VG München, Urteil vom 22.03.2012 - M 11 K 10.1016
Fundstelle
openJur 2012, 121723
  • Rkr:
Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Unter dem 13. November 2008 beantragten die Beigeladenen die Erteilung eines Vorbescheids für den Neubau eines Schweinemaststalles auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung …. Das Grundstück liegt im Außenbereich und ist im Flächennutzungsplan als Fläche für Landwirtschaft dargestellt. Abgefragt wurde ein Stallgebäude mit 252 Schweinemastplätzen in einem Gebäude mit Ausmaßen von 28,90 m x 14,40 m, bei Entlüftung über First (5,78 m). Die Haltung der Schweine erfolgt in 22 Buchten, laut Betriebsbeschreibung in Einstreuhaltung. An das Stallgebäude schließt sich im Süden ein kleinerer Gebäudeteil für Strohlager, Futtersilos, Geräte, Technik und Büro an. Das Stallgebäude soll westlich des landwirtschaftlichen Betriebs der Beigeladenen errichtet werden, auf dem zurzeit und auch künftig Rinderhaltung betrieben wird. Östlich des Betriebs der Beigeladenen liegt ein Pferdepensionsbetrieb, südlich des Baugrundstücks das Gewerbegebiet „Westlich der Staatsstraße …“, das mit Bebauungsplan der Gemeinde … vom … April 2009 im nördlichen und westlichen Bereich erweitert wurde und nunmehr unmittelbar an den zwischen dem Baugrundstück und dem Gewerbegebiet liegenden Weg angrenzt. Circa 300 m östlich des Baugrundstücks befindet sich der Ort …, an dessen westlicher Grenze sich überwiegend Wohnbebauung befindet.

Die Gemeinde … lehnte mit Gemeinderatsbeschluss vom … Januar 2009 die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens ab. Der Abstand zu den südlich gelegenen Sport- und Freizeitanlagen sowie zu dem Gewerbegebiet mit Betriebsleiterwohnungen sei zu gering; die Lebensqualität der Wohngebiete würde beeinträchtigt.

Das Immissionsschutzreferat des Landratsamtes äußerte unter dem 18. Februar 2009, nach der Richtlinie VDI 3471 für „Immissionsminderung Tierhaltung - Schweine“ sei bei einem Außenklimastall mit 250 Schweinemastplätzen ein Abstand von ca. 175 m zu Wohn- und Mischgebieten erforderlich sowie von ca. 88 m zu Dorfgebieten. Die VDI-Richtlinie 3471 sei jedoch hinsichtlich des Gewerbegebiets nicht heranzuziehen, hierfür sei eine Sonderbeurteilung notwendig. Es werde empfohlen, auch wegen der Vorbelastung durch den Betrieb der Beigeladenen und den benachbarten Pferdepensionsbetrieb ein Gutachten nach der Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL) einzuholen.

Unter dem 1. Juni 2009 äußerte die Immissionsschutzstelle, es liege ein Immissionsschutzgutachten der … Ingenieure aus … vom 7. April 2007 zur Erweiterung des Gewerbegebiets vor, das die Gemeinde eingeholt habe und das auch das geplante Bauvorhaben berücksichtige. Nach diesem Gutachten liege die belästigungsrelevante Geruchskenngröße (Jahresgeruchsstunden-belastung) beim südlich angrenzenden Gewerbegebiet bei 10 %, der nach GIRL zulässige Immissionswert bei 15 %. Eigenen Berechnungen des Landratsamtes zufolge könne auch der für Wohngebiete geltende 10%-Wert beim Wohngebiet in … eingehalten werden.

Mit Schreiben vom 8. September 2009 hörte das Landratsamt die Gemeinde … zur Einvernehmensersetzung an; diese verweigerte mit Beschluss vom … September 2009 erneut das gemeindliche Einvernehmen.

Unter dem 24. November 2009 stellte die Immissionsschutzstelle u.a. fest, für den Pferdepensionsbetrieb sei nach der GIRL eine Jahresstundengeruchsbelastung von 25 % wenn nicht mehr zumutbar. Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster könnten sich benachbarte Tierhaltungsanlagen deutlich mehr zumuten. Der Gewichtungsfaktor für Pferde sei unklar. In der GIRL sei für Pferde kein spezieller Gewichtungsfaktor enthalten. Demnach wäre bei Pferden grundsätzlich der Faktor 1, bei Rindern der Faktor 0,5 zu Grunde zu legen. Pferde seien jedoch geruchsärmer als Rinder, so dass von einem Faktor von 0,5 auch für Pferde auszugehen sei.

Die Gemeinde … wies mit Schreiben vom 18. November 2009 an das Landratsamt darauf hin, dass der Pferdehaltungsbetrieb wegen des Kundenverkehrs einem gewerblichen Betrieb gleichzustellen sei.

Die Bevollmächtigten der Beigeladenen wiesen mit Schriftsatz vom 18. Dezember 2009 ihrerseits darauf hin, dass nach der Rechtsprechung der Geruch aus der Rinderhaltung ab einer Entfernung von 70 m bis 100 m nicht mehr wahrnehmbar sei.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2009 legte die Gemeinde … ein Gutachten der … Ingenieure vom 14. Dezember 2009 vor, das im Hinblick auf den gemeindlichen Sportplatz eingeholt worden war und wonach das Gewerbegebiet eine Geruchsstundenbelastung im Jahr von 3 %, das Wohngebiet eine solche von 4 % aufweise; diese Belastung erhöhe sich nach Errichtung des Stalles auf 11 % (Gewerbegebiet) bzw. 8 % (Wohngebiete).

Am 20. Januar 2010 beauftragte das Landratsamt die Firma … GmbH (im Folgenden: …) mit der Erstellung eines Geruchsgutachtens; diese übermittelte dem Landratsamt unter dem 26. Januar 2010 einen ersten Entwurf.

Die Immissionsschutzstelle des Landratsamtes äußerte hierzu unter dem 5. Februar 2010, die Immissionsdaten der Gutachten seien unterschiedlich. Nach Auffassung des Landratsamtes solle nicht der tatsächlich vorhandene, sondern nur der genehmigte Tierbestand berücksichtigt werden. Darüber hinaus habe … z.B. das Fahrsilo und die Dunglege beim Betrieb der Beigeladenen nicht berücksichtigt; auch habe … bei Pferden nur 5 GE (Geruchseinheiten) pro Großvieheinheit zu Grunde gelegt, … hingegen 12 GE. Die Literatur hierzu sei nicht einheitlich; es würden Werte von 5 GE bis 12 GE angegeben. Der Entwurf der VDI-Richtlinie 3894 (Schweine, Rinder, Geflügel, Pferde) nenne 10 GE. Aufgrund Kriterien wie einem günstigeren hedonistischen Faktor für Pferde und der Situation vor Ort sei die Anwendung eines Gewichtungsfaktors von 0,5 für die Pferdehaltung sachgerecht.

