Bayerischer VGH, Beschluss vom 13.03.2012 - 12 CE 11.2829
Fundstelle
openJur 2012, 121337
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt …, …, beizuordnen, wird abgelehnt.

II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

III. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

1. Die Antragstellerin begehrt im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes, ihr Ausbildungsförderung für ein zum Wintersemester 2010/2011 begonnenes Studium der Architektur an der Universität Innsbruck zu gewähren. Gegen den ablehnenden Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Mai 2011 und den Widerspruchsbescheid der Regierung von Oberbayern vom 17. August 2011 erhob die Antragstellerin am 16. September 2011 Klage zum Verwaltungsgericht Bayreuth und beantragte gleichzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung, die Antragsgegnerin (vorläufig) auf Zahlung von Ausbildungsförderung ab 1. Oktober 2011 (bis zum Ablauf des 4. Fachsemesters, hilfsweise für das gesamte Studium) zu verpflichten.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 4. November 2011 abgelehnt. Wegen des Sachverhalts nimmt der Senat auf Nr. I. der Gründe dieses Beschlusses Bezug (§ 130b Satz 1 VwGO).

2. Die Antragstellerin ließ am 5. Juli 2011 Beschwerde einlegen und vortragen:

Die Beschwerde sei nicht unzulässig, wie die übrigen Beteiligten annähmen, weil nichts thematisch Neues beantragt, sondern die begehrte Ausbildungsförderung auf fünf Semester beschränkt werde.

Die Entscheidung des Senats vom 16. Juni 2011 (Az. 12 BV 10.2187) sei auf ihren Fall nicht anwendbar, weil sie nicht versuche, ein oder mehrere Semester einzusparen. Die Bedeutung des Begriffs „Semester“ in § 7 Abs. 3 Satz 5 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) hinsichtlich der Anrechnung bei Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Halbsatz 2 BAföG sei bislang höchstrichterlich nicht geklärt. Zwar habe sie die Erkenntnis gewonnen gehabt, dass das bisherige Studium die falsche Wahl gewesen sei, hieraus müssten aber nicht sogleich die Erkenntnis und der Schluss folgen, das bisherige Studium abzubrechen. Bei ihren Überlegungen sei sie zudem - ärztlich nachgewiesen - durch eine monatelang ungeklärte Bronchialerkrankung gehindert gewesen. Die Anrechnung gemäß § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG sei bei einer ausländischen Universität nicht so auszulegen, dass eine Bescheinigung mit „ausdrücklichen Semestern“ vorliegen müsse, vielmehr müsse eine Anrechnung in der Höhe erfolgen, wie sich eine Verkürzung des neuen Studiums ergebe, weil der Zeitraum maßgebend sei, der durch die Anrechnung entstehe. Die Universität Innsbruck habe bestätigt, dass die Antragstellerin das Studium der Architektur „früher, als den üblichen dortigen Regelungen“ entsprechend beenden könne, wenn sie die erforderlichen ECTS-Punkte erreicht habe. Dies sei wegen der „Anrechnung der aus Bayreuth stammenden ECTS-Punkte“ in einem Semester früher möglich und wahrscheinlich. Die Gesamtzahl der erforderlichen ECTS-Punkte (180) könne nicht einfach auf 30 ECTS-Punkte pro Semester aufgeteilt werden. Auf dem Rücken der Antragstellerin solle eine „unklare“ Regelung im Gesetz geklärt werden, wie die Anfrage der Antragsgegnerin beim zuständigen Ministerium zeige. Die „Anweisung“ des zuständigen Ministeriums benachteilige in Österreich studierende deutsche Studenten.

