ArbG Weiden, Beschluss vom 20.03.2012 - 5 BV 30/11
Fundstelle
openJur 2012, 121699
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten um die Freistellung von Rechtsanwaltskosten.

Der Antragsteller/Beteiligte zu 1) ist der Betriebsrat der Antragsgegnerin/Beteiligten zu 2).

Unter dem Aktenzeichen 6 BV 23/10 führten die Beteiligten vor dem Arbeitsgericht Weiden ein Verfahren wegen Unterlassens betriebsvereinbarungswidriger Maßnahmen (Durchführung von Prämienentlohnungen entgegen einer Betriebsvereinbarung vom 30.6.2000). Das Verfahren endete durch Beschluss vom 14.12.2010. Die damalige und jetzige Antragsgegnerin legte dagegen am 8.2.2011 Beschwerde beim LAG Nürnberg ein. Am 17.2.2011 beantragte Rechtsanwalt B. als Vertreter des antragstellenden Betriebsrats die Zurückweisung der Beschwerde.

Mit anderweitigem Beschluss des Arbeitsgerichts Weiden - 6 BV 26/10, betreffend dieselben Beteiligten - vom 27.7.2010 wurde eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand Prämienentlohnung eingesetzt. Die dagegen gerichteten Beschwerden wurden vom LAG Nürnberg zurückgewiesen (7 TaBV 46/10). In der Einigungsstelle wurde am 28.3.2011 einvernehmlich eine neue Betriebsvereinbarung zur Prämienentlohnung beschlossen (Bl. 2 ff. d.A.).

Der Antragstellervertreter hat für seine Tätigkeit als Beisitzer im Einigungsstellenverfahren eine Kostennote erstellt (Bl. 48 d.A.) und den geltend gemachten Betrag von der Antragsgegnerseite auch erhalten. Keine Einigkeit besteht zwischen den Beteiligten aber hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten der Antragstellerseite für das Verfahren 6 BV 23/10 -zweitinstanzlich 5 TaBV 8/11.

Die Antragstellerseite geht hier bei einem Gegenstandswert von 40.056,63 € von einer dem Antragstellervertreter zustehenden Vergütung in Höhe von 4.775,95 € (incl. Umsatzsteuer, Bl. 11 d.A.) aus (1,6 Verfahrensgebühr, 1,2 Terminsgebühr, 1,3 Einigungsgebühr, Auslagenpauschale). Die Gegenseite hat nur eine 1,6 Verfahrensgebühr zzgl. Auslagenpauschale und Umsatzsteuer (1.878,30 €) bezahlt und hält die weitergehende Forderung für überhöht.

Dies weist der Antragsteller zurück, Termins- und Einigungsgebühr seien angefallen, die Mitwirkung an Besprechungen zur Erledigung und eine Einigung bezüglich des beim LAG anhängigen Beschwerdegegenstandes seien außergerichtlich beim Abschluss der Betriebsvereinbarung vom 28.3.2011 erfolgt. Der erstinstanzliche Beschluss vom 14.12.2010 sei bis zur letzten Sitzung der Einigungsstelle nicht rechtskräftig geworden. Die dort beschlossene Betriebsvereinbarung habe den Streit um die Nachwirkung der BV vom 30.6.2000 beendet, das Beschwerdeverfahren vor dem LAG sei mit Abschluss der neuen BV vom 28.3.2011 beendet worden, die formelle Beschwerderücknahme habe die erzielte Einigung lediglich umgesetzt. Wegen des weiteren Antragstellervorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze vom 13.10.2011 nebst Anlagen (Bl. 1 ff. d.A.) und vom 15.2.2012 (Bl. 60 ff. d.A.) verwiesen.

Der Antragsteller beantragt:

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragssteller von Rechtsanwaltskosten in Höhe von weiteren 2.435,- € zuzüglich 462,65 € entsprechend 19 % Umsatzsteuer für die Vertretung des Betriebsrates im Verfahren 5 TaBV 8/11 vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg freizustellen.

Die Antragsgegnerseite beantragt hingegen,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerseite hält die weitere Forderung für unberechtigt. Das Honorar für die Einigungsstellentätigkeit sei bezahlt worden, es könne nicht nochmals eine Vergleichsgebühr in Ansatz gebracht werden. Das Beschwerdeverfahren sei im Einigungsstellenverfahren nicht einbezogen worden, vielmehr habe es sich durch die neue Betriebsvereinbarung erledigt, weshalb die Beschwerde zurückgenommen worden sei. Die einzige Tätigkeit des Antragstellervertreters im Beschwerdeverfahren sei es gewesen, schriftsätzlich die Zurückweisung der Beschwerde zu beantragen.

Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden.

Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsprotokolle und den gesamten übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Der Antrag ist unbegründet, da dem Antragstellervertreter für die Vertretung im Verfahren 5 TaBV 8/11 kein weiterer Vergütungsanspruch zusteht.

Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist über §§ 2 a I Nr. 1 ArbGG, 40 BetrVG eröffnet. Das Arbeitsgericht Weiden ist auch örtlich zuständig (§ 82 I 1 ArbGG).

Der zulässige Antrag ist aber unbegründet.

Eine Terminsgebühr ist vorliegend nicht entstanden, auch nicht für die Mitwirkung an auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechungen, vgl. Nr. 3104 VV RVG i.V.m. Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 3 VV RVG.

