Bayerischer VGH, Urteil vom 15.02.2012 - 1 B 09.2157
Fundstelle
openJur 2012, 121254
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, unter welchen Voraussetzungen Bedienstete des Beklagten anlässlich von Baukontrollen das Grundstück der Kläger betreten dürfen.

Im Sommer 2004 errichteten die Kläger zu 2. und 3. auf ihrem Grundstück FlNr. 282/1 Gemarkung S… in unmittelbarer Nähe zu dem nordöstlich gelegenen Nachbargrundstück ein „Rankgerüst“ aus Zinkstahl. Daraufhin führte das Landratsamt …-… am 3. August 2004 eine erste Baukontrolle durch, bei der der Baukontrolleur … das Grundstück der Kläger betrat, um die bauliche Anlage zu vermessen. In einem handschriftlichen Vermerk hielt er fest, dass das „Rankgerüst“ 12 m lang und 2,20 m (Traufe) bzw. 3 m (First) hoch sei.

Mit Schreiben vom 6. Februar 2005 teilten die Nachbarn dem Landratsamt mit, inzwischen habe die „Pergola = Carport“ ein aus einer festgezurrten Plane bestehendes Dach, von dessen Nordseite Schnee auf ihr Grundstück rutsche. Bei der anschließenden Baukontrolle am 14. Februar 2005 fertigte der gleiche Mitarbeiter des Landratsamts ein Foto an, das die schneebedeckte Dachkonstruktion mit einem untergestellten Pkw zeigt. Bei einer Kontrolle am 4. April 2005 stellte Herr … fest, dass die Plane mittlerweile beseitigt worden sei.

Am 25. Januar 2006 fertigte er vor Ort ein weiteres Foto an. Es zeigt auf einer Länge von ca. 9 m eine schneebedeckte Folie bzw. Plane auf dem „Rankgerüst“. Das Foto wurde von einem vor der Grundstückszufahrt der Kläger abgestellten Fahrzeug aufgenommen. Bei einer weiteren Kontrolle am 19. April 2006 stellte Herr Z… fest, dass die Folie bzw. Plane wieder entfernt worden sei.

Nachdem er bei Kontrollen am 12. Dezember 2006 und 15. Januar 2007 erneut eine Plane auf dem „Rankgerüst“ wahrgenommen hatte, erließ das Landratsamt mit Bescheid vom 22. Februar 2007 eine Beseitigungsanordnung, mit der den Klägern zu 2. und 3. aufgegeben wurde, „den überdachten Stellplatz…bis auf eine Länge von 1,50 m zurückzubauen.“ Die Klägerin zu 1. erhielt eine entsprechende Duldungsanordnung.

In ihrem Widerspruch forderten die Kläger das Landratsamt auf, umgehend die Namen jener Bediensteten mitzuteilen, die am 12. Dezember 2006 und 15. Januar 2007 gegen den erklärten Widerspruch des Klägers zu 3. bzw. ohne Anmeldung ihr Grundstück betreten hätten, und machten „für diese weiteren zwei Fälle des Hausfriedensbruchs“ immateriellen Schadensersatz in Höhe von 2000 Euro geltend.

Nach Erlass des Widerspruchsbescheids durch die Regierung von Oberbayern, mit dem der Widerspruch gegen den Bescheid vom 22. Februar 2007 als unbegründet zurückgewiesen wurde, erhoben die Kläger am 25. Juli 2007 Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragten u.a. festzustellen, dass Bedienstete und sonstige Beauftragte des Beklagten ihr Grundstück im Zuge von Baukontrollen nicht betreten dürften, wenn nicht zuvor ihr Einverständnis eingeholt oder andernfalls eine entsprechende vollziehbare Duldungsverfügung auf der Grundlage der Bestimmung des Art. 83 BayBO 1998 vorliege. Dieser Feststellungsantrag wurde mit Schriftsatz vom 9. April 2009 präzisiert.

Mit Urteil vom 23. April 2009 wies das Verwaltungsgericht München die Feststellungsklage der Kläger als unbegründet ab.

