VG München, Beschluss vom 31.01.2012 - M 9 S7 12.457
Fundstelle
openJur 2012, 120357
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Der Streitwert wird auf 3.750,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Abänderung des Beschlusses der erkennenden Kammer vom 4. August 2011 im Verfahren M 9 SN 11.2650.

Der Antragsteller ist WEG-Miteigentümer des Grundstücks FlNr. …, Gemarkung …, das mit einem Wohnhaus bebaut ist (… Straße 1 a). Westlich dieses Grundstückes wurde der Beigeladenen mit Bescheid vom …. Mai 2011 die Genehmigung zur Vornahme von Abgrabungen auf den Grundstücken FlNrn. …, … (Teilfläche), …, … und … Gemarkung … erteilt. Hiergegen hat der Antragsteller mit Telefax vom 3. Juni 2011 Klage erhoben, über die bisher noch nicht entschieden wurde (Verfahren M 9 K 11.2647).

Ein Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abgrabungsgenehmigung vom …. Mai 2011 wurde durch das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 4. August 2011 abgelehnt (Az.: M 9 SN 11.2650). Hiergegen hat der Bevollmächtigte des Antragstellers Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt (Az.: 2 CS 11.1997). Über diese Beschwerde wurde bisher nicht entschieden.

Mit Telefax vom 24. Januar 2012 beantragt der Bevollmächtigte des Antragstellers,

unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 4. August 2011 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 3. Juni 2011 gegen die abgrabungsrechtliche Genehmigung vom …. Mai 2011 anzuordnen und der Beigeladenen jede Fortführung von Bau- und Abgrabungsmaßnahmen einstweilen zu untersagen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass mittlerweile eine immissionsschutzrechtliche Stellungnahme vom 7. September 2011 von dem Gutachter Dr. …, sowie eine schallschutztechnische Stellungnahme der Firma … Lärmschutz und Akustik GmbH vom 16. Januar 2012 vorliege. Die schallschutztechnische Stellungnahme der Firma … Lärmschutz und Akustik GmbH weise darauf hin, dass für das streitgegenständliche Vorhaben keine weitere Immissionsprüfung am nördlichen Ortsrand des Ortsteils … vorgenommen worden sei. Auch würden die Einwirkzeiten innerhalb des Gutachtens der Beigeladenen nicht übereinstimmen. Es seien in dem vorhandenen Gutachten keine Berechnungen enthalten und keine Aussagen zur Verminderung von Geräuschen des An- und Abfahrtsverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen getroffen worden. Es würden deshalb neue Beweismittel zur Verfügung stehen, die ergeben könnten, dass die bisherige Entscheidung überholt sei oder jedenfalls neu überdacht werden müsse.

Nach telefonischer Auskunft gegenüber dem Berichterstatter wurde im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (Az.: 2 CS 11.1997) bisher keine Entscheidung getroffen. Die im vorliegenden Verfahren vorgelegten Schallschutzgutachten wurden auch beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdeverfahren vorgelegt.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO ist unzulässig.

Ein Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO setzt voraus, dass das Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO rechtskräftig abgeschlossen ist (Eyermann, VwGO, 12. Auflage, § 80 RdNr. 103). Es fehlt das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, solange in dem Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO noch das Beschwerdeverfahren anhängig ist (BayVGH vom 12.05.1987, Az.: 26 CS 85 A.3154, BayVBl. 1988 Seite 306).

Das Rechtsschutzbedürfnis ist insbesondere dann zu verneinen, wenn das mit dem Rechtsschutzantrag verfolgte Ziel auch auf andere, näher liegende Weise erreicht werden kann. Zweck des Verfahrens nach § 80 Abs. 7 VwGO ist angesichts der lediglich summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO die Berücksichtigung veränderter Umstände, die Einfluss auf die im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffende Interessenabwägung haben. Solche veränderten Umstände können indessen auch im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens vorgetragen werden und sind dort zu berücksichtigen. Würde man neben einem anhängigen Beschwerdeverfahren gleichzeitig ein Verfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO zulassen, so wäre der Streitgegenstand des Abänderungsverfahrens und des Beschwerdeverfahrens identisch. Beide Verfahren betreffen die sofortige Vollziehbarkeit des Verwaltungsaktes und sind auf Änderung und Aufhebung des nach § 80 Abs. 5 VwGO ergangenen Beschlusses gerichtet. Trotz des Devolutiveffekts der Beschwerde wäre das erstinstanzliche Gericht mit dem gleichen Streitgegenstand befasst wie das Beschwerdegericht. Die gleichzeitige Befassung von zwei Gerichten mit dem gleichen Streitgegenstand würde neben dem doppelten Aufwand für die Gerichte insbesondere die Gefahr beinhalten, dass in der gleichen Sache widerstreitende Entscheidungen ergehen.

Aus Gründen der Prozessökonomie und um die vorgeschilderte Situation zu vermeiden, kann der Antragsteller deshalb eine effiziente Klärung der Rechtslage unter Berücksichtung des neuen Vorbringens am besten im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erreichen. Eine gleichzeitige Befassung des erkennenden Gerichts mit der gleichen Angelegenheit im Verfahren gemäß § 80 Abs. 7 VwGO ist zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht erforderlich (VG Frankfurt vom 16.1.2005, Az.: 1 G 4793/05 <Juris> RdNr. 12).

Der Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt gemäß § 162 Abs. 3 VwGO ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene, die sich mangels Antragstellung nicht in ein Kostenrisiko begeben hat, ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. II.9.7.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.