Bayerischer VGH, Beschluss vom 16.03.2012 - 3 CE 11.2381
Fundstelle
openJur 2012, 121452
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren selbst.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Im polizeilichen Intranet vom 15. April 2011 wurde unter Ziffer 6.6 der Dienstposten als Kommissariatsleiterin/Kommissariatsleiter Verletzung höchstpersönlicher Rechtsgüter bei der KPI E…/K 1 (BesGr A12/13) ausgeschrieben.

Auf den ausgeschriebenen Dienstposten gingen fünf Bewerbungen ein, darunter die des Antragstellers und des Beigeladenen. Der 1959 geborene Antragsteller wurde zum 1. Juli 2004 zum Kriminalhauptkommissar (BesGr A 12) befördert. In seiner letzten periodischen dienstlichen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juni 2006 bis zum 31. Mai 2009 erhielt er das Gesamturteil 14 Punkte. In der vorhergehenden dienstlichen Beurteilung für den Beurteilungszeitraum vom 1. Juli 2003 bis 31. Mai 2006 erhielt er in der Besoldungsgruppe A 12 das Gesamturteil 13 Punkte.

Der 1969 geborene Beigeladene wurde zum 1. Februar 2008 zum Kriminalhauptkommissar (BesG A 12) befördert. In der letzten dienstlichen Beurteilung im Beurteilungszeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2009 erhielt er das Gesamturteil 14 Punkte, in der vorhergehenden dienstlichen Beurteilung für den Zeitraum vom 1. Juni 2003 bis 31. März 2006 erhielt er in der Besoldungsgruppe A 11 das Gesamturteil 15 Punkte.

In einem Aktenvermerk des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 22. Juni 2011 wurden die drei leistungsstärksten Bewerber verglichen. Hinsichtlich der aktuellen Beurteilung waren alle mit 14 Punkten im Besoldungsamt A 12 bewertet und besaßen die in den Bestellungsrichtlinien geforderten fachspezifischen Kenntnisse. Die vorletzte Beurteilung schloss beim Beigeladenen in der Besoldungsgruppe A 11 mit einem Gesamturteil von 15 Punkten, die beim Antragsteller, der bereits in der Besoldungsgruppe A 12 beurteilt wurde, mit 13 Punkten. Diese Beurteilungen wurden als gleichwertig betrachtet, da grundsätzlich davon ausgegangen werden könne, dass Konkurrenten als im Wesentlichen gleich leistungsstark zu betrachten seien, wenn eine Beurteilung aus einem niedrigeren Amt und zwei Punkte besser sei als die in einem höheren Amt erstellte Beurteilung eines Konkurrenten. Auch bei Überprüfung dieser Annahme kam das Bayerische Staatsministerium des Innern zum Ergebnis, dass die Bewerber im Wesentlichen gleich leistungsstark seien.

Um eine Auswahl zu treffen, wurde eine innere Ausschöpfung der aktuellen Beurteilungen entsprechend dem 2. Abschlussbericht November 2009 der Arbeitsgruppe Bestellungsverfahren vorgenommen. Es wurden die Einzelmerkmale 2.1.2.1 „Eigeninitiative, Selbstständigkeit“, 2.1.2.5 „Teamverhalten“, 2.1.3.2 „Anleitung und Aufsicht“, 2.1.3.3 „Motivation und Förderung der Mitarbeiter“, 2.2.1.4 „Entschlusskraft, Entscheidungsfreude, Verantwortungsbereitschaft“ gegenübergestellt. Da der Beigeladene als Sachbearbeiter keine Beurteilung in den Einzelmerkmalen 2.1.3.2 und 2.1.3.3 erhalten hatte, wurde ersatzweise das Einzelmerkmal 2.2.1.7 „Führungspotential“ betrachtet. Als Ergebnis wurde festgehalten, die Betrachtung der für die Besetzung des Dienstpostens mit Führungsaufgaben besonders wichtigen Einzelmerkmale zeige einen eindeutigen Vorsprung des Beigeladenen. Bei ihm werde nur eines dieser Einzelmerkmale mit 14 Punkten, alle anderen mit 15 Punkten beurteilt. Beim Antragsteller sei nur eines dieser Einzelmerkmale mit 15 Punkten beurteilt. Damit liege der Beigeladene an der Spitze der Bewerber.