Unter dem 3. Februar 2010 (korrigiert 4. Februar 2010) erstattete … das endgültige Geruchsgutachten. Berücksichtigt worden seien der vorhandene Betrieb der Beigeladenen (Mutterkuhhaltung und Bullenmast), der (genehmigte) Pferdepensionsbetrieb und der geplante Schweinemaststall. Für Schweinehaltung sei die VDI-Richtlinie 3471 maßgeblich; dort würde neuerdings die - nachbargünstigste - 100 Punkte-Kurve auch für nicht nach Bundes-Immissionsschutzrecht genehmigungsbedürftige Anlagen angewandt. Eine Großvieheinheit entspreche 500 kg, 252 Schweine entsprächen 35 Großvieheinheiten; der Mindestabstand nach dieser VDI-Richtlinie zur Wohnbebauung betrage bei 252 Schweinemastplätzen 155 m, zum Dorfgebiet die Hälfte, d.h. 77,5 m. Tatsächlich sei das Wohngebiet in … mehr als 300 m entfernt, das Betriebsleiterwohnhaus des Pferdepensionsbetriebs 130 m. Hinsichtlich des Gewerbegebiets und wegen der Vorbelastung sei im Übrigen die GIRL zu Grunde zu legen. … errechnete beim Bestandsbetrieb der Beigeladenen 3,52 MGE/h, für den Pferdepensionsbetrieb (unter Zugrundelegung von 41 genehmigten Pferden und 12 GE/GV…s) 2,39 MGE/h und für den beantragten Schweinemaststall 6,35 MGE/h zuzüglich für die Mistlege 1,43 MGE/h. Die Vorbelastung betrage im Wohngebiet … max. 6 %, beim Gewerbegebiet max. 5 % und beim Pferdepensionsbetrieb max. 9 % der Jahresstunden. Die Gesamtgeruchsbelastung einschließlich des Bauvorhabens betrage im Wohngebiet … max. 11 %, beim südlich angrenzenden Gewerbegebiet max. 15 % (lediglich an einer außerhalb des Bauraums liegenden Ecke eines Grundstücks 16 %), beim Pferdepensionsbetrieb max. 18 % (ohne den Geruch aus dem eigenen Betrieb). Es wurde der Gewichtungsfaktor von 0,5 für Pferde verwendet; dies wurde im Einzelnen entsprechend den Ausführungen des Immissionsschutzreferats des Landratsamtes begründet.

Mit Bescheid vom … Februar 2010 erteilte das Landratsamt … den beantragten Vorbescheid. Im Tenor des Bescheides wird u.a. ausgeführt, der Entscheidung liege das immissionsschutzrechtliche Gutachten der Fa. … GmbH vom 3. Februar 2010 zugrunde. Der Vorbescheid wurde den Beigeladenen am selben Tag ausgehändigt, im Übrigen im Amtsblatt des Landkreises vom … Februar 2010 bekannt gemacht.

Am … Februar 2010 machte die Gemeinde … die Satzung über die Veränderungssperre der Gemeinde …, ausgefertigt am … Februar 2010, bekannt. Aufgrund des Ergebnisses des Bürgerentscheids „Schutz des Natur- und Erholungsraumes …“ vom … Februar 2010, der die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses habe, bestehe ein Bebauungsplanaufstellungsbeschluss für diesen Bereich und ein Beschluss zum Erlass einer Veränderungssperre. Die Veränderungssperre erfasst auch das Baugrundstück.

Mit Schriftsatz vom 8. März 2010 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München erheben und beantragen,

den Bescheid des Landratsamtes … vom … Februar 2010 aufzuheben.

Zur Begründung trugen die Bevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 10. Februar 2011 im Wesentlichen vor, der Pferdepensionsbetrieb des Klägers verfüge über ca. 45 Einstellplätze, eine überdachte Reithalle, einen Freireitplatz, einen Bewegungskreis und weitere Einrichtungen. Im südwestlichen Bereich des Hauptgebäudes bewohne der Kläger mit seiner Familie eine Wohnung. Des Weiteren seien in dem Gebäude ein Trainer-Appartement und eine Tierpfleger-Wohnung vorhanden. Im Zusammenhang mit dem Pferdepensionsbetrieb würden noch vorhandene Einrichtungen der ehemaligen elterlichen landwirtschaftlichen Hofstelle auf dem Grundstück Fl.Nr. …, wie z.B. das Güllelager oder die Stallungen, genutzt. Die Immissionsquellen am elterlichen Betrieb des Klägers seien in der Immissionsprognose der Fa. … vom 3. Februar 2010 nicht berücksichtigt. Die Abbildung 17, die die Geruchsbelastung für das klägerische Anwesen darstellen solle, stimme hinsichtlich der Geruchsbelastung für das klägerische Anwesen nicht mit der Abbildung 19 überein, und zwar gerade hinsichtlich der angegebenen Zahlen für die Immissionsjahresgesamtbelastung in Prozent der Jahresstunden. In Abbildung 17 werde daher nur die Zusatzbelastung des klägerischen Anwesens dargestellt. Hinsichtlich der Bestimmung der Zumutbarkeit im Hinblick auf Geruchsbelästigungen enthalte die TA Luft keine Regelungen (vgl. Ziffer 1 Abs. 3 der TA Luft). Die Geruchsimmissions-Richtlinie sei ein rechtlich nicht verbindliches Regelwerk. Ihre Anwendbarkeit sei umstritten. Das klägerische Anwesen werde nicht mit 18 % Geruchsstundenhäufigkeit belästigt, sondern mindestens mit 27 %. Dies sei unzumutbar. Auch liege das klägerische Grundstück nicht im Außenbereich, sondern in einem Dorfgebiet bzw. Mischgebiet oder aber in einer Gemengelage, die das Schutzniveau eines Dorfgebiets beanspruchen könne. Eine Geruchsbelästigung von mehr als 25 % der Jahresstunden im Außenbereich sei nur im Rahmen einer Einzelfallprüfung möglich, eine solche Einzelfallprüfung habe nicht stattgefunden. Sowohl das klägerische Grundstück als auch das Baugrundstück lägen in unmittelbarer Nähe zum bebauten Innenbereich. Südlich grenzten ein Gewerbegebiet und Sportanlagen an. Es könne also mitnichten davon ausgegangen werden, dass es sich um eine klassische Außenbereichslage handle.

Die Bevollmächtigten der mit Beschluss des Gerichts vom 12. März 2010 beigeladenen Bauherren verwiesen mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2010 auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 19. Oktober 2010, Az. W 4 K 07.1422, in dem über eine Genehmigung eines Schweinestalles für 1.000 Mastschweine in der Nähe eines jüdischen Friedhofs geurteilt worden sei. Das Verwaltungsgericht Würzburg setze sich in dem Urteil eingehend mit der Anwendung der VDI-RL 3471 und der GIRL unter Berücksichtigung der Rechtsprechung auseinander. Auch im dortigen Fall sei es um Wohnen am Ortsrand und um den Schutz von Wohnen im Außenbereich gegangen. Das Verwaltungsgericht Würzburg habe die Anforderungen der GIRL, wonach bei Wohnen im Außenbereich eine Geruchsbelästigung bis zu 25 % zumutbar sei, bestätigt. Desweiteren setze sich das Verwaltungsgericht Würzburg mit ähnlichen Einwendungen gegen ein GIRL-Gutachten auseinander, die zurückgewiesen worden seien.

Das Landratsamt beantragte mit Schriftsatz vom 16. Februar 2011,

die Klage abzuweisen.

Die Klage sei unbegründet. Der erteilte Vorbescheid sei rechtmäßig. Das zu Grunde liegende Gutachten der Fa. … habe alle relevanten Emissionsquellen berücksichtigt. In den Klagebegründungen in den Parallelverfahren, Az. M 11 K 10. 985 und M 11 K 10.1011 werde auf eine privatgutachterliche Stellungnahme Bezug genommen, die jedoch weder dem Landratsamt noch dem Gericht vorliege. Die Fa. … habe hierzu mit anliegendem Schreiben vom 18. August 2010 Stellung genommen, worauf vollinhaltlich Bezug genommen werde. Das Grundstück Fl.Nr. … befinde sich im Eigentum der Eltern des Klägers, der den benachbarten Pferdepensionsbetrieb führe. Es handle sich dabei um eine seit langem aufgelassene Landwirtschaft mit Wohnhaus und Fahrsiloüberdachung als Unterstelle für landwirtschaftliche Geräte. Eine eigenständige Tierhaltung auf diesem Grundstück sei nicht genehmigt, bzw. sei vor langer Zeit aufgegeben worden, da der genehmigte Pferdepensionsbetrieb nunmehr auf der Fl.Nr. … bestehe. Es sei baurechtlich irrelevant, ob eine Hofstelle beim Amt für Landwirtschaft weiterhin gelistet sei. Dem Schreiben des Landratsamtes lag eine Stellungnahme des Immissionsschutzreferats des Landratsamtes vom 19. Juli 2010 bei, die auf eine Stellungnahme der Fa. … verweist. Das Sachgebiet Immissionsschutz teile die Auffassung der Fa. …, dass hinsichtlich der Rinderhaltung ein tierspezifischer Geruchsimmissionsfaktor von 12 GE/GV…s für die Geruchsimmissionsprognose verwendet werden könne. Eine spezialisierte Kälbermast werde vom Betrieb der Beigeladenen nicht durchgeführt.