Die Antragstellerin beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr ab 1. Oktober 2011 fortlaufend bis heute und bis zum Ablauf des 5. Fachsemesters Ausbildungsförderung für das Studium der Architektur an der Universität Innsbruck zu gewähren;

hilfsweise die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihr für das vorgenannte Studium ab 1. Oktober 2011 Ausbildungsförderung zu gewähren;

hilfsweise werden die Anträge aus dem (beim Verwaltungsgericht eingereichten) Schriftsatz vom 5. Oktober 2011 gestellt.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Die Beschwerde sei bereits unzulässig, weil nunmehr im Gegensatz zum erstinstanzlichen Antrag Ausbildungsförderung bis zum 5. Fachsemester Architektur begehrt werde und der frühere Zusatz „jeweils ohne Anrechnung des von der Antragstellerin im Zeitraum April bis September 2011 erzielten Arbeitseinkommens“ fehle. Auch werde nicht die Aufhebung des angegriffenen Beschlusses beantragt.

Jedenfalls sei die Beschwerde aber unbegründet. Die Antragstellerin habe mit der Beschwerde ausgeführt, sie habe bereits seit dem 3. Semester die Erkenntnis gewonnen, dass das bisherige Studium die falsche Wahl gewesen sei, womit die fehlende Unverzüglichkeit des Studienabbruchs bzw. Fachrichtungswechsels auf der Hand liege. Auf das Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst vom 10. Januar 2012 werde verwiesen.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich am Beschwerdeverfahren beteiligt, ohne einen Antrag zu stellen. Sie hält die Beschwerde ebenfalls wegen der von den erstinstanzlichen Anträgen abweichenden Anträge für unzulässig, jedenfalls aber unter Bezugnahme auf den angegriffenen Beschluss für unbegründet.

3. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, ist abzulehnen, weil die Beschwerde aus den nachfolgend unter Nr. 2 dargelegten Gründen keine hinreichenden Erfolgsaussichten im Sinne von § 166 VwGO, § 114 Satz 1 VwGO aufweist.

2. Die Beschwerde ist, soweit sie zulässig ist, nicht begründet.

2.1 Die Beschwerde ist nur zulässig, soweit die Antragstellerin für den Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2011 die - allenfalls im Rahmen einer einstweiligen Anordnung mögliche vorläufige - Verpflichtung begehrt, ihr für ihr Studium der Architektur an der Universität Innsbruck Ausbildungsförderung zu bewilligen. Nur auf diesen Bewilligungszeitraum bezieht sich ihr Antrag vom 1. September 2010. Nach § 50 Abs. 3 BAföG wird über die Ausbildungsförderung in der Regel für ein Jahr entschieden. Das ist im Hinblick auf etwa wechselnde Einkommensverhältnisse der Auszubildenden bzw. deren Eltern auch zweckmäßig (vgl. Ramsauer/Stallbaum/Sternal, BAföG, 4. Auflage 2005, § 50 RdNr. 27). Besondere Umstände für einen davon abweichenden Bewilligungszeitraum hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch sind solche aus den Akten ersichtlich. Für eine vorläufige Verpflichtung bis zum 4. bzw. 5. Fachsemester Architektur bzw. das gesamte Studium der Architektur fehlt deshalb ersichtlich das Rechtsschutzbedürfnis.

2.2. Soweit die Beschwerde für den vorgenannten Bewilligungszeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2011 zulässig ist, hat das Verwaltungsgericht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung zu Recht als unbegründet abgelehnt. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigen keine andere Entscheidung.

2.2.1 Das Verwaltungsgericht hat einen rechtzeitigen Wechsel der Fachrichtung aus wichtigen Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG und damit einen Anordnungsanspruch mit zutreffender Begründung verneint.

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Antragstellerin die Fachrichtung ihres zum Wintersemester 2008/2009 aufgenommenen Studiums ab dem Wintersemester 2010/2011 gewechselt hat (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BAföG). Sie studierte zunächst in der Fachrichtung Kunstgeschichte mit Nebenfach Pädagogik, in dem sie laut Bescheinigung der …-Universität … vier Semester absolviert hat. Ab dem Wintersemester 2010/2011 nahm sie das Studium der Architektur an der Universität Innsbruck auf.