Mit Schreiben vom 1. August 2011 erhob der Hauptpersonalrat gegen die Besetzung des Dienstpostens mit dem Beigeladenen keine Einwendungen. Der Antragsgegner beabsichtigte, die ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen.

Bereits am 26. Juli 2011 hatte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht beantragt,

dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung aufzugeben, die im Bereich des Polizeipräsidiums … zum 1. Oktober 2011 ausgeschriebene Stelle des Kommissariatsleiters Verletzung höchstpersönlicher Rechte bei der KPI E…/K1 nicht mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden worden ist.

Der Antragsgegner berufe sich zur Begründung seiner Auswahlentscheidung im Wesentlichen auf das Ergebnis der Arbeitsgruppe Bestellungsverfahren vom November 2009. Es sei dann jedoch geboten, dass die Bewerber einer einheitlichen dienstlichen Beurteilung unterzogen worden seien. Dies sei jedoch nicht der Fall. Bei Führungskräften, wie dem Antragsteller, seien 24 Einzelmerkmale anzusetzen, wobei eine doppelte Gewichtung bei „Eigeninitiative“, „Teamverhalten“, „Anleitung und Aufsicht“, „Motivation“ und „Förderung der Mitarbeiter“ und „Entschlusskraft“ stattzufinden habe. Dagegen sei der Beigeladene nur als Sachbearbeiter beurteilt worden, wobei in der Konsequenz bei ihm nur 21 Einzelmerkmale beurteilt worden seien. Die doppelte Gewichtung entspreche auch nicht den Merkmalen, die beim Antragsteller doppelgewichtet worden seien. Der Antragsteller sei der einzige, dessen Führungserfahrung im Rahmen der letzten dienstlichen Beurteilung als solche erfasst worden sei. Daraus sei abzuleiten, dass die innere Ausschöpfung, wie sie der Antragsgegner vorgenommen hat, sachwidrig sei. Ein sachgerechtes Ergebnis hätte nur erzielt werden können, wenn das Führungsverhalten der Bewerber vergleichbar beurteilt worden wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall. Ausschlaggebend könne nur sein, dass der Antragsteller tatsächlich über einen längeren Zeitraum Führungsverhalten und Führungserfahrung nachweisen könne. Zugleich habe der Antragsteller beantragt, dass seine letzte periodische dienstliche Beurteilung zu seinen Gunsten abgeändert werde.

Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 22. September 2011 den Antrag abgelehnt. Es sei die aktuelle Beurteilung des Antragstellers zugrundezulegen, weil dessen Einwendungen hiergegen nicht stichhaltig seien. Nachdem die aktuellen und die davor liegenden Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen gleichwertig seien, habe der Antragsgegner zu Recht auf die innere Ausschöpfung der Beurteilungen zurückgegriffen. Die Auswertung habe einen Vorsprung des Beigeladenen ergeben.

Mit seiner am 4. Oktober 2011 eingelegten Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Antragsziel weiter. Er rügt insbesondere, dass der Beigeladene lediglich als Sachbearbeiter hinsichtlich seines Führungspotentials beurteilt worden sei, während der Antragsteller eine Beurteilung hinsichtlich seiner tatsächlichen Führungserfahrung aufweisen könne. Eine Gleichstellung des Führungspotentials mit tatsächlicher Führungserfahrung sei nicht möglich, da sie dem tatsächlichen Anforderungsprofil des ausgeschriebenen Dienstpostens nicht gerecht werde. Darüber hinaus müssten die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niedergelegt werden. Außerdem habe der Antragsteller gegen seine aktuelle dienstliche Beurteilung für den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis 31. Mai 2009 Einwendungen erhoben und ein Schreiben seines damaligen Vorgesetzten vom 5. Oktober 2011 vorgelegt, wonach dieser lediglich aufgrund der Vorgabe einer Gesamtpunktzahl von 408 Punkten bei dem Gesamtprädikat von 14 Punkten bei den Einzelmerkmalen zu den einzelnen Punkten aus rein rechnerischen Gründen gekommen sei. Objektiv hätten die Einzelmerkmale besser beurteilt werden müssen. Darüber hinaus liege eine unzulässige Rückwirkung vor, da der zweite Abschlussbericht November 2009 nach Eröffnung und Abschluss der streitigen Beurteilung verfasst worden sei.