Mit Beschluss des Senats vom 31. August 2009 wurde die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, weil sie geeignet sei, die Voraussetzungen und den Umfang des Betretungsrechts gemäß Art. 83 BayBO 1998 bzw. Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO näher zu klären.

Zur Begründung der Berufung machen die Kläger geltend, im Hinblick auf das Rankgerüst habe das Landratsamt zahlreiche Baukontrollen auf ihrem Grundstück durchgeführt. Solche habe es zumindest in sechs Fällen gegeben. Dabei sei jeweils ohne vorherige Kontaktaufnahme ein Bediensteter der Bauaufsichtsbehörde auf ihr Anwesen eingedrungen, indem er den Zugangs- und Zufahrtsbereich bis zu einer Tiefe von ca. 15 bis 20 m betreten habe. Der Bedienstete habe von allen Seiten von dem Rankgerüst Fotoaufnahmen gefertigt, es angefasst, daran gerüttelt und Anstalten gemacht, es überschlägig zu vermessen, wobei er sich insgesamt über mehrere Minuten hinweg auf dem Anwesen aufgehalten habe. Die Einzäunung des Grundstücks weise lediglich an der der Straße zugewandten Frontseite eine geringe „Lücke“ von ca. 5,75 m für den Zugangs- und Zufahrtsbereich auf. Ein Zugangstor sei dort nicht angebracht. Briefkästen und Wohnungsklingel befänden sich unmittelbar am Wohngebäude. Für jedermann sei ohne Weiteres offenkundig, dass er das Anwesen nur betreten dürfe, um eine Postsendung o.ä. in den Briefkasten einzuwerfen oder die Bewohner unmittelbar anzusprechen. Der Bereich diene auch als Aufenthalts- und Spielplatz sowie zum Abstellen von Pkws der Bewohner. Der Kläger zu 3. habe sich in mehreren Telefonaten mit dem Landratsamt dagegen verwahrt, dass das Grundstück heimlich betreten werde. Zugleich habe er klargemacht, dass die Kläger ihr Einverständnis zu Baukontrollen geben würden, wenn sie ordnungsgemäß zuvor angesprochen sowie gehört würden und in gebotener Form daran teilnehmen könnten. Dem Kläger zu 3. sei erwidert worden, man dürfe sein Grundstück jederzeit zur Kontrolle betreten. Die Kläger rügten unter dem Gesichtspunkt des Verstoßes gegen das Übermaßverbot die Verletzung ihrer Grundrechte auf Unverletzlichkeit der Wohnung sowie auf Eigentum. Jede Ausübung hoheitlicher Gewalt habe sich an die Grenzen des Übermaßverbotes und des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu halten. Sie dürfe von in Grundrechte eingreifenden Zwangsbefugnissen nur Gebrauch machen, wenn und soweit dies erforderlich sei. Von der Zwangsbefugnis eines Betretungsrechts dürfe sie erst und nur dann Gebrauch machen, wenn der Betroffene nicht freiwillig zu einer Baukontrolle bereit sei. Sei der Betroffene zur Kooperation bereit, sei ein zwangsweiser Grundrechtseingriff schon nicht erforderlich. Im vorliegenden Fall hätten bereits eine einfache Anfrage, ein schlichtes Klingeln, eine höfliche Vorstellung zum Erfolg geführt. Nach Maßgabe eines rechtsstaatlichen Verfahrens habe die Bauaufsichtsbehörde dem Betroffenen die Absicht zu eröffnen, eine Baukontrolle durchführen zu wollen. Dies werde von Ausnahmefällen abgesehen in angemessener Frist zuvor zu geschehen haben. Nur wenn der Betroffene die freiwillige Gestattung verweigere, sei eine Duldungsverfügung zu erlassen. Der Baukontrolleur habe dem Betroffenen zu jedem Zeitpunkt und umfassend die Anwesenheit bei der Baukontrolle zu ermöglichen und ihm Gelegenheit zu geben, sich hierzu zu äußern. Nichts davon habe hier auch nur ansatzweise stattgefunden.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Vertreterin des Beklagten zugesagt, dass das Grundstück der Kläger im Zusammenhang mit der streitgegenständlichen baulichen Anlage nicht erneut betreten werden müsse.

