VG Würzburg, Beschluss vom 06.02.2012 - W 4 S 12.81
Fundstelle
openJur 2012, 120995
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 1.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich als Pächter eines Lagerplatzes auf dem Grundstück Fl.Nr. …12 der Gemarkung H… (Stadt Alzenau) gegen eine für sofort vollziehbar erklärte wasserrechtliche Anordnung des Landratsamts Aschaffenburg.

1.

Der Antragsteller betreibt in Alzenau-W… einen landwirtschaftlichen Betrieb, bei dem er u.a. Teetreber zur Düngung auf den landwirtschaftlichen Flächen einsetzt.

Eigentümer des Grundstücks Fl.Nr. …12 der Gemarkung H… ist Herr … G…. Dieser betrieb auf dem maßgeblichen Grundstück seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts einen landwirtschaftlichen Lagerplatz. Hierbei handelt es sich um eine asphaltierte Fläche in den Grundmaßen von 20 m auf 30 m, die mit ca. 20 cm hohen Bordsteinen randlich eingefasst ist. Das auf der Fläche anfallende Wasser fließt in zwei Auffangbehälter. Bereits mit Bescheid vom 17. September 2008 ordnete das Landratsamt Aschaffenburg gegenüber Herrn G… an, dass die bestehende Einfassung der Lagerfläche für die Lagerung von Strohballen und für den Grünabfall bis zum 17. November 2008 vollständig flüssigkeitsdicht herzustellen sei. Die geforderte Abdichtung wurde jedoch nicht durchgeführt. Das Grundstück Fl.Nr. …12 befindet sich in der Zone III des Wasserschutzgebiets der Gemeinde Karlstein und grenzt an das Wasserschutzgebiet des Zweckverbands Fernwasserversorgung Spessartgruppe an. Der Antragsteller hat den Lagerplatz seit Januar 2011 gepachtet.

2.

Am 26. November 2011 teilte die Verkehrspolizeiinspektion Aschaffenburg-Hösbach (Wasserschutzpolizei) dem Landratsamt Aschaffenburg mit, dass auf dem Lagerplatz auf dem Grundstück Fl.Nr. …12 der Gemarkung Hörstein Teetreber gelagert werde. Aus den Treberlagerungen träten Sickersäfte aus und stauten sich an der Bordsteinkante. Die Einfassung der Lagerfläche sei nicht vollkommen dicht, so dass Sickersäfte in die Umgebung gelangten und einsickerten. Mit Schreiben des Landratsamts Aschaffenburg vom 1. Dezember 2011 wurde Herr G… aufgefordert, die Teetreberlagerungen zu beseitigen. Daraufhin teilte dieser mit, dass er für die Teetreberlagerungen nicht verantwortlich sei; der Lagerplatz sei seit Januar 2011 an den Antragsteller verpachtet. Am 12. Dezember 2011 stellte die Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft beim Landratsamt Aschaffenburg fest, dass die Menge der Teetreberlagerungen erheblich zugenommen habe.

3.

Mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 forderte das Landratsamt Aschaffenburg den Antragsteller auf, die Teetreberlagerungen innerhalb einer Woche nach Zustellung dieses Schreibens ordnungsgemäß zu beseitigen. Ferner wurde dem Antragsteller untersagt, auf dem Lagerplatz weiter Teetreber zu lagern. Schließlich wurde angeordnet, dass die Sickersäfte in den Auffangbehältern sofort abzupumpen und ordnungsgemäß zu entsorgen seien. Für den Fall, dass die Anordnungen nicht befolgt würden, wurde die kostenpflichtige Anordnung der Maßnahmen angeordnet. Das Schreiben enthielt keine Rechtsbehelfsbelehrung.