Die Einwendungen des Antragstellers gegen die dienstliche Beurteilung zum Stichtag vom 31. Mai 2009 wurden mit Widerspruchsbescheid des Polizeipräsidiums … vom 30. November 2011 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 5. Dezember 2011 Klage zum Verwaltungsgericht erhoben.

Der Antragsgegner beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er verwies auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und führte aus, dass die vorgebrachten Einwendungen gegen die dienstliche Beurteilung keine durchgreifenden Bedenken gegen deren Rechtmäßigkeit hervorrufen würden.

Zur Ergänzung wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch. Das vom Antragsgegner durchgeführte Stellenbesetzungsverfahren lässt nämlich erkennen, dass die Grundsätze der Bestenauslese in einer die Prognose rechtfertigenden Weise gewahrt wurden, der Antragsteller werde mit seinem Begehren, die Auswahlentscheidung aufzuheben, in einem Hauptsacheverfahren voraussichtlich keinen Erfolg haben.

Die im Rahmen der Stellenbesetzung vorzunehmende Auswahlentscheidung ist gemäß dem Verfassungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 94 Abs. 2 BV (vgl. § 9 BeamtStG, Art. 16 Abs. 1 LlbG) nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffen. Kommen mehrere Bewerber für einen höherwertigen Dienstposten in Betracht, muss der am besten Geeignete ausfindig gemacht werden. Bei einer im wesentlichen gleichen Beurteilungslage kann der Dienstherr die Auswahl nach weiteren sachgerechten Merkmalen treffen. Diese Regeln dienen vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen, berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher einen Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (vgl. BVerwG vom 25.8.1988 Az. 2 C 51/86 BVerwGE 80, 123 f.; BayVGH vom 19.1.2000 Az. 3 CE 99.3309 BayVBl 2001, S. 215; vom 16.8.2011 Az. 3 CE 11.897).

Ist unter mehreren Bewerbern eine Auswahl für die Besetzung eines Beförderungsdienstpostens zu treffen, so sind Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistungen in erster Linie auf dienstliche Beurteilungen zu stützen (vgl. BVerwG U. vom 19.12.2002 Az. 2 C 31/01 BayVBl 2003, 533; vom 27.2.2003 Az. 2 C 16.02, BayVBl 2003, 693).

1. Das Verfahren entspricht in formaler Hinsicht den Erfordernissen der Rechtsprechung, wonach die maßgeblichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niedergelegt werden müssen, da durch das Nachschieben der Auswahlerwägungen im gerichtlichen Verfahren der gerichtliche Rechtsschutz des Betroffenen unzumutbar erschwert wäre (BVerfG vom 9.7.2007 Az. 2 BvR 206/07, ZBR 2008, 169). Die maßgeblichen Auswahlkriterien sind im Besetzungsakt vorhanden (vgl. Aktenvermerk vom 22.6.2011). Die herangezogenen Tatsachen und die Ergebnisse sind dort, teilweise auch listenmäßig, und unter Benennung der letztlich maßgebenden Vergleichskriterien nachvollziehbar festgehalten.

Danach erfolgte die Stellenvergabe nach Leistungsgesichtspunkten. Die aktuellen dienstlichen Beurteilungen wurden als Hauptkriterien herangezogen. Nach den aktuellen dienstlichen Beurteilungen haben sowohl der Antragsteller als auch der Beigeladene bei gleicher Besoldungsgruppe nach A 12 im Gesamturteil 14 Punkte.