Mit dieser Regelung soll das ernsthafte Bemühen des Prozessbevollmächtigten um einen Abschluss des Verfahrens ohne Beteiligung des Gerichts honoriert und damit zugleich die außergerichtliche Streitbeilegung - auch zur Entlastung der Gerichte - gefördert werden (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf eines Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes, BT-Drucks. 15/1971, S. 148, 209).

Danach können die Verhandlungen in der Einigungsstelle nicht als eine auf die Erledigung des Verfahrens 5 TaBV 8/11 gerichtete Besprechung gewertet werden. Während im Einigungsstellenverfahren in Umsetzung des gerichtlichen Beschlusses im Verfahren 6 BV 26/10 über eine neue Betriebsvereinbarung zur Prämienentlohnung verhandelt wurde, ging es im Verfahren 6 BV 23/10 um die Unterlassung von Maßnahmen entgegen der "alten" Betriebsvereinbarung aus dem Jahr 2000, und damit um unterschiedliche Streitgegenstände.

Die Verhandlungen im Einigungsstellenverfahren waren ausweislich des Akteninhalts - insbesondere ausweislich der einvernehmlich abgeschlossenen Betriebsvereinbarung - auf den Abschluss dieser neuen BV gerichtet. Erörterungen auch in Bezug auf das beim LAG anhängige Beschwerdeverfahren mit dem Ziel einer abschließenden außergerichtlichen Erledigung auch dieses Verfahrens sind hingegen nicht ersichtlich, solches wird im Ergebnis so auch nicht geltend gemacht.

Das Beschwerdeverfahren wurde nicht "mitverglichen", es endete auch nicht zwangsläufig durch den Abschluss der neuen Betriebsvereinbarung. Die Verfahrensbeendigung wurde vielmehr ausschließlich durch die antragsgegnerseitige Beschwerderücknahme erreicht.

Bei alldem erkennt die Kammer durchaus die thematischen Überschneidungen und prozessualen Zusammenhänge beider Verfahren. Diese Berührungspunkte sind jedoch in den Verfahren, die beide im weiteren Sinne die Prämienentlohnung bei der Antragsgegnerin zum Thema haben, von Anfang an angelegt und können im Ergebnis nicht zu einer abweichenden gebührenrechtlichen Würdigung führen.

Dass erst die Beschwerderücknahme - und der daraufhin gem. § 89 IV 2 ArbGG ergangene Einstellungsbeschluss - und nicht bereits die neue BV das Beschwerdeverfahren beendete ist auch keine zu formale Betrachtungsweise. Denn es gilt über die fehlende, auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens gerichtete Besprechung hinaus die grundsätzlich sehr formale Ausrichtung des RVG zu beachten. So gelten Eil- und dazugehörendes Hauptsacheverfahren nicht als dieselbe Angelegenheit i.S.d. § 16 RVG, sondern nach § 17 Nr. 4 RVG als verschiedene Angelegenheiten (vgl. Gerold/Schmidt, 18.Aufl., § 16 RVG Rn. 129).

Schließlich war das gesetzgeberische Anliegen zu berücksichtigen, wonach sich die Gebühren des Rechtsanwalts - wenn auch in generalisierender Weise - an dem Aufwand seiner anwaltlichen Tätigkeit auszurichten haben. Diesem Anliegen wird die vorliegende Betrachtungsweise gerecht, schließlich wurde vom Antragstellervertreter im Beschwerdeverfahren nach dem unwidersprochenen Antragsgegnervortrag nur die Zurückweisung der Beschwerde beantragt.

Auch eine Einigungsgebühr ist nicht angefallen. Nach Nr. 1000 VV RVG entsteht eine solche u.a. für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrages, durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird.

27Mitgewirkt hat der Antragstellervertreter hier in den Einigungsstellensitzungen als Beisitzer. Die Vergütung richtet sich hierbei aber ausschließlich nach § 76 a III BetrVG, nicht nach dem RVG (vgl. BAG vom 20.2.1991, 7 ABR 6/90, NZA 1991, 651 f.). Diese Vergütung hat der Antragstellervertreter unstreitig erhalten. Eine Anspruchsgrundlage für eine darüber hinausgehende Vergütung für die Mitwirkung in der Einigungsstelle ist hingegen nicht ersichtlich. Ein höheres Honorar wurde nicht vereinbart. Neben der Vergütung nach § 76 a BetrVG kann nicht zusätzlich eine Vergütung nach dem RVG eingefordert werden, denn als Beisitzer einer Einigungsstelle wird ein Rechtsanwalt in dieser Eigenschaft und nicht in seiner Eigenschaft als Anwalt tätig (vgl. Fitting, BetrVG, 25. Aufl., § 76 a Rn. 17). Die Einigungsstelle wurde auch ihrem Regelungsgegenstand entsprechend und in Umsetzung des gerichtlichen Einsetzungsbeschlusses tätig. Eine Einbeziehung anderer, darüber hinausgehender Streitgegenstände erfolgte nicht, insbesondere wurde das Verfahren 5 TaBV 8/11 in der Einigungsstelle nicht miterledigt (s.o.). Zur weiteren Begründung wird zusätzlich auf die o.g. Argumente zur Terminsgebühr verwiesen.

Der Antrag konnte nach alldem keinen Erfolg haben.

Eine Kostenentscheidung war wegen § 2 II GKG nicht veranlasst.

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