Mit Schriftsatz vom 14. Dezember 2011 wandte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers an das Landratsamt Aschaffenburg und legte “höchst vorsorglich Widerspruch“ ein. Zur Begründung wurde vorgebracht, dass der Antragsteller den Teetreber ordnungsgemäß eingelagert habe. Er habe bereits mit dem Abpumpen der Flüssigkeit und der Verbringung zur Kläranlage begonnen. Es sei richtig, dass nicht zuletzt aufgrund der vor einigen Tagen stattgefundenen schweren Niederschläge von dem Treber Flüssigkeit ausgetreten sei. Diese Flüssigkeit sei aber analysiert worden und hierbei gerade einmal ein Stickstoffanteil von 34 mg Stickstoff/l festgestellt worden, so dass nochmals um Überprüfung der Angelegenheit gebeten werde.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2011 antwortete das Landratsamt Aschaffenburg und erklärte, dass im Bereich des Wasserrechts das Widerspruchsverfahren abgeschafft sei, jedoch die Möglichkeit bestehe, Klage beim Verwaltungsgericht Würzburg einzureichen. Laut Auskunft des Wasserwirtschaftsamts Aschaffenburg sei Teetreber organisch hoch belastet und somit wassergefährdend. Aufgrund der undichten Stöße und Fugen der Einfassung trete Sickersaft aus und könne in den Boden einsickern. Sollte der Antrag-steller den Teetreber nicht bis zum 6. Januar 2012 beseitigen, werde ein kostenpflichtiger Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung und Anordnung der sofortigen Vollziehung erlassen.

4.

Daraufhin traf das Landratsamt Aschaffenburg mit Bescheid vom 18. Januar 2012 folgende wasserrechtlichen Anordnungen:

„1. Die auf dem Lagerplatz auf Fl.Nr. …12 der Gemarkung Alzenau-H… lagernden Teetreber sind bis zum 30.01.2012 ordnungsgemäß zu beseitigen.

1.1 Der Nachweis einer ordnungsgemäßen Entsorgung ist vorzulegen.

2. Die weitere Lagerung von Teetreber oder anderer wassergefährdender Stoffe auf dem Lagerplatz auf Fl.Nr. …12 der Gemarkung Alzenau-H… wird untersagt.

3. Das in den Sammelbehältern befindliche Sickerwasser aus den Teetreberlagerungen ist jeweils bei einem Füllstand ab 2/3 ordnungsgemäß zu beseitigen.

4. Der sofortige Vollzug der Nrn. 1 bis 3 dieses Bescheides wird angeordnet.

5. Bei Nichterfüllung der Nrn. 1, 1.1, 2 bis 3 wird jeweils ein Zwangsgeld von 1000 € angedroht.

6. Herr … K… hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 250 € erhoben. Gesamtkosten: 250 €.“

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Anordnungen fänden ihre Rechtsgrundlage in Art. 58 Abs. 1 Satz 2 BayWG und § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG. Teetreber sei organisch hoch belastet, enthalte ferner Nährstoffe und sei daher wassergefährdend. Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg habe dementsprechend die zwei entnommenen Proben als organisch hoch belastet eingestuft. Das Sickerwasser aus den Teetreberlagerungen sei wassergefährdend i.S. von § 62 Abs. 3 WHG. Der Lagerplatz sei zwar befestigt und mit Sammelbehältern ausgestattet, jedoch weise seine Einfassung Undichtigkeiten auf. Es sei festgestellt worden, dass Sickersäfte aus den Teetreberlagerungen austräten, die an die Einfassung gelangten und von dort durch die undichten Stöße und Fugen in die unbefestigte Umgebung eindringen könnten. Ferner könnten erhebliche Mengen Sickerwasser entstehen, die die Bordsteine überschwemmten. Die gemachten Fotos belegten eindeutig, dass die Sickerwässer austräten und in das unbefestigte Erdreich eindrängen. Damit bestehe die Besorgnis einer Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit bzw. es werde der bestmögliche Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften nicht erreicht (§ 62 Abs. 1 Satz 1 und 3 WHG). Die Wassergefährdung von Teetreber sei vergleichbar mit der von Gülle und Jauche. Damit liege auch ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 Nr. 1.5 der Verordnung des Landratsamts Aschaffenburg vom 6. Oktober 2010 vor, wonach Dungstätten zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften verboten seien, ausgenommen mit dichten Behältern, die eine Leckageerkennung zuließen. Die sofortige Vollziehung sei gerechtfertigt. Denn ein Zuwarten bis zur Unanfechtbarkeit der Entscheidung hätte zur Folge, dass weiter Teetreber gelagert werde und Sickerwasser weiterhin in den Untergrund eindringen könne. Die damit verbundenen Gefahren für das Grundwasser müssten in besonderem Maße in dem wassersensiblen Bereich in der Zone III des Wasserschutzgebiets unterbunden werden.

5.

