Bayerischer VGH, Urteil vom 12.03.2012 - 11 B 10.955
Fundstelle
openJur 2012, 121425
  • Rkr:
Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. Januar 2009 wird, soweit diese Entscheidung nicht durch die teilweise Klagerücknahme wirkungslos geworden ist, aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass die Nummer 1 des Bescheids des Landratsamts München vom 5. Dezember 2007 in der Gestalt der Nummer 1 des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 28. Januar 2008 rechtswidrig gewesen ist.

III. Die Nummern 5 und 6 des Bescheids des Landratsamts München vom 5. Dezember 2007 und die Nummern 2 und 3 des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 28. Januar 2008 werden aufgehoben.

IV. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig.

V. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der seinerzeit in F… (Lkr. München) wohnende, 1977 geborene Kläger, der damals eine Fahrerlaubnis der Klassen 1b und 3 innehatte, wurde am 10. Juni 2006 um 23.59 Uhr wegen des Verdachts, Straftaten nach § 86 a und § 130 StGB begangen zu haben, vorläufig festgenommen. Er gab gegenüber der Polizei damals an, während der vorangegangenen 24 Stunden ca. zehn Halbe Bier konsumiert zu haben. Blutproben, die ihm am 11. Juni 2006 um 1.45 Uhr und um 2.20 Uhr entnommen wurden, wiesen Alkoholkonzentrationen in Höhe von 0,67 bzw. 0,54 ‰ auf. Eine dieser Blutproben enthielt zudem THC in einer Konzentration von 2,1 µg/L und THC-Carbonsäure in einer Konzentration von 8,8 µg/L.

Auf Verlangen des Landratsamts München legte der Kläger dieser Behörde ein am 17. April 2007 über ihn erstelltes ärztliches Fahreignungsgutachten vor. Darin wird unter der Zwischenüberschrift "Aktenlage und Eigenangaben zur Vorgeschichte der Auffälligkeiten" ausgeführt, der Kläger habe etwa eine Viertelstunde lang einen Joint geraucht; zwischen dem letzten Drogenkonsum und der Blutabnahme hätten ca. 18 Stunden gelegen. Unter einer weiteren Zwischenüberschrift "Eigenangaben" hält dieses Gutachten fest, der Kläger habe 1994 damit begonnen, Cannabisprodukte zu konsumieren. Er habe stets nur gelegentlich - höchstens einmal im Monat - "geraucht"; zwischen den einzelnen Konsumvorgängen hätten große, bis zu einem Jahr betragende Intervalle gelegen. Der letzte Konsum habe im Dezember 2006 stattgefunden. Jetzt "kiffe" er nicht mehr, da seine Existenz bedroht sei. Beim Weggehen trinke er einmal im Monat fünf bis sechs Biere. Den letzten Rausch habe er an Silvester 2006 gehabt. Ein am 22. März 2007 - dem Tag der dem Gutachten vom 17. April 2007 zugrunde liegenden Untersuchung - durchgeführter Alkoholtest und die Analyse von am gleichen Tag gewonnenem Urin des Klägers auf Betäubungsmittel verliefen jeweils negativ.

Mit Schreiben vom 8. Mai 2007 wies das Landratsamt den Kläger darauf hin, dass beabsichtigt sei, ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen, da er aufgrund seiner gelegentlichen Cannabiseinnahme und des am 10. Juni 2006 praktizierten Mischkonsums als fahrungeeignet anzusehen sei. Von einer Wiedererlangung der Fahreignung könne aufgrund der Feststellungen im Gutachten vom 17. April 2007 gegenwärtig nicht ausgegangen werden. Da die Voraussetzungen für eine positive Prognose derzeit nicht vorlägen, unterbleibe die Anordnung, ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen.

Der Kläger erwiderte am 5. Juni 2007 durch seine Bevollmächtigten, er sei am 10. Juni 2006 als Fußgänger am S-Bahnhof F… wegen des Verdachts von Straftaten nach § 86 a StGB und § 130 StGB kontrolliert und sodann vorläufig festgenommen worden, so dass keine Hinweise auf mangelndes Trennvermögen zwischen dem Konsum von Cannabis und der Teilnahme am Straßenverkehr bestünden. Selbst ein nachgewiesener Mischkonsum ohne Bezug zum Straßenverkehr würde nach der amtlichen Begründung zu § 14 FeV lediglich die Anordnung einer medizinisch-psychologischen Fahreignungsbegutachtung rechtfertigen. Auch aus dem Sinn und Zweck der Fahrerlaubnis-Verordnung folge, dass ein nachgewiesener, nicht verkehrsbezogener Mischkonsum die Fahreignung nicht entfallen lasse, da insoweit eine atypische Sachverhaltsgestaltung inmitten stehe, die Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung jedoch nur für den Regelfall Geltung beanspruche. Aber auch eine medizinisch-psychologische Begutachtung dürfe von ihm nicht gefordert werden, da kein Mischkonsum im Sinn der letztgenannten Bestimmung vorliege. Da die Wirkung von Cannabis rasch abnehme, lasse sich eine additive Leistungsminderung nur bei zeitgleichem oder annähernd zeitgleichem Konsum annehmen. Zwischen dem Gebrauch von Cannabis und dem Konsum von Bier hätten bei ihm jedoch 18 Stunden gelegen. Die Bevollmächtigten des Klägers wiesen ferner darauf hin, dass dieser nunmehr im Gebiet der Landeshauptstadt München wohne.

Die Landeshauptstadt, an die das Landratsamt die Akten daraufhin mit der Bitte um weitere Bearbeitung übersandte, reichte diese mit Schreiben vom 18. Juni 2007 mit dem Bemerken zurück, aufgrund einer in der Vergangenheit getroffenen Vereinbarung solle diejenige Fahrerlaubnisbehörde, die eine Überprüfung der Fahreignung veranlasst habe, die weiteren Maßnahmen durchführen, auch wenn der Betroffene nicht mehr in ihrem Zuständigkeitsbereich wohne; die Zustimmung nach § 73 Abs. 2 und 3 FeV werde erteilt.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2007 machte das Landratsamt gegenüber den Bevollmächtigten des Klägers geltend, da der Zeitpunkt der "Tat" bereits ein Jahr zurückliege, sehe die Behörde zunächst von der sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers ab. Um die bestehenden Eignungszweifel auszuräumen, sei gemäß § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV (in der damaligen, bis einschließlich 29.10.2008 geltenden Fassung; "FeV a.F.") eine medizinisch-psychologische Begutachtung erforderlich. Die Bevollmächtigten des Klägers wurden gebeten, das "Erfordernis von Abstinenznachweisen im Rahmen der medizinisch-psychologischen Untersuchung … mit einer Begutachtungsstelle für Fahreignung abzuklären". Die Forderung nach einem Abstinenznachweis ergebe sich stets erst aus dem konkreten Einzelfall; ein solcher Nachweis könne nicht generell vorgeschrieben werden.

Mit Schreiben vom 11. Juli 2007 forderte das Landratsamt den Kläger, gestützt auf § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F., auf, bis spätestens 21. September 2007 ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten beizubringen, da wegen des Vorfalls am 10. Juni 2006 und aufgrund der Ergebnisse der damals veranlassten Blutuntersuchungen Zweifel an seiner Fahreignung bestünden, die durch das Gutachten vom 17. April 2007 nicht vollständig ausgeräumt worden seien. Die Tatsache, dass der Kläger Mischkonsum betrieben habe, lasse auch hinsichtlich einer möglichen Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss Zweifel aufkommen; der Verdacht auf fehlendes Trennvermögen liege nahe. Die durch das Gutachten zu klärenden Fragen wurden wie folgt festgelegt:

"Kann die/der Untersuchte trotz der Hinweise auf gelegentlichen Cannabiskonsum sowie zusätzlicher Zweifel an der Eignung (Beigebrauch von Alkohol) ein Kraftfahrzeug der Gruppe 1/2 (FE-Klassen 1b und 3) sicher führen? Ist insbesondere nicht zu erwarten, dass sie/er ein Kraftfahrzeug unter Einfluss von Betäubungsmitteln oder deren Nachwirkungen führen wird (Fähigkeit zum Trennen von Konsum und Verkehrsteilnahme)?"

Am 26. Juli 2007 benannte der Kläger dem Landratsamt die Begutachtungsstelle, die das verlangte medizinisch-psychologische Fahreignungsgutachten erstellen sollte.

Mit Schreiben vom 2. November 2007 führten die Bevollmächtigten des Klägers gegenüber dem Landratsamt aus, das Gutachten liege ihnen mittlerweile vor. Sie könnten dem Kläger jedoch nicht empfehlen, es dem Landratsamt zur Verfügung zu stellen, da es grobe inhaltliche Mängel aufweise. Ein Teil der Fragestellungen der Behörde sei nicht behandelt worden; zudem weiche das Gutachten partiell (namentlich was die Definition der Konsumgewohnheiten angehe) erheblich von der Fahrerlaubnis-Verordnung sowie der Rechtsprechung ab. Der Cannabiskonsum des Klägers habe am 10. Juni 2006 gegen 2.00 Uhr stattgefunden. Medizinische Studien hätten ergeben, dass auch nach 24 Stunden noch THC-Werte gemessen werden könnten, die im Bereich von 2 ng je Milliliter Blut lägen. Dass in solchen Fällen die von THC ausgehenden Rauschwirkungen noch bestünden, sei nach allen wissenschaftlichen Meinungen ausgeschlossen. Habe der Kläger Alkohol aber zu einem Zeitpunkt aufgenommen, der deutlich nach dem Ende der auf einem THC-Konsum beruhenden Rauschwirkungen liege, scheide ein Mischkonsum aus.

Das Landratsamt verlängerte daraufhin die Frist zur Vorlage des Gutachtens letztmalig bis zum 23. November 2007 und wies den Kläger darauf hin, dass es die Nachbesserung eines nicht nachvollziehbaren oder unschlüssigen Gutachtens in eigener Zuständigkeit veranlassen werde.

Nachdem der Kläger das verlangte Gutachten weiterhin nicht beigebracht hatte, entzog ihm das Landratsamt durch Bescheid vom 5. Dezember 2007 die Fahrerlaubnis aller Klassen (Nummer 1 des Bescheidstenors) und gab ihm auf, innerhalb von sieben Tagen nach der Zustellung des Bescheids seinen Führerschein bzw. - für den Fall der Unauffindbarkeit dieses Dokuments - eine eidesstattliche Versicherung über den Verbleib dieser Urkunde abzugeben (Nummer 2 des Tenors). Diese Anordnungen wurden für sofort vollziehbar erklärt. Für den Fall der nicht fristgerechten Befolgung der Nummer 2 des Bescheids wurde dem Kläger ein Zwangsgeld angedroht (Nummer 3 des Tenors). Unter der Nummer 5 des Bescheidstenors sprach die Behörde aus, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen habe; unter der Nummer 6 setzte sie eine Gebühr in Höhe von 220,00 € und Auslagen in Höhe von 3,09 € fest. Auf die Bescheidsgründe wird Bezug genommen.

Zur Begründung des am 20. Dezember 2007 gegen diesen Bescheid eingelegten Widerspruchs machte der Kläger u. a. geltend, er habe gegenüber der Begutachtungsstelle das Fehlen jedweder Ausführungen zu seinem Trennungsvermögen gerügt. Die Begutachtungsstelle habe demgegenüber die Auffassung vertreten, diese Frage sei nicht zu beantworten, und habe eine Ergänzung des Gutachtens ausdrücklich verweigert. Sie habe den Standpunkt eingenommen, auch in einem Fall der hier vorliegenden Art setze ein positives Gutachten nach der Rechtsprechung eine mindestens einjährige nachgewiesene Abstinenz voraus. Die Vorlage eines offenkundig mangelhaften Gutachtens dürfe von ihm nicht verlangt werden, da auf eine kritische Würdigung derartiger Ausarbeitungen durch die Behörde nicht vertraut werden könne. Sollte er verpflichtet sein, eine einjährige Betäubungsmittelabstinenz nachzuweisen, wäre ihm das bis zum 23. November 2007 gar nicht möglich gewesen. Es stelle sich deshalb die Frage, welchen Sinn eine Begutachtung zu dem vom Landratsamt festgesetzten Zeitpunkt habe. Rechtswidrig sei die Gutachtensanforderung vom 11. Juli 2007 ferner deshalb, weil die vom Landratsamt vorgegebene Fragestellung nicht anlassbezogen und nicht hinreichend bestimmt sei. Durch ihre ungenaue, textbausteinartige und nicht auf den konkreten Fall bezogene Fragestellung habe es die Behörde offen gelassen, ob die Fahreignung von einem Abstinenznachweis abhänge oder nicht. Die Unbestimmtheit der Fragestellung ergebe sich bereits daraus, dass das Verhalten des Landratsamts, wie sich aus einer Gegenüberstellung der Schreiben vom 8. Mai 2007 und vom 27. Juni 2007 einer- sowie vom 11. Juli 2007 andererseits ergebe, offensichtlich widersprüchlich sei. Die im letztgenannten Schreiben formulierte Fragestellung eröffne der Begutachtungsstelle die Möglichkeit, die Fahreignung allein aufgrund des Fehlens ausreichender Abstinenznachweise zu verneinen, obgleich das Landratsamt im Bescheid vom 5. Dezember 2007 selbst einräume, es sei zu klären gewesen, ob Trennungsvermögen zwischen Konsum und Fahren bestehe, und obwohl auch nach der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14. September 2006 (Az. 11 CS 06.1475/11 C 06.1476 <juris>) bei nur gelegentlichem Konsum von Cannabis eine vollständige Abstinenz nicht zwingend verlangt werden dürfe. Allein die Behörde habe deshalb die Nichtvorlage des Gutachtens zu vertreten. Darüber hinaus sei das Landratsamt örtlich unzuständig gewesen. Nach § 73 Abs. 2 Satz 3 FeV komme der Zustimmung der örtlich zuständigen Behörde nur in Antragsverfahren Bedeutung zu. Art. 46 BayVwVfG sei schon tatbestandlich nicht einschlägig.

Durch Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2008 wies die Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Klägers zurück (Nummer 1 des Bescheidstenors). Die Nummer 2 des Tenors bestimmte, dass der Kläger die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen habe; die Nummer 3 enthält die Festsetzung von Gebühren und Auslagen. Zur Begründung ihrer Entscheidung bezog sich die Regierung im Wesentlichen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids.

Den Antrag des Klägers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs und einer eventuell nachfolgenden Anfechtungsklage hinsichtlich der Nummern 1 und 2 des Bescheids vom 5. Dezember 2007 wiederherzustellen und sie hinsichtlich der Nummer 6 dieses Bescheids sowie der Nummer 3 des Widerspruchsbescheids anzuordnen, lehnte das Verwaltungsgericht München durch Beschluss vom 21. Mai 2008 (Az. M 6a S 08.321), gegen den kein Rechtsmittel eingelegt wurde, ab, da ein Hauptsacherechtsbehelf voraussichtlich erfolglos bleiben werde. Die örtliche Zuständigkeit des Landratsamts München ergebe sich zwar nicht aus § 73 Abs. 2 Satz 2 FeV, wohl aber aus Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG. Die Forderung nach Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens finde ihre Rechtsgrundlage in § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. Zusätzliche Eignungszweifel, die zum feststehenden gelegentlichen Cannabiskonsum des Klägers hinzuträten, ergäben sich daraus, dass er zeitnah zur Einnahme dieses Betäubungsmittels Alkohol getrunken habe. Die (durch eidesstattliche Versicherungen des Klägers und eines Dritten bekräftigte) Einlassung, der Kläger habe in der Nacht vom 9. auf den 10. Juni 2006, nicht aber am Nachmittag des letztgenannten Tages Cannabis konsumiert, sei vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse über die Abbaugeschwindigkeit von THC im Blut nicht glaubhaft. Aufgrund des eingetretenen Zeitablaufs sei das Landratsamt allerdings gehindert gewesen, dem Kläger die Fahrerlaubnis unmittelbar zu entziehen. Vielmehr hätten nunmehr die nach § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. bzw. nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV aufgrund des Mischkonsums bestehenden Eignungszweifel durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung geklärt werden müssen. Die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens werde auch hinsichtlich der Fragestellung voraussichtlich nicht zu beanstanden sein. Insbesondere treffe es nicht zu, dass die Frage so hätte formuliert werden müssen, dass die Begutachtungsstelle die Fahreignung auch ohne den Nachweis einer neunmonatigen Abstinenz exploriert hätte. Denn bereits aus den gesetzlichen Grundlagen ergebe sich, dass bei nur gelegentlicher Einnahme von Cannabis statt einer vollständigen Abstinenz auch der nachgewiesene Übergang zu einem mit den Anforderungen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vereinbaren Konsumverhalten genügen könne. Aus dem gleichen Grund sowie deshalb, weil sich der Kläger im Verwaltungsverfahren nicht dazu geäußert habe noch sonst absehbar gewesen sei, wie er die bestehenden Eignungszweifel habe ausräumen wollen, sei es im Interesse der Verfahrensbeschleunigung - und damit im Interesse der Verkehrssicherheit - zunächst nicht erforderlich gewesen, die Frist zur Vorlage des Gutachtens an einen ggf. noch zurückzulegenden Abstinenzzeitraum anzupassen. Sollte die Begutachtungsstelle tatsächlich den Nachweis weiterer Abstinenzzeiträume verlangt haben, wäre es Sache des Klägers gewesen, bei der Fahrerlaubnisbehörde um eine entsprechende Fristverlängerung nachzusuchen; das sei jedoch nicht geschehen. Hätte die Begutachtungsstelle entgegen der Rechtslage ohne ausreichenden Grund Abstinenznachweise verlangt, hätte eine Entziehung der Fahrerlaubnis nicht auf ein auf dieser Basis erstelltes Gutachten gestützt werden dürfen.

Mit der am 29. Januar 2008 zum Verwaltungsgericht München erhobenen Klage beantragte der Kläger die Aufhebung des Bescheids vom 5. Dezember 2007 und des Widerspruchsbescheids vom 28. Januar 2008. Ergänzend zu seinem bisherigen Vorbringen machte er u. a. geltend, die Auffassung der Behörde, er hätte sich vorab bei der Begutachtungsstelle im Hinblick auf Abstinenzerfordernisse erkundigen müssen, überzeuge nicht, da sie darauf hinauslaufe, dem Betroffenen die Verantwortung für den Prüfungsumfang einer behördlich veranlassten Untersuchung aufzuerlegen. Auch sehe das Gesetz keine "Einzelberatungen" im Vorfeld einer medizinisch-psychologischen Untersuchung vor. Hätte seine fehlende Fahreignung festgestanden, hätte nach § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung, ein Fahreignungsgutachten beizubringen, unterbleiben müssen.

Um nachzuweisen, dass die Begutachtungsstelle für Fahreignung, die der Kläger am 26. Juli 2007 benannt hatte, bei gelegentlichem Konsum von Cannabis und beim Vorliegen einer Zusatztatsache zum Zwecke der Wiedererlangung der Fahreignung eine nachgewiesene einjährige Abstinenz verlange, legten die Bevollmächtigten des Klägers im Verlauf des Klageverfahrens Auszüge aus an sie gerichteten Schreiben dieser Begutachtungsstelle vom 5. und vom 23. November 2007 vor, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Durch Urteil vom 20. Januar 2009 wies das Verwaltungsgericht die Klage im Wesentlichen unter Bezugnahme auf die Gründe des Beschlusses vom 21. Mai 2008 (a.a.O.) ab. Ergänzend führte es aus, dem Kläger hätte an sich die Fahrerlaubnis ohne weiteres entzogen werden müssen, da in seinem Blut Alkohol und THC in jeweils für die Fahreignung relevanten Konzentrationen gleichzeitig vorhanden gewesen seien und damit eine der Tatbestandsalternativen der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllt sei. Eine Ausnahme im Sinn der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 liege nicht einmal dann vor, wenn eine Person (was der Kläger nicht behauptet habe) nach einem Parallelkonsum von Cannabis und Alkohol bewusst vom Gebrauch eines Kraftfahrzeugs im Straßenverkehr absehe. Gleichwohl sei hier die Einholung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens notwendig gewesen, da zwischen dem Zeitpunkt, an dem es zum Verlust der Fahreignung gekommen sei (nämlich am 10. bzw. 11.6.2006), und dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheids am 5. Dezember 2007 mehr als ein Jahr liege. Nach dem Ablauf dieser Frist könne zumindest nicht mehr ausgeschlossen werden, dass eine Person die zunächst verlorene Fahreignung wiedererlangt habe. In einem solchen Fall habe die Behörde den Betroffenen aufzufordern, die zur Abklärung der Eignungszweifel notwendigen Gutachten beizubringen. Da die Gutachtensanforderung einzelfall- sowie anlassbezogen und sie auch im Übrigen nicht zu beanstanden sei, der Kläger ferner das verlangte Gutachten innerhalb der ihm gesetzten, angemessenen Frist ohne ausreichenden Grund nicht beigebracht habe, sei ihm die Fahrerlaubnis zu Recht entzogen worden.

Mit seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragt der Kläger bei Schluss der mündlichen Verhandlung:

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. Januar 2009 wird aufgehoben.

II. Es wird festgestellt, dass Ziffer 1 des Bescheids des Landratsamts München vom 5. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der Regierung von Oberbayern vom 28. Januar 2008 rechtswidrig gewesen ist.

III. Ziffern 5 und 6 des Bescheids des Landratsamts vom 5. Dezember 2007 und Ziffern 2 und 3 des Widerspruchsbescheides der Regierung von Oberbayern vom 28. Januar 2008 werden aufgehoben.

Den ursprünglichen, auf Aufhebung auch der Nummern 1 bis 3 des Ausgangsbescheids in der Gestalt des Widerspruchsbescheids gerichteten Klageantrag halte er deswegen nicht aufrecht, weil ihm am 31. August 2009 eine neue Fahrerlaubnis erteilt worden sei und sich der Ausgangs- sowie der Widerspruchsbescheid insoweit in der Hauptsache erledigt hätten. Die nunmehr anhängige Fortsetzungsfeststellungsklage diene zum einen seiner Rehabilitation. Nur die gerichtliche Feststellung, dass der Beklagte rechtswidrig gehandelt habe, könne sicherstellen, dass die Fahrerlaubnisakte des Klägers "entlastet" werde. Zudem stellten die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens und die Entziehung der Fahrerlaubnis erhebliche Eingriffe in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht und seine Handlungsfreiheit dar. Zum anderen komme der Feststellung der Rechtswidrigkeit präjudizielle Wirkung für den beabsichtigten Schadensersatzprozess gegen den Beklagten zu. Der Kläger sei aufgrund der Entziehung der Fahrerlaubnis nicht in der Lage gewesen, seinen Beruf als Kraftfahrer auszuüben; er habe während dieser Zeit mit niedrigerem Gehalt als Lagerist bei einer Spedition gearbeitet. Hinzu kämen die Aufwendungen für den Neuerwerb der Fahrerlaubnis.

Soweit der Kläger zunächst die Feststellung der Rechtswidrigkeit auch der Nummern 2 und 3 des Ausgangsbescheids erstrebt hatte, nahm er die Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof mit Zustimmung des Beklagten zurück.

In der Sache macht er im Wesentlichen geltend, die verfahrensgegenständlichen Verwaltungsakte seien u. a. deshalb rechtswidrig gewesen, weil keine zeitnahe oder zeitgleiche Aufnahme von Alkohol und Cannabis - und damit kein Mischkonsum - stattgefunden habe. Der Verordnungsgeber habe sich in der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung für einen handlungsbezogenen Tatbestand entschieden. Da Wirkungs- und Nachweisdauer nicht übereinstimmten, könne aus dem zeitgleichen Nachweis beider Substanzen nicht zwingend auf eine Parallelwirkung geschlossen werden.

Die zur Beibringung des medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens gesetzte Frist sei - auch unter Berücksichtigung der wiederholten Verlängerungen - zu kurz bemessen gewesen, da der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Zeitspanne keine Möglichkeit besessen habe, die nach Auffassung der Behörde notwendigen Abstinenznachweise beizubringen. Die Notwendigkeit, der Frage einer Cannabisabstinenz nachzugehen, habe deshalb bestanden, weil der Kläger ausweislich des Gutachtens vom 17. April 2007 behauptet habe, sich seit Dezember 2006 der Einnahme dieses Betäubungsmittels zu enthalten. Im maßgeblichen Zeitpunkt (nämlich bei Erlass des Widerspruchsbescheids) habe die Behörde deshalb nicht mehr von erwiesener Nichteignung des Klägers ausgehen dürfen.

Die Auffassung, beim Vorliegen von Zusatztatsachen im Sinn der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung sei der Entzug der Fahrerlaubnis in jedem Fall - und zwar ohne Begutachtung - auch dann zulässig, wenn der Betroffene bei der Verwirklichung einer der Tatbestandsalternativen dieser Bestimmung nicht am Straßenverkehr teilgenommen habe, führe zu Wertungswidersprüchen und verletze den Gleichheitssatz. Da gelegentlicher Konsum von Cannabis die Fahreignung unberührt lasse und nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs selbst eine Person, die mit einer zwischen 1,0 und 1,9 ng je Milliliter Blut liegenden THC-Konzentration im Straßenverkehr angetroffen werde, nicht zwingend fahrungeeignet sei, bedeute es eine sachlich ungerechtfertigte Schlechterstellung, würde jeder kombinierte Nachweis von THC und Alkohol die sofortige Entziehung der Fahrerlaubnis ohne medizinisch-psychologische Begutachtung rechtfertigen. Denn eine Person, die mit einer THC-Konzentration von 1,9 ng je Milliliter Blut am Straßenverkehr teilnehme, würde besser gestellt als jemand, der mit einer THC-Konzentration von 2,1 ng je Milliliter Blut als Fußgänger an einem S-Bahnhof angetroffen werde, obwohl im erstgenannten Fall die potentielle Gefahr für den Straßenverkehr näher liege als in der letzterwähnten Sachverhaltsgestaltung.

Die der Gutachtensanforderung zugrunde liegende Fragestellung sei im Hinblick auf das Abstinenzerfordernis unklar, da sie der Begutachtungsstelle die Möglichkeit eröffnet habe, die Fahreignung allein aufgrund fehlender Abstinenznachweise zu verneinen. Unzutreffend sei auch die Annahme, die Behörde habe angesichts der verstrichenen "verfahrensrechtlichen Einjahresfrist" keine andere Möglichkeit besessen, als eine medizinisch-psychologische Begutachtung zu verlangen. Denn diese Frist habe nicht am 11. Juni 2006, sondern von dem Zeitpunkt an zu laufen begonnen, den der Kläger als den Beginn seiner Abstinenz bezeichnet habe. Verstrichen gewesen sei die verfahrensrechtliche Einjahresfrist demgegenüber bei Abschluss des Widerspruchsverfahrens, so dass der Kläger aus diesem Grund einen Anspruch besessen hätte, seine Fahreignung durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung unter Beweis zu stellen, wofür ihm eine die Beibringung ausreichender Abstinenznachweise ermöglichende Frist hätte eingeräumt werden müssen.

An der Auffassung, das Landratsamt sei für die Entziehung seiner Fahrerlaubnis örtlich unzuständig gewesen, hält der Kläger im Berufungsverfahren fest.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es könne offen bleiben, ob dem Kläger ein Feststellungsinteresse zur Seite stehe. Die Berufung müsse jedenfalls deshalb erfolglos bleiben, weil der Bescheid des Landratsamts einer rechtlichen Überprüfung standhalte.

Hinsichtlich der Frage, ob beim Kläger ein Mischkonsum von Alkohol und Cannabis stattgefunden habe, verweist der Beklagte auf den Beschluss des erkennenden Gerichts vom 15. September 2009 (Az. 11 CS 09.1166 <juris>). Maßgeblich sei danach die kumulative Wirkung der Rauschmittel, nicht hingegen deren zeitgleiche oder zeitnahe Einnahme. Eine kombinierte Rauschwirkung sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn sowohl Cannabis als auch Alkohol gleichzeitig in einer Konzentration nachgewiesen worden seien, der jeweils fahrerlaubnisrechtliche Relevanz zukomme. Diese Werte seien beim Kläger hinsichtlich beider Rauschmittel überschritten gewesen. Die Auffassung, bei kumulativem Konsum von Alkohol und Cannabis dürfe jedenfalls dann nicht auf Fahrungeeignetheit geschlossen werden, wenn es in diesem Zustand nicht zu einer Teilnahme am Straßenverkehr gekommen sei, stehe in Widerspruch zur Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung.

Aufgrund des kumulativen Gebrauchs von Cannabis und Alkohol am 10. Juni 2006 habe der Kläger die Fahreignung verloren. Für den Entzug der Fahrerlaubnis hätte es deshalb keiner Anforderung eines Gutachtens bedurft. Angesichts der im Gutachten vom 17. April 2007 wiedergegebenen Behauptungen des Klägers über seinen Cannabis- und Alkoholkonsum hätte die verfahrensrechtliche Einjahresfrist frühestens am 1. Januar 2007 beginnen können. Tatsächlich sei sie jedoch an jenem Tag nicht in Lauf gesetzt worden. Da der Kläger Cannabis über 14 Jahre hinweg mit großen Pausen konsumiert habe, wäre es zu diesem Zweck erforderlich gewesen, dass er sich auch zu seinem Konsumverhalten nach dem 22. März 2007 geäußert hätte.

Selbst wenn jedoch zu unterstellen sein sollte, der Kläger habe geltend gemacht, sich seit dem Beginn des Jahres 2007 des Cannabisgebrauchs zu enthalten, ergäbe sich aus dem Schreiben der Begutachtungsstelle vom 5. November 2007 eindeutig, dass es bis zu seiner Untersuchung durch diese Einrichtung nicht zu einer hinreichenden Verfestigung einer eventuellen Abstinenz gekommen sei. Aus diesem Schreiben gehe der wesentliche Inhalt des psychologischen Teils der Begutachtung deutlich hervor. Es sei nichts dafür ersichtlich, dass sich an dieser Bewertung zwischen der Gutachtenserstellung und der Widerspruchsentscheidung etwas geändert haben könnte. Da die Entziehung der Fahrerlaubnis keine Ermessensentscheidung darstelle, hänge ihre Rechtmäßigkeit allein davon ab, dass der Kläger bei Erlass des Widerspruchsbescheids objektiv nicht fahrgeeignet gewesen sei, auch wenn die Regierung das Schreiben vom 5. November 2007 bei ihrer Entscheidung noch nicht gekannt habe. Aus einem angeblich fehlerhaften "Gutachtensauftrag" könne der Kläger schon deshalb nichts zu seinen Gunsten herleiten, weil er den wesentlichen Inhalt des Gutachtens vorgelegt habe und dieses die Entscheidung des Verwaltungsgerichts selbständig trage.

Soweit der Kläger die Auffassung vertrete, aus der kumulativen Einnahme von Alkohol und Cannabis dürfe dann nicht auf die Fahrungeeignetheit des Betroffenen geschlossen werden, wenn es (in diesem Zustand) nicht zu einer Teilnahme am Straßenverkehr gekommen sei, übe er letztlich nur Kritik am Verordnungsgeber, der in der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung eine gegenteilige Festlegung getroffen habe. Diese normative Entscheidung rechtfertige sich daraus, dass die Fahreignung einer Person, die beide Substanzen konsumiert habe, ohne unter ihrer Einwirkung gefahren zu sein, deshalb Bedenken begegne, weil der kumulative Gebrauch beider Rauschmittel u. a. psychotische Störungen nach sich ziehen könne.

Hinsichtlich der Frage nach der örtlichen Zuständigkeit des Landratsamts bezieht sich der Beklagte auf die Ausführungen auf den Seiten 11 f. des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 21. Mai 2008 (a.a.O.). Im Übrigen sei ein Verstoß gegen die örtliche Zuständigkeit nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich.

Wegen der Replik des Klägers auf die Berufungserwiderung des Beklagten wird auf den Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 19. August 2010 verwiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens Beweis darüber erhoben, ob die Wissenschaft über Erfahrungssätze verfügt, aus denen sich ergibt,

1. mit welcher Wahrscheinlichkeit mit dem Auftreten psychischer Zustände zu rechnen ist, die mit einem Kontrollverlust einhergehen (bei denen insbesondere keine Gewähr dafür besteht, dass der Betroffene eine gefasste Absicht, zwischen dem Konsum von Cannabis und Alkohol und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr zu trennen, weiterhin verwirklichen wird), wenn im Körper einer Person gleichzeitig THC und Alkohol vorgefunden werden,

2. ob die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines solchen Zustandes von der Höhe (und ggf. welcher Höhe) der THC- und/oder der Alkoholkonzentration im Körper oder von sonstigen, konkret benennbaren Faktoren abhängt.

Auf den Inhalt des daraufhin am 9. Januar 2012 von zwei Angehörigen des Instituts für Rechtsmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München gefertigten Gutachtens wird ebenso Bezug genommen wie auf die in Reaktion hierauf abgegebenen Stellungnahmen der Bevollmächtigten des Klägers vom 30. Januar 2012 und der Landesanwaltschaft Bayern vom 23. Januar 2012.

Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass es sich vorbehalte, seine Entscheidung auch auf die von Berghaus und Krüger in den Verfahren 1 BvR 2062/96 und 1 BvR 1143/98 für das Bundesverfassungsgericht erstatteten Gutachten zu stützen. Wegen der Bewertung der Aussagekraft dieser Ausarbeitungen durch den Kläger wird auf den Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 5. März 2012 Bezug genommen.

Wegen des Verfahrensgangs und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Akte des Verfahrens M 6a S 08.321 sowie die vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgänge des Landratsamts und der Regierung verwiesen.

Gründe

Über die Berufung konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich die Beteiligten in ihren Schreiben vom 20. bzw. 22. Februar 2012 (die Bevollmächtigten des Klägers zudem erneut im Schriftsatz vom 5.3.2012) hiermit einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers war - ebenso wie der diese Entscheidung bestätigende Widerspruchsbescheid -rechtswidrig. Das Urteil des Verwaltungsgerichts und die im Ausgangs- und im Widerspruchsbescheid zu Lasten des Klägers getroffenen Kostenaussprüche können deshalb keinen Bestand haben.

Der Kläger ist hinsichtlich der Nummern 1 des Ausgangs- und des Widerspruchsbescheids zu Recht auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage übergegangen. Denn seit der Neuerteilung einer Fahrerlaubnis an ihn, die nach seinem unwidersprochen gebliebenen Vortrag den gleichen Umfang wie die entzogene Berechtigung aufweist, kommt eine gerichtliche Aufhebung der Entziehung der Fahrerlaubnis schon deshalb nicht mehr in Betracht, weil der Kläger alsdann zwei Fahrerlaubnisse gleichen Inhalts besäße (vgl. zur Erledigung eines Verwaltungsakts in Fällen, in denen dem Betroffenen die entzogene Rechtsstellung später erneut zuerkannt wird, BVerwG vom 4.3.1976 BVerwGE 53, 134/136). Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich jedenfalls daraus, dass eine mit dem Verlust der Fahreignung begründete Entziehung der Fahrerlaubnis geeignet ist, das Ansehen des Betroffenen zu beeinträchtigen. Zudem besitzt der Kläger - gerade als Berufskraftfahrer - ein Interesse daran, bei etwaigen künftigen Kontakten mit Behörden und Gerichten dem Vorwurf entgegentreten zu können, er habe sich schon in der Vergangenheit als fahrungeeignet erwiesen. Ein Feststellungsurteil, in dem ausgesprochen wird, dass eine frühere Entziehung der Fahrerlaubnis nicht rechtmäßig war, ist geeignet, seine Position in solchen Fällen zu verbessern.

Die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers war zum einen deshalb rechtswidrig, weil weder eine Sachverhaltsgestaltung vorlag, in der der Verlust seiner Fahreignung bereits im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV feststand, noch die materiellen Voraussetzungen für die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens erfüllt waren (dazu nachfolgend unter 1.). Unabhängig hiervon litt die Gutachtensanforderung vom 11. Juli 2007 an formellen Mängeln, so dass der Beklagte auch aus diesem Grund nicht nach § 11 Abs. 8 FeV von der fehlenden Fahreignung des Klägers ausgehen durfte (dazu nachfolgend unter 2.).

Nicht gefolgt werden kann dem Kläger demgegenüber insofern, als er die Rechtswidrigkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis daraus herzuleiten versucht, dass das Landratsamt für den Erlass des Ausgangsbescheids örtlich unzuständig gewesen sei. Örtlich zuständig für Maßnahmen, die im Vollzug der Fahrerlaubnis-Verordnung ergehen, ist nach § 73 Abs. 2 Satz 1 FeV bei natürlichen Personen die Behörde, in deren Sprengel sich die (Haupt-)Wohnung, ersatzweise der Aufenthaltsort des Antragstellers oder Betroffenen befindet. Der Kläger ist nach unwidersprochen gebliebener Darstellung seiner Bevollmächtigten Ende Mai 2007 in das Gebiet der Landeshauptstadt München verzogen. Dass jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt das Landratsamt München für ihn betreffende fahrerlaubnisrechtliche Angelegenheiten örtlich zu-ständig war, weil sich sein Wohnsitz bis dahin in F… befand, hat der Kläger im vorletzten vollständigen Absatz auf Seite 2 des Schriftsatzes seiner Bevollmächtigten vom 7. April 2009 ausdrücklich eingeräumt.

Kommt es erst nach der Einleitung eines Verwaltungsverfahrens zu einer Veränderung der die örtliche Zuständigkeit begründenden Umstände, so kann die bisher zuständige Behörde unter den Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG das Verwaltungsverfahren fortführen. Die Subsidiarität des Verwaltungsverfahrensgesetzes (Art. 1 Abs. 1 BayVwVfG) steht der Anwendung dieser Vorschrift im Fahrerlaubnisrecht nicht entgegen (vgl. eingehend BayVGH vom 20.2.2007 Az. 11 CS 06.2029 <juris> RdNrn. 18 - 22). § 73 Abs. 2 Satz 2 FeV betrifft zum einen nur antragsgebundene Verwaltungsverfahren, nicht aber Verwaltungsverfahren, die die Behörde von Amts wegen einleitet. Zum anderen erfasst diese Vorschrift von vornherein nicht den Fall, dass sich im Laufe eines Verwaltungsverfahrens die Anknüpfungstatsachen für die örtliche Zuständigkeit ändern. § 73 Abs. 2 Satz 2 FeV erklärt vielmehr eine weitere Behörde neben derjenigen für zuständig, die nach § 73 Abs. 2 Satz 1 FeV grundsätzlich zur Entscheidung berufen ist. Diese Vorschrift wurde vor allem geschaffen, um im Interesse von Privatpersonen (z.B. für die Ausstellung von Ersatzführerscheinen nach § 25 Abs. 4 FeV) die örtliche Zuständigkeit auch solcher Fahrerlaubnisbehörden für die Vornahme begünstigender Maßnahmen zu begründen, in deren Sprengel sich der Betroffene nur vorübergehend aufhält, während sich sein (Haupt-)Wohnsitz andernorts befindet (vgl. BayVGH vom 20.2.2007, a.a.O., RdNr. 20).

Die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG sind im gegebenen Fall erfüllt, da das auf Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers gerichtete Verwaltungsverfahren durch das Schreiben des Landratsamts vom 12. Januar 2007 eingeleitet wurde, das die Forderung nach Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens zum Gegenstand hatte. Es diente im Sinn von Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG der einfachen und zweckmäßigen Durchführung dieses Verfahrens, wenn das Landratsamt auch nach dem Wegzug des Klägers aus dem Landkreis zuständig blieb. Interessen des Klägers standen dem nicht entgegen; insbesondere ergab sich aus dem Weiterbetrieb des Verfahrens durch das Landratsamt keine nennenswerte Erschwernis des Kontakts zwischen ihm und der Behörde. Die nach Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG erforderliche Zustimmung hat die Landeshauptstadt mit Schreiben vom 18. Juni 2007 erteilt. Zwar hat sie darin auf die nicht einschlägigen Bestimmungen des § 73 Abs. 2 und 3 FeV Bezug genommen. Die gleichzeitig erfolgte Rückleitung der ihr durch das Landratsamt übersandten Akten in Verbindung mit dem Hinweis darauf, dass gemäß einer in der Vergangenheit getroffenen Vereinbarung diejenige Fahrerlaubnisbehörde nach einem Wegzug des Betroffenen die weiteren Maßnahmen durchführen solle, die die Überprüfung der Fahreignung veranlasst hat, lässt jedoch keinen Zweifel daran zu, dass die Fortführung des Verwaltungsverfahrens durch das Landratsamt dem Willen der Landeshauptstadt entsprach. Auf den Umstand, dass sie mit Schreiben vom 28. März 2008 nachträglich eine ausdrücklich auf Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG gestützte Zustimmungserklärung abgegeben hat, ist bei alledem nur ergänzend zu verweisen.

1. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV ist der Inhaber einer Fahrerlaubnis insbesondere dann als zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet anzusehen, wenn Erkrankungen oder Mängel u. a. nach der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegen "und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist".

Von den in der Anlage 4 erwähnten Tatbeständen kommt im Fall des Klägers allein die zweite Alternative der Nummer 9.2.2 in Betracht. Aufgrund der Angaben, die er bei der ärztlichen Untersuchung am 22. März 2007 gemacht hat, steht fest, dass er "gelegentlicher" Konsument von Cannabis ist, da er dieses Betäubungsmittel öfter als nur einmal eingenommen hat, ohne dass ihm ein täglicher oder nahezu täglicher Gebrauch dieser Droge nachgewiesen werden kann, wie das für die Bejahung einer "regelmäßigen Einnahme" im Sinn der Nummer 9.2.1 der Anlage 4 erforderlich wäre.

Die Annahme eines zur gelegentlichen Einnahme von Cannabis hinzutretenden Gebrauchs von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen im Sinn der zweiten Alternative der Nummer 9.2.2 setzt entgegen der vom Kläger vertretenen Auffassung nicht voraus, dass sich der Betroffene beide Substanzen gleichzeitig zugeführt hat ("handlungsbezogene Betrachtungsweise"). Entscheidend - wenngleich ggf. nicht ausreichend - ist vielmehr, dass Ethanol und Tetrahydrocannabinol (bzw. eine sonstige psychoaktiv wirkende Substanz) gleichzeitig dergestalt im Körper eines Menschen vorhanden sind, dass es zu einer Überlappung ihrer Wirkungen kommen kann ("wirkungsbezogene Betrachtungsweise"). Denn einen der Gründe für die Aufnahme dieser Tatbestandsalternative in die Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung bildet der Umstand, dass sich die Wirkungen von Alkohol und Cannabis, wenn eine Person gleichzeitig unter dem Einfluss dieser Substanzen steht, potenzieren und sich hieraus besondere Gefahren für den Straßenverkehr ergeben können (so z.B. VGH BW vom 10.2.2006 DÖV 2006, 483/484; vgl. zu den additiven und ggf. sogar synergistischen Effekten von Ethanol und THC u. a. die Darlegungen auf den Seiten 19 f. des Gutachtens vom 9.1.2012). Zu einer Kumulation der berauschenden Wirkungen von Alkohol und Cannabis aber kann es auch dann kommen, wenn beide Substanzen zeitversetzt eingenommen wurden und der Konsument im Zeitpunkt der Aufnahme des dem Körper später zugeführten Rauschmittels noch unter der Wirkung der zunächst genossenen Substanz stand. Auf die Richtigkeit der Behauptung des Klägers, der Cannabiskonsum, der zu der bei ihm am 11. Juni 2006 festgestellten THC-Konzentration von 2,1 µg/L geführt hat, habe viele Stunden vor dem Beginn der Alkoholaufnahme stattgefunden, kommt es deshalb nicht entscheidungserheblich an. Das gilt umso mehr, als nach den Feststellungen im Gutachten vom 9. Januar 2012 (vgl. S. 12 unten und S. 18 unten) auch eine THC-Konzentration von 2,1 µg/L selbst dann noch subakute (Rest-)Wirkungen zeitigen kann, wenn - was nach den überzeugenden Darlegungen im Gutachten vom 9. Januar 2012 (vgl. die Ausführungen im Abschnitt II.2 dieser Ausarbeitung) äußerst unwahrscheinlich ist - die Behauptung des Klägers über den zwischen dem Rauchvorgang und der Blutentnahme liegenden zeitlichen Abstand zutreffen sollte.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt es ausdrücklich dahinstehen, ob es sachlich gerechtfertigt ist, den Tatbestand der zweiten Alternative der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung auch dann als erfüllt anzusehen, wenn sich beide Substanzen - oder auch nur eine von ihnen - lediglich in sehr geringen Mengen im Körper des Betroffenen befunden haben (vgl. zu den Konzentrationen, bis zu denen ein Mischkonsum beider Substanzen zu keiner feststellbaren Erhöhung des Risikos führt, einen Verkehrsunfall zu verursachen, Krüger, Gutachten vom 15.8.2001, S. 10; siehe zu den insoweit aufgeworfenen Fragen ferner BayVGH vom 15.9.2009, a.a.O., RdNrn. 39 f.). Anlass, in diesen Fällen die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion dieser Bestimmung in Erwägung zu ziehen, könnte allerdings im Hinblick darauf bestehen, dass nach einer von Ballard u. a. durchgeführten Untersuchung (Combined effects of acute, very-low-dose ethanol and delta(9)-tetrahydrocannabinol in healthy human volunteers, Pharmacology, Biochemistry and Behavior, 97 [2011], S. 627-631) die Kombination von Ethanol und oral aufgenommenem Cannabis dann keine synergistischen (und in einigen Fällen auch weniger als additive) Effekte zeitigt, wenn beide Rauschmittel nur in sehr niedrigen Dosen verabreicht wurden (vgl. dazu das Gutachten vom 9.1.2012, S. 20). Die gleiche Notwendigkeit könnte sich ferner daraus ergeben, dass nach der Studie von Longo u. a. (The role of alcohol, cannabinoids, benzodiazepines and stimulants in road crashes, in: H. Laurell, Alcohol, Drugs und Traffic Safety, Stockholm, 2000) ausweislich der Wiedergabe der Ergebnisse dieser Untersuchung in dem von Krüger am 15. August 2001 für das Bundesverfassungsge-richt gefertigten Gutachten (vgl. dort S. 10, Abbildung 3) die Wahrscheinlichkeit, dass Personen, deren Blutalkoholkonzentration unter 0,5 ‰ liegt und die zugleich unter dem Einfluss von Drogen (jedweder Art und in beliebiger Konzentration) stehen, einen Verkehrsunfall verursachen, sogar niedriger liegt als bei solchen Verkehrsteilnehmern, die ausschließlich Alkohol in einer Menge zu sich genommen haben, die zu einer unter 0,5 ‰ liegenden Blutalkoholkonzentration führt. Auch dann, wenn eine solche Eingrenzung der Voraussetzungen, unter denen der Tatbestand der zweiten Alternative der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erfüllt ist, entweder generell nicht geboten sein sollte oder sie im konkreten Fall ins Leere ginge, weil die beim Kläger bestehenden Alkohol- und/oder THC-Konzentrationen während der Zeit, in der er am 10. bzw. 11. Juni 2006 unter dem gleichzeitigen Einfluss beider Rauschmittel stand, jenseits einer ggf. anzunehmenden "Geringfügigkeitsschwelle" gelegen haben sollten, stünde weder im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV fest, dass er wegen eines Mischkonsums von Alkohol und Cannabis die Fahreignung verloren hat, noch wäre die Fahrerlaubnisbehörde nach § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. (diese Norm stimmte mit § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV heutiger Fassung wortgleich überein) ermächtigt gewesen, vom Kläger die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens zu verlangen. Dies folgt aus einer verfassungskonformen Auslegung des § 11 Abs. 7 FeV und des § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. bzw. des § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV heutiger Fassung.

Ein auch verfassungsrechtlich tragfähiger Ansatz zur Entziehung einer Fahrerlaubnis besteht zum einen bei einem dauerhaften, generell die Fahreignung (und nicht lediglich situationsbedingt die Fahrtüchtigkeit) ausschließenden Eignungsmangel. In Betracht kommen insoweit körperlich-geistige Mängel, also Defizite der körperlich-geistigen Leistungsfähigkeit oder Fehlfunktionen, die das Unvermögen des Betroffenen zur Folge haben, ein Kraftfahrzeug sicher und verkehrsgerecht im Straßenverkehr zu führen. Zum anderen können charakterlich-sittliche Mängel die Fahreignung ausschließen. Solche Mängel liegen vor, wenn der Betroffene bereit ist, das Interesse der Allgemeinheit an sicherer und verkehrsgerechter Fahrweise den jeweiligen eigenen Interessen unterzuordnen und hieraus resultierende Gefährdungen oder Beeinträchtigungen des Verkehrs in Kauf zu nehmen. Ausdruck eines Mangels dieser Art ist es, wenn ein Fahrerlaubnisinhaber ungeachtet einer im Einzelfall anzunehmenden oder jedenfalls nicht auszuschließenden drogenkonsumbedingten Fahruntüchtigkeit nicht bereit ist, vom Führen eines Kraftfahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr abzusehen (BVerfG vom 20.6.2002 BayVBl 2002, 667/669).

Es lässt sich weder nachweisen, dass der Kläger am 10. Juni 2006 ein Fahrzeug unter dem kombinierten Einfluss von Alkohol und Cannabis im Straßenverkehr geführt hat, noch bestehen Anhaltspunkte dafür, dass es zu einem solchen Verhalten gekommen wäre, wäre er am Abend jenes Tages nicht vorläufig festgenommen worden. Einen Verlust der Fahreignung hätte sein damaliges Verhalten deshalb nur dann nach sich gezogen, wenn die gleichzeitige Beeinträchtigung durch Alkohol und Cannabis deswegen als (zwar nicht andauernder, wohl aber temporärer) "körperlich-geistiger Mangel" im Sinn des vorerwähnten Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts angesehen werden müsste. Das wäre dann der Fall, wenn es bei einem derartigen Mischkonsum - generell oder gerade im konkreten Fall - mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit zu einem Verlust der Steuerungsfähigkeit kommen würde, so dass der Betroffene nicht mehr die Gewähr dafür böte, an einem ggf. gefassten Vorsatz, keine Fahrzeuge im Straßenverkehr zu führen, weiterhin festzuhalten (dazu nachfolgend unter 1.1). Auswirkungen auf die Fahreignung kann ein auf den Mischgebrauch von Alkohol und Cannabis zurückgehender Berauschungszustand zum anderen dann entfalten, wenn mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen wäre, dass Personen, die unter dem Einfluss beider Substanzen stehen, während einer hierdurch hervorgerufenen Fahruntüchtigkeit aufgrund freier Willensentscheidung ein Fahrzeug im Straßenverkehr führen (dazu unter 1.2), da unter dieser Voraussetzung ein "charakterlich-sittlicher" Mangel im Sinn der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Juni 2002 (a.a.O.) vorläge. Innerhalb der Prüfung beider Kausalketten muss danach unterschieden werden, ob von einem feststehenden Verlust der Fahreignung im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV ausgegangen werden darf (unter dieser Voraussetzung würde sich die Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers im Ergebnis als zutreffend erweisen), bzw. ob - falls dies zu verneinen ist - die Voraussetzungen vorliegen, unter denen von ihm die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens verlangt werden durfte.

Was das Maß der "erforderlichen Wahrscheinlichkeit" anbetrifft, muss berücksichtigt werden, dass das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 20. Juni 2002 (a.a.O., S. 667 und nochmals S. 669) bereits die Forderung, ein Fahrerlaubnisinhaber habe sich einem Drogenscreening zu unterziehen, vom Vorliegen eines "hinreichenden Gefahrenverdachts" (bzw. "hinreichend konkreter Verdachtsmomente") abhängig gemacht hat, "der [bzw. die] einen Eignungsmangel als nahe liegend erscheinen lässt [lassen]". Das Bundesverfassungsgericht hat damit den Maßstab, an dem es im Beschluss vom 24. Juni 1993 (BVerfGE 89, 69/85 f.) die Zulässigkeit der Forderung gemessen hat, ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vorzulegen, auch auf das behördliche Verlangen angewandt, ein Drogenscreening durchführen zu lassen, obwohl die letztgenannte Maßnahme deutlich weniger stark in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen eingreift, als das bei einer medizinisch-psychologischen Begutachtung der Fall ist (vgl. zu den Umständen, aus denen das Bundesverfassungsgericht die im Vergleich zu einer ärztlichen Untersuchung - insbesondere einem bloßen Drogenscreening - höhere Eingriffsintensität einer medizinisch-psychologischen Begutachtung herleitet, BVerfG vom 24.6.1993, a.a.O., S. 82 ff.). Damit der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis zum Anlass für die Forderung nach Beibringung eines Fahreignungsgutachtens gemacht werden darf, müssen deshalb sowohl der kausale Zusammenhang zwischen der gleichzeitigen Beeinflussung durch Alkohol und Cannabis und dem Verlust der Kontroll- bzw. Steuerungsfähigkeit des Betroffenen als auch die Gefahr "nahe liegen", dass er in diesem Zustand ein Fahrzeug im Straßenverkehr führen wird. Erst dann nämlich, wenn auch dieses letzte Glied der Kausalkette bejaht werden kann, erwachsen aus der gleichzeitigen Beeinflussung durch beide Substanzen Gefahren für die Verkehrssicherheit. Um ein Vorgehen nach § 11 Abs. 7 FeV zu ermöglichen, müssten sich die vorbezeichneten Zusammenhänge zur Gewissheit verdichtet haben.

1.1 a) Nach dem Ergebnis der vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Beweiserhebung kann nicht davon ausgegangen werden, der Verlust der Fahreignung des Klägers stehe deshalb im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV fest, weil er am 10. und 11. Juni 2006 unter der gleichzeitigen Einwirkung von Alkohol und Cannabis stand.

Nach der Darstellung im Gutachten vom 9. Januar 2012 (S. 22 f.) haben einige Kohortenstudien zwar einen statistischen Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und angegebenem Cannabiskonsum gezeigt. Diese Ergebnisse würden sich aufgrund methodischer Probleme jedoch nur schwer interpretieren lassen; insbesondere sei es nicht möglich, einen kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Cannabis und dem Entstehen von Psychosen herzustellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu psychischen Zuständen kommt, die mit einem Kontrollverlust einhergehen, lasse sich medizinisch ebenso wenig beziffern oder eingrenzen wie das hinsichtlich der Frage der Fall sei, ob der Betroffene eine gefasste Absicht weiterhin verwirklichen werde, zwischen dem Konsum von Alkohol und Cannabis und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr zu trennen (Gutachten vom 9.1.2012, S. 25). Namentlich ergäben sich aus dem konkret verfahrensgegenständlichen, nicht verkehrsbezogenen Vorfall mit Sicherheit nicht von vornherein Hinweise darauf, dass es zu einem Kontrollverlust im Hinblick auf die Trennung zwischen dem Konsum von Cannabis und/oder Alkohol und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr kommt (Gutachten vom 9.1.2012, ebenda).

Risikoerhöhend für das Auftreten psychotischer Symptome bzw. einer psychischen Erkrankung wirken sich allerdings ein niedriges Alter beim Einstieg in den Drogengebrauch, eine höhere Konsumfrequenz und die persönliche Disposition aus (Gutachten vom 9.1.2012, Seite 23). Einer dieser Risikofaktoren liegt beim Kläger vor, da er nach eigenem Bekunden (vgl. die auf S. 6 des Gutachtens vom 17.4.2007 festgehaltenen Angaben) mit der Einnahme von Cannabis bereits im Alter von 16 Jahren begonnen hat. Andererseits ist er ausweislich der Feststellungen, die bei der ärztlichen Fahreignungsbegutachtung am 22. März 2007 getroffen wurden, neurologisch und psychisch in jeder Hinsicht gesund (vgl. die umfangreichen, in den Abschnitten II.3.e und II.3.f des Gutachtens vom 17.4.2007 referierten diesbezüglichen Befunde). Als "vulnerable Person", bei der bereits ein nicht mit dem Konsum von Alkohol einhergehender Cannabisgebrauch u. U. akute Psychosen auszulösen vermag (S. 22 des Gutachtens vom 9.1.2012), kann der Kläger vor diesem Hintergrund nicht eingestuft werden. Auf der Grundlage seiner am 22. März 2007 gemachten Angabe, er habe maximal einen Joint pro Monat geraucht, und zwischen diesen Vorfällen hätten Intervalle von bis zu einem Jahr gelegen, muss ferner von einer nur geringen Konsumfrequenz ausgegangen werden.

Dahinstehen kann an dieser Stelle, ob dem Kläger von Rechts wegen die im Schreiben der … GmbH vom 5. November 2007 referierte Angabe entgegengehalten werden darf, er habe bei der ärztlichen Untersuchung, die der Erstellung des mit Schreiben des Landratsamts vom 11. Juli 2007 angeforderten, nicht vorgelegten Gutachtens gedient habe, einen freitags und sonntags stattfindenden Wochenendkonsum im Umfang von einem bis zwei Joints eingeräumt. Denn auch wenn diese Information berücksichtigungsfähig sein sollte, dürfte nicht außer Betracht bleiben, dass sich dieses Konsumverhalten nach der Darstellung im Schreiben vom 5. November 2007 nur auf einen bestimmten Zeitabschnitt im Leben des Klägers bezog (dessen Länge nicht feststellbar ist, da die diesbezüglichen Angaben im Schreiben vom 5.11.2007 geschwärzt wurden). Vor allem aber müsste bedacht werden, dass nach den Angaben im Gutachten vom 9. Januar 2012 (S. 26) "eine Anwendung allgemeiner Beobachtungen auf einen individuellen Fall bei hohen interindividuellen Unterschieden bezüglich verschiedener Faktoren nicht vertretbar" ist. Ist es aber aus medizinischer Sicht nicht möglich, eine Prognose darüber abzugeben, ob - und bejahendenfalls mit welcher Wahrscheinlichkeit - eine Person, die (in überdies unbekannter Häufigkeit) einen Mischkonsum von Alkohol und Cannabis betrieben hat, in einen mit einem Verlust der Steuerungsfähigkeit einhergehenden psychotischen Zustand geraten wird, so verbietet es sich auch dann, von einer aus diesem Grund feststehenden Fahrungeeignetheit auszugehen, wenn in der Person des Betroffenen gewisse einschlägige Risikofaktoren vorliegen.

b) Im Fall des Klägers lassen sich aber auch die Voraussetzungen nicht bejahen, unter denen die Behörde nach § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV heutiger Fassung (bzw. § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F.) befugt ist, ein kombiniert medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten anzufordern, um auf diese Weise in Erfahrung zu bringen, ob - und bejahendenfalls mit welcher Wahrscheinlichkeit - die Gefahr besteht, dass der Kläger unter dem gleichzeitigen Einfluss von Alkohol und Cannabis in einen psychotischen Zustand mit einem daraus resultierenden Kontrollverlust geraten könnte.

Dass zu diesem Zweck jedenfalls keine psychologische Begutachtung verlangt werden darf, folgt daraus, dass die zutreffende Beantwortung der vorbezeichneten Fragestellung psychiatrische und pharmakologisch-toxikologische Kenntnisse voraussetzt. Sie fällt damit in die fachliche Kompetenz von Ärzten, Pharmakologen sowie ggf. von Naturwissenschaftlern mit sonst einschlägiger Vorbildung. Ein rechtfertigender Grund, den Betroffenen zur Abklärung dieser Problematik auch einer psychologischen Untersuchung zu unterziehen (sie dient der Feststellung, wie sich eine Person angesichts ihrer ethischen Fundierung, ihrer Motivationslage und ihrer Willenskraft in Zukunft verhalten wird), ist demgegenüber nicht erkennbar.

Da die vollziehende Gewalt gehalten ist, eine Befugnisnorm dann nicht in vollem Umfang auszuschöpfen, wenn der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit das gebietet, können Bestimmungen, die die Fahrerlaubnisbehörden zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ermächtigen, jedenfalls dann auch als Grundlage für das Verlangen nach Beibringung eines nur ärztlichen Fahreignungsgutachtens herangezogen werden, wenn sie (wie das bei § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. und § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV heutiger Fassung der Fall ist) bereits das "Ob" der Gutachtensanforderung in das Ermessen der Verwaltung stellen. Da das Landratsamt im Schreiben vom 11. Juli 2007 nicht nur eine ärztliche Fahreignungsbegutachtung, sondern eine kombiniert medizinisch-psychologische Begutachtung verlangt hat, kann diese Gutachtensanforderung, soweit sie der Klärung der Frage dienen sollte, ob beim Kläger als Folge eines Mischkonsums von Alkohol und Cannabis mit dem Auftreten eines Kontrollverlusts gerechnet werden muss, nicht als verhältnismäßig angesehen werden.

Aber auch der auf eine erneute ärztliche Begutachtung des Klägers abzielende Teil dieser Anforderung war nicht rechtens. Dem Landratsamt lagen bereits aufgrund des Gutachtens vom 17. April 2007 Informationen darüber vor, ob in der Person des Klägers Risikofaktoren bestehen, die eine solche Entwicklung als wahrscheinlich erscheinen lassen. Der Beklagte hat nicht dargetan, dass die Notwendigkeit bestand, diesbezüglich weitere Erkenntnisse zu gewinnen. Vor allem aber hätte eine weitere ärztliche Untersuchung nichts zur zusätzlichen Aufklärung des Sachverhalts beitragen können. Denn die medizinische Wissenschaft verfügt nach den Darlegungen im Gutachten vom 9. Januar 2012 über keine Erfahrungssätze, die es ermöglichen, eine bezifferbare Wahrscheinlichkeit für das Auftreten psychischer Zustände anzugeben, die mit einem Kontrollverlust hinsichtlich des Trennvermögens zwischen Alkohol- und Cannabisaufnahme und dem Führen von Kraftfahrzeugen einhergehen. Zudem ist die Anwendung allgemeiner diesbezüglicher Beobachtungen auf einen individuellen Fall wegen der hohen interindividuellen Unterschiede nicht vertretbar (vgl. die Beantwortung der vom erkennenden Gericht formulierten Beweisfrage 1 durch das Gutachten vom 9.1.2012).

Zwar kann von den Amtsträgern der Fahrerlaubnisbehörde nicht verlangt werden, dass ihnen der Stand der psychiatrisch-toxikologischen Wissenschaft, der sich in der vorstehend referierten Aussage niedergeschlagen hat, geläufig ist. Ebenfalls nicht vorausgesetzt werden darf bei ihnen die Fähigkeit, aus eigener Sachkunde zu beurteilen, dass sich aus den beim Kläger bestehenden Konsumverhältnissen, den bei ihm feststellbaren Wirkstoffkonzentrationen und angesichts seines unauffälligen Verhaltens keine eindeutigen und konkreten Hinweise auf einen gerade ihm drohenden Verlust der Steuerungsfähigkeit gewinnen lassen (vgl. dazu die Beantwortung der Beweisfrage 2 im Gutachten vom 9.1.2012). Ein insoweit ggf. bestehender Informationsbedarf rechtfertigte jedoch nicht die Anforderung eines auf einer erneuten Untersuchung des Klägers beruhenden Fahreignungsgutachtens. Bei den im Beweisbeschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Mai 2011 formulierten Fragen handelt es sich vielmehr um Problemstellungen, die eine sachkundige Person oder Institution "abstrakt" (d.h. ohne erneute Exploration des Klägers) zu beantworten vermag. Als fachkundige Stellen, bei den sich die Fahrerlaubnisbehörden über derartige medizinische Gegebenheiten kundig machen können, kommen namentlich die Behörden des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Betracht.

1.2 a) Der Annahme, es stehe im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV fest, der Kläger habe die Fahreignung wegen eines charakterlich-sittlichen Mangels verloren, weil er nicht bereit sei, dann vom Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr abzusehen, wenn er unter (relevantem) Einfluss sowohl von Alkohol als auch von Cannabis steht, verbietet sich, da er weder in der Vergangenheit ein solches Verhalten an den Tag gelegt hat noch es einen Erfahrungssatz gibt, dem zufolge Personen, die einen Mischkonsum beider Rauschmittel betreiben, früher oder später mit Sicherheit in diesem Zustand ein Fahrzeug im Straßenverkehr lenken werden.

Auch die Ausführungen im Schreiben der … GmbH vom 5. November 2007 erlauben es nicht, die Fahrungeeignetheit des Klägers als erwiesen anzusehen. Zwar darf auch der Inhalt eines Fahreignungsgutachtens, das der Betroffene den Behörden oder Gerichten zugänglich gemacht hat, ohne dass er hierzu verpflichtet war (weil z.B. die Anforderung dieses Gutachtens nicht rechtens war), zu seinen Ungunsten berücksichtigt werden (vgl. jüngst BVerwG vom 28.4.2010 NJW 2010, 3318/3319). Bei dem Schreiben vom 5. November 2007 handelt es sich jedoch nicht um ein Fahreignungsgutachten, sondern um eine Stellungnahme, in der die gegenüber dem Kläger tätig gewordene Begutachtungsstelle für Fahreignung die Einwände zu entkräften versuchte, die die Bevollmächtigten des Klägers gegen das in Auftrag gegebene medizinisch-psychologische Gutachten vorgebracht hatten. Einer Anwendung des vorerwähnten, richterrechtlich entwickelten Grundsatzes über die Verwertbarkeit von zu Unrecht angeforderten, gleichwohl aber vorgelegten Gutachten auf derartige Stellungnahmen steht im konkreten Fall entgegen, dass die im Schreiben vom 5. November 2007 enthaltenen, dem Kläger nachteiligen Aussagen entgegen dem in der Nummer 2 Buchst. a der Anlage 15 zur Fahrerlaubnis-Verordnung zum Ausdruck gebrachten rechtlichen Erfordernis nicht nachprüfbar sind. Das wäre nach der Nummer 1 Buchst. e und nach den Sätzen 3 und 5 der Nummer 2 Buchst. a der Anlage 15 nur dann der Fall, wenn im Schreiben vom 5. November 2007 der Verlauf der im ärztlichen und im psychologischen Teil der Untersuchung mit dem Kläger geführten Explorationsgespräche wiedergegeben worden wäre. Nur dann nämlich könnte sich der Rechtsanwender ein eigenes Urteil darüber bilden, ob die Darstellung der Begutachtungsstelle für Fahreignung zutrifft, der Kläger habe im Rahmen beider Befragungen Angaben getätigt, die sowohl untereinander als auch von den Einlassungen bei der ärztlichen Begutachtung am 22. März 2007 abgewichen seien. Die in der Nummer 1 Buchst. e der Anlage 15 zur Fahrerlaubnis-Verordnung normierte Aufzeichnungspflicht dient gerade dazu, den Entscheidungsträgern in der öffentlichen Verwaltung und bei den Gerichten eine Vergewisserung darüber zu ermöglichen, ob die Begutachtung korrekt durchgeführt wurde, die Darstellungen im Gutachten über ihren Verlauf zutreffen, und die von den Sachverständigen gezogenen Schlussfolgerungen angesichts der bei der Begutachtung gewonnenen Erkenntnisse auf einer in tatsächlicher Hinsicht tragfähigen Grundlage beruhen. Da eine detaillierte Wiedergabe der im Rahmen der medizinisch-psychologischen Begutachtung durchgeführten Befragungen des Klägers fehlt, kann sich das Gericht auch nicht das erforderliche eigene Urteil darüber bilden, ob die am Ende des Schreibens der Begutachtungsstelle vom 5. November 2007 vorgenommene Bewertung zutrifft, u. a. angesichts der fehlenden Auseinandersetzung des Klägers mit seinen Konsumgewohnheiten und den hierfür maßgeblichen Beweggründen, seiner nur oberflächlichen Motivation für den behaupteten Drogenverzicht sowie seiner fehlenden Fähigkeit und Bereitschaft zur Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle lasse sich keine günstige Prognose hinsichtlich einer künftigen Beachtung des Trennungsgebots durch ihn abgeben. Eine ungeprüfte Übernahme der im Schreiben vom 5. November 2007 enthaltenen Ausführungen verbietet sich im gegebenen Fall umso mehr, als die Begutachtungsstelle für Fahreignung im vorletzten Absatz auf Seite 2 dieses Schreibens selbst einräumen musste, dass das von ihr über den Kläger erstellte Gutachten in einem Punkt einer Änderung bedurfte.

b) Ein nicht im Zusammenhang mit dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr stehender Gebrauch von Alkohol und Cannabis stellt aber auch keinen Umstand dar, der gemäß § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV heutiger Fassung (bzw. § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F.) die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens mit dem Ziel rechtfertigt, die Trennungsbereitschaft des Betroffenen zu eruieren.

Zwar bilden die in der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung aufgeführten Umstände den "Kernbestand" derjenigen Tatsachen, die im Sinn von § 14 Abs. 1 Satz 3 FeV heutiger Fassung (bzw. § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F.) Zweifel an der Fahreignung begründen können. Bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 muss jedoch berücksichtigt werden, dass das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 20. Juni 2002 (a.a.O., S. 669) unter Bezugnahme auf eine ähnlich lautende Aussage im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Mai 2001 (NJW 2002, 78/80) die Auffassung vertreten hat, es trage dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Angemessenheit der eingreifenden Maßnahme im Verhältnis zum Anlass des Einschreitens Rechnung, wenn der einmalige oder nur gelegentliche Konsum von Cannabis ohne Bezug zum Straßenverkehr nicht als hinreichendes Verdachtsmoment bewertet wird, um die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens zu verlangen.

Diese Aussage erscheint unter tatsächlichem Blickwinkel im Hinblick darauf nicht unproblematisch, als nach dem Gutachten von Krüger, das der Vorbereitung u. a. des Beschlusses vom 20. Juni 2002 (a.a.O.) diente und auf das sich das Bundesverfassungsgericht in dieser Entscheidung wiederholt gestützt hat, von einer keineswegs niedrigen Koinzidenz zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr auszugehen ist. Nach der Darstellung Krügers (Gutachten vom 15.8.2001, S. 16) haben 67 % der Personen, die nach eigenem Bekunden Cannabis nur in sehr geringem Umfang - nämlich einmal während der zurückliegenden zwölf Monate - eingenommen haben, angegeben, sie seien prinzipiell bereit, unter Drogen zu fahren; bei den Cannabiskonsumenten, bei denen es nach eigenem Eingeständnis während der letzten 30 Tage vor der Befragung zu einem Gebrauch dieses Betäubungsmittels gekommen ist, betrug der Anteil derer, die prinzipiell auch unter Drogeneinfluss ein Fahrzeug im Straßenverkehr lenken würden, 76 %. Aus der erstgenannten Personengruppe hätten 40 %, aus der zweitgenannten 64 % eingeräumt, während der letzten 30 Tage tatsächlich als Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilgenommen zu haben. Berücksichtigt man zusätzlich, dass nach der Darstellung von Krüger (Gutachten vom 15.8.2001, S. 17) der Anteil der Konsumenten von Drogen (jedweder Art), die bereit sind, unter der Einwirkung derartiger Substanzen zu fahren, selbst dann bei 60 % liegt, wenn der Betäubungsmittelkonsum nur geringen bis mittleren Umfang aufweist, und dass diese Quote mit zunehmender Häufigkeit der Drogeneinnahme auf nahezu 100 % ansteigt (vgl. auch dazu Krüger, Gutachten vom 15.8.2001, ebenda), so wird deutlich, dass Verstöße gegen das Trennungsgebot selbst bei Personen, die Cannabis nur in begrenztem Umfang einnehmen, keineswegs seltene Ausnahmen darstellen, sondern dass mit einem solchen Verhalten bereits bei diesem Personenkreis in signifikanter Häufigkeit zu rechnen ist.

Ungeachtet der Zweifel, die vor diesem Hintergrund an der Richtigkeit der Aussage vorgebracht werden können, der einmalige oder nur gelegentliche Konsum von Cannabis ohne Bezug zum Straßenverkehr stelle kein die Forderung nach Beibringung eines Fahreignungsgutachtens rechtfertigendes Verdachtsmoment dar, hält es das erkennende Gericht für geboten, von der Maßgeblichkeit dieser Bewertung auszugehen, die heute zum gefestigten, soweit ersichtlich allseits anerkannten Bestand des Fahrerlaubnisrechts in der Bundesrepublik Deutschland gehört. Die vorbezeichnete Aussage des Bundesverfassungsgerichts ist der im anhängigen Rechtsstreit zu treffenden Entscheidung umso mehr zugrunde zu legen, als einer Verfassungsbeschwerde stattgebende Entscheidungen von Kammern des Bundesverfassungsgerichts, die im Verfahren nach § 93 c BVerfGG ergehen (der Beschluss vom 20.6.2002, a.a.O., gehört hierzu), wegen ihrer durch § 93 c Abs. 1 Satz 2 BVerfGG bewirkten Gleichstellung mit Senatsentscheidungen an der Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG teilnehmen (so ausdrücklich BVerfG - 1. Kammer des 1. Senats - vom 5.9.2003 NVwZ 2004, 90/92; ebenso z.B. Heusch in Umbach/Clemens/Dollinger, BVerfGG, 2. Aufl. 2005, RdNr. 55 zu § 31; a. A. unter unzutreffender Berufung auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die eine Bindungswirkung von im Verfahren nach § 93 a BVerfGG ergehenden Nichtannahmebeschlüssen verneint haben, Voßkuhle in von Mangoldt/Klein, GG, 6. Aufl. 2010, RdNr. 32 zu Art. 94 Abs. 2). Bei der Aussage, der einmalige oder nur gelegentliche Konsum von Cannabis ohne Bezug zum Straßenverkehr dürfe nicht als hinreichendes Verdachtsmoment bewertet werden, um deswegen die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens zu verlangen, handelt es sich ferner weder um eine nur tatsächliche Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts, noch erging diese Aussage in der Auslegung von Bestimmungen außerhalb des Grundgesetzes; derartige Begründungselemente einer Kammerentscheidung würden nicht an der Bindungswirkung nach § 31 Abs. 1 BVerfGG teilnehmen. Vielmehr hat das Bundesverfassungsgericht insoweit eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes vorgenommen, der seinerseits eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) darstellt und damit Verfassungsrang besitzt.

Die Forderung nach Beibringung eines Fahreignungsgutachtens könnte vor diesem Hintergrund nur dann als rechtmäßig angesehen werden, wenn sich dartun ließe, dass ein zur gelegentlichen Einnahme von Cannabis hinzutretender, jedoch nicht mit der Teilnahme am Straßenverkehr einhergehender Parallelkonsum von Alkohol die Wahrscheinlichkeit, der Handelnde werde in diesem Zustand aufgrund freien Willensentschlusses ein Fahrzeug im Straßenverkehr führen, im Vergleich zu Personen, die - ebenfalls ohne Verkehrsteilnahme - ausschließlich Cannabis eingenommen haben, so sehr erhöht, dass die Gefahr eines Verstoßes gegen das Trennungsgebot in solchen Fällen als "nahe liegend" erscheint.

Dieser Nachweis lässt sich indes nicht führen. Nach der Darstellung im Gutachten vom 9. Januar 2012 (S. 21) ergab eine von Ronen u. a. durchgeführte Studie (The effect of alcohol, THC and their combination on perceived effects, willingness to drive and performance of driving and non-driving tasks, Accident Analysis and Prevention, 42 [2010], S. 1855 - 1865) keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Fahrstrecke, die Probanden zu fahren bereit waren, von denen einige unter dem Einfluss von THC, andere unter dem Einfluss von Alkohol und eine dritte Gruppe unter dem Einfluss einer Kombination beider Substanzen standen. Die Verfasser des Gutachtens vom 9. Januar 2012 gelangten vor diesem Hintergrund (vgl. dort S. 25) zu dem Ergebnis, es hätten sich bezüglich der Fahrbereitschaft keine relevanten Unterschiede zwischen der Beeinflussung nur durch THC und einer Beeinflussung durch THC sowie zusätzlich durch Alkohol gezeigt.

Diese Schlussfolgerung erscheint dem Gericht zutreffend. Krüger hat in seinem Gutachten vom 15. August 2001 (vgl. dort die Seiten 16 f.) aufgezeigt, dass Drogenkonsumenten in wesentlich geringerem Maß als die Konsumenten von Alkohol bereit sind, die Einnahme des jeweiligen Rauschmittels und das Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr zu trennen. Begründet wurde diese unterschiedlich stark ausgeprägte Trennungsbereitschaft im Gutachten vom 15. August 2001 (S. 17 f.) zum einen damit, dass gerade Cannabiskonsumenten der Auffassung seien, negative Auswirkungen der Einnahme dieses Betäubungsmittels kompensieren zu können. Diese Droge werde deshalb subjektiv als vergleichsweise wenig gefährlich wahrgenommen; ein Fahren unter dem Einfluss dieser Substanz werde von ihren Konsumenten nur in vergleichsweise geringem Umfang als verwerflich eingestuft. Zum anderen erkläre sich die gegenüber Alkoholkonsumenten niedrigere Trennungsbereitschaft von Personen, die Drogen eingenommen haben, aus der Einschätzung, das Risiko, ein Fahren unter Betäubungsmitteleinfluss könnte entdeckt werden, sei außerordentlich gering: Während nach Auffassung der Probanden eine nach dem Genuss von Bier erfolgte motorisierte Verkehrsteilnahme mit einer zwischen 40,3 und 45,5 % liegenden Wahrscheinlichkeit aufgedeckt werde, wurde die Gefahr, die Polizei werde eine unter dem Einfluss von Cannabis durchgeführte Fahrt entdecken, von ihnen nur mit 4,1 % veranschlagt.

Vor diesem Hintergrund spricht nichts dafür, dass Personen, die unter der Einwirkung sowohl von Ethanol als auch von THC stehen, in größerer Häufigkeit Fahrzeuge im Straßenverkehr führen werden, als das nach einem ausschließlichen Konsum von Cannabis geschieht. Denn solche Personen müssen damit rechnen, dass jedenfalls die durch die Alkoholaufnahme ausgelösten Symptome (z.B. der Alkoholgeruch in der Atemluft) im Fall einer Polizeikontrolle ebenso leicht wahrgenommen werden können wie das bei ausschließlichen Alkoholkonsumenten der Fall ist; es darf als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass die Polizei über Hilfsmittel (z.B. in Gestalt von auf gaschromatografischer Basis arbeitenden Röhrchen und anderer Testgeräte) verfügt, durch die eine vorangegangene Alkoholaufnahme im Rahmen einer Kontrolle rasch und effizient festgestellt werden kann. Das geringe Risiko einer Entdeckung, von dem sich nach den Feststellungen im Gutachten vom 15. August 2001 (a.a.O.) ausschließliche Konsumenten von Cannabis bei der Entscheidung leiten ließen, ob sie nach dem Genuss dieser Droge ein Fahrzeug im Straßenverkehr führen, steigt nach dem Beigebrauch von Alkohol mithin.

Die Gefahr, dass es nach einem kombinierten Gebrauch von Alkohol und Cannabis zu Herz-Kreislauf-Störungen kommen könnte (auch damit wird - z.B. in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10.2.2006, a.a.O., S. 484 - die fahreignungsrechtliche Relevanz eines solchen Verhaltens begründet), stellt von vornherein nur dann eine Beeinträchtigung der Sicherheit des Straßenverkehrs dar, wenn der Betroffene, solange er unter dem Einfluss beider Substanzen steht, entweder am Straßenverkehr teilgenommen hat oder damit zu rechnen ist. Beide Voraussetzungen lassen sich beim Kläger nach dem Vorgesagten nicht dartun. Die Anforderung eines Fahreignungsgutachtens konnte in seinem Fall im Übrigen umso weniger auf diesen Gesichtspunkt gestützt werden, als Beeinträchtigungen des Herz-Kreislauf-Systems bei einem Mischgebrauch von Alkohol und Cannabis nach der Darstellung im Gutachten vom 9. Januar 2012 (S. 25) nur im Intoxikationsfall zu erwarten sind. Von diesem Zustand war der Kläger weit entfernt; das gilt selbst bei Berücksichtigung der Tatsache, dass bei ihm in der Zeit vor den Blutentnahmen höhere Ethanol- und THC-Konzentrationen bestanden haben müssen, als sie in den Blutproben festgestellt wurden.

