Rahmen keine Medikamente einnehmen müsse, könne ihr insoweit mangelnde Verlässlichkeit nicht entgegengehalten werden. Eine schwere, akute psychische bzw. geistige Störung liege bei ihr nicht vor. Da sie seit der Entlassung aus der Klinik im Jahr 2006 im Straßenverkehr nicht auffällig geworden sei, bestünden keine derart gravierenden Zweifel an ihrer Fahreignung, als dass die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis gerechtfertigt sei. Gleiches gelte im Hinblick auf ihre Bereitschaft, sich begutachten zu lassen; die Antragstellerin verweist insoweit u. a. auf ihre E-Mail vom 5. Januar 2012. Die von ihr am 4. Januar 2012 gegenüber der Landespolizei abgegebene Erklärung könne "in diesem Zusammenhang keine Rolle mehr spielen". Dass sie den Begutachtungstermin am 8. Dezember 2011 aufgrund akuter Beschwerden nicht wahrgenommen habe, dürfe ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden. Den Arzt, der das Attest vom 15. Dezember 2011 ausgestellt hatte, habe sie aufgesucht, sobald sie dazu wieder in der Lage gewesen sei.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zu verwerfen, da die im Rahmen der Beschwerdebegründung vorgebrachte Argumentation der Antragstellerin nicht aufzeige, warum das Verwaltungsgericht ihr früheres Vorbringen fehlerhaft gewürdigt habe.

II.

Die Beschwerde ist zulässig; sie wurde insbesondere in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise begründet. Denn die Antragstellerin hat im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 13. April 2012 Gesichtspunkte vorgetragen, die - wenn sie inhaltlich zu überzeugen vermöchten - geeignet wären, sowohl die dem angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Prognose über die voraussichtliche Unbegründetheit der anhängigen Klage als auch die vom Verwaltungsgericht zusätzlich vorgenommene, von den Erfolgsaussichten dieses Rechtsbehelfs unabhängige Interessenabwägung zu erschüttern.

Keine ausreichende Beschwerdebegründung läge lediglich insoweit vor, als die Antragstellerin behauptet hat, die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit sei ungenügend begründet worden, sofern damit die Missachtung der sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen durch das Landratsamt dargetan werden sollte. Diese Vorschrift enthält ein rein formelles Begründungsgebot: Die Behörde muss darlegen, warum der Grundsatz der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen (§ 80 Abs. 1 VwGO) im konkreten Fall entweder aus Gründen des Gemeinwohls oder (was im Fahrerlaubnisrecht kaum vorstellbar erscheint) im überwiegenden Interesse eines Beteiligten eine Durchbrechung erfahren muss; die insoweit geltend gemachten Belange müssen mit dem Aufschubinteresse des durch den Verwaltungsakt Betroffenen abgewogen werden. Der verfahrensgegenständliche Bescheid enthält in Abschnitt II.4 seiner Begründung Ausführungen, die dazu bestimmt sind, der Erfüllung dieses Erfordernisses zu dienen. Sollte die Antragstellerin der Meinung sein, die dortigen Darlegungen reichten nicht aus, um dem sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Gebot gerecht zu werden, hätte sie sich nicht auf eine diesbezügliche pauschale Behauptung beschränken dürfen, wie sie sich eingangs des vierten Absatzes der Beschwerdebegründung findet; vielmehr hätte sie die aus ihrer Sicht bestehenden formellen Begründungsdefizite konkret aufzeigen müssen. Da das nicht geschehen ist und § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO den Verwaltungsgerichtshof auf die Prüfung des form- und fristgerechten Beschwerdevorbringens beschränkt, ist im Rahmen dieser Entscheidung nicht zu erörtern, ob die Ausführungen im Abschnitt II.4 der Gründe des angefochtenen Bescheids den sich aus § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO ergebenden Anforderungen genügen.