Die Bevollmächtigten des Klägers bestätigten mit Schriftsatz vom 2. März 2011, dass die Eltern des Klägers keine Landwirtschaft mehr betreiben, doch würden die Gebäude und baulichen Anlagen auf der Althofstelle ohne nennenswerte zeitliche Unterbrechung landwirtschaftlich genutzt.

Das Landratsamt … betonte mit Schreiben vom 15. April 2011, es hätten sich keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Die elterliche Landwirtschaft auf Fl.Nr. … sei aufgelassen. Dort sei keine legale Tierhaltung vorhanden. Die genehmigte Tierhaltung des Pferdepensionsbetriebs sei im Geruchsgutachten vollumfänglich berücksichtigt worden, unabhängig davon, ob die Pferde auf der Hofstelle auch auf den angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen weideten oder kurzzeitig auf dem elterlichen Hof untergestellt würden. Die alte Hofstelle habe auch keine eigene Futtergrundlage mehr. Die bauplanungsrechtliche Einstufung des klägerischen Grundstücks als Außenbereich dürfte unstreitig sein.

Mit Schreiben vom 27. April 2011 bat das Verwaltungsgericht um Erläuterung zu Abb. 17 und 19 des … Gutachtens. Das Landratsamt erläuterte mit Schreiben vom 3. Mai 2011, bei der Abb. 17 sei in Anlehnung an die Ausführungen der GIRL (S. 20) der Geruch der eigenen Pferdehaltung des Klägers nicht in die Betrachtung aufgenommen worden.

Die Bevollmächtigten des Klägers erwiderten mit Schriftsatz vom 11. Mai 2011, eine solche Vorgehensweise sehe die GIRL nur vor, wenn die Betriebe die gleiche Tierart hielten, ansonsten sei die Gesamtbelastung zu berücksichtigen, die hier unzumutbar sei.

Das Gericht beschloss am 11. April 2011 die Durchführung eines Augenscheins, der am 12. Mai 2011 stattfand. Hinsichtlich der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.

In der sich an den Augenschein anschließenden mündlichen Verhandlung wurde festgestellt, dass zwei verschiedene Fassungen des Gutachtens der Fa. … GmbH in Umlauf sind, wobei eine das Datum "3. Februar 2010" und eine andere, die Korrekturfassung, das Datum "4. Februar 2010" aufweist.

Die Beteiligten erklärten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren, damit zu den aufgetauchten Widersprüchlichkeiten noch Stellung genommen werden könne.

Die Bevollmächtigten der Beigeladenen wiesen mit Schriftsatz vom 10. August 2011 darauf hin, dass … ein Festmistlager ausreichend für 41 Pferde berücksichtigt habe; der Kläger wirke bei der Klärung der Frage, wo er den Festmist lagere, nicht mit. Im Übrigen habe der Gemeinderat der Gemeinde … beschlossen, für den Bereich der alten Hofstelle einen Bebauungsplan für Wohnbebauung aufzustellen.

Der Bevollmächtigte des Klägers erwiderte mit Schriftsatz vom 19. August 2011, es müsse davon ausgegangen werden, dass beide Mistlegen in voller Kapazität genutzt würden.

Mit Schriftsatz vom 25. August 2011 legten die Bevollmächtigten der Beigeladenen eine Stellungnahme der Fa. … vom 20. Mai 2011 vor. Auf der benachbarten Pferdepension sei keine Mistlege genehmigt. Das Amt für Landwirtschaft habe lediglich die Dunglege auf dem elterlichen Grundstück Fl.Nr …, das nunmehr Wohnbauland werden solle, der Pferdepension zugeordnet. Der Kläger könne nicht Dunglegen in die Landschaft streuen, wie ihm beliebe. Er könne sich nur auf eine Mistlege in einer Größenordnung berufen, die für seinen Betrieb notwendig sei. Da … bereits eine Mistlege in der Prognose berücksichtigt habe, sei keine weitere Untersuchung mehr erforderlich.

In der beiliegenden Stellungnahme von … vom 20. Mai 2011 wird ausgeführt, mit Datum vom 26. Januar 2011 sei dem Landratsamt ein Entwurf des Immissionsschutzgutachtens übermittelt worden. Da die im Rahmen der Ortseinsicht vom Betreiber des Pferdebetriebes genannten Tierzahlen (53 Pferde und 9 Rinder) nicht mit der dem Landratsamt vorliegenden Genehmigung übereinstimmten, sei vereinbart worden, im Gutachten die tatsächlich genehmigten Tierzahlen zugrunde zulegen. Ferner sei man übereingekommen, dass eine Anwendung des tierartspezifischen Belästigungsfaktors von 1,0 für Pferde keine sachgerechte Beurteilung der Situation ermögliche. Aufgrund der Überlagerung unterschiedlicher Geruchsqualitäten (Rind, Schwein, Pferd) würde sonst der Immissionsbeitrag der Pferde wegen des höchsten Belästigungsfaktors in der Prognose auch nach der Berechnungsformel der GIRL im Ergebnis stärker gewichtet, als der Beitrag der Schweine- und Rindergerüche. Die Überarbeitung des Gutachtens sei dem Landratsamt per E-Mail am 3. Februar 2011 vorgelegt worden. Nach Durchsicht und Prüfung des Gutachtens von Seiten des Landratsamtes sei am 4. Februar 2011 um 10.00 Uhr eine weitere Abstimmung mit dem Landratsamt durchgeführt worden. Über diese Abstimmung sei von Seiten des Landratsamtes ein Aktenvermerk erstellt worden. Die im Aktenvermerk angesprochenen Punkte sollten kurzfristig in das Gutachten übernommen werden. Dabei seien keine die Ergebnisse der Prognose betreffenden Änderungen vorgesehen worden. Es sei die redaktionelle Änderung von fehlerhaften Abbildungsunterschriften erfolgt. Zudem sei die Argumentation bezüglich der Wahl des Gewichtungsfaktors für die Pferdehaltung erweitert und die Spannweite der in der Literatur dargestellten Emissionsfaktoren aus Pferdehaltung ausführlicher dargestellt und die Zusammenfassung ergänzt worden. Das auf Basis der oben genannten Aktennotiz überarbeitete Gutachten sei dem Landratsamt per E-Mail am 4. Februar 2011 abends zur Verfügung gestellt worden. Aufgrund der angesprochenen ergänzenden Erläuterungen im Bezug auf die Emissionsfaktoren und den Gewichtungsfaktor für die Pferdehaltung weise die Version des Gutachtens vom 4. Februar 2011 im Vergleich zur Version vom 3. Februar 2011 eine Seite mehr auf. Ab S. 16 verschöben sich die Seitenzahlen, da die Abb. 7 in der Version vom 4. Februar 2011 auf S. 17 verschoben worden sei. Die sich ergebenden Unterschiede der Versionen wurden nachfolgend im Einzelnen dargestellt.

Die Bevollmächtigten der Beigeladenen ergänzten mit Schriftsatz vom 26. August 2011, im Gelben Heft Nr. 63, herausgegeben vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten würden Geruchsfahnenbegehungen an Rinderställen abgehandelt. Das Ergebnis dieser Begehungen werde bei Festmistlagerungen in Abb. 55 dargestellt. Danach werde in einer Entfernung von 50 m kein deutlicher Stallmistgeruch mehr wahrgenommen. Keiner der Kläger liege in einem Umkreis von 50 m. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass der Geruch von Pferden geringer als der von Rindern eingestuft werde. Dies sehe auch die neue VDI-Richtlinie 3894, die die bisherigen Richtlinien ersetze, so vor. Die Frage des Festmistlagers müsse daher nicht näher vertieft werden.

Das Landratsamt teilte mit E-Mail vom 30. September 2011 mit, dass eine weitere Stellungnahme nicht veranlasst sei. Es wurde weiterer Schrift- und E-Mail-Verkehr zwischen dem Landratsamt und … beigefügt. In der Anfrage des Landratsamtes vom 30. Mai 2011 an … ist ausgeführt, das Amt für Landwirtschaft habe in seiner Stellungnahme vom 16. September 1999 zum Bauvorhaben des Pensionspferdebetriebes des Klägers auf Fl.Nrn. … und … einer Dunglege auf dem alten Aussiedlerhof Fl.Nr. … zugestimmt und diese mit 216 m³ als ausreichend für das Bauvorhaben erachtet. Für den Pensionspferdebetrieb seien zuletzt in der Tekturgenehmigung vom 1. April 2000 39 Pferde baurechtlich genehmigt worden (23 + 16 Boxen), jedoch keine Rinder. In der dritten Tektur vom … Oktober 2007 (ungenehmigte Bestandsplanung) sei der Anbau von zwei zusätzlichen Pferdeboxen beantragt worden. Diese dritte Tektur sei genehmigungsfähig und sei im Geruchsgutachten für den Pensionspferdebetrieb berücksichtigt. Die Fa. … werde gebeten, die genehmigte Dunglege auf Fl.Nr. …, die zum Pferdepensionsbetrieb gehöre, noch zusätzlich zu den bereits berücksichtigten 41 Pferden anzurechnen. Laut Telefonat mit dem Amt für Landwirtschaft am 18. Mai 2011 „gehöre der Mist zum Pferd“ und wäre daher bei den 41 berücksichtigten Pferden dabei. Ferner werde die Fa. … noch um Prüfung gebeten, inwieweit die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angesprochene Weidehaltung von Rindern (zusätzlich zu den 41 Pferden) in einer genehmigungsfreien Unterstelle (in ca. 500 m Entfernung zum Pferdehof) als "Zusatzbelastung" im Gutachten mitberücksichtigt werden müsse.

In einem weiteren Schreiben des Landratsamtes an die Fa. … vom 20. Juni 2011 ist ausgeführt, der Pferdepensionsbetrieb sei ausschließlich mit einer Dunglege von 216 m² auf dem alten Betrieb auf Fl.Nr. … genehmigt. In den genehmigten Bauplänen des Pensionspferdebetriebes sei kein Festmistlager auf der Hofstelle des Pferdepensionsbetriebes ausgewiesen. Ein Festmistlager auf der Hofstelle sei allerdings baurechtlich verfahrensfrei.

Mit Schreiben vom 6. Oktober 2011 wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass dem Immissionsschutzgutachten vom 3. Februar 2010 eine Mistlege des Pferdepensionsbetriebes im östlichen Bereich der Nebenstallung in einem nach Norden und Süden hin offenen Lager (Fläche: 5,50 m x 13,50 m) zugrunde liegt. Daraus seien 0,44 MGE/h Geruchsimmissionen errechnet und wohl der Ausbreitungsrechnung zugrunde gelegt worden. Nach nunmehrigem Vortrag befinde sich die Mistlege auf dem Grundstück Fl.Nr. …, also an der alten Hofstelle. Das Verwaltungsgericht bat um eine ergänzende gutachterliche Beurteilung hinsichtlich dieser Mistlege.

Mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2011, erklärten die Bevollmächtigten des Klägers, der Pferdemist des klägerischen Betriebs (140 m³ pro Monat) werde auf der Mistlege bei der Pferdepension zwischengelagert und dann zur Mistlege an der elterlichen Hofstelle verbracht. Er werde halbjährlich ausgebracht. Desweiteren sei auf der alten Hofstelle eine Güllegrube in Betrieb. An der Betriebsstätte der Eltern des Klägers sei die Tierhaltung wieder aufgenommen worden. Derzeit würden dort neun Rinder gehalten.

Mit Schriftsatz vom 7. November 2011 ließen die Beigeladenen über ihre Bevollmächtigten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Weiter legten die Bevollmächtigten der Beigeladenen die ergänzende Beurteilung von … vom 4. November 2011 sowie ein Schreiben des Landratsamtes vom 14. Oktober 2011 vor. Im Schreiben des Landratsamtes werde eine Auskunft des Landwirtschaftsamtes über die erforderliche Größe des Mistlagers für die 41 genehmigten Pferde des klägerischen Betriebs wiedergegeben. Die ergänzende Beurteilung ergebe, dass bezüglich der klägerischen Grundstücke keine signifikanten Auswirkungen vorlägen.

In der ergänzenden Beurteilung von … vom 4. November 2011 wird ausgeführt, dass nach den Angaben des Landratsamtes für einen Pferdebetrieb mit 41 Pferden bei einer halbjährigen Lagerung eine Mistlege mit einer Größe 164 m² erforderlich sei. Es sei von einer zweimaligen vollständigen Leerung des Lagers auszugehen. Daraus ergebe sich im Jahresmittel eine durchschnittliche immissionsaktive Fläche von 82 m². Für die Festmistlagerung werde analog zur vorangegangenen Begutachtung konservativ von einem flächenspezifischen Geruchsstoffstrom von 3,3 GE/(m² …s) ausgegangen. Daraus ergebe sich für das Festmistlager auf dem Grundstück Fl.Nr. … eine Geruchsstoffimmission von 0,97 MGE/h im Jahresmittel. Tierartspezifische Gewichtungsfaktoren seien nicht berücksichtigt. Diese ergänzende Stellungnahme zu der Mistlege des Pferdebetriebs enthält keine Ausführungen zur Geruchsbelastung auf diesem Betrieb selbst.

Mit Schriftsatz vom 11. November 2011 bestritten die Bevollmächtigten der Beigeladenen, dass die Mistlege auf der alten Hofstelle benutzt werde. Nach Beobachtungen der Beigeladenen werde der Mist alle vier Wochen von einer Fremdfirma abgefahren. Gülle falle in der Pferdepension nicht an; es bestehe auch keine Verbindung zur Güllegrube auf der alten Hostelle. Die Rinder seien auch im Winter auf der Weide. Die Bebauungsplanung der Gemeinde … wolle inzwischen das Bauvorhaben der Beigeladenen berücksichtigen.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2012 hat das Landratsamt auf Anforderung des Gerichts die Baugenehmigungsakten zum Pferdepensionsbetrieb des Klägers und die Genehmigungsakten zur (früheren) Hofstelle auf dem Grundstück Fl.Nr. … vorgelegt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne (weitere) mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamtes … vom … Februar 2010 verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Zu berücksichtigen ist, dass Nachbarn eine Baugenehmigung oder einen Vorbescheid nur dann mit Erfolg anfechten können, wenn sie hierdurch in einem ihnen zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht verletzt werden (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es genügt daher nicht, wenn die Baugenehmigung gegen Rechtsvorschriften des öffentlichen Rechts verstößt, die nicht - auch nicht teilweise - dem Schutz der Eigentümer benachbarter Grundstücke dienen. Eine baurechtliche Nachbarklage kann allerdings auch dann Erfolg haben, wenn ein Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt (BVerwGE 52, 122).

Das im Außenbereich gelegene Bauvorhaben der Beigeladenen ist nach § 35 BauGB zu beurteilen. Nach den im Behördenakt befindlichen Luftbildern und Lageplänen und dem Ergebnis des gerichtlichen Augenscheins liegt das Baugrundstück offensichtlich im Außenbereich; die Hofstelle der Beigeladenen und der Betrieb des Klägers sind nicht Bestandteil eines Ortsteils und stellen auch selber keinen dar.

Nachbarrechtsschutz gegen Vorhaben im Außenbereich wird - unabhängig von der Lage des „klagenden“ Nachbargrundstücks (Innen-, Außenbereich, Plangebiet) - allein durch die Vorschrift des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB und das Gebot der Rücksichtnahme gewährleistet. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB liegt eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange insbesondere vor, wenn das Vorhaben schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann. Ist dies der Fall, stehen diese Belange sogar einem privilegierten Außenbereichsvorhaben entgegen (vgl. BVerwG v. 2.8.2005 BauR 2005, 1900).