Zutreffend ist das Verwaltungsgericht aufgrund dieses Studienverlaufes davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für einen Fachrichtungswechsel aus wichtigen Grund im Sinne von § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BAföG nicht vorliegen, weil der Wechsel nicht unverzüglich und auch - unstreitig - nicht bis zum Beginn des vierten Fachsemesters (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG) erfolgt ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist ein wichtiger Grund für einen Fachrichtungswechsel nur gegeben, wenn der Auszubildenden die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung unter Berücksichtigung aller im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes erheblichen Umstände einschließlich der mit der Förderung verbundenen persönlichen und öffentlichen Interessen nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. BVerwG vom 12.2.1976 BVerwGE 50, 161; vom 22.6.1989 BVerwGE 82, 156 und vom 21.6.1990 BVerwGE 85, 194). Das Bundesverwaltungsgericht verlangt der Auszubildenden in ständiger Rechtsprechung ab, den Gründen, die einer Fortsetzung der bisherigen Ausbildung entgegen stehen, entsprechend ihrem Ausbildungsstand und Erkenntnisvermögen rechtzeitig zu begegnen (vgl. BVerwG vom 6.9.1979 BVerwGE 58, 270 und vom 21.6.1990 a.a.O., m.w.N.). Sobald die Auszubildende sich Gewissheit über die fehlende Neigung oder Eignung für das bisher gewählte Fach verschafft hat, muss sie deshalb, damit ein wichtiger Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BAföG bejaht werden kann, unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Verzögern (vgl. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB), die erforderlichen Konsequenzen ziehen und die bisherige Ausbildung abbrechen (vgl. BVerwG vom 12.2.1976 a.a.O., vom 6.9.1979 a.a.O. und vom 21.6.1990 a.a.O., m.w.N.). Dem ist der Senat gefolgt (vgl. etwa zuletzt BayVGH vom 1.2.2012 Az. 12 ZB 11.1079).

Ob die Auszubildende ihrer Verpflichtung zu unverzüglichem Handeln entsprochen hat, beurteilt sich dabei nicht allein nach objektiven Umständen. Es ist vielmehr auch in subjektiver Hinsicht zu prüfen, ob ein etwaiges Unterlassen notwendiger Maßnahmen dem Auszubildenden vorwerfbar ist und sie somit ein Verschulden trifft oder ob ein solches Unterlassen durch ausbildungsbezogene Umstände gerechtfertigt ist (vgl. BVerwG vom 21.6.1990 a.a.O., m.w.N.). Bei der Abwägung zwischen der Schwere der Sanktion und dem Gewicht des sanktionsauslösenden Pflichtenverstoßes ist ausschlaggebend zu berücksichtigen, dass in der Eingangsphase eines Studiums bei Anwendung des § 7 Abs. 3 BAföG regelmäßig geringere Anforderungen an das Gewicht der im Bereich der Interessen des Auszubildenden liegenden Umstände zu stellen sind als in späteren Phasen. Ein Verzögerungsverschulden, das in seinen Auswirkungen über die Eingangsphase des Studiums, d.h. über den Ablauf des ersten Studienjahres, nicht hinausreicht, rechtfertigt deshalb einen Verlust des Förderungsanspruches grundsätzlich noch nicht. Für ein Studium dagegen, das die Eingangsphase bereits überschritten hat und bei dem die Verzögerung des Fachrichtungswechsels dazu führt, dass der Auszubildende insgesamt drei Semester lang oder gar mehr einen Studienplatz mit oder ohne Förderungsleistung für eine Ausbildung in Anspruch genommen hat, die ohne berufsqualifizierenden Abschluss geblieben ist, kann die umfassende Versagung des Förderungsanspruchs für die Zukunft regelmäßig nicht als unverhältnismäßige, unangemessene Sanktion des Verzögerungsverschuldens angesehen werden (vgl. BVerwG vom 21.6.1990 a.a.O., m.w.N.; BayVGH vom 1.2.2012 a.a.O.).