Das Vorbringen zumal im dritt- und im vorletzten Absatz der Beschwerdebegründung vom 13. April 2012 legt indes den Schluss nahe, dass die Antragstellerin nicht einen Verstoß gegen das Begründungsgebot des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO rügen will, sondern dass sie der Auffassung ist, das Landratsamt und das Verwaltungsgericht seien der Sache nach zu Unrecht der Auffassung, es bestehe ein hinreichend gewichtiges Interesse daran, ihr die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung zu entziehen. Diesem Standpunkt kann - wiederum unter Berücksichtigung der sich aus § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ergebenden Prüfungsbeschränkung - jedoch nicht gefolgt werden.

1. Es liegen im Sinn von § 46 Abs. 3 FeV Tatsachen vor, aus denen sich Bedenken hinsichtlich der Fahreignung der Antragstellerin ergeben. Sie resultieren vor allem aus den Krankheitsbildern, die in der vom 22. Februar 2012 stammenden "Gesamtauskunft" der Krankenkasse der Antragstellerin über die bei ihr in der Vergangenheit zu verzeichnenden Behandlungsfälle aufgelistet sind. Da die Antragstellerin diese dem Sozialgeheimnis (§ 35 SBG I) unterfallende Unterlage selbst in den Rechtsstreit eingeführt hat (sie wurde dem Verwaltungsgericht als Anlage zum Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 5.3.2012 übersandt), ist davon auszugehen, dass sie mit der Verwertung der darin enthaltenen Informationen im anhängigen Rechtsstreit einverstanden ist.

Jener Zusammenstellung zufolge wurden bei der Antragstellerin anlässlich eines vom 19. November 2005 bis zum 20. Dezember 2005 dauernden stationären Krankenhausaufenthalts eine nichtorganische Psychose sowie eine Schizophrenia simplex diagnostiziert. Im Jahr 2006 schloss sich ein (mit Unterbrechungen) mehrmonatiger Aufenthalt in einer Universitätsklinik an. Die ihr dort gestellte Diagnose lautete "(gemischte) schizoaffektive Störung", wobei sie im ersten Quartal 2006 und im Oktober des gleichen Jahres außerdem als "gegenwärtig depressiv" bezeichnet wurde. Vom 7. Juni 2005 bis zum 18. Juli 2005 wurde sie u. a. wegen paranoider Schizophrenie, Anpassungsstörungen, einer generalisierten Angststörung und einer depressiven Episode als arbeitsunfähig eingestuft; in der Zeit danach bis zum 6. Dezember 2006 wurde ihre Arbeitsunfähigkeit u. a. aus einer bei ihr bestehenden Schizophrenia simplex, einer (gemischten) schizoaffektiven Störung und einer akuten polymorphen psychotischen Störung ohne Symptome einer Schizophrenie hergeleitet.

Die Besorgnis, dass die Antragstellerin diese Krankheiten nicht endgültig überwunden hat, sondern dass ihr Verhalten hierdurch auch in jüngerer Zeit noch geprägt worden sein könnte, wird dadurch bestätigt, dass sie ausweislich der Gesamtauskunft vom 22. Februar 2012 vom 14 Oktober 2008 bis zum 19. Januar 2010 u. a. wegen paranoider Schizophrenie und akuter vorübergehender psychotischer Störungen erneut als arbeitsunfähig eingestuft wurde. Waren bei der Antragstellerin aber auch in jüngerer Zeit akute psychotische Symptome zu verzeichnen, so erscheinen die im Antrag der Bevollmächtigten von Frau … auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz enthaltenen Schilderungen über ihr Verhalten ab der Jahresmitte 2010 bis zur Jahresmitte 2011 zumindest im Wesentlichen glaubhaft. Zugleich legt diese Schilderung den Verdacht nahe, dass die Antragstellerin auch im letztgenannten Zeitraum akut psychisch erkrankt gewesen sein könnte.

