Bayerischer VGH, Beschluss vom 01.02.2012 - 3 CE 11.2725
Fundstelle
openJur 2012, 121245
  • Rkr:
Tenor

I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. November 2011 wird in Nrn. 1 und 2 aufgehoben.

Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen einschließlich der der Beigeladenen entstandenen außergerichtlichen Kosten.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der am 17. November 1965 geborene Antragsteller steht als Beratungsrektor der Besoldungsgruppe A13Z in den Diensten des Antragsgegners. Unter dem 5. Februar 2011 bewarb er sich um die im Schulanzeiger Nr. 2/2011 ausgeschriebene Stelle eines Rektors (Besoldungsgruppe A14+AZ). Laut Stellenausschreibung war Voraussetzung ein Lehramt an Haupt- oder Volksschulen sowie aktuelle und langjährige Erfahrungen in der Hauptschule; als erwünscht wurden Erfahrungen in Organisation und Durchführung der offenen und gebundenen Ganztagsschule bezeichnet und zur Beachtung darauf hingewiesen, die Bewerberin bzw. der Bewerber müsse die in den jeweils geltenden Beförderungsrichtlinien genannten Voraussetzungen erfüllen. Der Antragsteller hat zuletzt in seiner dienstlichen Beurteilung vom 3. Januar 2011 das Prädikat "BG" (Leistung, die die Anforderungen besonders gut erfüllt) erhalten.

Neben dem Antragsteller bewarb sich u.a. ein ebenfalls in Diensten des Antragsgegners stehender, am 29. April 1956 geborener Rektor der Besoldungsgruppe A14, der zuletzt unter dem 3. Januar 2011 gleichfalls mit dem Prädikat "BG" dienstlich beurteilt worden war.

Dieser Mitbewerber wurde schließlich im Besetzungsvermerk der Regierung von M. vom 12. April 2011 für die Besetzung der streitgegenständlichen Stelle vorgeschlagen. "Entscheidungsrelevantes Kriterium" hierfür war der Umstand, dass zwei weitere Bewerber nicht berücksichtigt wurden, weil sie entweder eine - nach den Beförderungsrichtlinien vorgesehene - Vorfunktion nicht in ausreichendem Umfang wahrgenommen hatten oder aber das entsprechende Beurteilungsprädikat nicht hatten vorweisen können. Hinsichtlich des Antragstellers sei im Übrigen festzustellen gewesen, dass der ausgewählte Bewerber in einer höheren Besoldungsgruppe das Prädikat "BG" erhalten hatte und deshalb ihm gegenüber einen Leistungsvorsprung habe. Dieser Besetzungsvermerk enthält am Ende eine "Ergänzung" vom 6. Mai 2011: "Der Antragsteller scheidet außerdem aufgrund der Beförderungsrichtlinien (vgl. Beförderungsrichtlinien vom 18.3.2011) aus dem Bewerberkreis aus, da er keine dienstliche Beurteilung in einem Amt eines Konrektors, Rektors oder Seminarrektors vorweisen kann".

Mit Schreiben vom 20. April 2011 hatte der Antragsgegner - Regierung von M. - dem Antragsteller bereits mitgeteilt, dass "in Anwendung des am Wettbewerbsprinzip orientierten Auswahlverfahrens nach Eignung, Leistung und Befähigung" zugunsten seines Mitbewerbers entschieden worden sei. Der Antragsteller erbat hierzu unter dem 3. Mai 2011 eine umfassende Begründung der Auswahlentscheidung.

Mit Schreiben vom 6. Mai 2011, bei der Regierung von M. eingegangen am 11. Mai 2011, zog der ausgewählte und insoweit bereits in Kenntnis gesetzte Mitbewerber seine Bewerbung um die streitgegenständliche Stelle zurück.