Gemessen an diesem Maßstab haben die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen, dass hier der Fachrichtungswechsel nach dem 4. Fachsemester des Studiums der Fachrichtung Kunstgeschichte mit Nebenfach Pädagogik schon nicht unverzüglich im vorgenannten Sinne erfolgt ist. Nach den eigenen Angaben der Antragstellerin war sie sich bereits seit dem 3. Semester „sicher“, dass Kunstgeschichte mit Pädagogik für sie die „falsche Studienwahl“ gewesen sei, weil sie praxisorientierter habe arbeiten wollen. Bereits vorher sei ihr im Studium aufgefallen, dass sie aufgrund eines „Sehfehlers“ Schwierigkeiten beim Erkennen von Details von Bildern gehabt habe. Dazu seien Probleme beim Schreiben wissenschaftlicher Texte gekommen. Die Antragstellerin hat damit noch vor Ablauf des 3. Semesters sowohl Mängel im Bereich der intellektuellen als auch körperlichen Eignung im Hinblick auf die von ihr betriebene Fachrichtung wahrgenommen, ohne hierauf angemessen zu reagieren. Sie hat nicht dargelegt, aufgrund der von ihr wahrgenommenen Eignungsmängel und seit dem 3. Semester, also nach dem ersten Studienjahr, von ihr selbst als falsch erkannten Studienwahl etwa eine Studienberatung in Anspruch genommen zu haben, um den für sie ersichtlichen Umständen, die der Fortsetzung des bisherigen Studiums auch nach ihrer eigenen Ansicht entgegenstanden, rechtzeitig zu begegnen. Sie hat vielmehr die objektiv gebotene und vom Gesetz von ihr geforderte Entscheidung nicht getroffen.

Dieses Unterlassen ist der Antragstellerin auch subjektiv vorwerfbar. Sie hat ausbildungsbezogene Umstände, die ihr Unterlassen rechtfertigen könnten, weder nachvollziehbar dargelegt noch glaubhaft gemacht. Vielmehr beruft sie sich auf eine seit Herbst 2009 aufgetretene, erst seit etwa März bzw. April 2010 als solche erkannte Asthma-Erkrankung. Sie hat aber schon nicht schlüssig dargelegt, dass sie aufgrund dieser Erkrankung an jeglicher vernunftorientierter Entscheidung hinsichtlich der Fortsetzung ihres bisherigen Studiums gehindert gewesen sei. Im Verwaltungsverfahren hat sie im Mai 2011 vorgetragen, dass sich ihr Gesundheitszustand inzwischen stabilisiert habe. Mit den dort vorgelegten ärztlichen Attesten ist zwar die Erkrankung als solche glaubhaft gemacht, nicht aber, dass der Antragstellerin eine Entscheidung über die Fortsetzung des Studiums deshalb unmöglich gewesen sei. Im Widerspruchsverfahren hat sie vorgetragen, sie sei aufgrund der Erkrankung seit Ende 2009 wegen ständiger nächtlicher Hustenanfälle „kaum in der Lage“ gewesen, „einen normalen Tagesablauf zu bewerkstelligen, geschweige denn so schwerwiegende Entscheidungen wie einen Fachrichtungswechsel mit Orts- und Wohnungswechsel zu treffen“. Diese Behauptung ist schon nicht hinreichend substantiiert, aber auch in der Schlussfolgerung nicht ohne Weiteres nachvollziehbar. Zudem fehlt es auch an der erforderlichen Glaubhaftmachung. Das im Widerspruchsverfahren vorgelegte ärztliche Attest vom 20. Juni 2011 bezieht sich auf den Zeitraum Frühjahr/Sommer 2010 („Sommersemester 2010“), maßgeblich ist hier aber nach § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, Halbsatz 2 BAföG der Zeitraum vor Beginn des 4. Fachsemesters zum Wintersemester 2009/2010. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hat die Antragstellerin für den vorgenannten maßgeblichen Zeitraum ebenfalls weder hinreichend dargelegt noch glaubhaft gemacht, dass sie aufgrund der Erkrankung an der von Gesetz geforderten Entscheidung, das Studium unverzüglich abzubrechen, gehindert gewesen sei. Der Inhalt ihrer „Eidesstattlichen Versicherung“ vom 29. September 2011 ist zu unsubstantiiert („längeren Zeitraum“), um für konkret bestimmbare Zeiträume glaubhaft machen zu können, dass die Antragstellerin aufgrund der Erkrankung an jedweder Entscheidung gehindert gewesen sein soll.