Bei dieser Sachlage handelte das Landratsamt rechtskonform, wenn es von der Antragstellerin die Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens zur Ausräumung der Zweifel verlangte, die hinsichtlich ihrer psychischen Gesundheit und hinsichtlich der daraus resultierenden Folgen für ihre Fahreignung bestanden (und bestehen). Denn nach der Nummer 7.6.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist eine Person, die an einer akuten schizophrenen Psychose leidet, fahrungeeignet. Nach der dortigen Nummer 7.6.2 darf die Fahreignung nach dem Ende der akut-schizophrenen Phase nur dann bejaht werden, wenn keine Störungen nachweisbar sind, die das Realitätsurteil erheblich beeinträchtigen. Selbst wenn die Antragstellerin im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (nämlich bei der Bekanntgabe des Bescheids vom 12.1.2012) nicht akut psychotisch gewesen sein sollte, legt das Verhalten, das sie gegenüber Frau …, deren Lebensgefährten und deren Arbeitgeber an den Tag gelegt hat, die Möglichkeit eines fortdauernden (partiellen) Realitätsverlusts nahe.

2. Da die Antragstellerin das nach alledem zu Recht geforderte Fahreignungsgutachten nicht beigebracht hat, musste das Landratsamt gemäß § 11 Abs. 8 FeV von ihrer Fahrungeeignetheit ausgehen. Diese Bestimmung eröffnet der Behörde kein Ermessen hinsichtlich der zu treffenden Entscheidung. Das auf der Rechtsfolgenseite des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV enthaltene Wort "darf" bringt lediglich zum Ausdruck, dass die Weigerung, sich einer zu Recht angeordneten Begutachtung zu unterziehen oder ihr Ergebnis der Behörde vorzulegen, nur dann den Schluss rechtfertigt, der Betroffene wolle einen Eignungsmangel verbergen, wenn für die Nichtbeibringung des angeforderten Gutachtens kein ausreichender Grund besteht (BVerwG vom 12.3.1985 BVerwGE 71, 93/96; OVG NRW vom 25.11.1994 VRS 91, 215/216; OVG NRW vom 22.1.2001 VRS 100, 394/400; OVG NRW vom 22.11.2001 VRS 102, 136/137; VG Freiburg vom 9.3.2000 NZV 2000, 388). Denn allein unter dieser Voraussetzung kann das Verhalten des Pflichtigen dahingehend gewertet werden, dass er vorwerfbar die Benutzung eines Beweismittels vereitelt hat und deswegen die zu beweisende Tatsache - hier seine Nichteignung - nach dem Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO als erwiesen angesehen werden kann (OVG NRW vom 10.7.2002 VRS 105, 76/78). Liegen solche Hinderungsgründe nicht vor, hat die Fahrerlaubnisbehörde der sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 FeV ergebenden Wertung Rechnung zu tragen; sie hat davon auszugehen, dass der Betroffene fahrungeeignet ist, und hieraus die vorgeschriebenen Folgerungen zu ziehen (BayVGH vom 28.10.2010 Az. 11 CS 10.1930 <juris> RdNr. 24; vom 15.11.2010 Az. 11 C 10.2329 <juris> RdNr. 40; vom 14.11.2011 Az. 11 CS 11.2349 <juris> RdNr. 47; vgl. zu den Auswirkungen, die sich aus dem zwingenden Charakter des § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV für die Handhabung des § 11 Abs. 8 FeV ergeben, ferner BayVGH vom 22.7.2011 Az. 11 ZB 11.162 <juris> RdNr. 5). Diese Folgerungen bestehen darin, dass die Behörde, wenn die vergeblich zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens aufgeforderte Person Inhaber einer Fahrerlaubnis ist, ihr diese Berechtigung entzieht (BayVGH vom 6.2.2012 Az. 11 CE 11.2964 <juris> RdNr. 36).