2. Seine aktuelle Beurteilung hat der Antragsteller jedoch mit Einwendungen und nunmehr mit einer Klage zum Verwaltungsgericht angegriffen. Im Streit über die Auswahl für ein Beförderungsamt hat das Gericht auch die der Auswahl zugrundeliegenden dienstlichen Beurteilungen zu überprüfen. Einwendungen gegen die dienstliche Beurteilung, die als solche kein Verwaltungsakt und deshalb auch nicht der Bestandskraft fähig ist, können unmittelbar in einem Bewerbungsverfahren wie auch in einem anschließenden verwaltungsgerichtlichen Konkurrentenstreitverfahren geltend gemacht werden.

Erweist sich eine dienstliche Beurteilung, die Grundlage eines Vergleichs zwischen den Bewerbern und um ein Beförderungsamt ist, als fehlerhaft, hat das Gericht den Dienstherrn zur Neubescheidung zu verpflichten, wenn das Ergebnis des Auswahlverfahrens auf der fehlerhaften Grundlage beruhen kann. Dementsprechend ist die – mögliche – Fehlerhaftigkeit einer dienstlichen Beurteilung bereits im Verfahren auf Gewährung von vorläufigen Rechtsschutzes zu beachten, wenn sie Einfluss auf den Ausgang des Hauptsacheverfahrens haben kann (vgl. BVerwG vom 21.1.2004 Az. 2 VR 3/03, Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23).

Vorliegend bringt der Antragsteller Einwände gegen seine der verfahrensgegenständlichen Auswahlentscheidung zugrundegelegte aktuelle Beurteilung vor; er verweist auch darauf, dass er bereits mit einer vor dem Verwaltungsgericht anhängigen Klage ihre Aufhebung beantragt hat. Die vom Antragsteller vorgebrachten Gesichtspunkte sind jedoch nicht geeignet, durchgreifende Bedenken gegen die Beurteilung zu wecken.

Zur Untermauerung seiner Einwendungen hat der Antragsteller eine Stellungnahme des ehemaligen KPI-Leiters, Herrn KOR H., vom 5. Oktober 2011 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, dass er nach Fertigstellung der Reihungsliste A 12 die Vorgabe bekommen habe, die periodische Beurteilung des Antragstellers mit einer summarischen Gesamtpunktzahl von 408 Punkten und dem Gesamtprädikat von 14 Punkten zu erstellen. Das mathematisch korrekte Gesamtergebnis von 408 Punkten sei für ihn deshalb das einzige maßgebliche Kriterium für die Erstellung der Beurteilung gewesen. Nach einem objektiven Maßstab hätte der Antragsteller wie folgt bewertet werden müssen: „Eigeninitiative, Selbstständigkeit“ 16 Punkte, „Teamverhalten“ 15 Punkte, „Anleitung und Aufsicht“ 15 Punkte, „Motivation und Förderung der Mitarbeiter“ 15 Punkte, „Entschlusskraft, Entscheidungsfreude, Verantwortungsbereitschaft“ 14 Punkte. Dabei hat der Vorgesetzte seine Bewertung mit einzeln aufgeführten Leistungen des Antragstellers begründet. Unabhängig davon sei die Vorgabe für die dienstliche Beurteilung mit einer Gesamtpunktzahl von 408 Punkten, wobei die Schlüssigkeitstabelle einen Punkterahmen von 392 bis 420 Punkten für das Gesamturteil 14 Punkte zulasse, sachwidrig.