§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB wird dabei bezüglich Immissionen als spezielle Ausprägung des Rücksichtnahmegebotes verstanden (vgl. BVerwG vom 5.9.2000 NVwZ-RR 2001, 82; BVerwG vom 28.7.1999 NVwZ 2000, 552 = BauR 1999, 1439) und ist als nachbarschützend anerkannt. Insofern entspricht es allgemeiner Meinung (BVerwG vom 30.9.1983 BRS 40 Nr. 205; BVerwG vom 30.9.1983 BVerwGE 68, 58; VGH Kassel vom 18.5.2000 BRS 63 Nr. 196), dass der Schutz vor Immissionen über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB kein anderer ist und nicht weiter geht als der Schutz nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Folglich ist bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von Immissionen auf die Begriffsbestimmungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zurückzugreifen. Danach sind Immissionen unzumutbar, die im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG geeignet sind, erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft hervorzurufen (BVerwG vom 30.9.1983 BVerwGE 68, 58; BVerwG vom 24.9.1992 Buchholz 406.12 § 15 BauNVO Nr. 22). Wo die Erheblichkeitsgrenze verläuft, richtet sich dabei nach der Schutzwürdigkeit und der Schutzbedürftigkeit der Umgebung. Insofern ist weiter zu beachten, dass Immissionsschutzrecht und Bauplanungsrecht in einer Wechselwirkung zueinander stehen: Einerseits konkretisiert das Bundes-Immissionsschutzgesetz die gebotene Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft allgemein und folglich auch mit Wirkung für das Baurecht; andererseits bemisst sich die Schutzwürdigkeit eines Gebiets nach dem, was dort bauplanungsrechtlich zulässig ist (BVerwG vom 6.7.1986 BVerwGE 74, 315 = DVBl 1986, 1273; BVerwG vom 14.4.1989 DVBl 1989, 1050; BVerwG vom 29.4.1988 BVerwGE 79, 254; BVerwG vom 19.1.1989 BVerwGE 81, 197; BVerwG vom 24.4.1991 BVerwGE 88, 143 = DVBl 1991, 1151; BVerwG vom 24.9.1992 a.a.O.; BVerwG vom 2.2.2000 BauR 2000, 1019). Ist die Schwelle der Erheblichkeit nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift bestimmt, kommt es folglich darauf an, ob die Immissionen das nach der gegebenen Situation zumutbare Maß überschreiten. Die Zumutbarkeitsgrenze ist auf Grund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen. Dies entspricht gefestigter Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwG vom 2.8.2005 ZfBR 2005, 806 = BauR 2005, 1900; BVerwG vom 17. Juli 2003 BRS 66 Nr. 167 = Buchholz 406.19 Nachbarschutz Nr. 166 m.w.N.) und des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa BayVGH vom 16.12.2009 Az. 14 ZB 09.1244). In welchem Maße die Umgebung schutzwürdig ist, lässt sich jedoch bei Immissionen nicht unabhängig von etwaigen Vorbelastungen bewerten, denn ist die Grundstücksnutzung aufgrund der konkreten Gegebenheiten mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet, so führt dies nicht nur zu einer Pflichtigkeit desjenigen, der Immissionen verursacht, sondern auch desjenigen, der sich den Wirkungen der Immissionen aussetzt (BVerwG vom 12.12.1975 BVerwGE 50, 49; BVerwG vom 16.3.1984 Buchholz 406.11 § 34 BBauG Nr. 100; BVerwG vom 23.9.1999 BVerwGE 109, 314). Ist der Standort schon durch Belästigungen in einer bestimmten Weise vorgeprägt, so vermindern sich entsprechend die Anforderungen. Das hat zur Folge, dass der Belästigte Nachteile hinnehmen muss, die er außerhalb eines derartigen Grenzbereiches nicht hinnehmen müsste. Im Umfang der Vorbelastung sind folglich Immissionen zumutbar, auch wenn sie sonst in einem vergleichbaren Gebiet nicht hinzunehmen wären (BVerwG vom 22.6.1990 Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 261; BVerwG vom 29.1.1991 BVerwGE 87, 332/357; BVerwG vom 23.5.1991 BVerwGE 88, 210, BayVGH v. 2.9.2010, Az. 14 ZB 10.604).

Zu den Immissionen nach § 3 Abs. 1 BImSchG gehören unter anderem Luftverunreinigungen. Hierzu zählen auch Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft durch Geruchsstoffe. Ein normativ festgelegtes Mess- oder Berechnungsverfahren und darauf aufbauende, normativ-verbindlich bestimmte Immissionsgrenzwerte oder Richtwerte für Geruchsstoffe bestehen nicht. Die Schwelle der Erheblichkeit bei Geruchsimmissionen ist nicht durch Gesetz, Rechtsverordnung oder normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften bestimmt.

In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH vom 24.11.2008, Az. 1 ZB 08.1462) ist anerkannt, dass zur Beurteilung der Zumutbarkeit der von Schweineställen verursachten Gerüche als „brauchbare Orientierungshilfe" grundsätzlich auf die Abstandsregelungen der „VDI-Richtlinie Emissionsminderung Tierhaltung - Schweine (VDI 3471)“ vom Juni 1986 (abgedruckt bei König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl., Anhang 9) zurückgegriffen werden kann (vgl. BVerwG vom 2.8.2005 ZfBR 2005, 806; vom 28.2.2002 NVwZ 2002, 1114; BayVGH vom 1.7.2005 BayVBl 2006, 71; BayVGH vom 27.11.2006 Az. 15 BV 06.422; BayVGH vom 17.9.2007 Az. 15 BV 07.142). Die Abstandregelungen der VDI-Richtlinien beruhen auf Erhebungen in der Praxis, bei denen die Geruchsschwellenentfernung ermittelt wurde, zuzüglich eines Sicherheitsabstandes (vgl. Nr. 3.2.1 VDI 3471), der im Ergebnis einer Verdoppelung des Geruchsschwellenabstandes entspricht (vgl. BayVGH vom 27.11.2006, Az. 15 BV 06.422).

Zur Beurteilung der Geruchsimmissionen wird in der Praxis zum Teil die neu überarbeitete Geruchsimmissions-Richtlinie („GIRL“: Länderausschuss für Immissionsschutz - LAI -: Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen i.d.F. vom 29. Februar 2008 und einer Ergänzung vom 10. September 2008) angewandt. Die GIRL enthält ein Berechnungsmodell zur Ermittlung von Geruchsimmissionen, das einen Immissionswert als Quotienten der Geruchswahrnehmungsstunden bezogen auf die Jahresgesamtstunden ergibt. Den so ermittelten Immissionswert stellt die GIRL in Nr. 3.1 bestimmte Immissionsrichtwerte für verschiedene Gebietstypen gegenüber. Danach sind in Wohn- und Mischgebieten Geruchsimmissionen an 10% der Jahresstunden und in Dorf-, Gewerbe- und Industriegebieten an 15% der Jahresstunden zulässig. Der Immissionswert 0,15 für Dorfgebiete gilt nur für Geruchsimmissionen verursacht durch Tierhaltungsanlagen. Eine Festlegung von Immissionswerten für den Außenbereich enthält die GIRL nicht. Die GIRL soll in erster Linie für immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen Anwendung finden, für andere kann sie sinngemäß angewandt werden. Bei nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen kann die Genehmigung auf die Einhaltung der Abstände nach den entsprechenden Richtlinien VDI 3471 und VDI 3472 gründen, es sei denn es sind mehrere Emissionsquellen (mehrere Tierhaltungsanlagen, Biogasanlagen etc.) vorhanden oder die maßgeblichen Immissionsorte liegen im Lee des zu beurteilenden Betriebes bezogen auf die Hauptwindrichtungssektoren. Bei der Anwendung bei nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen landwirtschaftlichen Anlagen (nach BImschG) ist in jedem Fall eine Einzelfallprüfung erforderlich, da z. B. auf Grund der Ortsüblichkeit ggf. höhere Geruchsimmissionen toleriert werden könnten (vgl. zum Ganzen Nr. 1 der GIRL „Allgemeines“ und Begründung hierzu, S. 28, 29).