Mit Schreiben vom 26. Mai 2011 erläuterte der Antragsgegner dem Antragsteller seine Auswahlentscheidung. Die Ausschreibung habe den Hinweis enthalten, dass die für die Stelle in Betracht kommenden Bewerber die in den jeweils geltenden Beförderungsrichtlinien genannten Voraussetzungen zu erfüllen hätten. Bei dem Antragsteller als Beratungsrektor (Systembetreuung) sei dies nicht der Fall, da die "Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften und Förderlehrkräften an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke - Beförderungsrichtlinien -" (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 18.3.2011, Az. IV.5-5P7010.1-4.23489; im Folgenden: Neue Beförderungsrichtlinien) eine mindestens dreijährige Tätigkeit in der Funktion eines Konrektors, Rektors oder Seminarrektors vorsähen; seine Bewerbung könne deshalb nicht berücksichtigt werden. Zusätzlich wurde der Antragsteller telefonisch verständigt, dass die Stelle neu ausgeschrieben werde.

Die weitere Ausschreibung erfolgte - wortgleich - im Schulanzeiger 6/2011. Neben dem Antragsteller bewarb sich nun auch die am 20. Juni 1962 geborene Beigeladene, die als Rektorin der Besoldungsgruppe A14 tätig ist und in ihrer letzten dienstlichen Beurteilung vom 3. Januar 2011 das Gesamtprädikat "UB" (Leistung, die die Anforderungen übersteigt) erhalten hat. Im diesbezüglichen Besetzungsvermerk der Regierung von M. vom 1. August 2011 ist u.a. hinsichtlich des Antragstellers festgehalten, dieser scheide aus dem engeren Bewerberkreis aus, da nur Rektoren, Konrektoren und Seminarrektoren die Beförderungsvoraussetzungen für eine Stelle der Besoldungsgruppe A14Z erfüllten. Vorgeschlagen werde die Beigeladene, da diese gegenüber einem weiteren Bewerber einen Leistungsvorsprung habe.

Unter dem 24. August 2011 wurde dem Antragsteller mit dieser Begründung mitgeteilt, dass die Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen gefallen sei. Durch seinen Bevollmächtigten erhob der Antragsteller gegen die Bescheide vom 20. April 2011 und vom 24. August 2011 Widerspruch und beantragte mit Schriftsatz vom 31. August 2011 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach den Erlass einer Sicherungsanordnung folgenden Inhalts:

„Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt, die im Schulanzeiger Nr. 2/2011 und im Schulanzeiger Nr. 6/2011 ausgeschriebene Planstelle der Rektorin/des Rektors in der Besoldungsgruppe A14+Az an der Mittelschule E., H.-Schule bis zu einer bestandskräftigen Entscheidung über den Widerspruch des Antragstellers bzw. bis zum Abschluss eines erneuten Auswahlverfahrens endgültig zu besetzen.“

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag mit Beschluss vom 2. November 2011 stattgegeben. Es hat im Wesentlichen ausgeführt: Der Antragsgegner habe das von ihm selbst aufgestellte, konstitutive Anforderungsprofil, an das er während des Auswahlverfahrens gebunden bleibe und das der Antragsteller unstreitig erfüllt habe, in unzulässiger Weise nachträglich durch die Anwendung der neuen Beförderungsrichtlinien vom 18. März 2011 verändert. Hierdurch werde der Antragsteller in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers sei auch nicht durch den Abbruch des ersten Stellenbesetzungsverfahrens und die erneute Ausschreibung des streitgegenständlichen Beförderungsdienstpostens untergegangen, da es an einem sachlichen Grund für die Beendigung des ersten Auswahlverfahrens gefehlt habe. Denn der Abbruch sei ausschließlich in der Annahme erfolgt, nach Absage des (qualifizierteren) Mitbewerbers sei kein geeigneter Bewerber mehr vorhanden, was jedoch - angesichts der unzulässigen Veränderung des Anforderungsprofils - nicht der Fall gewesen sei.

Im Übrigen seien keine Gründe erkennbar, die es als sachgerecht erscheinen ließen, Beratungsrektoren wie den Antragsteller, die über Erfahrungen in der Schulleitung verfügen und denen deshalb auch die Eignung für eine Tätigkeit als Rektor (in einer Schule mit mehr als 360 Schülern, früher Besoldungsgruppe A14, ab Inkrafttreten des neuen Dienstrechts zum 1.1.2011 Besoldungsgruppe A14+Az) zugesprochen wurde, nunmehr generell die Eignung für ein derartiges Amt abzusprechen.