Angesichts der Erklärung der Antragstellerin, die sich in ihrem Schreiben an die Polizeidirektion Würzburg vom 4. Januar 2012 für die Nichtwahrnehmung des auf den 8. Dezember 2011 anberaumten Untersuchungstermins findet, muss davon ausgegangen werden, dass ihre Mitwirkung an der Begutachtung nicht aufgrund einer Erkrankung, die ihr ein Verlassen des Hauses unmöglich machte, sondern deshalb unterblieben ist, weil sie die Forderung nach Beibringung eines Fahreignungsgutachtens nicht als stichhaltig angesehen hat bzw. sie nicht willens war, das für einen etwaigen Erhalt ihrer Fahrerlaubnis erforderliche Vermögensopfer zu bringen. Dieser Schluss ist auch deshalb gerechtfertigt, weil dem Attest vom 15. Dezember 2011 aus den auf Seite 13 des angefochtenen Beschlusses zutreffend dargestellten Gründen kein Beweiswert für das Bestehen einer Erkrankung, die der Wahrnehmung des Untersuchungstermins entgegengestanden hätte, zuerkannt werden kann.

Der Umstand, dass sich die Antragstellerin nach dem 8. Dezember 2011 erneut bereit erklärt hat, sich begutachten zu lassen, hinderte das Landratsamt nicht, ihr die Fahrerlaubnis zu entziehen. § 11 Abs. 8 FeV enthält zwar nur eine widerlegliche Vermutung (BayVGH vom 14.11.2011, a.a.O., RdNr. 52; vgl. ferner Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Aufl. 2011, RdNr. 23 zu § 11 FeV). Soll die Regelungsabsicht, die der Verordnungsgeber mit dieser Vorschrift verfolgt, nicht leerlaufen, kann der Eintritt der sich aus § 11 Abs. 8 FeV ergebenden Rechtsfolge jedoch nur durch die tatsächliche Beibringung eines Gutachtens verhindert werden, aus dem sich zur Überzeugung der zuständigen Entscheidungsträger positiv ergibt, dass die betroffene Person im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt fahrgeeignet war (BayVGH vom 14.11.2011, ebenda; vgl. ferner VGH BW vom 1.3.1993 NZV 1993, 327). Von dieser Möglichkeit hat die Antragstellerin nach Aktenlage bis auf den Tag nicht Gebrauch gemacht. Sollte ein Arzt zukünftig noch in der Lage sein, nach Maßgabe der Begutachtungsanordnung des Landratsamts vom 16. September 2011 in der Fassung des Schreibens vom 4. November 2011 eine verlässliche Aussage darüber zu treffen, ob sie im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (d.h. am 17.1.2012) an einer fahreignungsrelevanten Erkrankung litt, stünde ihr die Möglichkeit, die sich aus § 11 Abs. 8 FeV ergebende Rechtsfolge ggf. in Wegfall zu bringen, im Übrigen auch jetzt noch offen.

Angesichts der Gefahren, die sich aus dem Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr durch eine ggf. schizophrene Person ergeben können - dieses Krankheitsbild geht u. U. mit Wahngedanken, akustischen Halluzinationen, Erregungssymptomen, Konzentrationsstörungen sowie Beeinträchtigungen der sensorischen Informationsverarbeitung einher (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, 2. Aufl. 2005, S. 127) -, kann es trotz des Umstands, dass die Antragstellerin bisher nach Aktenlage im Straßenverkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist, auch im Rahmen der bei einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO anzustellenden Interessenabwägung nicht verantwortet werden, ihrer Klage aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Das gilt umso mehr, als es angesichts ihres Verhaltens am 1. Juli 2011 nicht ausgeschlossen erscheint, dass sie zu körperlichen Aggressionshandlungen geneigt sein könnte, wenn sie - womit angesichts der Gegebenheiten im Straßenverkehr stets gerechnet werden muss - im Zusammenhang mit der motorisierten Verkehrsteilnahme in eine sie emotional belastende Situation gerät.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Wegen der Streitwerthöhe wird entsprechend § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffenden Ausführungen am Ende des angefochtenen Beschlusses verwiesen.