Die vom Antragsteller vorgebrachten Gesichtspunkte sind nicht geeignet, durchgreifende Bedenken gegen die Beurteilung zu wecken.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats und des Bundesverwaltungsgerichts sind in einem – wie hier – hinreichend großem Verwaltungsbereich Richtwerte, die in (geringfügig) über- oder unterschreitbarem Rahmen die Anzahl der Noten des Gesamturteils dienstlicher Beurteilungen festlegen, grundsätzlich zulässig (BayVGH vom 16.2.1994 Az. 3 B 92.853; vom 30.10.2006 Az. 3 BV 03.2366; vom 20.2.2012 Az. 3 ZB 11.1352; BVerwG vom 26.6.1980 ZBR 1981, 197; vom 24.11.2005 Az. 3 C 34/04). Die Richtwerte sind vor allem bei größeren Personalkörpern mit im Großen und Ganzen vergleichbarer Aufgaben- und Personalstruktur sinnvoll, um die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe sicherzustellen, da nur so ein sachgerechter Leistungsvergleich möglich ist. Da die dienstliche Beurteilung auch dem Vergleich des jeweiligen Beamten mit den anderen Beamten in seiner Besoldungsgruppe und Laufbahn dient, ist es nicht zu bemängeln, wenn vorgegebene Quoten (die allerdings nur als Richtwert dienen dürfen und geringfügige Abweichung zulassen müssen) der Gestalt umgesetzt werden, dass die Gesamturteile – unter Zugrundelegung einer Quote – nach der endgültigen Rangfolgeliste (Reihung) vergeben werden (BayVGH vom 4.2.1998 Az. 3 B 95.2362; vom 30.10.2006 a.a.O., vom 25.5.2009 Az. 3 ZB 08.2442).

Hier wurden, wie vom Antragsgegner auch bestätigt, nicht nur das Gesamturteil, sondern die Summe der Einzelmerkmale, die für das Gesamturteil von 14 Punkten zwischen 392 und 420 schwanken kann, mit 408 Punkten vorgegeben. Eine solche Vorgabe erscheint durchaus sinnvoll, um der Rangfolgeliste innerhalb des Gesamturteils von 14 Punkten gerecht zu werden, kann aber mit dem Gebot, dass geringfügige Abweichungen zulässig sein müssen, kollidieren. Letztlich kann dies im konkreten Fall dahingestellt bleiben, denn der Stellungnahme von Herrn KOR H. vom 5. Oktober 2011 kann keine große Bedeutung beigemessen werden.

Die Stellungnahme ist ca. 2 Jahre nach Eröffnung der dienstlichen Beurteilung erfolgt, ohne dass der Ersteller im Rahmen der dienstlichen Beurteilung irgendwelche Einwendungen gegen die ihm vorgegebenen, vorstehend dargelegten Maßgaben erhoben hat. Ebenso wenig hat der unmittelbare Vorgesetzte Herr EKHK W. auf der dienstlichen Beurteilung Einwendungen erhoben. Demnach ist davon auszugehen, dass mit der dienstlichen Beurteilung sowohl Herr KOR H. als auch der unmittelbare Vorgesetzte EKHK W. einverstanden waren. Dies gilt jedoch nicht nur für das Gesamtergebnis, sondern auch für die zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen zu vergebenden Punkte. Insoweit sprechen überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass es sich bei den Schreiben von KOR H. um ein vom Antragsteller initiiertes Gefälligkeitsschreiben handelt. Wären die im Schreiben vom 5. Oktober 2011 dargelegten Gründe richtig, hätte KOR H. bereits im Beurteilungsverfahren Einwände gegen die Erstellung der Beurteilung entsprechend dem von ihm geforderten Maßstab erheben müssen. Darüber ist jedoch aus dem Beurteilungsverfahren nichts erkennbar und auch vom Antragsteller ist hierzu nichts vorgetragen.

Die Einschätzung des KOR H. wird – unabhängig von der Frage eines Gefälligkeitsschreibens – in einem erheblichen Maß auch dadurch relativiert, dass sich sein Überblick lediglich auf 11 zu beurteilende Beamte der Besoldungsgruppe A 12 der KPI E… erstreckt, während im Bereich des Polizeipräsidiums … der Antragsteller mit 115 zu beurteilenden Beamten verglichen wurde. Das Gesamtfeld der im Bereich des Polizeipräsidiums … zu vergleichenden Beamten der Besoldungsgruppe A 12 war ungleich größer, was die Aussagekraft der Einschätzung des Antragstellers durch KOR H. weiter verringert.

Unerheblich ist, dass die letzten dienstlichen Beurteilungen der Bewerber vor Ausarbeitung des Abschlussberichts November 2009 erstellt wurden. Die dienstliche Beurteilung soll sich an den Leistungen des Beamten orientieren, unabhängig davon, welche Kriterien bei der inneren Ausschöpfung der Beurteilung maßgebend sind.