Die Immissionsrichtwerte der GIRL beruhen auf Belästigungsbefragungen von Anwohnern emittierender Anlagen. Mit der Differenzierung zwischen Gebieten mit Wohnnutzung einerseits und Gebieten mit ausschließlich gewerblicher Nutzung andererseits sind die ursprünglichen Verfasser der GIRL seinerzeit der Empfehlung des Medizinischen Instituts für Umwelthygiene an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf aus dem Jahr 1992 gefolgt. In der damaligen Studie über die „Psychophysiologische und epidemiologische Grundlagen der Wahrnehmung und Bewertung von Geruchsimmissionen“ wurde vorgeschlagen, die Trennung zwischen unerheblicher und erheblicher Geruchsbelästigung bei 10% Geruchsstundenanteil durchzuführen und grob nach der Gebietsnutzung zu differenzieren (vgl. zum Ganzen Lang, Natur und Recht 2008, 15 ff.).

Wegen vielfältiger Kritik im Hinblick auf landwirtschaftliche Gerüche wurde die GIRL ab 2007 überarbeitet. Wichtige Punkte der überarbeiteten GIRL sind: Einführung eines eigenen Immissionswertes für Dorfgebiete; Zulassung von Immissionswerten von 0,25 im Einzelfall sowie Einführung eines Gewichtungsfaktors, um tierartspezifische Geruchsqualitäten berücksichtigen zu können. Dabei sind die Erkenntnisse und Eckpunkte aus dem Projekt „Geruchsbeurteilung in der Landwirtschaft“, das vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen koordiniert wurde, umgesetzt worden. Die dort dargestellten Ergebnisse basieren im Wesentlichen auf Erhebungen der Geruchsbelastung mit Hilfe von Rastermessungen und Belästigungsbefragungen von Anwohnern.

Die Umweltministerkonferenz der Länder hat festgestellt, dass die neugefasste GIRL „ein geeignetes Instrument zur Unterstützung des immissionsschutzrechtlichen Vollzugs“ ist. Die neugefasste GIRL wurde mit Schreiben des (damaligen) Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz vom 13.02.2009 „für schwierige Einzelfälle in Bayern als Erkenntnisquelle für den Vollzug“ den Regierungen übermittelt.

Die frühere Fassung der GIRL ist in Bayern von der Rechtsprechung nicht als geeignete Grundlage für die Beurteilung der Gerüche aus landwirtschaftlicher Tierhaltung anerkannt worden (BayVGH vom 24.11.2008, Az. 1 ZB 08.1442, vom 21.1.2008, Az. 1 ZB 05.1454, vom 27.10.2006, Az. 1 ZB 05.2465; vom 17.9.2007, Az. 15 BV 07.142). Nach der letztgenannten Entscheidung, der der 1. Senat in den zitierten Urteilen gefolgt ist, wird die der GIRL zu Grunde liegende Annahme, in der Regel sei es als erhebliche Belästigung zu bewerten, wenn die Häufigkeit der Geruchsstunden in Wohn-/Mischgebieten 0,10 (10 %) in Gewerbe-/Industriegebieten 0,15 (15 %) der Jahresstunden überschreite (Nr. 3.1), jedenfalls für Immissionen aus landwirtschaftlicher Tierhaltung (Schweine, Rinder) dem Begriff dessen, was unzumutbar im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO bzw. im Sinne des § 3 Abs. 1 BImSchG „erheblich“ sei, nicht gerecht. Das liege zum einen daran, dass die GIRL die Geruchsstunde bereits dann ansetze, wenn während nur einer Minute eine der Geruchsquelle zuzuordnende Geruchswahrnehmung eintrete (Nr. 4.4.7). Zum anderen bewerte die GIRL bereits den geringsten Grad der spezifischen Geruchswahrnehmung (1 GE/m³ i.S.v. „Begründung und Auslegungshinweise zu Nr. 1“). Das führe insgesamt am Maßstab der Immissionswerte der Nr. 3.1 zu einer unrealistischen Beurteilung der Immissionen aus typisch landwirtschaftlicher Tierhaltung (vgl. auch Moench/Hamann, DVBl 2004, 201). Es komme hinzu, dass die Immissionswerte nach Nr. 3.1 der GIRL allein nach Wohn-/Mischgebieten einerseits und Gewerbe-/Industriegebiet andererseits unterscheide und damit die typische Hedonik und Ortsüblichkeit der Gerüche aus landwirtschaftlicher Tierhaltung im Dorfgebiet nicht berücksichtige.

Die überarbeitete Fassung der GIRL (2008) enthält nunmehr besondere „Regelungen“ und Hinweise für Tierhaltungsanlagen, Dorfgebiete, Außenbereiche und angrenzende Wohngebiete etc. Die Gründe für die Ablehnung durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof sind von der Neufassung nicht ausgeräumt worden. Am Geruchsschwellenwert wird ebenso festgehalten wie an der Geruchsstunde und den Richtwerten für Wohn- und Mischgebieten, Gewerbe- und Industriegebieten.

Richtlinien können nur beanspruchen, die richterliche Überzeugungsbildung als Orientierung zu leiten, Normqualität kommt ihnen nicht zu (st. Rspr., vgl. BVerwG, Beschluss vom 14.08.1998, 4 B 81.98, DÖV 1999, 35; Beschluss vom 27.01. 1994, 4 B 16.94, NVwZ-RR 1995, 6). Die GIRL ist ein rechtlich nicht verbindliches Regelwerk, das keine Rechtsquelle darstellt (BVerwG vom 7.5.2007, Az. 4 B 5.07). Die GIRL und die VDI-Richtlinien sind Regelwerke, die technische Normen enthalten, auf Erkenntnissen und Erfahrungen von Sachverständigen beruhen, auf deren Grundlage einheitliche Maßstäbe und Beurteilungsverfahren für die immissionsschutzrechtliche Bewertung von Gerüchen sichergestellt werden sollen. Die Auslegung der rechtlich nicht verbindlichen GIRL-Vorschriften ist damit keine Rechtsanwendung, sondern Tatsachenfeststellung (BVerwG vom 14.11.2007, Az. 7 B 45/07).

Die GIRL geht - anders als die bisher üblichen Methoden - von der „Geruchsstunde“ als Bewertungsgröße aus. Wenn in 10 % der Bezugszeit - also 6 Minuten - Geruchswahrnehmungen auftreten, wird der gesamte Zeitraum als Belästigung gewertet. Gerade die Beurteilung von Gerüchen, die nicht kontinuierlich auftreten, ist daher mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Diese grundsätzlichen Einwände sprechen dagegen, die GIRL als antizipiertes Sachverständigengutachten im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE 55, 250) anzusehen (vgl. BayVGH vom 27.11.2006, Az. 15 BV 06.422; OVG Lüneburg vom 25.7.2002 NVwZ-RR 2003, 24). Die GIRL und darauf beruhende Gutachten stellen daher nur ein Hilfsmittel bzw. nur eine Erkenntnisquelle unter vielen bei der Beurteilung von Gerüchen dar (vgl. BayVGH vom 5.10.2011, Az. 15 CS 11.1858 - juris - RdNr. 23, vom 25.10.2010, Az. 2 CS 10.2137 = BauR 2011, 256, vom 28.8.2001 Az. 26 ZS 01.1413 BayVBl 2002, 309/310). Berechnungen auf der Basis der GIRL stellen ein im Sinn einer konservativen Prognosesicherheit komfortables „worst-case - Szenario“ dar (vgl. auch BayVGH vom 15.11.2010, Az. 15 CS 10.2131: „jedenfalls keine strengeren Anforderungen“).

Mangels anderweitiger Orientierungshilfen kann insoweit auf die GIRL als Erkenntnisquelle zurückgegriffen werden, als durch ein Immissionsschutzgutachten auf der Grundlage der GIRL das Vorliegen unzumutbarer Geruchsimmissionen ausgeschlossen werden kann. Das ist hier der Fall. Denn unter Zugrundelegung des vom Landratsamt eingeholten GIRL-Geruchsgutachtens vom 3./4. Februar 2010 und in Verbindung mit den im Gerichtsverfahren vorgelegten Ergänzungen liegt eine unzumutbare Geruchsbelästigung des Klägers im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB nicht vor.