Die Beigeladene hat gegen diesen Beschluss vom 2. November 2011, der ihrem Bevollmächtigten am 3. November 2011 zugestellt wurde, am 16. November 2011 Beschwerde einlegen und diese am 29. November 2011 begründen lassen. Sie hat beantragt,

den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 2. November 2011 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer Sicherungsanordnung vom 31. August 2011 abzulehnen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien sowohl der Abbruch des ersten Stellenbesetzungsverfahrens als auch die im zweiten Stellenbesetzungsverfahren getroffene Auswahlentscheidung rechtmäßig. Zunächst treffe nicht zu, dass die neuen Beförderungsrichtlinien, wie vom Erstgericht angenommen, "nachträglich" in Kraft getreten seien. Denn gemäß Ziff. 13 dieser Richtlinien sei die entsprechende Bekanntmachung mit Wirkung vom 1. Februar 2011, mithin vor Erscheinen der ersten Ausschreibung im Schulanzeiger Nr. 2/2011, in Kraft getreten. Die im Ausschreibungstext erfolgte, dynamische Verweisung auf die "jeweils geltenden" Beförderungsrichtlinien trage der Forderung des Verwaltungsgerichts Rechnung, dass der für die Stellenbesetzung geltende Maßstab und das Anforderungsprofil spätestens zu Beginn des Auswahlverfahrens bekannt zu geben seien. Vor diesem Hintergrund liege auch im Hinblick auf die im Besetzungsvermerk des Antragsgegners vorgenommene "Ergänzung" vom 6. Mai 2011 keine nachgeschobene Begründung der Auswahlbehörde vor. Vielmehr sei der Grund für die Ablehnung des Antragstellers von Beginn an vorhanden gewesen, da er keine der in den neuen Beförderungsrichtlinien geforderten Vorfunktionen vorweisen könne. Jedoch komme es auf diese Argumentation im Hinblick auf die erste Auswahlentscheidung nicht an, da der Antragsteller dort bereits unter Leistungsgesichtspunkten nicht zum Zuge gekommen sei.

Entgegen den Ausführungen des Erstgerichts liege aber im streitgegenständlichen Fall ein sachgerechter Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens vor. Denn der Antragsgegner habe seine geplante Auswahlentscheidung nicht unter Missachtung der neuen Beförderungsrichtlinien treffen können, nach denen der Antragsteller kein geeigneter Bewerber sei. Er habe deshalb das Verfahren abbrechen dürfen, um durch neue Ausschreibung der betreffenden Stelle einen Bewerberkreis anzusprechen, dessen Angehörige unter Umständen die vom Dienstherrn gesetzten Anforderungen erfüllten.

Schließlich sei es auch nicht zu beanstanden, mit Hilfe der neu gefassten Richtlinien nunmehr generell Beratungsrektoren von der Möglichkeit einer Bewerbung auf Dienstposten eines Rektors bzw. einer Rektorin der Besoldungsgruppe A14+AZ auszunehmen. Im Vergleich mit den (zugelassenen) Konrektoren, Rektoren und Seminarrektoren, die über tiefgreifende Fachkenntnisse in schulorganisatorischen und schulrechtlichen Bereichen verfügten, fehlten ihnen diese für die Leitung der größten Schulen (360 oder mehr Schüler) erforderlichen Kenntnisse. Denn Beratungsrektoren und -rektorinnen hätten insbesondere gute PC-Kenntnisse aufzuweisen und seien schwerpunktmäßig fachkundige Ansprechpartner in technischen Fragen.

Soweit das Verwaltungsgericht beanstande, dass der Dienstherr insoweit nicht ausreichend die Tatsache berücksichtige, in welchem Umfang im Einzelfall Erfahrungen in der Schulleitung vorhanden seien und die in der dienstlichen Beurteilung zuerkannte jeweilige Verwendungseignung völlig ausblende, enge dies in unzulässiger Weise den dem Dienstherrn zustehenden Ermessensspielraum ein. Denn bei Richtlinien handele es sich um generalisierende Regelungen, die im Einzelfall zu Härten führen könnten, vorliegend jedoch nicht willkürlich seien.