Nachdem der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten bereits am 26. Januar 2012 gegen die Anordnung vom 12. Dezember 2011 hatte Klage erheben lassen (Az.: W 4 K 12.21), ließ er am 26. Januar 2012 gegen den Bescheid vom 18. Januar 2012 ebenfalls Klage erheben (Az.: W 4 K 12.80) und am gleichen Tag

b e a n t r a g e n,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den wasserrechtlichen Anordnungsbescheid des Landratsamtes Aschaffenburg vom 18. Januar 2012 anzuordnen.

Zur Begründung der Klage und des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO wurde im Wesentlichen vorgetragen: Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, den Teetreber bis zum 30. Januar 2012 zu beseitigen. Für den Antragsteller sei es kein Problem den Teetreber ordnungsgemäß zu beseitigen, dergestalt, dass der Treber als zugelassenes Düngematerial auf die Felder ausgebracht werde. Damit sei die bis zum 30. Januar 2012 gesetzte Frist nicht interessengerecht und damit der Sofortvollzug in diesem Punkt aufzuheben. Es sei auch nicht verständlich, weshalb der Betrieb bzw. die Ablagerung auf einem seit Jahrzehnten betriebenen Lagerplatz per Sofortvollzug untersagt werden solle, zumal dieser gerade deshalb eingerichtet worden sei, um in der nicht ausbringungsfähigen Zeit dort ablagern zu können. Eine Untersagung gemäß Ziffer 2 des Bescheids könne es für einen seit Jahrzehnten betriebenen und von vornherein genehmigt angelegten Ablagerplatz (Dungstättenzwischenlagerplatz) nicht geben. In den Behältern habe es zwar einen Anstieg der Flüssigkeit gegeben. Der wesentliche Flüssigkeitsanteil sei aber das Regenwasser, so dass schon deshalb aufgrund des Verdünnungseffekts von einem hochbelasteten Material nicht gesprochen werden könne. Der Vergleich des Teetrebers mit Gülle, Jauche, Festmist sei unzulässig. Der Antragsteller stelle auch Undichtigkeiten in Abrede. Zurückzuweisen sei auch die Behauptung, die Fachkundige Stelle habe festgestellt, dass die Menge der Teetreberlagerung erheblich zugenommen habe. Unklar sei der Bescheid in Ziffer 3. So sei im landwirtschaftlichen Jargon das Wort „beseitigen“ durch das Wort „ausbringen“ zu ersetzen. Ob das immer möglich sei, wenn der Füllstand von 2/3 in den Sammelbehältern erreicht sei oder ob dies erst möglich sei, wenn beispielsweise 3/4 oder 4/5 erreicht seien, liege nicht zuletzt auch an der witterungsbedingten Ausbringungsmöglichkeit. Im Übrigen werde der Ansatz von 2/3 des Füllstands als willkürlich angesehen.

6.

Das Landratsamt Aschaffenburg stellte für den Antragsgegner den

A n t r a g,

den Antrag abzuweisen.

Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg habe mit Schreiben vom 11. Januar 2012 zu den entnommenen Proben Stellung genommen. Eine Probe sei bei den angestauten Sickersäften an den Bordsteinen entnommen worden, eine andere Probe aus dem Auffangbehälter. Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg führe aus, dass die Proben leicht saure pH-Werte, entsprechend dem Probensubstrat starke organische Belastungen sowie erhöhte Nährstoffbelastungen aufwiesen. Dies ergebe sich aus den ermittelten CSB und BSB5–Werten mit 9.150 mg/l und 2.460 mg/l (CSB-Werte) und 4.400 mg/l und 1.420 mg/l (BSB5–Werte) sowie aus den Nitrat- und Phosphorwerten 2,5 mg/l und 21,7 mg/l (Nitrat) sowie 25,8 mg/l und 17 mg/l (Phosphor gesamt). Der Sofortvollzug sei anzuordnen gewesen, da es im öffentlichen Interesse liege, dass das Grundwasser und damit die Wasserversorgung nicht durch Verunreinigungen beeinträchtigt würden. Einwandfreies Trinkwasser müsse Vorrang vor privaten Interessen haben, was erst recht im Wasserschutzgebiet gelten müsse. Sickerwasser aus Teetreberlagerungen sei aufgrund der erwiesenen hohen organischen Belastung und der unerwünschten Nährstoffe wassergefährdend i.S. von § 62 Abs. 3 WHG. Zum Vorbringen der Antragstellerbevollmächtigten sei noch auszuführen, dass der Teetreber ordnungsgemäß zu beseitigen sei. Dies heiße, dass er rechtmäßig wegzubringen und zu lagern sei. Es komme auf das ordnungsgemäße Lagern an, das eben nicht gegeben sei, weil der Lagerplatz bzw. dessen Einfassung nicht flüssigkeitsdicht sei. Dass der Teetreber später als Dünger ausgebracht werden solle, sei unstreitig und auch nicht Gegenstand des Bescheides. Die Anordnung, die Sammelbehälter jeweils mit einem Füllstand von 2/3 zu entleeren, ergebe sich aus Nr. 5.4 Anhang 5 VAwS.