Dass im Tenor des streitgegenständlichen Bescheids vom … Februar 2010 auf das Gutachten der Fa. … vom 3. Februar 2010 Bezug genommen und dieses zum Bestandteil des Bescheids erklärt wird, ist rechtlich unerheblich. Diese Aussage hat keinen Regelungscharakter (vgl. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG), sondern ist Teil der Begründung des Bescheids, um die Genehmigungsfähigkeit des beantragten Vorhabens im Hinblick auf Geruchsimmissionen darzulegen. Insbesondere bewirkt die Aussage, wonach das Gutachten zum Bestandteil des Bescheids erklärt wird, nicht eine Modifizierung des beantragten Vorhabens, etwa weil sich erst aus dem Gutachten eine bestimmte Art des Betriebs im Sinne einer den Vorbescheidsantrag konkretisierenden Betriebsbeschreibung ergäbe. Das beantragte Vorhaben ergibt sich unmittelbar aus dem Vorbescheidsantrag, den dazu vorgelegten Plänen und der Betriebsbeschreibung. Der Nachweis dafür, dass vom beantragten Vorhaben keine schädlichen Umwelteinwirkungen ausgehen, kann auch noch im Gerichtsverfahren bis zur letzten Tatsacheninstanz geführt werden.

Die GIRL ist, wie ausgeführt, keine Vorschrift, unter die „subsumiert“ werden könnte oder müsste. Erst Recht gilt das für die Auslegungshinweise der GIRL. Die GIRL ist nach der zitierten Rechtsprechung, der die Kammer folgt, eine „Orientierungshilfe“, die im Einzelfall, wie die GIRL selbst vorsieht - Ortsüblichkeit -, einer besonderen Bewertung bedarf. Die GIRL enthält für den Außenbereich keine „Regelungen“. Sie gibt Auslegungs- und Anwendungshinweise unter Berücksichtigung der Kritik von Teilen der Rechtsprechung.

Nach der Neufassung der GIRL (vgl. Begründung S. 33) kann im Außenbereich im Einzelfall eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit landwirtschaftlicher Gerüche von 25% der Jahresstunden zulässig sein. Das (allgemeine) Wohnen im Außenbereich ist mit einem immissionsschutzrechtlich geringeren Schutzanspruch als den für Dorfgebiete verbunden, da der Außenbereich privilegierten Vorhaben, darunter ausdrücklich landwirtschaftlichen Betrieben, vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB und anderen Betrieben, die gerade wegen ihrer Emissionen in den Außenbereich verwiesen sind, vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB, vorbehalten ist.

Zu benachbarten Tierhaltungsanlagen meint die GIRL (S. 30), dass es sich in der Praxis eingebürgert habe, die Wohnhäuser benachbarter Tierhaltungsanlagen nicht in die Beurteilung der Geruchssituation einzubeziehen. Dies habe auch Eingang in die Rechtsprechung gefunden, die von einer „Schicksalsgemeinschaft“ der emittierenden landwirtschaftlichen Betriebe spreche (Nds. OVG vom 25. 07. 2002 Az. 1 LB 980/01). Aus Wirkungsgesichtspunkten erscheine dies zumindest dann sinnvoll, wenn die Betriebe auch die gleiche(n) Tierart(en) hielten. Bei unterschiedlichen Tierarten sei davon auszugehen, dass die Grenze der erheblichen Belästigung deutlich über der liege, die bei unbeteiligten Dritten anzusetzen wäre. In den Auslegungshinweisen zu Nr. 1 GIRL (dort S. 30) wird auch auf die Auslegungshinweise zu Nr. 5 GIRL (vgl. dort S. 42) verwiesen, wonach nach BImSchG nur der Nachbar einen Schutzanspruch gegenüber schädlichen Umwelteinwirkungen habe, nicht der Nutzer der emittierenden Anlage. Die durch den Betrieb für die eigenen Arbeitnehmer hervorgerufene Geruchs-Immissionsbelastung könne nicht als Vorbelastung zu der durch einen anderen Betrieb hier erzeugten Belastung dazugerechnet werden.

Das OVG Nordrhein-Westfalen (vgl. Beschluss vom 19.12.2002, Az. 10 B 435/02) lässt für „landwirtschaftliches Wohnen“ eine Geruchswahrnehmungshäufigkeit von mehr als 50% der Jahresstunden zu (vgl. auch: Nds. OVG v. 25.7.2002, Az. 1 LB 980/01). Das betrifft vor allem das Nebeneinander landwirtschaftlicher Betriebe oder gewerblicher Tierhaltungsbetriebe, vgl. auch OVG NRW vom 19.05.2003 Az. 22 A 5565/00: „Bei einem Nebeneinander landwirtschaftlicher Betriebe im Außenbereich ist die Erheblichkeitsschwelle i. S von § 3 Abs 1 BImSchG (i.V.m § 35 Abs 3 Nr. 3 BauGB) auch im Hinblick auf die zu den landwirtschaftlichen Anwesen gehörenden Wohngebäude (hier: Altenteilerwohnhaus) erst überschritten, wenn die Immissionen nach Ausmaß und Dauer schlechthin unerträglich sind und sich der Grenze der konkreten Gesundheitsgefahr nähern“. Auch für entprivilegiertes Wohnen nach § 35 Satz 1 Abs. 4 Nr. 1 BauGB gilt eine erhöhte Zumutbarkeit (OVG NW vom 25.11.2008, Az. 8 A 2739/07, und vom 16.3.2009, Az. 10 A 259/08).

Im vorliegenden Fall betreibt der Kläger in der Nachbarschaft zum Bauvorhaben mit dem Pensionspferdebetrieb einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 201 BauGB. Nur aufgrund des Vorliegens eines landwirtschaftlichen Betriebs durfte der Kläger im Außenbereich diesen Betrieb errichten. Auch für das „betriebliche Wohnen“ kann er nur das Schutzniveau eines solchen Betriebes einfordern.

Im Außenbereich kann nicht damit gerechnet werden, „wohnverträglich“ wohnen zu können; vielmehr muss mit Gerüchen gerechnet werden ausgehend von Betrieben, die auch wegen ihrer Immissionen im Außenbereich angesiedelt werden. Insoweit gilt für „betriebliches Wohnen auf landwirtschaftlichen Betrieben“ ähnliches wie für „betriebliches Wohnen in einem Gewerbegebiet“. Auch in Gewerbebetrieben können gemäß § 8 Abs. 3 BauNVO ausnahmsweise Wohnungen für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen sowie für Betriebsinhaber und Betriebsleiter zugelassen werden. Werden solche Wohnungen zugelassen, kann nicht erwartet werden, dass dort wohngebietsverträgliche Bedingungen herrschen. Dies ergibt sich bereits aus den Regelungen hinsichtlich des Lärmimmissionsschutzes. Im Gewerbegebiet müssen hier Immissionsrichtwerte von 65 dB(A) tagsüber und 50 dB(A) nachts hingenommen werden (vgl. Nr. 6. 1 Buchst. b TA-Lärm). Diese Werte sind nicht wohnverträglich. Gesunde Wohnverhältnisse liegen regelmäßig nur vor, wenn die für Kern-, Dorf- und Mischgebiete festgelegten Richtwerte (60 dB(A) tagsüber und 45 dB(A)nachts, vgl. Nr. 6. 1 Buchst. c TA-Lärm) nicht überschritten sind (vgl. BVerwG v. 23.9.1999 - 4 C 6/98). Entsprechendes gilt für Gerüche in einem Gewerbegebiet. Möchte jemand - ausnahmsweise - im Gewerbegebiet wohnen, so muss er, um zumutbar wohnen zu können, besondere Vorkehrungen treffen und kann insbesondere nicht erwarten, die Außenanlagen wie in einem zum Wohnen bestimmten Gebiet nutzen zu können. Darüber hinaus kann in einem Gewerbegebiet nicht erwartet werden, dass unbeaufsichtigt die Fenster geöffnet werden können, da in einem Gewerbegebiet stets mit unzumutbarem Lärm, Gerüchen und dergleichen gerechnet werden muss. Will jemand ausnahmsweise in einem Gewerbegebiet wohnen, so obliegt es ihm, durch Platzierung des Gebäudes auf dem Grundstück, Grundrissgestaltung und andere ihm mögliche und zumutbare Maßnahmen der „architektonischen Selbsthilfe“ seinerseits die gebotene Rücksicht darauf zu nehmen, nicht unzumutbaren Geruchsbelästigungen ausgesetzt zu werden.