2. Der Verwaltungsgerichtshof verkennt bei alledem nicht, dass das Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr durch Personen, die unter dem Einfluss sowohl von Alkohol als auch von Cannabis stehen, dann außerordentlich gefährlich ist, wenn der Betroffene diese Substanzen in mehr als nur geringfügigem Umfang eingenommen hat. Denn die Wahrscheinlichkeit der Verursachung eines Verkehrsunfalls durch Personen, die unter dem Einfluss beider Rauschmittel stehen, nimmt jedenfalls dann dramatisch zu, wenn der Verursacher eine Blutalkoholkonzentration von 0,8 ‰ oder mehr bzw. eine THC-Konzentration im Blut von 1 ng/ml oder mehr aufweist (vgl. Seite 9 f. des von Krüger am 15.8.2001 erstellten Gutachtens). Auch auf Seite 14 dieser Ausarbeitung hielt Krüger fest, die Gefährlichkeit des kombinierten Konsums von Alkohol und Cannabis sei durch die von ihm ausgewerteten Studien "deutlich belegt". Ebenfalls nicht außer Betracht bleiben darf, dass der Anteil der Cannabiskonsumenten, die dieses Betäubungsmittel zusammen mit Alkohol einnehmen, erheblich ist: Nach der Darstellung von Krüger (Gutachten vom 15.8.2001, S. 14 f.) hatten von 129 Cannabiskonsumenten, die im Umfeld von Diskotheken und Techno-Veranstaltungen untersucht wurden und die zum größeren Teil beabsichtigt hätten, das Auto zu benutzen (vgl. dazu S. 13 Mitte des Gutachtens vom 15.8.2001), 59 % zusätzlich Alkohol zu sich genommen. Anlass zu besonderer Besorgnis muss namentlich der Umstand geben, dass ausweislich der Abbildung 6 im Gutachten vom 15. August 2001 ausnahmslos alle der in diese "Diskothekenstudie" einbezogenen Fahrer, die eine zwischen 2 und 3 ng/ml liegende THC-Konzentration aufwiesen (die mithin in einem Ausmaß unter dem Einfluss von Cannabis standen, bei dem bereits dann mit relevanten Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zu rechnen ist, wenn diese Droge ohne Beigebrauch anderer psychotroper Substanzen eingenommen wird), zugleich alkoholisiert waren. Bereits eine in den Jahren 1992 und 1993 durchgeführte Erhebung hat nach Darstellung von Krüger (Gutachten vom 15.8.2001, S. 14) im Übrigen ergeben, dass mehr als 40 % der Personen, bei denen ein positiver Cannabisbefund festgestellt wurde, zugleich "mit Alkohol unterwegs" gewesen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof lässt es ausdrücklich dahinstehen, ob die hohe Gefährlichkeit einer Verkehrsteilnahme unter dem kombinierten, nicht nur minimalen Einfluss von Alkohol und Cannabis in Verbindung mit dem hohen Verbreitungsgrad eines solchen Mischkonsums den Verdacht eines Eignungsmangels bereits dann als "nahe liegend" im Sinn der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 1993 (a.a.O.) und vom 20. Juni 2002 (a.a.O.) erscheinen lässt, wenn dem Betroffenen nur eine niedrige Konsumfrequenz und kein bereits erfolgter Verstoß gegen das Trennungsgebot nachgewiesen werden können. Für die Bejahung dieser Frage könnte allerdings sprechen, dass die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Gefahreneintritts umso niedriger sein dürfen, je höherwertiger die Rechtsgüter sind, die dann beeinträchtigt werden, wenn es zu einer Realisierung dieser Gefahr kommt, und je größer der Schaden ist, mit dessen Eintritt in diesem Fall gerechnet werden muss (vgl. BVerfG vom 14.7.1999 BVerfGE 100, 313/392; vom 3.3.2004 BVerfGE 110, 33/60; vom 27.7.2005 BVerfGE 113, 348/386; BVerwG vom 2.7.1991 BVerwGE 88, 348/351; vom 3.7.2002 BVerwGE 116, 347/356). Sollte eine Person, in deren Körper sich gleichzeitig Alkohol und Cannabis in mehr als nur geringfügigen Konzentrationen befinden, in diesem Zustand Fahrzeuge im Straßenverkehr führen, so drohen nach dem Vorgesagten erhebliche Gefahren für Leib und Leben Dritter. Anders als das Bundesverfassungsgericht das im Beschluss vom 20. Juni 2002 (a.a.O., S. 669) getan hat, hat das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 5. Juli 2001 (a.a.O., S. 80) die Aussage, ein einmaliger oder gelegentlicher Cannabiskonsum ohne konkrete Verknüpfung mit der Teilnahme am Straßenverkehr rechtfertige regelmäßig nicht die Aufforderung, sich einer medizinisch-psychologischen oder fachärztlichen Untersuchung zu unterziehen, mit der Einschränkung versehen, das gelte nur, wenn keine weiteren bedeutsamen Umstände hinzutreten.

Wäre auf dieser Grundlage davon auszugehen, dass die in den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Juni 1993 (a.a.O.) und vom 20. Juni 2002 (a.a.O.) formulierten verfassungsrechtlichen Vorgaben der auf § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. gestützten Forderung nach Beibringung eines Fahreignungsgutachtens durch den Kläger grundsätzlich nicht entgegengestanden hätten, so ließe das die Begründetheit seiner Klage gleichwohl unberührt.

2.1 Gegenstand einer solchen weiteren (d.h. zum Gutachten vom 17.4.2007 hinzutretenden) Begutachtung hätte nach dem Vorgesagten nur die Frage sein können, ob der Kläger die Gewähr dafür bietet, dann vom Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr abzusehen, wenn er unter einem die Fahrtüchtigkeit beeinträchtigenden Einfluss von Alkohol oder Cannabis (oder beider Substanzen) steht. Satz 2 der im Schreiben des Landratsamts vom 11. Juli 2007 formulierten Gutachtensfrage zielte in grundsätzlich nicht zu beanstandender Weise auf eine Klärung dieser Problematik ab.

Es fehlte unter dieser Prämisse jedoch ein rechtfertigender Grund dafür, vom Kläger eine nochmalige medizinische Untersuchung zu verlangen, da schon am 22. März 2007 eine derartige (noch dazu ebenfalls von einer Begutachtungsstelle für Fahreignung durchgeführte) Exploration stattgefunden hat und ein darüber hinausgehender, spezifisch medizinischer Aufklärungsbedarf nicht ersichtlich ist. Vielmehr reichten die im Gutachten vom 17. April 2007 dargestellten Ergebnisse der seinerzeitigen Untersuchung aus, um der psychologischen Fachkraft diejenigen medizinischen Informationen zur Verfügung zu stellen, die für eine Prognose darüber erforderlich gewesen wären, ob der Kläger zur Beachtung des Trennungsgebots willens und in der Lage ist.

2.2 Unabhängig hiervon kann die im Fall des Klägers erfolgte Anforderung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens auch deshalb nicht als rechtmäßig angesehen werden, weil das Landratsamt zum einen die Zielsetzung der durchzuführenden Begutachtung unklar und widersprüchlich bezeichnet hat, und es zum anderen ausdrücklich der zu beauftragenden Begutachtungsstelle für Fahreignung überlassen blieb, ob der Kläger einen Abstinenznachweis beizubringen hatte, und auf welche Art und Weise dieser Nachweis zu führen war.

Nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV legt die Fahrerlaubnisbehörde in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens einzelfallbezogen fest, welche Fragen im Hinblick auf die Fahreignung des Betroffenen zu klären sind. Der Einhaltung dieser rechtlichen Vorgabe kommt nicht nur deshalb erhebliche Bedeutung zu, weil die von der Fahrerlaubnisbehörde formulierten Fragestellungen nach der Nummer 1 Buchst. a Satz 2 und nach der Nummer 1 Buchst. b der Anlage 15 zur Fahrerlaubnis-Verordnung den Rahmen abstecken, innerhalb dessen der zu beauftragende ärztliche Sachverständige bzw. die einzuschaltende Begutachtungsstelle für Fahreignung nur tätig werden dürfen. Die exakte und zutreffende Festlegung des Untersuchungsziels ist zusammen mit der nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV vorgeschriebenen Mitteilung der Gründe, aus denen die Behörde Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen herleitet, vor allem deshalb erforderlich, um diesem eine ausreichende Grundlage für die Entscheidung an die Hand zu geben, ob er sich der geforderten Untersuchung von Rechts wegen unterziehen muss (und unabhängig hiervon unterziehen will).

Sofern dies nach Lage des konkreten Falles nicht auf der Hand liegt, muss die Behörde gemäß § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV insbesondere bestimmen, ob sich die Begutachtung nur auf die Frage eines Verlusts der Fahreignung durch den Betroffenen oder ausschließlich auf die etwaige Wiedererlangung dieser Eigenschaft oder aber auf beide Gesichtspunkte erstrecken soll. Das gilt namentlich dann, wenn die Bejahung bzw. Verneinung dieser beiden Gegebenheiten von der Erfüllung unterschiedlicher Voraussetzungen abhängt. Ebenfalls der Fahrerlaubnisbehörde obliegt es nach § 11 Abs. 6 Satz 1 FeV, zu bestimmen, ob der Betroffene einen Abstinenznachweis erbringen muss, auf welche Art und Weise (z.B. durch die Untersuchung von Körperflüssigkeiten oder durch Haaranalysen) und in welchem Umfang das zu geschehen hat, und welche Anforderungen (z.B. Vorkehrungen gegen Manipulationsversuche) beachtet worden sein müssen, damit die Behörde derartige Nachweise als aussagekräftig anerkennt. Dass all diese Entscheidungen nicht dem vom Betroffenen zu beauftragenden Arzt oder der von ihm einzuschaltenden Begutachtungsstelle für Fahreignung überlassen werden dürfen, folgt bereits daraus, dass sie nur auf der Grundlage einer zutreffenden Erfassung der Rechtslage sachrichtig getroffen werden können. Rechtsfragen zu beantworten aber ist nicht Aufgabe eines Sachverständigen, sondern der hierzu berufenen Entscheidungsträger. Die Einschätzung der Fahrerlaubnisbehörde, nicht aber diejenige der die Begutachtung durchführenden Personen ist (vorbehaltlich einer abweichenden Auffassung der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit) z.B. dafür ausschlaggebend, ob und welcher der in der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung aufgeführten Tatbestände verwirklicht ist, und ob aufgrund der Erfüllung dieses Tatbestands von einem feststehenden Verlust der Fahreignung ausgegangen werden darf oder hieraus nur Eignungszweifel resultieren. Vorbehaltlich der Letztentscheidungskompetenz der Gerichte obliegt es ferner der Fahrerlaubnisbehörde, darüber zu befinden, ob eine Person in rechtlicher beachtlicher Weise geltend gemacht hat, es sei bei ihr zu einem Verhaltenswandel gekommen, der - falls er tatsächlich stattgefunden hat - ggf. nach dem Ablauf einer bestimmten Zeit zur Wiedererlangung der Fahreignung führt, oder ob unabhängig hiervon hinreichende Anhaltspunkte für eine solche Entwicklung vorliegen. Ebenfalls allein die Fahrerlaubnisbehörde kann die Ermessensentscheidung treffen, ob der Frage einer etwaigen Wiedererlangung der Fahreignung, sofern zur Aufklärung dieses Gesichtspunkts Veranlassung besteht, bereits in dem Verwaltungsverfahren nachgegangen wird, in dem über eine Entziehung der Fahrerlaubnis des Betroffenen zu befinden ist, oder ob die Überprüfung dieses Aspekts einem gesonderten Verwaltungsverfahren vorbehalten bleibt (vgl. zur Zulässigkeit einer solchen Handhabung dann, wenn seit dem Zeitpunkt, ab dem der Betroffene ein Verhalten praktiziert, das ggf. zur Wiedererlangung der Fahreignung führt, noch kein Jahr verstrichen ist, BayVGH vom 9.5.2005 BayVBl 2006, 18/21). Da Fahreignungsbegutachtungen dazu dienen, der Behörde tragfähige Grundlagen für die von ihr zu treffende Entscheidung zur Verfügung zu stellen, ob einer Person die Fahrerlaubnis zu erteilen oder zu entziehen ist, kann - vorbehaltlich der sich aus der Rechtsordnung, insbesondere dem Verhältnismäßigkeitsprinzip ergebenden Einschränkungen - nur sie bestimmen, welche Nachweise in welcher Zahl erforderlich sind, um den zuständigen Amtsträgern den erforderlichen Grad an Gewissheit zu verschaffen. Gleiches gilt für die näheren Modalitäten einer solchen Nachweisführung, sofern sie nicht zum selbstverständlichen Standard fahrerlaubnisrechtlicher Begutachtungen gehören.

Bei der Beantwortung der Frage, ob die Behörde diesen normativen Vorgaben gerecht geworden ist, ist nicht nur auf den Inhalt des Schreibens abzustellen, das die förmliche Aufforderung enthält, ein Fahreignungsgutachten beizubringen. Im Hinblick auf beide Zielsetzungen, die die Sätze 1 und 2 des § 11 Abs. 6 FeV verfolgen, sind vielmehr auch Erklärungen von Bedeutung, die die Fahrerlaubnisbehörde sonst in Zusammenhang mit der Anforderung eines Fahreignungsgutachtens abgegeben hat. Soweit sie in Schreiben enthalten sind, die an den Betroffenen gerichtet wurden, liegt ihre Eignung auf der Hand, seine Meinungsbildung darüber zu beeinflussen, ob er sich der Begutachtung unterziehen muss bzw. unterziehen will. Da dem zu beauftragenden Arzt oder der einzuschaltenden Begutachtungsstelle gemäß § 11 Abs. 6 Satz 4 FeV die vollständigen Unterlagen zu übersenden sind und diese nach der Nummer 1 Buchst. a Satz 1 der Anlage 15 zur Fahrerlaubnis-Verordnung im Vorfeld der Begutachtung ausgewertet werden müssen, können Aussagen der Fahrerlaubnisbehörde über Anlass und Ziel der Begutachtung, die sich z.B. in Schreiben an den Betroffenen finden, aber auch den Ablauf der Begutachtung und deren Ergebnis beeinflussen.

Aus dem Schreiben des Landratsamts vom 11. Juli 2007 in Verbindung mit den Erklärungen dieser Behörde vom 8. Mai 2007 und vom 27. Juni 2007 konnten weder der Kläger selbst noch die Begutachtungsstelle für Fahreignung mit der erforderlichen Eindeutigkeit entnehmen, ob durch das beizubringende Gutachten die Frage des Verlusts der Fahreignung oder deren etwaige Wiedererlangung (oder beide Gesichtspunkte kumulativ) geklärt werden sollten. Vielmehr hat die Behörde insoweit eine schwankende und unklare Haltung eingenommen.