7.

Die Akte des Landratsamtes Aschaffenburg sowie die Akten im Klageverfahren W 4 K 12.21 und W 4 K 12.80 wurden beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

1.

Der Antrag ist zulässig.

Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen Ziffern 1 bis 3 des Bescheides des Landratsamts Aschaffenburg vom 18. Januar 2012 ist entfallen, weil die Behörde in Ziffer 4 dieses Bescheids nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in einem solchen Fall auf Antrag die aufschiebende Wirkung wiederherstellen.

2.

Der Antrag ist nicht begründet.

Im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO prüft das Gericht, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Anordnung ist gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Hierbei sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung. Die wasserrechtliche Anordnung ist nur dann aufzuheben, wenn sie rechtswidrig ist und der Antragsteller dadurch in seinen Rechten verletzt wird (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Im vorliegenden Fall ist die Kammer aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Auffassung, dass die Klage gegen die wasserrechtliche Anordnung voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, da sich die Anordnung des Landratsamts Aschaffenburg vom 12. Dezember 2011 i.d.F. des Bescheids vom 18. Januar 2012 in Ziffern 1 bis 3 als rechtmäßig erweist. Es handelt sich hierbei nicht um zwei eigenständige Bescheide, vielmehr hat die Behörde mit dem Bescheid vom 18. Januar 2012 die zunächst erlassene Anordnung in ihren Regelungen konkretisiert, teilweise abgeändert, den Sofortvollzug angeordnet und ein Zwangsmittel angedroht.

Nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG ordnet die zuständige Behörde – die Kreisverwaltungsbehörde, Art. 58 Abs. 1 S. 1 BayWG - nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung von Verpflichtungen nach Satz 1 sicherzustellen. Nach § 100 Abs. 1 Satz 1 WHG ist es Aufgabe der Gewässeraufsicht, die Gewässer sowie die Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu überwachen, die nach oder auf Grund von Vorschriften dieses Gesetzes, nach auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen oder nach landesrechtlichen Vorschriften bestehen.

Tatbestandliche Voraussetzung für ein Einschreiten der Wasserbehörde auf der Grundlage des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG ist zunächst das Erfordernis der Vermeidung oder Beseitigung einer Beeinträchtigung des Wasserhaushalts. Die Befugnisnorm ermöglicht aber auch ein behördliches Einschreiten zur Sicherstellung der Verpflichtungen nach Absatz 1 Satz 1 und erstreckt damit die Eingriffsbefugnis auf das gesamte materielle Wasserhaushaltsrecht des Bundes und der Länder (vgl. Czychowski/Reinhardt, WHG, 10. Aufl. 2010, RdNrn. 34 f. zu § 100).

2.1.

Für das gewässeraufsichtliche Einschreiten nach § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG genügt grundsätzlich die formelle Illegalität des der Wasserwirtschaftsordnung zuwiderlaufenden Verhaltens (vgl. BayVGH vom 27.10.2011 Az.: 8 CS 11.1380 – juris; Czychowski/Reinhardt, RdNr. 42 f. zu § 100; Sieder/Zeitler/ Dahme/Knopp, BayWG, August 2010, RdNr. 25 zu Art. 68 a.F.).