Für den Fall, dass in dieser Erklärung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 14. Februar 2012 nach Rechtsauffassung des erkennenden Senats ein erledigendes Ereignis zu sehen ist, haben die Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten des Verfahrens dem Beklagten aufzuerlegen.

Hilfsweise beantragen sie,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. April 2009 aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht München zurückzuverweisen.

Für den Fall, dass der Senat die Zurückverweisung nicht für veranlasst hält, beantragen sie,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 23. April 2009 aufzuheben und festzustellen, dass die Baukontrollen vom 3. August 2004, 4. April 2005, 25. Januar 2006, 12. Dezember 2006 und 15. Januar 2007 rechtswidrig gewesen sind, sowie dass Bedienstete und sonstige Beauftragte des Beklagten das Grundstück der Kläger im Zuge von Baukontrollen nicht betreten dürfen, wenn nicht zuvor erfolglos versucht wurde, das Einverständnis der Kläger einzuholen, oder andernfalls eine entsprechende vollziehbare Duldungsverfügung auf der Grundlage der Bestimmung des Art. 54 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 BayBO n.F. (Art. 83 BayBO a.F.) vorliegt oder zur Abwendung einer dringenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung die Einholung des vorherigen Einverständnisses der Kläger oder der Erlass einer vollziehbaren Duldungsverfügung auf der Grundlage der Bestimmung des Art. 54 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 BayBO n.F. (Art. 83 BayBO a.F.) nicht möglich oder sonst untunlich ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Soweit das Grundstück der Kläger im Rahmen der Baukontrollen durch einen Mitarbeiter des Beklagten betreten worden sei, sei dies im Einklang mit der Ermächtigungsnorm des Art. 54 Abs. 4 Satz 2 BayBO erfolgt. Eine vorherige Ankündigung der Kontrolle sei aus naheliegenden Gründen gerade nicht erforderlich. Eine Duldungsanordnung gegenüber dem Eigentümer sei nur dann angezeigt, wenn das Einverständnis des Betroffenen fehle. Dieses Fehlen müsse aber zu irgendeinem Zeitpunkt im Lauf des Verfahrens Ausdruck gefunden haben. Bei den Baukontrollen seien die Kläger nicht dagewesen oder hätten die Tür nicht aufgemacht. Erst bei der letzten Kontrolle sei es zu einer offenen Auseinandersetzung zwischen dem Baukontrolleur und dem Kläger zu 3. gekommen. Daraufhin hätten keine Kontrollen mehr stattgefunden. Es habe also keinen Anlass für den Erlass einer Duldungsanordnung gegeben. Die Baukontrollen seien verhältnismäßig gewesen. Die Betretung zur Vermessung des Gerüsts sei notwendig gewesen, um die Ausmaße der gesetzlich nur eingeschränkt möglichen Grenzbebauung zu ermitteln. Im Übrigen habe sich der Baukontrolleur auf Fotos von der Straße bzw. aus dem Auto begnügt, wobei nicht auszuschließen sei, dass es beim Aussteigen aus dem Auto und beim Fotografieren zur Betretung des Zufahrtsbereichs gekommen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen, die vom Beklagten vorgelegten Akten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg.

A) Die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht München liegen nicht vor. Weder ist aufgrund eines Verfahrensmangels in erster Instanz eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme notwendig (§ 130 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch hat das Verwaltungsgericht nicht in der Sache selbst entschieden (§ 130 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

B) Die bedingte Erledigungserklärung der Kläger ist unwirksam. Die Erklärung der Hauptsacheerledigung ist als Prozesshandlung aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bedingungsfeindlich (vgl. BayVGH vom 28.12.1979 BayVBl 1980, 343; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 161 RdNr. 13). Es leuchtet ohne Weiteres ein, dass eine Klage nicht unter der Bedingung erhoben werden kann, dass sie das Gericht für begründet hält. Ebenso wäre es nicht zulässig, die Klage unter der Bedingung zurückzunehmen, dass das Gericht sie für unbegründet hält. Entsprechendes muss für alle Erklärungen gelten, mit denen ein Prozess beendet werden soll. Es kommt hinzu, dass der Beklagte der (bedingten) Erledigungserklärung der Kläger nicht zugestimmt hat. Den in einem solchen Fall gebotenen Antrag, die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache festzustellen (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. § 161 RdNr. 7), haben die Kläger jedoch ausdrücklich nicht gestellt.

C) Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist insgesamt unzulässig. Insoweit ist der Senat nicht an die Begründung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung vom 31. August 2009 (Az. 1 ZB 09.1066) gebunden. Die Bindungswirkung eines solchen Beschlusses erstreckt sich nur auf die Zulassung des Rechtsmittels, nicht aber auf die hierfür gegebene Begründung.

1. Soweit der Feststellungsantrag in die Zukunft gerichtet ist, ist er bereits deshalb unzulässig, weil das festzustellende Rechtsverhältnis nicht hinreichend konkret ist. Die Feststellung eines Rechtsverhältnisses ist nur in Bezug auf einen hinreichend bestimmten, bereits überschaubaren, d.h. konkreten und nicht nur gedachten oder als möglich vorgestellten Sachverhalt möglich (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. § 43 RdNr. 17 m.w.N.). Den Klägern geht es aber nicht um die Rechtmäßigkeit einer bereits absehbaren Baukontrolle auf ihrem Grundstück, sondern generell um die Rechtmäßigkeit von Baukontrollen ohne zeitliche Eingrenzung und ohne Bezug zu einem konkreten Bauvorhaben oder einer bestehenden baulichen Anlage. Vielmehr greifen sie verschiedene hypothetische Fallgestaltungen auf (erfolgreicher oder erfolgloser Versuch zur Einholung des Einverständnisses der Kläger; dringende Gefahr für die öffentliche Gefahr und Ordnung oder keine Gefahr dieser Art), um die jeweiligen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen für das Betreten des Grundstücks klären zu lassen. Die Klärung solcher abstrakter Rechtsfragen ist jedoch gerade nicht Sinn und Zweck einer Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. § 43 RdNr. 14).

2. Soweit die Kläger mit dem Feststellungsantrag erreichen möchten, dass die Rechtswidrigkeit der Baukontrollen vom 3. August 2004, 4. April 2005, 25. Januar 2006, 12. Dezember 2006 und 15. Januar 2007 bzw. die Rechtswidrigkeit des (angeblichen) Betretens ihres Grundstücks durch den Baukontrolleur anlässlich der genannten Baukontrollen festgestellt wird, fehlt hierfür das erforderliche Feststellungsinteresse.

Insoweit liegt keine Klageänderung vor, sondern lediglich eine Klarstellung. Unter Berücksichtigung der Begründung für den Antrag auf Zulassung der Berufung und die Berufung selbst, war der mit Schriftsatz vom 5. September 2009 gestellte Feststellungsantrag trotz seiner unzulänglichen Formulierung von Anfang an auch darauf gerichtet, die Rechtswidrigkeit der „heimlichen“ Baukontrollen feststellen zu lassen, bei denen jeweils ein Bediensteter der Bauaufsichtsbehörde den Zugangs- und Zufahrtsbereich auf dem Anwesen der Kläger bis zu einer Tiefe von ca. 15 bis 20 m betreten habe. Da den Klägern bei der ursprünglichen Antragstellung offenbar nicht (mehr) die Daten der Baukontrollen bekannt waren, nahmen sie den Schriftsatz des Beklagten vom 21. November 2011 mit den dort genannten konkreten Terminen zum Anlass, ihren Feststellungsantrag zu präzisieren.