Im Schreiben vom 8. Mai 2007 und eingangs des Schreibens vom 27. Juni 2007 ging das Landratsamt davon aus, der Kläger habe die Fahreignung wegen Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung verloren. Hätte die Behörde im weiteren Fortgang des Verwaltungsverfahrens an diesem Rechtsstandpunkt unverändert festgehalten, hätte sich für den Kläger und die Fahrerlaubnisbehörde der Eindruck aufdrängen müssen, die später angeordnete Beibringung eines medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens könne allein der Klärung der Richtigkeit der Behauptung dienen, beim Kläger sei es seit der behaupteten Einstellung des Cannabisgebrauchs im Dezember 2006 zu einer Entwicklung gekommen, die u. U. die Wiedererlangung der Fahreignung durch ihn zur Folge hatte. Bestätigt werden konnte dieser Eindruck durch die Tatsache, dass das Landratsamt auf Seite 1 unten des Schreibens vom 27. Juni 2007 davon sprach, von einer sofortigen Entziehung der Fahrerlaubnis des Klägers werde deshalb abgesehen, weil seit der "Tat" bereits mehr als ein Jahr vergangen sei; es bestünden nunmehr Eignungszweifel, die durch eine medizinisch-psychologische Begutachtung auszuräumen seien. Insoweit bezog sich die Behörde erkennbar auf die Spruchpraxis des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (vgl. grundlegend den Beschluss vom 9.5.2005, a.a.O.), wonach auch in Fällen, in denen zunächst von einem feststehenden Verlust der Fahreignung ausgegangen werden durfte, dann eine Entziehung der Fahrerlaubnis im Verfahren nach § 11 Abs. 7 FeV ausscheidet, wenn Umstände geltend gemacht werden oder Anhaltspunkte für ihr Eintreten sprechen, die - falls sie in tatsächlicher Hinsicht zutreffen - zur Wiedererlangung der Fahreignung führen, und diesem Umstand deshalb Entscheidungserheblichkeit zukommt, weil die Zeitspanne, mit deren Ablauf die Fahreignung frühestens wiedererlangt werden kann, bereits verstrichen ist (sog. "verfahrensrechtliche Einjahresfrist").

Nicht in Einklang damit stand allerdings, dass das Landratsamt in seinen Schreiben vom 27. Juni 2007 und vom 11. Juli 2007 die Aufforderung, ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten vorzulegen, auf § 14 Abs. 1 Satz 4 FeV a.F. stützte. Richtige Rechtsgrundlage für das Verlangen, ein dem Nachweis der Wiedergewinnung der Fahreignung dienendes Fahreignungsgutachten beizubringen, ist bei noch nicht ergangenem Entziehungsbescheid jedoch § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV, bei bereits erfolgter Entziehung der Fahrerlaubnis § 14 Abs. 2 Nr. 1 FeV (vgl. auch dazu BayVGH vom 9.5.2005, a.a.O., S. 21). Ebenfalls mit der Annahme, die geforderte medizinisch-psychologische Begutachtung solle der Verifizierung der behaupteten Wiedererlangung der Fahreignung durch den Kläger dienen, nicht vereinbar ist, dass das Landratsamt im Schreiben vom 11. Juli 2007 in großer Deutlichkeit davon ausging, der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis durch den Kläger begründe (nur) Zweifel an seiner Fahreignung, weil dieses Verhalten den Verdacht auf ein fehlendes Trennungsvermögen nahe lege. Im Widerspruch zu der Annahme, der Kläger müsse sich nach Auffassung des Landratsamts deshalb einer erneuten Begutachtung unterziehen, um eine etwaige Wiedererlangung der Fahreignung durch ihn zu belegen, steht aber vor allem, dass die Frist zur Beibringung des verlangten Fahreignungsgutachtens im Schreiben vom 11. Juli 2007 auf etwa zweieinhalb Monate bemessen wurde. Hätte das Landratsamt wirklich die Wiedererlangung der Fahreignung durch den Kläger ermitteln wollen, hätte diese Zeitspanne so lange bemessen werden müssen, dass der Kläger Gelegenheit besessen hätte, die nach der Nummer 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung erforderliche einjährige Drogenabstinenz zu beweisen und das psychologische Gutachten beizubringen, das nach § 14 Abs. 2 FeV erforderlich ist, um festzustellen, ob es zu einem tiefgreifenden, stabilen Einstellungswandel im Verhältnis zu Betäubungsmitteln gekommen ist. Der Umstand, dass die im Schreiben vom 11. Juli 2007 gesetzte Frist später wiederholt (zuletzt bis zum 23.11.2007) verlängert wurde, ändert nichts daran, dass der Kläger auch bis dahin den Nachweis einer einjährigen Cannabisabstinenz nicht hätte führen können.

Sollte der Auffassung zu folgen sein, dass von einer Person, die - ohne hierbei gegen das Trennungsgebot verstoßen zu haben - einen Mischkonsum von Alkohol und Cannabis betrieben hat, die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens verlangt werden darf, so könnte Gegenstand dieser Begutachtung (zunächst) allein die Frage sein, ob sie auch künftig zwischen dem Gebrauch dieser Rauschmittel und dem Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr trennen wird. Die Begutachtung würde deshalb der Feststellung eines etwaigen Verlusts der Fahreignung dienen, der trotz Erfüllung des Tatbestands der zweiten Alternative der Nummer 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung aus den dargestellten Gründen nicht als feststehend angesehen werden darf.

Macht der Adressat einer solchen Begutachtungsaufforderung geltend, er habe den Cannabiskonsum eingestellt, so gelten die Grundsätze, die der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 9. Mai 2005 (a.a.O.) aufgestellt hat, mit den Modifizierungen entsprechend, die sich daraus ergeben, dass jener Entscheidung eine Fallgestaltung zugrunde lag, in der der Verlust der Fahreignung bereits feststand, während sie hier gerade noch klärungsbedürftig ist. Rechtliche Bedeutung kann dem Argument der behaupteten Wiedererlangung der Fahreignung auch in einer solchen Konstellation frühestens nach dem Ablauf eines Jahres ab dem Zeitpunkt zukommen, von dem an der Betroffene sich der Betäubungsmitteleinnahme enthalten haben will oder von dem an unabhängig von seinen Einlassungen Anhaltspunkte für eine dahingehende Entwicklung vorliegen. Da der Kläger angegeben hatte, er habe Cannabis letztmals im Dezember 2006 konsumiert, und seither enthalte er sich des Gebrauchs dieser Droge, begann die "verfahrensrechtliche Einjahresfrist" erst im Dezember 2006 (und nicht, wie dies das Landratsamt in den Schreiben vom 27.6.2007 und vom 11.7.2007 angenommen hat, bereits am 11.6.2006). Die rechtliche Bedeutung dieser Frist besteht darin, dass die Behörde bis zu ihrem Ablauf die Fahrerlaubnis ohne Rücksicht auf die nicht ausschließbare Wiedererlangung der Fahreignung entziehen darf, sofern feststeht, dass der Betroffene sie in der Vergangenheit verloren hat. Ist - wie hier - ggf. erst zu ermitteln, ob es überhaupt zu einem Verlust der Fahreignung gekommen ist, darf sich die zu diesem Zweck erforderliche Begutachtung des Betroffenen (sollte sie von Verfassungs wegen zulässig sein) in entsprechender Anwendung der im Beschluss vom 9. Mai 2005 (a.a.O., S. 21) entwickelten Grundsätze bis zum Ablauf der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist auf den Gesichtspunkt des etwaigen Verlusts der Fahreignung beschränken. Die Klärung der Frage, ob der Betroffene ein Verhalten praktiziert, das ggf. zur Wiedererlangung dieser Eigenschaft führt, muss in einer solchen Fallgestaltung jedenfalls dann einem gesonderten Verwaltungsverfahren vorbehalten bleiben, wenn der Betroffene der Einbeziehung dieses Gesichtspunkts in die von der Behörde geforderten Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung nicht zustimmt. Denn niemand darf gegen seinen Willen gezwungen werden, den Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung zu erbringen, solange deren Verlust noch nicht feststeht.

Die Schreiben der … GmbH vom 5. und 23. November 2007 zeigen, dass man dort offenbar davon ausging, es sei (auch) die Wiedererlangung der Fahreignung des Klägers zu prüfen, so dass auf Abstinenznachweise, die eine ausreichend lange Zeit abdecken, nicht verzichtet werden könne. Der Kläger handelte rechtmäßig, wenn er sich weigerte, ein Fahreignungsgutachten vorzulegen, das von ihm eine Nachweisführung verlangte, die er innerhalb der ihm hierfür eingeräumten Zeitspanne nicht erbringen konnte.

Die Notwendigkeit einer behördlichen Festlegung, ob vom Kläger die Beibringung von Abstinenznachweisen gefordert werden durfte, entfiel auch nicht aus den im drittletzten Absatz des Schreibens des Landratsamts vom 27. Juni 2007 angesprochenen Gesichtspunkten. Hätte der Kläger bei einer psychologischen Begutachtung - ihre Zulässigkeit unterstellt - zur Überzeugung der Behörde darzulegen vermocht, bei ihm werde es künftig ebenso wenig zu Verstößen gegen das Trennungsgebot kommen, wie das am 10. Juni 2006 der Fall war, so wäre erwiesen gewesen, dass der Mischkonsum von Alkohol und Cannabis durch ihn an jenem Tag nicht zum Verlust der Fahreignung geführt hat. Für eine Begutachtung mit dem Ziel der Überprüfung der Wiedererlangung dieser Eigenschaft hätte keine Veranlassung mehr bestanden. Hätte sich bei einer psychologischen Untersuchung, die der Ermittlung des Verlusts der Fahreignung diente, ergeben, dass beim Kläger eine fortgeschrittene Drogenproblematik bestand (wofür nach dem Gutachten vom 17.4.2007 freilich keinerlei Anhaltspunkte bestehen), so wäre dann von einem erwiesenen Verlust der Fahreignung auszugehen gewesen, wenn die Begutachtungsstelle überzeugend hätte darlegen können, dass deswegen (oder aus anderen Gründen) eine konsequente Beachtung des Trennungsgebots durch den Kläger nicht gewährleistet ist. Bis zum Ablauf der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist hätte das Landratsamt nach den im Beschluss vom 9. Mai 2005 (a.a.O., S. 19 f.) aufgestellten Grundsätzen in diesem Fall die Fahrerlaubnis des Klägers ohne Rücksicht auf die Behauptung einer seit Dezember 2006 praktizierten Cannabisabstinenz entziehen dürfen. Auch insoweit bestand deshalb kein Anlass, die Frage nach der Notwendigkeit der Beibringung von Abstinenznachweisen der Entscheidung der Begutachtungsstelle zu überlassen, wie das im drittletzten Absatz des Schreibens vom 27. Juni 2007 der Sache nach geschehen ist.

Rechtfertigte die Nichtvorlage des am 11. Juli 2007 angeforderten medizinisch-psychologischen Fahreignungsgutachtens durch den Kläger nach alledem nicht den Schluss, seine fehlende Fahreignung stehe seit dem 23. November 2007 fest, so durfte die Regierung von Oberbayern den gegen den Bescheid vom 7. Dezember 2007 eingelegten Widerspruch nicht zurückweisen, ohne zuvor sowohl die Frage des Verlust als auch einer etwaigen Wiedererlangung der Fahreignung durch den Kläger in rechtskonformer Weise aufzuklären. Da die verfahrensrechtliche Einjahresfrist im Dezember 2007 ablief, kam von da an auch der Behauptung des Klägers, er habe den Cannabisgebrauch im Dezember 2006 endgültig eingestellt, Entscheidungserheblichkeit zu. Dass seine Einlassung, der letzte Konsum dieses Betäubungsmittels habe im Dezember 2006 stattgefunden, nicht so zu verstehen war, er habe damals seinen "derzeit" letzten Joint geraucht, und er behalte sich eine künftige Wiederaufnahme dieses Verhaltens vor, folgt in hinreichender Deutlichkeit aus der auf Seite 7 unten des Gutachtens vom 17. April 2007 festgehaltenen Erklärung, er "kiffe" nicht mehr, weil seine Existenz bedroht sei.

Stand nach alledem aber weder bei Erlass des Ausgangsbescheids noch bei Abschluss des Widerspruchsverfahrens der Verlust der Fahreignung des Klägers im Sinn von § 11 Abs. 7 FeV fest, und lagen ferner nicht die Voraussetzungen vor, unter denen gemäß § 11 Abs. 8 FeV auf seine fehlende Fahreignung geschlossen werden durfte, so hat der Kläger die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht im Sinn von § 4 Abs. 1 Nr. 1 GebOSt "veranlasst". Auch die am 5. Dezember 2007 und am 28. Januar 2008 getroffenen Kostenlastentscheidungen sind deshalb - ebenso wie die darauf jeweils aufbauenden Kostenansätze - rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinem Recht, nur mit Gebühren und Auslagen für solche Amtshandlungen belastet zu werden, für deren Vornahme er Anlass gegeben hat.

Der Kostenausspruch beruht auf § 154 Abs. 1 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Den in den Nummern 2 und 3 des Ausgangsbescheids enthaltenen Nebenentscheidungen, auf die sich die teilweise Klagerücknahme bezieht, kommt im Vergleich zur Entziehung der Fahrerlaubnis nur geringes Gewicht zu. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war gemäß § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären, da ein verständiger Rechtsuchender angesichts der Schwierigkeit der durch den Fall aufgeworfenen Fragen hierzu Veranlassung sehen durfte.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit rechtfertigt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

I. Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 20. Januar 2009 ist insofern wirkungslos.

II. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren und - insoweit unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 20. Januar 2009 - auch für das Verfahren im ersten Rechtszug auf jeweils 15.000,-- € festgesetzt.

Gründe

Der Ausspruch unter der Nummer I dieses Beschlusses folgt aus § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung von § 269 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in den Abschnitten II.46.2, II.46.3, II.46.5 und II.46.8 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327). Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, die Streitwertfestsetzung der Vorinstanz von Amts wegen zu ändern, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO bzw. § 66 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG unanfechtbar.