Eine (Gewässer-)Benutzung i.S.d. Gesetzes ist gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG das Einbringen und Einleiten von Stoffen in Gewässer. Unter den Begriff des Gewässers fällt auch das Grundwasser; dies ist gemäß § 3 Nr. 3 WHG das unterirdische Wasser in der Sättigungszone, das in unmittelbarer Berührung mit dem Boden oder dem Untergrund steht. Einleiten umfasst flüssige und gasförmige Stoffe jeder Art, insbesondere Abwasser, aber auch Wasser. Erforderlich ist wie bei allen anderen Benutzungsarten des § 9 WHG ein nach der objektiven Eignung auf das Gewässer ausgerichtetes Verhalten (Czychowski/Reinhardt, RdNr. 35 zu § 9). Es ist nicht erforderlich, dass der Stoff unmittelbar in das Grundwasser eingebracht bzw. eingeleitet wird (Czychowski/Reinhardt, RdNr. 37 zu § 9). Es genügt, dass das Abwasser durch Versickern in das Grundwasser gelangt, was bei jeder Versickerung unter die belebte Bodenzone der Fall ist. Jedenfalls wird in das Grundwasser auch dann eingeleitet, wenn bei den gegebenen Bodenverhältnissen damit zu rechnen ist, dass der in den Boden eindringende Stoff in das Grundwasser gelangt (Sieder/Zeitler/Dahme/Knopp, RdNr. 19 zu § 3). Dies ist hier der Fall. Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg geht in seiner Stellungnahme vom 11. Januar 2011 von einem punktuellen und auf Grund des Zeitpunkts auch unzeitgemäßem und nicht pflanzenverfügbaren Versickern (größerer) Mengen organisch hochbelasteter Sickerwässer und damit von unerwünschten Stoffeinträgen ins Grundwasser aus. Im Übrigen gelten als Gewässerbenutzung gemäß § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG auch Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen. Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg kommt in der vg. Stellungnahme zu der Einschätzung, dass der punktuelle Eintrag von Sickerwässern zu Güteverschlechterungen des Grundwassers beitragen kann.

Da dem Antragsteller (und auch dem Grundstückseigentümer) eine wasserrechtliche Erlaubnis für das Versickern des Sickerwassers aus der Lagerung von Teetrester in den Untergrund nicht erteilt wurde, erfolgte die Gewässerbenutzung von Beginn an formell illegal.

2.2.

Das Versickern des bei der Lagerung des Teetresters anfallenden Sickerwassers in den Untergrund erweist sich auch als materiell illegal. Das Landratsamt Aschaffenburg hat sein Eingreifen auf Grund der Befugnisnorm des § 100 Abs. 1 Satz 2 WHG maßgeblich auf einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 62 Abs. 1 Sätze 1 und 3 WHG gestützt. Nach Satz 1 des § 62 Abs. 1 WHG müssen Anlagen zum Lagern, Herstellen und Behandeln wassergefährdender Stoffe sowie Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und im Bereich öffentlicher Einrichtungen so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist. Nach Satz 3 gilt für Anlagen zum Umschlagen wassergefährdender Stoffe sowie zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle und Silagesickersäften sowie von vergleichbaren in der Landwirtschaft anfallenden Stoffen Satz 1 entsprechend mit der Maßgabe, dass der bestmögliche Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften erreicht wird. Das Landratsamt Aschaffenburg hat hier – was von Seiten des Antragstellers kritisiert wird - den für die Lagerung von Teetreber genutzten Lagerplatz mit den Auffangbehältern als Anlage im Sinne dieser Vorschrift angesehen und dies aus der mit Gülle und Jauche vergleichbaren Wassergefährdung von Teetreber abgeleitet. Dies erscheint aus Sicht der Kammer deshalb fraglich, weil nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift eine Anwendung nur in Betracht kommt für „vergleichbare in der Landwirtschaft anfallende Stoffe“. Dass es sich bei dem bei der gewerblichen Herstellung von Tee anfallenden Abfallprodukt um einen derartigen Stoff handelt, darf bezweifelt werden. Allerdings hätte dies dann nur zur Folge, dass die in Satz 3 des Absatzes 1 des § 62 WHG genannte Privilegierung (vgl. Czychowski/Reinhardt, RdNrn. 37 ff. zu § 62; Drost, Das neue Wasserrecht, Stand März 2010, RdNr. 12 zu § 62) nicht eingreift. Dass es sich bei dem Lagerplatz um eine Anlage i.S.v. § 61 Abs. 1 Satz 1 WHG handelt, in der wassergefährdende Stoffe i.S.d. § 62 Abs. 3 WHG gelagert werden, kann angesichts der fachlichen Aussage des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg vom 11. Januar 2012 nicht ernsthaft bestritten werden. Denn dieses führt aus, dass hinsichtlich des von dem Teetreber herrührenden Sickerwassers bei unerwünschten Stoffeinträgen ins Grundwasser das leicht lösliche und damit auswaschungsfähige Nitrat im Vordergrund stehe, das die Güte des Grundwassers nachhaltig verändern und daher seine Verwendung als Trinkwasser einschränken oder sogar ausschließen könne.