Die Situation betrieblichen Wohnens im Außenbereich ist mit dem ausnahmsweisen Wohnen in einem Gewerbegebiet vergleichbar; eher muss betriebliches Wohnen im Außenbereich noch mehr Immissionen hinnehmen.

Für benachbarte Tierhaltungsanlagen im Außenbereich bieten sich nach Auffassung des Gerichts, legt man die GIRL und seine Hinweise als Orientierungshilfe im Sinne eines „worst case-Szenario“ zugrunde, folgende Betrachtungsweise an:

Richtigerweise ist der Geruch aus der eigenen Tierhaltung außer Betracht zu lassen. Dies entspricht den Auslegungshinweisen zu benachbarten Tierhaltungsanlagen (zu Nr. 1 und Nr. 5 GIRL, S. 30 und 42), wonach bei der Bewertung der Geruchsbelastung durch den benachbarten Betrieb die im eigenen Betrieb erzeugte Belastung nicht hinzugerechnet werden darf.

Dem landwirtschaftlichem Wohnen ist ebenso wie dem allgemeinen Wohnen eine Jahresgeruchsstundenbelastung von 25 % (0, 25) zumutbar. Dieser Wert ist vorliegend eingehalten. Der Fremdgeruch liegt nach den Feststellungen des GIRL-Gutachters beim klägerischen Anwesen im Bereich der betrieblichen Wohnteile unter 25 % (vgl. Gutachten … Abb. 17).

Wollte man dagegen beim landwirtschaftlichen Wohnen auch den Geruch aus dem eigenen Betrieb berücksichtigen, so würde die Kammer in Übereinstimmung mit dem OVG Nordrhein-Westfalen (vgl. oben) jedenfalls eine Jahresgeruchsstunden-belastung von 50 % - gemessen nach den Methoden der GIRL - für zumutbar erachten. Dieser Werte wäre vorliegend eingehalten; die Gesamtgeruchsbelastung im Bereich der betrieblichen Wohnteile liegt unter 50 % (vgl. Gutachten … Abb. 19).

Fehler des Gutachtens zulasten des Klägers sind nicht ersichtlich. Soweit der Geruch aus dem eigenen Betrieb des Klägers zu berücksichtigen wäre - wovon die Kammer nicht ausgeht - würde Folgendes gelten:

Zutreffend ist der Gutachter vom genehmigten Bestand an Pferden ausgegangen. Da die Genehmigungsfähigkeit im Hinblick auf Geruchsimmissionen vom Tierbestand abhängt, wird der Tierbestand mitgenehmigt. Im vorliegenden Fall hat das Landratsamt unwidersprochen vorgetragen, dass beim benachbarten Pensionspferdebetrieb nur 41 Pferdeplätze genehmigt sind. Aufgrund der Baugenehmigung vom … September 1999 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom … April 2000 sind insgesamt 39 Pferdeboxen genehmigt worden; die bislang noch nicht genehmigte, nach Auffassung des Beklagten jedoch genehmigungsfähige 3. Tektur vom … Oktober 2007 beinhaltet den Anbau von zwei zusätzlichen Pferdeboxen. Daraus folgt auch, dass etwaige zwischenzeitlich gehaltene Rinder nicht zu berücksichtigen waren, da auch diese Tierhaltung auf der Hofstelle und benachbarten Grundstücken nicht genehmigt ist; im Übrigen hat der Pensionspferdebetriebsinhaber in der mündlichen Verhandlung erklärt, die Rinder würden sich 500 m vom Betrieb entfernt aufhalten und hat auch bei Besichtigung des ehemaligen elterlichen Betriebs nicht geäußert, dass dort noch Tiere untergestellt werden. Der ehemalige elterliche Betrieb auf Grundstück Fl.Nr. … kann im Fall der Genehmigung eines Aussiedlerhofes nicht ohne erneute Genehmigung wieder aufgenommen werden. Anderes gilt für die Mistlege, die bereits im Rahmen der Aussiedlung dort vorgesehen war; entsprechend der Stellungnahme des damaligen Amtes für Landwirtschaft und Ernährung vom 16. September 1999 im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens (Bl. 98 f. der Baugenehmigungsakte) reicht die auf der Althofstelle vorhandene Dunglege für eine halbjährige Lagerung des Mistes aus. Eine auf dem Grundstück Fl.Nr. … vorhandene Güllegrube wird dagegen nicht angesprochen und wäre gemäß vorgenannter Stellungnahme vom 16. September 1999 aufgrund der dort zugrunde gelegten Festmisthaltung auch nicht erforderlich. Eine spätere - ggf. baurechtlich noch zu genehmigende - Viehhaltung auf dem Grundstück Fl.Nr. … wäre im Übrigen im Hinblick auf die Vorbelastung auch deshalb nicht zu berücksichtigen, weil es insoweit auf die Sachlage bei Erlass des streitgegenständlichen Vorbescheids ankäme.

Das Gericht teilt die Auffassung von Landratsamt und Gutachter, dass bei Pferden keinesfalls ein höherer Geruchsfaktor als bei Rindern angenommen werden kann. Insbesondere bei einer Pensionspferdehaltung kann davon ausgegangen werden, dass die Pferde unter erhöhter Einstreu besonders sauber gehalten werden. Auch hat der Gutachter 12 Geruchseinheiten zu Grunde gelegt, obwohl die Richtlinie VDI 3894 „Emissionen und Immissionen aus Tierhaltungsanlagen Haltungsverfahren und Emissionen Schweine, Rinder, Geflügel, Pferde“ vom September 2011 nur 10 GE für angemessen hält. Soweit der Geruch von Rindern mit der von Pferden verglichen wird, geschieht dies in der Art einer „worst case-Betrachtung“ (vgl. BayVGH vom 17.3.2011, Az. 2 N 10.2071). Geruchsbedingte Störungen durch eine Pferdehaltung sind „bekanntermaßen grundsätzlich deutlich geringer als etwa bei der Haltung von Rindern oder Schweinen“ (BayVGH vom 17. 3. 2011, Az. 2 N 10.2071; vgl. auch VGH BW vom 10.10. 2003 VBl BW 2004, 181; BayVGH vom 9.11. 2005, Az. 2 CS 05.2224, vom 2. 9. 2010, Az. 14 ZB 10.604). Das entspricht auch den Erfahrungen der Kammer. Der Beklagte hat diese Bewertung zudem nicht nur auf allgemeine Erwägungen gestützt, sondern auch auf die vorliegend sehr saubere und mit viel Einstreu betriebene Pferdehaltung (vgl. S. 9 f. der Stellungnahme vom 5. Februar 2010, Bl. 369 der Vorbescheidsakte). Diese Einschätzung hat sich auch im Rahmen des gerichtlichen Augenscheins bestätigt.

Die Mistlege auf dem ehemaligen Hofgrundstück Fl.Nr. … und etwaige weitere landwirtschaftliche Anlagen darauf, die der Gutachter nicht untersucht hat, würden unabhängig davon nach Überzeugung des Gerichts auf Grund der Entfernung und der Hauptwindrichtung keinesfalls dazu führen, dass der Geruchstundenanteil von 50 % überschritten würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Kläger trägt billigerweise gemäß § 162 Abs. 3 VwGO auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, weil diese einen Antrag gestellt und sich damit dem Kostenrisiko aus § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Beschluss

Der Streitwert wird auf EUR 7.500,-- festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG- i.V.m. dem Streitwertkatalog).