Der Antragsteller hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen

und auf die seiner Ansicht nach zutreffenden Gründe des Beschlusses des Verwaltungsgerichts verwiesen.

Der Antragsgegner hat im Beschwerdeverfahren keinen Antrag gestellt, sich den Ausführungen der Beigeladenen inhaltlich jedoch uneingeschränkt angeschlossen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Beigeladenen ist begründet. Die seitens des Antragsgegners zu Gunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung ist rechtmäßig. Der Antragsgegner hat sowohl das aufgrund der ersten Stellenausschreibung von Anfang Februar 2011 eingeleitete Auswahlverfahren in rechtlich zulässiger Weise abgebrochen, um die streitgegenständliche Stelle neu auszuschreiben (wofür ihm ein sachlicher Grund zur Seite stand, dazu unten 1.), als auch das sich anschließende zweite Stellenbesetzungsverfahren insoweit in rechtlich nicht zu beanstandender Weise durchgeführt, als er den Antragsteller aus dem Bewerberkreis ausgeschlossen hat, weil dieser keine Vorfunktion im Amt eines Konrektors, Rektors oder Seminarrektors aufzuweisen hat (dazu unten 2.).

241. Zutreffend geht das Verwaltungsgericht zunächst in Übereinstimmung mit der diesbezüglichen ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung (BVerwG vom 16.8.2001 2 A 3/00 BVerwGE 115, 58; BayVGH vom 13.6.2007 3 CE 07.807 BayVBl 2008, 211) davon aus, dass der Dienstherr das Anforderungsprofil eines Beförderungsdienstpostens als für die Stellenbesetzung geltenden Maßstab spätestens zu Beginn des Auswahlverfahrens in einer Weise bekanntzugeben hat, dass sich potentielle Bewerber über die Anforderungen des ausgeschriebenen Dienstpostens informieren und sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums bewerben können und an dieses von ihm aufgestellte Anforderungsprofil auch grundsätzlich während des Auswahlverfahrens gebunden bleibt. Im ursprünglichen Stellenbesetzungsverfahren wurde mit der Auswahlentscheidung vom 12. April 2011 ein anderer Bewerber ausgewählt, deren Gründe dem Antragsteller mit Schreiben vom 20. April 2011 mitgeteilt wurden. Darin wurde ausgeführt, das am Wettbewerbsprinzip orientierte Auswahlverfahren habe ergeben, nach Eignung, Befähigung und Leistung zu Gunsten seines damaligen Mitbewerbers zu entscheiden. Maßgeblich für die Auswahlentscheidung des Antragsgegners war zum damaligen Zeitpunkt der zu Recht angenommene Leistungsvorsprung des seinerzeitigen Konkurrenten des Antragstellers. Das ergibt sich auch aus dem schriftlichen Besetzungsvermerk des Antragsgegners vom 12. April 2011, in dem festgehalten ist, dass der zunächst ausgewählte Bewerber in einer höheren Besoldungsgruppe mit demselben Prädikat wie der Antragsteller und damit besser beurteilt sei als dieser. Allein diese Begründung trägt bereits die erste Auswahlentscheidung des Antragsgegners. Auf die Frage, ob die im Hinblick auf das Inkrafttreten der neuen Beförderungsrichtlinien in den Beförderungsvermerk vom 12. April 2011 nachträglich aufgenommene "Ergänzung" vom 6. Mai 2011 bzw. die nachgeschobene schriftliche Begründung vom 26. Mai 2011 rechtmäßig waren oder aber das bindende Anforderungsprofil der ersten Stellenausschreibung in unzulässiger Weise nachträglich veränderten, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. Denn der Antragsteller wurde bereits zuvor unter Leistungsgesichtspunkten in dem Auswahlverfahren nicht ausgewählt und der Antragsgegner hat seine diesbezüglichen - offensichtlich zutreffenden - Auswahlerwägungen sowohl im Besetzungsvermerk vom 12. April 2011 als auch im Schreiben vom 20. April 2011 hinreichend schriftlich dargelegt und damit transparent gemacht (vgl. zum Gebot, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen: BayVGH vom 21.1.2005, Az. 3 CE 04.2899).

Nach Rücknahme der Bewerbung durch den ursprünglich ausgewählten Bewerber am 11. Mai 2011 ist der dadurch im ersten Auswahlverfahren noch bestehende Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers untergegangen, weil der Dienstherr dieses Auswahlverfahren, wie er dem Antragsteller telefonisch mitgeteilt und durch Neuausschreibung im Schulanzeiger 6/2011 bekundet hat, aus sachlichen Gründen abgebrochen hat, bevor das Beförderungsamt durch Ernennung eines Dritten besetzt und das Auswahlverfahren damit beendet wurde (vgl. BVerwG vom 31.3.2011, Az. 2 A 2/09). Das Auswahlverfahren dient zwar nicht nur dem Interesse des Dienstherrn, das Amt bestmöglich zu besetzen, sondern auch dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen; deshalb begründet es einen Anspruch des Bewerbers auf eine rechtsfehlerfreie Auswahlentscheidung. Dieser Bewerbungsverfahrensanspruch besteht indessen nur dann, wenn es im Anschluss daran zu einer Ernennung kommt. Die Durchführung einer Stellenausschreibung allein zwingt den Dienstherrn nicht, das Amt mit einem der Auswahlbewerber zu besetzen; denn die Ausschreibung ist nur ein Hilfsmittel zur Gewinnung geeigneter Bewerber. Daher ist der Dienstherr rechtlich nicht gehindert, ein eingeleitetes Bewerbungs- und Auswahlverfahren vor einer Ernennung aus sachlichen Gründen zu beenden (BVerwG vom 25.4.1996, Az. 2 C 21.95; vgl. auch BayVGH vom 21.11.2011, Az. 3 ZB 08.2715). Der Abbruch des Auswahlverfahrens lässt einen bestehenden Bewerbungsverfahrensanspruch untergehen.

Das für den Abbruch des Auswahlverfahrens maßgebliche organisations- und verwaltungspolitische Ermessen ist ein anderes als das bei einer Stellenbesetzung zu beachtende Auswahlermessen (vgl. BVerwG vom 22.7.1999, Az. 2 C 14/98; vom 25.4.1996, Az. 2 C 21/95). Ein sachlicher Grund liegt beispielsweise dann vor, wenn sich der Dienstherr entschließt, mit dem Ziel der bestmöglichen Besetzung der Beförderungsstelle einen breiteren Interessentenkreis anzusprechen, weil er den einzigen Bewerber nicht uneingeschränkt für geeignet hält (vgl. BVerwG vom 25.4.1996, Az. 2 C 21/95; BVerwG vom 22.7.1999, Az. 2 C 14/98) oder wenn seit der ersten Ausschreibung ein erheblicher Zeitraum verstrichen ist und der Dienstherr den Bewerberkreis aktualisieren und vergrößern will (vgl. NdsOVG vom 14.9.2006, Az. 5 ME 219/06) oder wenn der Dienstherr aufgrund der während des Auswahlverfahrens gewonnenen Erkenntnisse funktionsspezifische Differenzierungen des Anforderungsprofils vornimmt, um den Bewerberkreis sachbezogen einzugrenzen (BayVGH vom 8.7.2011, Az. 3 CE 11.859 m.w.N.). Darüber hinaus sind weitere Fallgestaltungen für den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens denkbar (vgl. auch BayVGH vom 18.2.2011, Az. 3 CE 10.2443).

Gemessen an diesen Grundsätzen liegt hier ein sachlicher Grund für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens darin, dass mit Bekanntmachung vom 18. März 2011 neue, auf das zum 1. Januar 2011 in Kraft getretene und grundlegend reformierte Dienstrecht abgestimmte Beförderungsrichtlinien ergangen sind (Richtlinien für die Beförderung von Lehrkräften an Volksschulen und Förderlehrkräften an Volksschulen, Förderschulen und Schulen für Kranke vom 18.3.2011 Az. IV.5-5 P 7010.1-4. 23489 KWMBl 2011, 63), die der Antragsgegner auch auf die bereits unter Geltung des neuen Dienstrechts ergangene Ausschreibung angewandt sehen wollte. Diese Richtlinien enthalten u.a. insofern Änderungen gegenüber den zuvor gültigen Richtlinien vom 8. Juni 2009, als nunmehr gemäß Nr. 5.5.1.1 e Beratungsrektoren von dem grundsätzlich in Betracht kommenden Bewerberkreis für Schulleiterstellen der höchsten Besoldungsgruppe A14+AZ ausgenommen sein sollen. Der Dienstherr verlässt aber u.a. dann den Kanon der von ihm selbst aufgestellten Anforderungen, wenn er das von ihm in der Stellenausschreibung ursprünglich festgelegte Anforderungsprofil im Verlauf des Stellenbesetzungsverfahrens um zusätzliche Kriterien anreichert, die - wie hier - ausschlaggebend sein können. Allerdings ist der Dienstherr auch grundsätzlich berechtigt, den "Zuschnitt" eines Dienstpostens zu ändern und die Anforderungen, die an den (künftigen) Inhaber gestellt werden, zu modifizieren. Dazu steht ihm dann der Weg des Abbruchs des Auswahlverfahrens und eine entsprechende Neuausschreibung offen (BVerwG vom 16.8.2001, Az. 2 A 3/00; BayVGH vom 13.6.2007, 3 CE 07.807 RdNr. 39). Vorliegend bedeutet das, dass dem Antragsgegner rechtlich nur die Möglichkeit blieb, das Auswahlverfahren - wie geschehen - abzubrechen und die Stelle neu auszuschreiben, um die neuen Beförderungsrichtlinien anwenden zu können, was von seinem Ermessensspielraum umfasst ist. Anderenfalls hätte er das von ihm selbst aufgestellte Anforderungsprofil in unzulässiger Weise nachträglich verändert.

2. Die geänderten Beförderungsrichtlinien rechtfertigten den Ausschluss des Antragstellers aus dem Bewerberkreis des zweiten, aufgrund Ausschreibung im Schulanzeiger 6/2011 durchgeführten Stellenbesetzungsverfahrens

a) Die zweite Ausschreibung im Juni 2011 ist nach Bekanntgabe der neuen Beförderungsrichtlinien vom 18. März 2011 erfolgt. Eine nachträgliche Verschärfung des Anforderungsprofils, die den Antragsteller auch im Rahmen des zweiten Auswahlverfahrens in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzen könnte, liegt deshalb nicht vor.

b) Die neuen Beförderungsrichtlinien vom 18. März 2011 sind aber auch nicht deshalb willkürlich und damit rechtswidrig, weil der Antragsgegner durch sie Beratungsrektoren von der Bewerbungsmöglichkeit um Schulleiterstellen der Besoldungsgruppe A14 + AZ generell ausnimmt. Vielmehr ist dieser Ausschluss von der organisatorischen Gestaltungsfreiheit des Dienstherrn gedeckt, weil es dafür sachliche Gründe gibt. Die Anforderungen, die an die Wahrnehmung eines Amtes als Beratungsrektor (in der Systembetreuung oder Schulleitung) einerseits und an das eines Rektors, Konrektors oder Seminarrektors andererseits zu stellen sind, unterscheiden sich. So müssen Beratungsrektoren oder -rektorinnen in der Systembetreuung z.B. über sehr gute PC-Kenntnisse verfügen und sind schwerpunktmäßig in technischen Fragen fachkundige Ansprechpartner der Schulleitung oder des Lehrerkollegiums. Gemäß der Bekanntmachung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 17. März 2000 umfasst die Systembetreuung organisatorische, koordinierende und technische Aufgaben, z.B. Beratung und Planung bei der Beschaffung von Hard- und Software, Organisation des Zugangs zu Hard- und Software, Beratung und Hilfestellung beim EDV-Einsatz in der Schulverwaltung und Betreuung der entsprechenden Programme, Beratung und Unterstützung des Kollegiums beim Computereinsatz im Unterricht, die Anforderung von Programmen und Materialien, Feststellung von Problemen und Störungen bei Hardware und systemnaher Software etc. und sie sind Ansprechpartner für Lehrkräfte und Schüler bei technischen Problemen. Gemäß der Bekanntmachung des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus vom 29. Oktober2001 in der Fassung vom 24. Juni 2011 umfasst die Schulberatung vor allem vier Bereiche: Die Schullaufbahnberatung dient der individuellen Beratung hinsichtlich der Wahl der Schullaufbahn und der allgemeinen Information über das schulische Bildungsangebot. Die pädagogisch-psychologische Beratung hilft bei der Bewältigung von Schulproblemen wie Lern- und Leistungsschwierigkeiten, Verhaltensauffälligkeiten und schulischen Konflikten. Dazu gehört die Beratung der Erziehungsberechtigten und gegebenenfalls der Ausbildungsbetriebe. In der Beratung von Schule und Lehrkräften sollen die in der Schulberatung gewonnenen Erkenntnisse und bewährten Methoden für den Unterricht für die erzieherische Wirksamkeit der Schulen und für die Weiterentwicklung der Schulen des Schulsystems nutzbar gemacht werden. Schließlich soll durch Zusammenarbeit mit anderen Beratungsdiensten eine Abstimmung bei Bedarf erreicht und die Wirksamkeit der Einrichtungen im öffentlichen Interesse erhöht werden.

Demgegenüber sind Rektoren und Konrektoren bereits unmittelbar mit Aufgaben der Schulleitung betraut und verfügen über entsprechendes Erfahrungswissen, das sie nach Ansicht des Antragsgegners auch zur Leitung der größten Schulen mit mehr als 360 Schülern in den insoweit höchstbesoldeten Rektorenämtern besonders befähigt. Gegen diese Einschätzung des Dienstherrn ist aus rechtlicher Sicht nichts einzuwenden. Ebenso wenig begegnet die Ansicht des Dienstherrn, eine entsprechende Vorqualifikation sei auch im Amt eines Seminarrektors bzw. einer -rektorin zu erwerben, rechtlich Bedenken. Denn diese verfügen aufgrund ihrer Tätigkeit in der Aus- und Fortbildung von Lehramtsanwärtern und -anwärterinnen sowie von Lehrern und Lehrerinnen über umfassende und vertiefte Fachkenntnisse in schulorganisatorischen und schulrechtlichen Bereichen. So ist z.B. gemäß § 11 der Zulassungs- und Ausbildungsordnung für das Lehramt an Grundschulen und das Lehramt an Hauptschulen (ZALGH) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1992 die Leitung des Studienseminars für die gesamte Arbeit des Studienseminars verantwortlich. Der Seminarrektor oder die Seminarrektorin leitet ein Seminar und ist im Besonderen für folgende Aufgaben verantwortlich: Planung der Seminararbeit, Gestaltung und Durchführung der Seminarveranstaltungen, Beratung im Unterricht und in allen weiteren Tätigkeitsfeldern in denen die Lehramtsanwärter und die Lehramtsanwärterinnen im Praktikum oder eigenverantwortlich arbeiten; im Rahmen von Beratungsbesuchen werden die vorgeschriebenen Unterrichtsvorbereitungen vom Seminarrektor oder der Seminarrektorin eingesehen und beurteilt; Mitwirkung bei der Auswahl der Betreuungslehrkräfte und bei der Fortbildung aller an der Ausbildung Beteiligten (vgl. § 13 Abs. 1 und 2 ZALGH).

Der solchermaßen beschriebene allgemeine Aufgabenzuschnitt lässt die vom Antragsgegner vorgenommene Differenzierung hinsichtlich wahrgenommener und qualifizierender Vorfunktionen jedenfalls nicht als willkürlich erscheinen, ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die dem Antragsteller in seiner dienstlichen Beurteilung noch vor dem Hintergrund der Gültigkeit der alten Beförderungsrichtlinien aus dem Jahr 2009 zuerkannte Verwendungseignung ankommt.

Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG, wobei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur die Hälfte des Streitwerts im Hauptsacheverfahren anzusetzen war.