Mit den Ausführungen des Verwaltungsgerichts, die Antragstellerin habe nach eigenem Vortrag im 4. Semester weiter Studienleistungen erbracht; zwar könne es sein, dass sie in ihrer Studierfähigkeit beeinträchtigt gewesen sei, an einer rechtzeitigen Entscheidung hinsichtlich des Studienabbruchs sei sie aber nicht gehindert gewesen, setzt sich die Beschwerde nicht hinreichend auseinander, sondern behauptet lediglich unter Hinweis auf das „vorgelegte fachärztliche Attest“ das Gegenteil.

2.2.2 Mit zutreffender Begründung hat das Verwaltungsgericht auch verneint, dass sich ein Förderungsanspruch der Antragstellerin aus § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG herleiten lässt, wie die Antragstellerin meint. Danach wird bei der Bestimmung der nach den Sätzen 1 bis 4 maßgeblichen Fachsemester die Zahl der Semester abgezogen, die nach Entscheidung der Ausbildungsstätte aus der ursprünglich betriebenen Fachrichtung auf den neuen Studiengang angerechnet werden.

Zutreffend hat das Verwaltungsgericht die Anrechnung einzelner Studienleistungen (20 ECTS-Punkte) der Antragstellerin aus dem Studium der Kunstgeschichte auf das nunmehrige Architekturstudium mit der Begründung abgelehnt, der Wortlaut von § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG sei eindeutig und deshalb einer Auslegung nicht möglich. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats, wonach die Anrechnungsregel nicht so zu verstehen ist, dass sie auch zulässt, auf ungewisse künftige Umstände abzustellen. Es reicht nicht aus, wenn aufgrund persönlicher Fähigkeiten und/oder besonderer Anstrengungen, die von der Auszubildenden unternommen werden, die Möglichkeit besteht, ein Semester im Studienverlauf weniger zu studieren (so ausdrücklich bereits BayVGH vom 16.6.2011 Az. 12 BV 10.2187).

Eine Anrechnung von früher absolvierten Semestern auf das Studium der Architektur erfolgt durch die Universität Innsbruck aber unstreitig nicht. Diese hat vielmehr lediglich bestätigt, dass einzelne Prüfungsleistungen aus Bayreuth anerkannt worden seien. Der Antragstellerin „wäre es möglich, wegen der Anerkennungen das Studium in weniger als 6 Semestern abzuschließen“. Das hängt aber im Gegensatz zur Anrechnung konkreter Semester von künftigen, ungewissen Umständen ab, wie etwa dem weiteren zügigen Studium, dem Erreichen der noch erforderlichen weiteren Punkte bis zum Abschluss des 5. Semesters, die auf den Fähigkeiten der Antragstellerin und/oder ihren besonderen Anstrengungen beruhen. Die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG ist in Folge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die sich mit der Anrechnung von Semestern aus einem Studium der Zahnmedizin auf ein nachfolgendes Medizinstudium befasst (vgl. BVerfG vom 24.8.2005 FamRZ 2005, 1895), eingeführt worden (vgl. dazu Humborg in Rothe/Blanke, BAföG, Stand: März 2011, § 7 RdNr. 52). Sie bezieht sich systematisch auf die Regelung in § 7 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 BAföG, die einen Fachrichtungswechsel aus wichtigem Grund u.a. an Hochschulen nur (noch) bis zum Beginn des dritten Fachsemesters zulässt. Schon deshalb ist der nachfolgende 5. Satz nach seiner Entstehungsgeschichte und systematischen Stellung nur auf die erfolgte (!) Anrechnung konkreter Fachsemester aus dem früheren Studium bezogen, nicht aber auf einzelne Leistungsnachweise oder angerechnete Punkte.