3. Ist von einer Rechtmäßigkeit der aktuellen Beurteilung des Antragstellers auszugehen, sind die beiden aktuellen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen gleichwertig. Dies gilt auch für die vorangegangenen Beurteilungen, in denen der Antragsteller im Amt der Besoldungsgruppe A 12 ein Gesamturteil von 13 Punkten und der Beigeladene im Amt der Besoldungsgruppe A 11 ein Gesamturteil von 15 Punkten erreicht hat. Rechtsfehlerfrei hat der Antragsgegner angenommen, dass hierbei von einem Gleichstand auszugehen ist (vgl. Aktenvermerk vom 20.6.2011).

Da sich aus den zu berücksichtigenden dienstlichen Beurteilungen nach den Gesamtprädikaten ein Gleichstand ergab, waren weitere sachgerechte Kriterien heranzuziehen. Hierfür sind im Hinblick auf die ausgeschriebene Stelle mit Vorgesetztenfunktion die im 2. Abschlussbericht November 2009 unter Ziffer 6.4 auf S. 11 in der zweiten Liste (Führungskräfte) aufgeführten Gesichtspunkte grundsätzlich geeignet, denn sie sind danach ausgewählt, dass diese Einzelmerkmale nach den einschlägigen materiellen Beurteilungsrichtlinien für Führungsfunktionen jeweils doppelt zu gewichten sind. Zwar sind diese Merkmale wegen dieser Gewichtung bereits überproportional in die Ermittlung des Gesamtergebnisses der dienstlichen Beurteilung eingegangen. Doch macht dies eine spezielle Berücksichtigung bei einem weiteren Auswahlschritt nicht sachwidrig, zumal es sich ausschließlich um Merkmale handelt, die für die Tätigkeiten und verantwortlichen Positionen, wie sie Führungskräften typischerweise obliegen, besonders bedeutsam sind (BayVGH vom 16.8.2011 Az. 3 CE 11.897 <juris>).

Dass die Liste „Führungskräfte“ auch für Bewerber, die bisher in Sachbearbeiterfunktion tätig waren und darin beurteilt wurden, anzuwenden sein soll, entnimmt der Senat aus dem Umstand, dass sonst der der Liste nachfolgende Text nicht verständlich wäre, wonach bei als Sachbearbeiter beurteilten Bewerbern auf das Einzelmerkmal 2.2.1.7 „Führungspotential“ zurückgegriffen werden muss.

Der Antragsgegner ist bei der Heranziehung der weiteren leistungsbezogenen Kriterien für seine Auswahlentscheidung auch nachvollziehbar sachbezogen und in hinreichendem Maß in der gebotenen wertenden Weise vorgegangen.