Die jeweilige Berechtigung des Baukontrolleurs zum Betreten eines bestimmten Grundstücks anlässlich bestimmter Baukontrollen kann Gegenstand einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO sein. In einem solchen Fall bezieht sich diese auf einen hinreichend konkreten Sachverhalt. Dabei geht der Senat im Hinblick auf die Ablehnung des entsprechenden Beweisantrags der Kläger aus prozessrechtlichen Gründen zu ihren Gunsten davon aus, dass der Baukontrolleur auch am 4. April 2005, 25. Januar 2006, 12. Dezember 2006 und 15. Januar 2007 ihr Grundstück betreten hat, obwohl er dies in seiner Zeugenaussage verneint hat.

Bei den streitgegenständlichen Baukontrollen bzw. Grundstücksbetretungen geht es jedoch um in der Vergangenheit liegende Vorgänge, bei denen ein berechtigtes Feststellungsinteresse grundsätzlich nur anzuerkennen ist, wenn das zur Klärung gestellte Rechtsverhältnis über seine Beendigung hinaus anhaltende Wirkung in der Gegenwart äußert (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. § 43 RdNr. 25 m.w.N.). Zum demnach maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung können die Kläger kein derartiges Feststellungsinteresse vorweisen.

Eine fortdauernde diskriminierende Wirkung der Betretungen des Zugangs- und Zufahrtsbereichs ihres Grundstücks durch den Baukontrolleur haben die Kläger weder geltend gemacht noch ist eine solche Wirkung auch nur ansatzweise ersichtlich.

31Entgegen der Auffassung der Kläger ist auch eine Wiederholungsgefahr zu verneinen. Hinreichend konkrete Anhaltspunkte für ein erneutes Betreten des Grundstücks der Kläger durch Bedienstete oder sonstige Beauftragte des Beklagten fehlten bereits bei Erhebung der Klage zum Verwaltungsgericht am 25. Juli 2007. Dagegen reicht es für ein berechtigtes Feststellungsinteresse nicht aus, wenn eine Wiederholung des beanstandeten Vorgangs lediglich nicht ausgeschlossen werden kann (vgl. Kopp/Schenke a.a.O. § 113 RdNr. 141 m.w.N.). Wie den Klägern zu 2. und 3. aufgrund der an sie gerichteten Schreiben des Landratsamts vom 6. Februar 2006 und 19. Dezember 2006 bekannt war, erwog die Behörde, eine Beseitigungsanordnung für die beanstandete bauliche Anlage zu erlassen. Die bis zum 15. Januar 2007 durchgeführten Baukontrollen dienten somit ersichtlich der Entscheidungsfindung. Nachdem das Landratsamt die Entscheidung getroffen, also eine Beseitigungsanordnung für „den überdachten Stellplatz“ mit Bescheid vom 22. Februar 2007 erlassen hatte, war demnach der erkennbare Anlass für die Baukontrollen entfallen. Zudem hatte der Kläger zu 3. erstmals bei der letzten Kontrolle am 15. Januar 2007 den Baukontrolleur darauf hingewiesen, dass er ein Betreten seines Grundstücks für rechtswidrig und sogar als Hausfriedensbruch für strafbar halte. Des weiteren forderten die Kläger in ihrem Widerspruchsschreiben das Landratsamt auf, die Namen jener Bediensteten mitzuteilen, die am 12. Dezember 2006 und 15. Januar 2007 gegen den erklärten Willen des Klägers zu 3. bzw. ohne Anmeldung ihr Grundstück betreten hätten, und machten „für diese weiteren zwei Fälle des Hausfriedensbruchs“ immateriellen Schadensersatz in Höhe von insgesamt 2000 Euro geltend. Da das Landratsamt nicht an einer weiteren Eskalation interessiert sein konnte, lag ein nochmaliges Betreten des Grundstücks durch einen Bediensteten schon deshalb fern. Dementsprechend erfolgte im Frühjahr 2007 keine Kontrolle mehr, obwohl in den beiden Jahren zuvor am 4. April 2005 und 19. April 2006 jeweils überprüft worden war, ob die im Winter aufgebrachte Folie bzw. Plane wieder entfernt worden war. Erst recht fehlte eine Wiederholungsgefahr zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Zu diesem Zeitpunkt waren seit der letzten Baukontrolle bereits mehr als fünf Jahre vergangen. Außerdem ergibt sich aus den einschlägigen Erklärungen, die die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung abgegeben hat, dass auch in Zukunft im Zusammenhang mit der strittigen baulichen Anlage nicht mit einem erneuten Betreten des Grundstücks der Kläger durch Bedienstete des Beklagten zu rechnen ist.

Da die Feststellungsklage hinsichtlich der erfolgten Baukontrollen zu einem Zeitpunkt erhoben wurde, als das maßgebliche Rechtsverhältnis bereits in der Vergangenheit lag, kann das erforderliche Feststellungsinteresse nicht mit einem (angeblichen) Ersatzanspruch gegen den Beklagten begründet werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 43 RdNr. 34).

Ein berechtigtes Feststellungsinteresse ergibt sich auch nicht aus dem Erfordernis eines effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG). In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist diesbezüglich anerkannt, dass (nur) bei tiefgreifenden Grundrechtseingriffen der Betroffene das Recht hat, die Berechtigung des Eingriffs auch dann gerichtlich klären zu lassen, wenn dieser tatsächlich nicht mehr fortwirkt, sofern sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt auf eine Zeitspanne beschränkt, in der Rechtsschutz kaum erlangt werden kann (BVerfG vom 30.4.1997 BVerfGE 96, 27). Ein tiefgreifender Grundrechtseingriff ist beispielsweise die Wohnungsdurchsuchung aufgrund richterlicher Durchsuchungsanordnung (vgl. BVerfG a.a.O.). Dies bedeutet jedoch nicht, dass ein tiefgreifender Grundrechtseingriff immer schon dann vorliegt, wenn der Schutzbereich des Art. 13 GG betroffen ist. Vielmehr ergibt sich aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Oktober 1971 (BVerfGE 32, 54) dass das bloße Betreten und Besichtigen von Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräumen keinen tiefgreifenden Grundrechtseingriff bedeutet. Erst recht gilt dies für das Betreten des „Zugangs- und Zufahrtsbereichs“ des Grundstücks der Kläger (vgl. S. 6 des Schriftsatzes der Kläger vom 6.7.2009). Da hier der Zugang ungehindert möglich ist, ist das Schutzbedürfnis erheblich geringer als bei einem eingezäunten Garten oder gar bei einem geschlossenen Raum. Unter diesen Umständen wird ein Grundstückseigentümer in aller Regel das Betreten eines solchen Bereichs durch Behördenbeauftragte nicht als einen Eingriff in sein Hausrecht empfinden (vgl. BVerfG vom 13.10.1971 BVerfGE 32, 54/76). Dementsprechend fordert das Bundesverfassungsgericht in der genannten Entscheidung selbst beim Betreten von Geschäftsräumen keine vorherige Ankündigung des amtlichen, durch einen gesetzlich erlaubten Zweck legitimierten Kontrolleurs, zumal anderenfalls Kontrollen vielfach ihren Zweck verfehlen würden. Abgesehen davon hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Jahr 1955 entschieden, dass der Schutzbereich des Art. 13 Abs. 1 GG bzw. Art. 106 Abs. 3 BV nur (geschlossene) Räume erfasst (vgl. BayVGH vom 22.2.1955 Nr. 89 I 54 VGH n.F. 9, 1/4).

D) Die Kläger haben als Gesamtschuldner (§ 159 Satz 2 VwGO) die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, weil ihr Rechtsmittel erfolglos geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 10.000 Euro festgesetzt.

Gründe

Zwar haben die Kläger formal nur einen Feststellungsantrag gestellt, der Sache nach handelt es sich aber (zumindest) um zwei Anträge, nämlich einen in die Zukunft und einen in die Vergangenheit gerichteten. Da die Kläger in beiden Fällen kein wirtschaftliches, sondern ein immaterielles Interesse an der begehrten Feststellung haben, richtet sich der Streitwert jeweils nach dem Auffangstreitwert gemäß § 52 Abs. 2 GKG (5.000 Euro x 2 = 10.000 Euro).