Der streitgegenständliche Lagerplatz ist zwar befestigt und mit Sammelbehältern ausgestattet. Die Einfassung weist jedoch – wie die in der Behörden-akte enthaltenen Lichtbilder zeigen – zahlreiche Undichtigkeiten auf. Die Wasserschutzpolizei und die Fachkundige Stelle für Wasserwirtschaft haben mehrfach und über einen längeren Zeitraum die Feststellung getroffen, dass Sickersäfte aus der Lagerfläche austreten und in den Untergrund eindringen. Darüber hinaus können bei stärkeren Regenfällen erhebliche Mengen Sickerwässer die Bordsteine überschwemmen und danach ebenfalls in das Erdreich eindringen. Dass diese Gefahr gegeben ist, zeigen eindrucksvoll die in der Behördenakte enthaltenen zahlreichen Lichtbilder, die bei Ortseinsichten am 26. November 2011, am 28. November 2011, am 12. Dezember 2011, am 19. Dezember 2011 und schließlich am 9. Januar 2012 gefertigt wurden. Diesen lässt sich entnehmen, dass das Sickerwasser aus den Teetreberlagerungen sich in vielen Bereichen der Lagerfläche bis zur Oberkante der Umrandung der Lagerfläche staut, auf Grund der nicht flüssigkeitsdichten Ausführung der randlichen Eingrenzung zwischen den Fugen durchläuft und ins Erdreich versickert. Es zeigt sich auch, dass auf Grund des hohen Wasserstands das Sickerwasser die Eingrenzung überflutet und ebenfalls in dem sich anschließenden Erdreich versickert. Insbesondere den am 9. Januar 2012 gefertigten Lichtbildern lassen sich deutliche – vom Sickerwasser dunkel gefärbte – Ablaufspuren im an die Lagerfläche angrenzenden Naturbewuchs entnehmen. Des Weiteren zeigt sich auch, dass die Behälter randvoll gefüllt sind und die Flüssigkeit sich unmittelbar vor dem Überlaufen befindet. Im Übrigen lässt sich den Lichtbildern auch unzweifelhaft entnehmen – was vom Antragsteller bezweifelt wird -, dass die Menge des gelagerten Teetrebers seit dem 26. November 2011 massiv zugenommen hat.

Die Kammer hat daher keinen Zweifel, dass durch das Auslaufen des Sickerwassers auf Grund der Lagerung des Teetrebers auf einem hierfür nicht geeigneten Lagerplatz eine nachteilige Veränderung von Gewässern zu besorgen ist bzw. der bestmögliche Schutz der Gewässer vor nachteiligen Veränderungen ihrer Eigenschaften nicht erreicht wird. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg hat die von der Wasserschutzpolizei Aschaffenburg am 26. November 2011 (Probenahme des Sickersaftes an den Bordsteinen) und am 10. Dezember 2011 (Probenahme aus dem Auffangbehälter) entnommenen Sickerwasserproben auf relevante Schadstoffparameter untersucht und hat mit Schreiben vom 11. Januar 2012 zu den entnommenen Proben Stellung genommen. Es führt aus, dass die Proben leicht saure pH-Werte, entsprechend dem Probensubstrat starke organische Belastungen sowie erhöhte Nährstoffbelastungen aufwiesen. Dies ergebe sich aus den ermittelten CSB und BSB5–Werten mit 9.150 mg/l und 2.460 mg/l (CSB-Werte) und 4.400 mg/l und 1.420 mg/l (BSB5–Werte) sowie aus den Nitrat- und Phosphorwerten 2,5 mg/l und 21,7 mg/l (Nitrat) sowie 25,8 mg/l und 17 mg/l (Phosphor gesamt).

Das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg hat mit seiner fachlichen Stellungnahme dargelegt, dass der punktuelle Eintrag von Sickerwässern aufgrund der unsachgemäßen Teetreberlagerung neben der Veränderung des Grundwassers durch den Nitrateintrag (s.o.) zu Aufstockungen mit organischen Verbindungen im Oberboden führen kann, welche dann durch Niederschläge in tiefere Bodenschichten bzw. ins Grundwasser gelangen können und zu Güteverschlechterungen auf Grund eintretender reduzierender Verhältnisse in der wasserungesättigten bzw. wassergesättigten Bodenzone beitragen. Daher sei ein unkontrollierter Eintrag von stark nährstoffhaltigen sowie organisch hoch belasteten Stoffen – hierzu zählten nicht nur Jauche, Gülle und Festmist, sondern auch Teetreberrückstände – zu vegetationsarmen Zeiten zu vermeiden bzw. grundsätzlich untersagt.