Bereits aus den im Abschlussbericht in Abschnitt 6.4 dargestellten Überlegungen zur „inneren Ausschöpfung“ ergibt sich, dass im Auswahlverfahren auf die in einer dienstlichen Beurteilung doppelt gewichteten Einzelmerkmale zurückgegriffen werden kann. Das bedeutet, dass die in den nachfolgenden Aufzählungen enthaltenen Einzelmerkmale auf Grund ihrer allgemeinen Bedeutung für den jeweils zu besetzenden Dienstpostentyp „Sachbearbeiterfunktionen“ oder „Führungskräfte“ einer wertenden Auswahl unterliegen, was zugleich eine Herleitung eines Ergebnisses nach rein rechnerischen Gesetzmäßigkeiten, etwa in der Art, dass sich die Gesamtwertung als arithmetisches Mittel der Einzelnoten ergeben müsste, verbietet. Dies ist regelmäßig unzulässig nicht nur bei dienstlichen Beurteilungen, etwa wenn die Gesamtnote allein aus dem rechnerischen Mittel der Einzelnoten gebildet ist (vgl. Thüringer OVG, Beschluss vom 18.3.2011 Az. 2 EO 471/09, DVBl 2011, 981), sondern auch in Auswahlverfahren bei Stellenbesetzungen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 9.5.2008, Az. 5 ME 50/08, IÖD 2008, 218). Dass auf die im Abschlussbericht aufgelisteten Einzelmerkmale zurückgegriffen werden kann, bedeutet demnach einen Entscheidungsspielraum auch hinsichtlich der tatsächlichen Berücksichtigung der in die Auflistung aufgenommenen Merkmale je nach den Besonderheiten der konkret zu besetzenden Stelle. Allerdings ergibt sich aus dem Textzusammenhang, dass bei Bewerbern, die bisher schon als Führungskräfte beurteilt worden sind, die Einzelmerkmale 2.1.2.1 „Anleitung und Aufsicht“ und 2.1.3.3 „Motivation und Förderung der Mitarbeiter“ stets in den Blick zu nehmen sind; dementsprechend muss (so der Text ausdrücklich) bei bisher nur in Sachbearbeiterfunktionen beurteilten Bewerbern auf das Einzelmerkmal 2.2.1.7 „Führungspotential“ zurückgegriffen werden. Dies erscheint aber im Hinblick auf die ganz spezifische hohe Bedeutung dieser Merkmale für die künftige Wahrnehmung einer Führungsposition durchaus sachgerecht (BayVGH vom 16.8.2011 a.a.O.).

Der Antragsgegner hat den ihm eröffneten Spielraum in einer rechtlich nicht zu beanstandenden Weise genutzt. Er hat zunächst die vom Antragsteller und vom Beigeladenen erzielten Punktezahlen hinsichtlich aller in der Auflistung Führungskräfte enthaltenen Einzelmerkmale einander gegenübergestellt. Hierbei hatten der Antragsteller und der Beigeladene bei den Einzelmerkmalen 2.1.2.1. „Eigeninitiative, Selbstständigkeit“ und 2.1.2.5. „Teamverhalten“ jeweils mit 14 und 15 Punkten die identische Punktezahl. Bei den Punkten 2.1.3.2. „Anleitung und Aufsicht“ und 2.1.3.3. „Motivation und Förderung der Mitarbeiter“ hatte der Antragsteller 14 Punkte während der Beigeladene als Ersatz für die bei ihm als Sachbearbeiter nicht bewerteten Gesichtspunkte im Bereich 2.2.1.7. „Führungspotential“ 15 Punkte hatte. Darüber hinaus hatte der Antragsteller bei dem Punkt 2.2.1.4. „Entschlusskraft, Entscheidungsfreude, Verantwortungsbereitschaft“ 14 Punkte bekommen während der Beigeladene hier 15 Punkte aufweisen konnte.

Es ist auch nicht zu beanstanden, wenn sich der Dienstherr dafür entschieden hat, mit der doppelten Gewichtung des Einzelmerkmals 2.2.1.7 „Führungspotential“ eine Prognose in ihrer Auswirkung einem bereits gezeigten Führungsverhalten gleichzustellen. Die Argumentation des Antragstellers, nur er verfüge über Führungserfahrung, die für die streitige Stelle unbedingt erforderlich sei, ist nicht zielführend. Grundsätzlich ist dieser Einwand zwar nicht von der Hand zu weisen, jedoch wurde beim Beigeladenen das Einzelmerkmal 2.2.1.7. „Führungspotential“ mit 15 Punkten höher bewertet. Die Chance, dass die um einen Punkt höher bewertete Prognose sich tatsächlich realisieren wird, besteht und bedingt keine Steigerung, während die um einen Punkt niedriger bewertete, bereits gezeigte Leistung in der Zukunft eine Steigerung aufweisen müsste, um mit der für den Beigeladenen abgegebenen Prognose gleichzuziehen.

Demnach ist die Auswahlentscheidung rechtlich nicht zu beanstanden.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der Beigeladene in der zweiten Instanz keine eigenen Anträge gestellt hat, besteht kein Anlass, seine außergerichtlichen Kosten aus Billigkeitsgründen dem Antragsteller aufzuerlegen, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG, wobei im Eilverfahren die Hälfte des Streitwerts anzusetzen ist.