Darin liegt auch keine Benachteiligung deutscher Studenten, die in Österreich studieren, wie die Antragstellerin meint. Vielmehr normiert § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG die Anrechnung von Semestern unabhängig vom Studienort oder -land. Insoweit ist, worauf das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst in seiner Stellungnahme vom 10. Januar 2012 zu Recht hinweist, die Einholung einer Stellungnahme der (hier österreichischen) Ausbildungsstätte gemäß § 48 Abs. 5 BAföG möglich, die die Feststellung der nach § 7 Abs. 3 Satz 5 BAföG geforderten besonderen Voraussetzungen zum Gegenstand hat. Eine solche Stellungnahme der Universität Innsbruck liegt hier auch vor. Sie bestätigt aber gerade nicht die Anrechnung eines Semesters. Damit wird hier auch nicht „auf dem Rücken“ der Antragstellerin eine „unklare Regelung im Gesetz gerichtlich geklärt“, sondern eine nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und systematischem Zusammenhang eindeutige Regelung angewandt.

2.2.3 Zutreffend ist das Verwaltungsgericht auch davon ausgegangen, dass ein unabweisbarer Grund im Sinne von § 7 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BAföG ebenfalls nicht vorliegt. Die Beschwerde setzt sich damit schon nicht auseinander.

Abgesehen davon liegt solcher unabweisbarer Grund nur dann vor, wenn eine Wahl zwischen der Fortsetzung der bisherigen Ausbildung und ihrem Abbruch oder dem Überwechseln in eine andere Fachrichtung nicht besteht. Insoweit müssen nachträglich außergewöhnliche Umstände eingetreten sein, die die Eignung des Auszubildenden für die Fortsetzung der bisherigen Ausbildung oder die Ausübung des bisher angestrebten Berufs bei objektiver oder subjektiver Betrachtung entfallen lassen (vgl. BVerwG vom 19.2.2004 NVwZ 2004, 1005 f).

Die von der Antragstellerin als Grund für den Fachrichtungswechsel vorgetragenen, wohl von Anfang an bestehenden und seit dem 3. Semester von ihr auch selbst erkannten Eignungsmängel schließen bereits die Annahme eines „unabweisbaren Grundes“ aus (vgl. BVerwG vom 19.2.2004 BVerwGE 120, 149; vgl. auch BayVGH vom 28.2.2012 Az. 12 ZB 11.2765).

2.2.4 Ein Anordnungsgrund besteht jeweils auch nicht hinsichtlich der von der Antragstellerin gestellten Hilfsanträge.

2.2.4.1 Soweit sie hilfsweise begeht, ihr für das Studium (der Architektur) ab 1. Oktober 2011 Ausbildungsförderung zu gewähren, kann auf die vorstehenden Ausführungen unter 2.1 und 2.2. bis 2.2.3 verwiesen werden; sie gelten hier entsprechend.

2.2.4.2 Soweit die Antragstellerin hilfsweise die mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2011 vor dem Verwaltungsgericht gestellten Anträge wiederholt, ist ebenfalls ein Anordnungsanspruch nicht gegeben.

Der Hilfsantrag, Ausbildungsförderung bis zum Ablauf des 4. Fachsemesters Architektur zu leisten, ist ebenfalls nur hinsichtlich des Bewilligungszeitraumes vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2011 und allenfalls hinsichtlich einer vorläufigen Verpflichtung zulässig. Dieser Hilfsantrag ist aber ebenfalls aus den unter 2.2 bis 2.2.3 genannten Gründen unbegründet.

Vorstehendes gilt entsprechend auch hinsichtlich des weiteren Hilfsantrages vom 5. Oktober 2011, der Antragstellerin Ausbildungsförderung für das gesamte Studium ab 1. Oktober 2011 zu leisten.

2.2.5 Nach allem kommt es nicht mehr entscheidungserheblich auf das die Eilbedürftigkeit betreffende Beschwerdevorbringen an.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 188 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO.

4. Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 152 Abs. 1, § 158 Abs. 1 VwGO).