Die von Antragstellerseite vorgelegten Analysen des Chemischen Labors Dr. N… sind nicht geeignet, die Feststellungen des Wasserwirtschaftsamts zur Grundwassergefährdung zu erschüttern. Es ist in der obergerichtlichen Rechtsprechung allgemein anerkannt, dass amtlichen Auskünften und Gutachten und somit auch den Beurteilungen des Wasserwirtschaftsamts als wasserwirtschaftliche Fachbehörde auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine besondere Bedeutung zukommt, weil sie auf jahrelanger Bearbeitung eines bestimmten Gebiets und nicht nur auf der Auswertung von Aktenvorgängen im Einzelfall beruhen (vgl. BayVGH vom 24.11.2011 Az.: 8 ZB 11.594 - juris). Das Wasserwirtschaftsamt hat diese Analysen von Teetreber zur Kenntnis genommen und darauf hingewiesen, dass diese lediglich als Feststoffanalysen beschrieben seien und die für die Beurteilung von Belastungen für den Boden bzw. das Grundwasser eher maßgeblichen Sickerwasseruntersuchungen nicht durchgeführt worden seien.

Schließlich kommt hier noch hinzu, dass sich der streitgegenständliche Lagerplatz im Bereich der Zone III des Wasserschutzgebiets für die Brunnen I bis IV in den Gemarkungen Dettingen, Kleinostheim, Rückersbach und Hörstein für die öffentliche Wasserversorgung der Gemeinde Karlstein am Main befindet. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3.3 der Verordnung des Landratsamts Aschaffenburg vom 6. Oktober 2003 ist in der Zone III die Errichtung von Anlagen nach § 19g WHG zum Lagern von wassergefährdenden Stoffen grundsätzlich verboten.

2.3.

Die zur Beseitigung gesetzte Frist (30.01.2012) war zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 18. Januar 2012 ausreichend, um eine Beseitigung der Lagerung vorzunehmen, zumal der Antragsteller bereits mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 zur umgehenden Beseitigung aufgefordert worden war.

Die streitgegenständliche Anordnung des Antragsgegners verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und es liegen auch keine Ermessensfehler vor.

Die gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 18. Januar 2012 vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Bestimmtheit der Ziffer 3 der Anordnung können nicht durchgreifen. Das Landratsamt Aschaffenburg hat hier in entsprechender Anwendung der für Anlagen zum Lagern und Abfüllen von Jauche, Gülle, Festmist und Silagesickersäften geltenden Regelung in Nr. 5.4 Satz 1 des Anhangs 5 der Verordnung zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (Anlagenverordnung – VawS) vom 18. Januar 2006 vorgeschrieben, dass der Sammelbehälter jeweils bei einem Füllstand von 2/3 zu leeren und das Sickerwasser zu beseitigen ist. Diese Regelung findet ihren sachlichen Grund darin, dass bei einem höheren Sickerwasserstand die Gefahr des Überlaufens des Behälters bei Regenereignissen sich deutlich erhöht; von einer – wie der Antragsteller meint - willkürlichen Regelung kann damit nicht gesprochen werden. Dem Gericht erschließt sich auch nicht, was an dieser eindeutigen Vorgabe unklar sein soll. Der Einwand, dass der Antragsteller aus witterungsbedingten Gründen daran gehindert sein könnte, den Sickersaft auszubringen und damit ein höherer Sickerwasserstand gerechtfertigt sein könnte, vermag nicht zu überzeugen. Dieses Problem lässt sich ohne Weiteres durch einen größeren Sickerwasserbehälter lösen (etwa in entsprechender Regelung zu Nr. 1.4.2 der Anlage 5 zur VAwS: Lagerkapazität von sechs Monaten). Schließlich hat das Landratsamt Aschaffenburg in seiner Antragserwiderung zu Recht darauf hingewiesen, dass durch Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids ausdrücklich die Beseitigung des Teetrebers angeordnet worden sei, was das rechtmäßige Verbringen und Lagern bedeute, dass aber die Ausbringung des Teetrebers hiermit nicht geregelt worden sei.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG.