VG Ansbach, Beschluss vom 16.01.2012 - AN 14 K 11.02132
Fundstelle
openJur 2012, 120222
  • Rkr:
Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt …, wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Klage gegen den Bescheid der Regierung von … - Gewerbeaufsichtsamt - (im Folgenden: Gewerbeaufsichtsamt) vom … 2011, mit dem die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin nach § 9 Abs. 3 MuSchG zugelassen wurde.

Die am … 1988 geborene Klägerin ist seit … 2011 bei der Beigeladenen als Sicherheitsmitarbeiterin beschäftigt. Laut ärztlicher Bescheinigung vom … 2011 ist sie schwanger (ohne Bescheinigung der Schwangerschaftswoche), als voraussichtlicher Geburtstermin ist der …2012 und als letzter Arbeitstag der … 2012 genannt.

Zuvor hatte die Klägerin am …2011 auf Facebook folgendes gepostet:

„Boah kotzen die mich an von O2, da sperren sie einfach das Handy, obwohl schon man schon bezahlt hat... und dann behaupten die es wären keine Zahlungen da. Solche Penner... Naja ab spätestens Montag habe ich einen neuen Anbieter...“.

Mit E-Mail vom … 2011 entschuldigte die Klägerin sich für diese über Facebook gemachte Aussage bei der Beigeladenen und deren Kunden ….

Die Klägerin begründete ihren Antrag vom … 2011, eine außerordentlich fristlose Kündigung aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 BGB nach § 9 Abs. 3 MuSchG zuzulassen, im Wesentlichen damit, dass die geschützte Arbeitnehmerin, die am … 2011 im Unternehmen der Beigeladenen als Sicherheitsmitarbeiterin für das Kundenobjekt „… eingestallt worden sei (mit einer arbeitsvertraglich vereinbarten Probezeit bis zum 21. Februar 2012), öffentlich über Facebook besagte Aussage verbreitet habe. Genannter Kunde habe der Beigeladenen mitgeteilt, wer so über ein Unternehmen denke, könne dieses gegenüber Kunden und Angestellten nicht repräsentieren. Die Klägerin habe im Rahmen eines Personalgespräches am …2011 eingeräumt, diese Äußerung auf Facebook gepostet zu haben. Die E-Mail vom … 2011 sei an den Kundenansprechpartner weitergeleitet worden, welcher mit E-Mail vom … 2011 mitgeteilt habe, dass einem weiteren Einsatz der Klägerin, obwohl deren Stellungnahme das Verständnis für die eigene Verfehlung vermittelte, nicht zugestimmt werden könne. Anschließend habe die Klägerin mit Attest vom …2011 der Beigeladenen mitgeteilt, dass sie schwanger wäre und voraussichtlich am … 2012 entbinden werde. Nach Auffassung des Beigeladenen erfülle das Verhalten der Klägerin unabhängig von der Untersagung eines weiteren Einsatzes auf dem Objekt des Kunden den Tatbestand eines schwerwiegenden und nachhaltigen Verstoßes gegen die Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber und dem Kunden. Die Äußerung „Kotzen die mich an von O2“ in Verbindung mit „solche Penner“ erfülle die Straftatbestände der §§ 185 ff. StGB (Beleidigung, üble Nachrede u.a.). Es sei unter keinen Umständen hinnehmbar, dass eine Mitarbeiterin im Dienstleistungsbereich sich derartig negativ und völlig unqualifiziert über das Unternehmen äußere, in welchem sie eingesetzt sei. Auch die Beigeladene als Dienst-leister komme hier in erhebliche Schwierigkeiten. Durch das Verhalten der Klägerin sei der Auftrag mit vielen Arbeitsplätzen massiv gefährdet und stünde nun bei neuerlichen Vorkommnissen auf dem Prüfstand. Umso schwerer wiege, dass die Klägerin als Empfangsmitarbeiterin noch in der Probezeit auf dem Objekt des Kunden eingesetzt gewesen sei und der Kunde nach kurzer Zeit von den (öffentlich getätigten) beleidigenden Äußerungen der Klägerin habe Kenntnis neh-men müssen. Dass die Klägerin diesen Vorfall bedauert habe, vermöge hieran nichts zu ändern. Jeder Mitarbeiter, der sich solches Verhalten anlasten lassen müsse, habe mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechnen. Hier liege ein schwerer Verstoß gegen die arbeitnehmerseitige Treuepflicht, insbesondere in Anbetracht der sehr kurzen Beschäftigungsdauer, vor. Es sei hier sowohl der wichtige Grund nach § 626 Abs. 2 BGB, als auch ein besonderer Grund nach § 9 Abs. 3 MuSchG gegeben. Die Beigeladene sehe keine Möglichkeit mehr für ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten. Das betriebliche Interesse an der Kündigung überwiege das private Interesse der Mitarbeiterin an einer Weiterbeschäftigung. Der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung sei daher unausweichlich.

Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung erklärte der Betriebsrat der Beigeladenen am … 2011 (Bl. 48/85), sich hierzu nicht weiter zu äußern.

Die Klägerin trug im Rahmen der Anhörung mit Schreiben vom … 2011 (Bl. 123a Rückseite) vor, dass es mehrere Gründe gebe, die gegen eine Zulassung sprächen. Die Vorwürfe änderten nichts an der Tatsache, dass sie schwanger sei und auf Grund dessen unter Kündigungsschutz stünde. Die auf Facebook getätigte Aussage sei rein privater Natur und auch nur im privaten Bereich, nicht - wie von der Beigeladenen behauptet - öffentlich verbreitet worden. Gemäß Arbeitsvertrag sei sie nicht für ein bestimmtes Objekt eingestellt worden, sondern als sogenannter „Springer“, sie sei also nicht speziell für den Kunden O2 Telefonica eingestellt worden.

Hierauf erwiderte die Beigeladene mit Schreiben vom … 2011 (Bl. 128), dass die Klägerin ihre Äußerungen auf Facebook sehr wohl öffentlich getätigt habe. Sowohl der Kommentar als auch die Seite der Klägerin sei ohne Beschränkungen versehen und allen Usern dieses Netzwerkes uneingeschränkt zugänglich gewesen. Daher sei es sowohl für den Kunden O2 als auch für die Beigeladene möglich gewesen, diesen Kommentar zu lesen. Die Klägerin habe sich bei der Beigeladenen für den Empfang bei O2 beworben und sei daher auch für den Empfang bei O2 eingestellt worden, da die Klägerin nach eigenen Angaben zuvor seit Oktober 2010 als Call-Center Agent bei O2 gearbeitet habe. Die Beigeladene könne die Vorgehensweise der Klägerin weder nachvollziehen noch billigen. Dies wiege für die Beigeladene so schwer, dass sie eine zukünftige Zusammenarbeit mit der Klägerin unabhängig von der bestehenden Schwangerschaft nicht mehr sehe.

Laut Aktennotiz des Gewerbeaufsichtsamtes vom … 2011 hat die Klägerin telefonisch nochmals darauf verwiesen, die ihr zur Last gelegten Äußerungen ausschließlich im nichtöffentlichen Bereich von Facebook getätigt zu haben. Sie vermute, dass dieses Posting über einen ihrer „Freunde“ an den Kunden O2 zugespielt worden sei. Bei dem Personalgespräch mit ihrem Vorgesetzten am …2011 sei weder von einer Abmahnung noch von einer Kündigung die Rede gewesen. Erst nach der Mitteilung ihrer Schwangerschaft sei die Anhörung vom Gewerbeaufsichtsamt erfolgt. Zurzeit werde sie mit Hinweis auf ihre Schwangerschaft nicht mehr eingesetzt.

Das Gewerbeaufsichtsamt ließ daraufhin mit Bescheid vom … 2011 (Bl. 130 ff.) die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin zu. Begründet wurde der am … 2011 zugestellte Bescheid im Wesentlichen damit, dass hier die Voraussetzungen für das Vorliegen eines „besonderen Falles“ nach § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG erfüllt seien. Durch die von der Klägerin in Facebook getätigten Äußerungen über die Firma …, bei der sie im Auftrag ihres Arbeitsgebers am Empfang eingesetzt gewesen sei, habe sie in so schwerwiegender Weise gegen die Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber sowie gegen die Betriebsdisziplin verstoßen, dass eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar erscheine. Das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer notwendige Vertrauensverhältnis sei durch das Verhalten der geschützten Klägerin nachhaltig zerstört. Daher sei der Beigeladenen auch eine Weiterbeschäftigung bei einem anderen Kunden nicht zumutbar. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin die besagten geschäftsschädigenden Äußerungen über die Firma … im öffentlichen oder nichtöffentlichen Bereich von Facebook getätigt habe, da sie sich nicht darauf verlassen könne, dass solche Äußerungen aus dem nichtöffentlichen Bereich nicht doch öffentlich würden. Dem Antrag auf Zulassung der Kündigung werde daher nach Ausübung des dem Amt eingeräumten Ermessens ausnahmsweise stattgegeben. Besondere Gründe in der Person der geschützten Arbeitnehmerin, die es rechtfertigen würden, ihrem Interesse an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses trotz Vorliegens eines „besonderen Falles“ den Vorrang vor dem Kündigungsinteresse des Arbeitgebers einzuräumen, lägen nicht vor.

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom … 2011 Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach, dort per Telefax am … 2011 eingegangen, und beantragte: Der Bescheid der Beklagten vom … 2011 wird aufgehoben. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin wird nicht zugelassen.

Ferner wurde beantragt,

der Klägerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt … beizuordnen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass dem Kündigungsbegehren kein besonders schwerer Fall einer Pflichtverletzung zu Grunde liege. Grundsätzlich habe die Klägerin auch das Recht auf freie Meinungsäußerung. Die Klägerin habe in ihrem privaten Facebook-Account ihren Ärger über private Probleme mit dem Telefonanbieter …Luft gemacht. Dieser Facebook-Account sei nur für Freunde sichtbar. Im Rahmen einer Interessenabwägung seien keine relevanten Interessen des Großkonzerns … betroffen, wenn die Klägerin als Konsumentin ihren Ärger über Unzufriedenheit im Rahmen der Dienstleistungen des Großkonzerns ihre Meinung kundtue, die sich nur auf einen Mitarbeiter des Konzerns bezogen habe. Es handle sich auch nicht um eine veröffentlichte Kundgabe, welchem ein breiter Kreis zugänglich wäre. Welche Meinung ein privater Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes über den Auftraggeber seines Arbeitgebers habe, sei grundsätzlich für das Arbeitsverhältnis ohne Belange und tangiere auch keine Interessen des Arbeitgebers. Vielmehr sei die Beigeladene ein so großes Unternehmen, welches selbstverständlich die Klägerin vielseitig anderweitig einsetzen könne, was in der Vergangenheit auch teilweise geschehen sei; gemäß Dienstplan vom September 2011 sei die Klägerin u.a. bei den … und bei der Firma… eingesetzt gewesen. Der Beigeladenen gehe es alleine darum, die Klägerin loszuwerden, weil sie schwanger geworden sei. Die Klägerin werde auch - arbeitsvertragswidrig - nicht mehr eingesetzt, weshalb bereits arbeitsgerichtliche Schritte veranlasst worden seien, da der Klägerin auch kein Lohn mehr bezahlt werde, obwohl sie seit Wochen im Wochenrhythmus ihre Arbeitskraft anbiete und anfrage, wo ihr nächster Einsatzort sei. Die Feststellung im angegriffenen Bescheid, die Klägerin könne sich nicht darauf verlassen, dass ihre Äußerung bei Facebook nicht öffentlich werde, sei nicht nachvollziehbar. Der Sachbearbeiter habe der Klägerin telefonisch mitgeteilt, er habe den Facebook-Account der Klägerin nicht einsehen können. Aus Sicht der Klägerin handele es sich bei der Äußerung bei Facebook um eine private Äußerung und rein objektivrechtlich sei sie dies auch. Es könne nicht jeder Facebook-Nutzer damit rechnen, gehackt zu werden oder dergleichen. Eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses alleine aus diesem Grunde sei daher unverhältnismäßig. Im Übrigen sei die Klägerin bislang nicht abgemahnt worden.

Der Beklagte beantragte mit Schriftsatz vom … 2011, die Klage abzuweisen. Die Zulassung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin sei zu Recht erfolgt. Pflichtverletzungen der geschützten Arbeitnehmerin rechtfertige nur dann die Annahme eines „besonderen Falles“, wenn es sich um besonders schwere Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder vorsätzliche strafbare Handlungen von nicht unerheblichem Gewicht handele, die dem Arbeitgeber die weitere Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar mache. Auch ein arbeitsrechtlicher Kündigungsgrund, der den Arbeitgeber zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 BGB berechtigen würde, sei allein noch nicht ausreichend, da der Begriff des „besonderen Falles“ nicht gleichbedeutend mit dem des „wichtigen Grundes“ sei. Erforderlich sei vielmehr, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf des mutterschutzrechtlichen Kündigungsverbotes nicht zugemutet werden könne. Diese Voraussetzungen seien nach Auffassung des Amtes im streitgegenständlichen Fall erfüllt. Die Klägerin habe sich nachweislich über Facebook abwertend über die Firma …geäußert. Auch wenn diese Äußerungen aus Verärgerung über Probleme mit … als Anbieter ihres privaten Handyvertrages getätigt worden seien, wirkten die abwertenden Äußerungen der Klägerin über … in ihr Arbeitsverhältnis ein, da sie bei diesem Kunden am Empfang eingesetzt gewesen sei. Diese abwertenden Äußerungen stellten einen gewichtigen Verstoß gegen die Pflicht der Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) dar. Das Verhältnis zwischen der Beigeladenen und deren Kunden sei durch das Verhalten der Klägerin erheblich belastet worden, was sich in der E-Mail vom …September 2011 (Bl. 14) manifestiere, mit der vom Kunden verlangt worden sei, den Einsatz der Klägerin sofort einzustellen. Die Klägerin könne sich hinsichtlich ihrer Äußerungen auch nicht auf ihr Recht zur freien Meinungsäußerung berufen. Dieses Grundrecht nach Art. 5 Abs. 1 GG schütze weder Formalbeleidigungen noch Schmähungen. Es sei nicht schrankenlos gewährleistet, die Meinungsfreiheit werde insbesondere durch das Recht der persönlichen Ehre gem. Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt. Ob die Äußerung der Klägerin im öffentlichen Bereich oder in ihrem privaten Facebook-Account erfolgt sei, sei nach der Ansicht des Amtes nicht entscheidungserheblich. Zwar sei von der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt, dass die Umstände zu berücksichtigen seien, unter denen ehrverletzende Äußerungen - beispielsweise über Vorgesetzte - gefallen seien; sei dies in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen geschehen, so sei eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen, da der Arbeitnehmer anlässlich solcher Gespräche regelmäßig darauf vertrauen dürfe, dass seine Äußerungen nicht nach Außen getragen werden würden. Vertrauliche Äußerungen unterfielen dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG). Die vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre sei Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet. Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Gehalts nicht schutzwürdig wären, genössen in Vertraulichkeitsbeziehungen als Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre des durch die Äußerungen Betroffenen vorgehe (vgl. BAG, Urteil vom 10.12.2009, a.a.O.). Eine mit einem persönlichen Gespräch unter Arbeitskollegen vergleichbare Vertraulichkeitssituation sei bei einem Eintrag in Facebook - selbst nur im privaten Bereich - nicht gegeben. Die Situation sei auch nicht mit einem persönlichen Gespräch vergleichbar, bei dem sich die wenigen Beteiligten gut kennen würden und ein Vertrauen auf Verschwiegenheit berechtigt sei. Demgegenüber hätten zu dem privaten Facebook-Bereich in der Regel eine Vielzahl sogenannter „Freunde“ Zugang, die nicht alle in einem solchen Maße persönlich bekannt seien, dass ein Vertrauen auf ihre Verschwiegenheit und einen vertraulichen Umgang mit dem Eintrag berechtigt wäre. Zudem sei der abwertende Eintrag über den Kunden auch nicht mit einer Bitte um vertrauliche Behandlung versehen gewesen. Der Urheber über einmal ins Internet - gleich in welchen Bereich - gestellte Äußerungen müsse damit rechnen, hierüber letztendlich keine Kontrolle mehr zu haben. Ein vertraulicher Charakter der Äußerung sei daher nicht gegeben. Die abwertenden Äußerungen über den Kunden ihres Arbeitgebers stellten einen derart schweren Verstoß gegen die Treuepflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar und ließen derart gravierende Zweifel an der Zuverlässigkeit und dem korrekten Verhalten der Klägerin aufkommen, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen in einem Maß gestört sei, dass eine Weiterführung bis zum Ablauf des mutterschutzrechtlichen Kündigungsverbotes nicht zumutbar sei. Die Klägerin konnte auch nicht darauf vertrauen, dass ihr Verhalten von der Beigeladenen hingenommen werden würde, zumal sie erst seit dem … 2011 bei der Beigeladenen beschäftigt war und sich zum Zeitpunkt des Facebook-Posts noch in ihrer Probezeit befunden hat. Deshalb habe sie grundsätzlich davon ausgehen müssen, dass derartiges Fehlverhalten in der Probezeit ohne weiteres zu einer Kündigung führen könnte. Da die Verfehlung bereits nach wenigen Arbeitswochen - nicht etwa durch eine langjährige zuverlässige Mitarbeiterin - begangen worden sei, könne auch (trotz der Entschuldigung der Klägerin) eine Wiederholungsgefahr nicht ausgeschlossen werden. Daher sei auch unerheblich, dass die Klägerin nach dem Inhalt ihres Arbeitsvertrages nicht für den Einsatz in einem bestimmten Objekt für einen bestimmten Kunden eingestellt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung insoweit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO).

Prozesskostenhilfe ist gemäß §§ 166 VwGO, 114 ZPO auf Antrag einem Beteiligten zu bewilligen, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Entscheidung der Frage, ob eine hinreichende Erfolgsaussicht gegeben ist, ist der Zeitpunkt der Entscheidungs- bzw. Bewilligungsreife (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschlüsse vom 4.2.2003 - 12 C 02.1942 und vom 28.4.2003 - 12 C 03.488). Als Zeitpunkt der Entscheidungsreife wird grundsätzlich der Zeitpunkt nach Eingang der Behördenakten und der (Klage- bzw. Antrags-)Erwiderung angenommen (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 28.12.2004 - 12 CE 04.2960 u. a.). Maßstab für die Entscheidung über das Prozesskostenhilfe-Bewilligungsgesuch ist das vom Grundgesetz aufgestellte Gebot der weitgehenden Angleichung der Situation der Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes. Dabei dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussichten in einer den Unbemittelten benachteiligenden Weise nicht überspannt werden. Prozesskostenhilfe muss danach nicht schon dann gewährt werden, wenn die entscheidungserhebliche Frage zwar noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ihre Beantwortung aber im Hinblick auf die einschlägige gesetzliche Regelung oder die durch die bereits vorliegende Rechtsprechung gewährten Auslegungshilfen nicht in dem genannten Sinne als schwierig erscheint (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 13.3.1990 - 2 BvR 1439/88). Hinreichende Erfolgsaussicht in diesem Sinne besteht jedoch bspw. dann, wenn die Entscheidung von rechtlich schwierigen Fragen abhängig ist (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 28.4.2003 - 12 C 03.488) oder zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife die Möglichkeit einer entscheidungserheblichen Beweisführung besteht (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 4.2.2003 - 12 C 02.1942).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO zu verneinen, bei summarischer Prüfung spricht nach derzeitiger Aktenlage mehr dafür als dagegen, dass die Klage vom … 2011 voraussichtlich keinen Erfolg haben kann.

Der Bescheid des Gewerbeaufsichtsamtes vom …2011 erweist sich bei summarischer Prüfung als rechtmäßig, die Klägerin wird hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 9 Abs. 1 MuSchG ist die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird. Durch diesen absoluten Kündigungsschutz soll die werdende Mutter und die Wöchnerin nicht nur vor den wirtschaftlichen Nachteilen geschützt werden, die der Verlust des Arbeitsplatzes mit sich bringt, sondern auch vor seelischen Belastungen verschont werden, die durch die Aufkündigung des Arbeitsverhältnisses entstehen können. Gemäß § 9 Abs. 3 MuSchG kann die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle - hier das Gewerbeaufsichtsamt - in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung in Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären. Das Gewerbeaufsichtsamt hat demnach zwar eine Ermessensentscheidung zu treffen, ein Ermessensspielraum ist ihm jedoch nur dann eingeräumt, wenn "ein besonderer Fall" anzunehmen ist. Nur dann darf das Gewerbeaufsichtsamt ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären.

Ob ein "besonderer Fall" in diesem Sinne gegeben ist, ist keine Ermessensentscheidung, sondern die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, die daher in vollem Umfang der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfbarkeit unterliegt; ein irgendwie gearteter Beurteilungsspielraum steht dem Gewerbeaufsichtsamt insoweit nicht offen (vgl. hierzu Buchner/Becker, Mutterschutzgesetz, Bundeserziehungsgeldgesetz, 6. Aufl., Rdnr. 180 zu § 9 MuSchG m. w. N.). Ein "besonderer Fall" liegt dann vor, wenn außergewöhnliche Umstände es rechtfertigen, die vom Gesetz als vorrangig angesehenen Interessen der Schwangeren hinter die des Arbeitsgebers zurücktreten zu lassen (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.1970, V C 34.69, BVerwGE 36, 160 ff.).

Das Gesetz definiert den Begriff des besonderen Falles nicht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann ein besonderer Fall nur dann angenommen werden, wenn außergewöhnliche Umstände das Zurücktreten der vom Gesetz als vorrangig angesehenen Interessen der Arbeitnehmerin hinter die des Arbeitgebers rechtfertigen. Der Maßstab für diese Interessenabwägung lässt sich nur von dem Zweck der gesetzlichen Regelung her bestimmen. Die Arbeitnehmerin soll auch im Interesse der Allgemeinheit so geschützt werden, dass sie ein gesundes Kind zur Welt bringen kann. Ziel des Mutterschutzgesetzes ist es, während des ohnehin seelisch labilen Zustands einer Frau während der Schwangerschaft, sowie in den ersten Monaten nach der Entbindung von ihr wirtschaftliche Sorgen durch Erhalt des Arbeitsplatzes fernzuhalten sowie nach Möglichkeit auch alle psychischen Belastungen zu vermeiden, die mit der Kündigung eines Arbeitsplatzes verbunden sind (vgl. BVerwG vom 21.10.1970 - VC 31.70 - Buchholz 436.4 Nr. 4).

Auch im Falle einer beabsichtigten Kündigung wegen eines persönlichen Fehlverhaltens einer schwangeren Arbeitnehmerin sind bei der Beurteilung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung erheblich strengere Anforderung zu stellen, als dies im Arbeitsrecht der Fall ist. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes gemäß § 626 Abs. 2 BGB, rechtfertigt es noch nicht ohne weiteres, das Vorliegen eines besonderen Falles im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG anzunehmen (Beschluss der Kammer vom 23.1.2007 - 14 K 06.02942 -; Urteil der Kammer vom 25.4.2002 - AN 14 K 01.02051 -; VG Frankfurt vom 26.1.2005 - 7 E 3766/04). In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung und im einschlägigen Schrifttum werden für die Annahme eines besonderen Falles und eines Ausnahmefalles bei verhaltensbedingten Kündigungen zu Recht schwere Pflichtverstöße der schwangeren Arbeitnehmerin gefordert. Dies kann etwa bei betriebsbedingten Straftaten oder beharrlichen (wiederholten) Verletzungen arbeitsvertraglicher Pflichten angenommen werden. Bei einmaligen schwerwiegenden Verstößen kommt es maßgeblich darauf an, ob eine Wiederholungsgefahr besteht oder aufgrund sonstiger besonderer Umstände eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Auflösung nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist für den Arbeitgeber auch bei Berücksichtigung der Folgen für die werdende Mutter ein unzumutbares Opfer darstellen würde (vgl. VGH Mannheim vom 7.12.1993 - 10 S 2825/92, BB 1994, 940 m. w. N.). Dem Arbeitgeber muss deshalb die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar sein (BayVGH vom 30.11.2004 - 9 B 03.2878). Doch müssen bei groben vorsätzlichen, insbesondere beharrlichen Pflichtverletzungen oder gar bei strafbaren Handlungen schon besondere Gründe vorliegen, um die Kündigung nicht zuzulassen (vgl. Buchner/Becker, a. a. O., § 9 MuschG RdNr. 186).

§ 9 MuSchG geht vom Schutzzweck her insofern über § 18 BEEG hinaus, als die durch Schwangerschaft und Niederkunft körperlich und seelisch belastete Arbeitnehmerin wegen ihrer psychisch-physischen Sondersituation in besonderem Maße vor einer Kündigung zu schützen ist. Dem besonderen Schutzzweck des § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG wird darüber hinaus dadurch Rechnung getragen, dass zusätzlich bei dieser Bewertung zu beachten ist, wie weit sich das Vorkommnis gerade aus dem besonderen seelischen Zustand der Schwangeren erklären lässt und deshalb Nachsicht verdient (vgl. VG München vom 21.3.2003 - M 6a K 02.4275 - m. w. N; Buchner/Becker, a. a. O., § 9 MuschG RdNr. 186). Dies verdeutlicht auch der mit Wirkung ab dem 1. Januar 1997 in § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG eingefügte Passus, dass die besonderen Fälle, die zur behördlichen Zulässigerklärung der Kündigung berechtigen nicht "mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung im Zusammenhang stehen" dürfen (vgl. Buchner/Becker, a .a. O., zu § 9 MuSchG RdNr. 181). Für das Vorliegen des besonderen Grundes trägt grundsätzlich der Arbeitgeber die Darlegungs- und materielle Beweislast (vgl. VG München v. 21.3.2003 a. a. O. m. w. N.) und im Falle einer Anfechtungsklage einer Arbeitnehmerin gegen einen die Kündigung zulassenden Bescheid der Beklagte.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das Gewerbeaufsichtsamt hier bei summarischer Prüfung aller Voraussicht nach zu Recht das Vorliegen eines „besonderen Falles“ im Sinne des § 9 Abs. 3 MuSchG bejaht und zu Recht die beabsichtigte Kündigung zugelassen. Dies ergibt sich auf Grund folgender Überlegungen:

Es lässt sich bei summarischer Prüfung hier mit der erforderlichen Sicherheit ein Tatbestand feststellen, der das Merkmal des besonderen Falls nach § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG erfüllt. Nach derzeitiger Aktenlage spricht bei summarischer Prüfung alles dafür, dass in dem - von der Beigeladenen vorgetragenen und von der Klägerin dem Grunde nach eingeräumten - tatsächlichen Verhalten der Klägerin ein derartiger, oben beschriebener schwerer Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten zu sehen ist, der nicht mit dem Zustand der Beigeladenen während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung in Zusammenhang steht und so die Bejahung eines besonderen Falls im Sinne von § 9 Abs. 3 Satz 1 MuSchG rechtfertigt.

Bei dem hier der Klägerin zur Last gelegten und von ihr eingeräumten Fehlverhalten handelt es sich zwar um einen einmaligen Verstoß, der allerdings zum einen als derart schwerwiegend zu beurteilen ist, dass deshalb die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses für die Beigeladene als Arbeitgeberin unzumutbar erscheinen muss. Zum anderen kann, wie das Gewerbeaufsichtsamt zu Recht dargelegt hat, auf Grund der besonderen Gesamtumstände des vorliegenden Falls eine Wiederholungsgefahr nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden.

Auf Grund folgender besonderer Umstände ist eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Auflösung nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist auch bei Berücksichtigung der Folgen für die werdende Mutter bei summarischer Prüfung als unzumutbar für die Beigeladene zu beurteilen.

Es kann an dieser Stelle als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob die abwertenden, geschäftsschädigenden Äußerungen mit ehrverletzendem Charakter einen der Straftatbestände der §§ 185 ff. StGB erfüllen, da die Klägerin sich hiermit in jedem Fall einen schweren Pflichtenverstoß hat zuschulden kommen lassen. Die abwertenden Äußerungen der Klägerin über einen wichtigen Kunden der Beigeladenen stellen einen derart schweren Verstoß gegen die Treuepflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar, dass das Vertrauen des Arbeitgebers in die Zuverlässigkeit und Loyalität der Arbeitnehmerin in schwerwiegender Weise nachhaltig beeinträchtigt bzw. zerstört worden ist. Entgegen der Ansicht der Klägerseite sind von der geschäftsschädigenden Aussage nicht nur (berechtigte) Interessen des Kunden, sondern ebensolche schwerwiegenden Interessen der Beigeladenen als Arbeitgeberin betroffen: Bei diesem Unternehmen handelt es sich um einen für die Beigeladene nach eigenem Vortrag bedeutenden Großkunden, von dem zahlreiche Stellen bei der Beigeladenen abhängig seien. Insoweit erscheint die Einschätzung der Beigeladenen, die im Wiederholungsfall eine massive Gefährdung dieses bedeutenden Auftrages befürchtet, nachvollziehbar. Eine Wiederholungsgefahr kann hier jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden, insbesondere auch bereits deshalb nicht, weil es sich bei der Klägerin um keine langjährige Mitarbeiterin handelt, die sich bereits über einen entsprechenden Zeitraum als zuverlässig erwiesen hat. Vielmehr war die Klägerin zum Zeitpunkt der abwertenden, geschäftsschädigenden Äußerungen keine vier Wochen bei der Beigeladenen beschäftigt und befand sich noch am Anfang ihrer (arbeitsvertraglich noch bis zum … 2012 laufenden) Probezeit. Zudem wurde die Klägerin bei dem Kunden im Dienstleistungsbereich (Empfang) eingesetzt. In solch einem Bereich wird naturgemäß besonderen Wert auf korrektes Auftreten der dort eingesetzten Mitarbeiter gelegt, um das Unternehmen angemessen zu repräsentieren. Erschwerend kommt hier hinzu, dass dieser Kunde ebenfalls als eine Art „Co-Arbeitgeber“ der Klägerin anzusehen ist, nachdem die Klägerin nach übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten bisher im Wesentlichen im Unternehmen des Kunden eingesetzt worden war; zudem war sie früher bereits bei diesem beschäftigt. Beides lässt im Regelfall eine gewisse Verbundenheit gerade auch zu diesem Unternehmen erwarten. Umso schwerwiegender ist hier der Verstoß der Klägerin gegen ihre vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber den Interessen ihres Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) zu beurteilen.

Zugunsten der Klägerin konnte hier auch nicht berücksichtigt werden, dass eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraussetzt, was sich aus dem sog. Prognoseprinzip ergibt. Zweck der Kündigung ist nicht die Sanktion einer Vertragspflichtverletzung, sondern eine Vermeidung von weiteren Vertragspflichtverletzungen. Die eingetretene Pflichtverletzung muss sich auch für die Zukunft noch belastend auswirken. Unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist eine vorherige Abmahnung allerdings ausnahmsweise entbehrlich, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft trotz Abmahnung nicht erwartet werden kann oder es sich um eine solch schwere Pflichtverletzung handelt, deren Rechtswidrigkeit dem Arbeitnehmer ohne weiteres erkennbar ist und bei der eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG vom 12.01.2006 NZA 2006, 917 ff.). Von Letzterem ist hier bei summarischer Prüfung auszugehen, zumal - wie bereits dargelegt - auf Grund der besonderen Gesamtumstände des vorliegenden Falls auch eine Wiederholungsgefahr nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Bei Gesamtwürdigung dieser besonderen Umstände des vorliegenden Falles ist hier durch die Pflichtverletzung das Vertrauen des Arbeitgebers in die Zuverlässigkeit und Loyalität der Klägerin als Arbeitnehmerin in so schwerwiegender Weise beeinträchtigt, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Auflösung nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist bei summarischer Prüfung als unzumutbar für die Beigeladene erscheinen muss.

Die Klägerin durfte ferner auch nicht darauf vertrauen, dass ein über Facebook verbreitetes Statement dem Charakter eines „vertraulichen Gespräches“ unter Freunden (oder Arbeitskollegen) entsprechen würde. Von einer vertraulichen Kommunikation, die nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte schutzwürdig ist, kann bei einer über solch eine Internet-Plattform getätigten Aussage keine Rede sein. Dabei macht es, worauf das Gewerbeaufsichtsamt zu Recht hingewiesen hat, keinen Unterschied, ob ein „Posting“ über den öffentlichen oder sogenannten privaten Bereich erfolgt. Auch im letzteren Fall muss der User mit einer „Veröffentlichung“ rechnen bzw. kann er nicht mit Vertraulichkeit rechnen. Allein die Tatsache, dass der betroffene Kunde bereits ca. 5 Stunden nach dem Posting (um 10:58 Uhr) Kenntnis hiervon (s. E-Mail vom ….2011, um 16:19, Bl. 32) und sich noch am selben Tag hierüber bei der Beigeladenen beschwert hatte (E-Mail vom ….2011, um 19:40 Uhr, Bl. 32), belegt, dass eine vertrauliche Kommunikation im Sinne der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte im konkreten Fall auf Grund der von der Klägerin gewählten Plattform nicht gewährleistet war. Unabhängig davon wird in den Medien laufend darauf hingewiesen, nicht unbedacht private Äußerungen, Bilder oder dergleichen über derartige Plattformen „ins Netz zu stellen“, da dies letztendlich nicht kontrollierbar sei. Zudem wurden gerade in letzter Zeit auch über „Pannen“ berichtet, bei denen wiederholt geschützte, bzw. höchst vertrauliche Daten solcher Internet-Plattformen einsehbar waren. In dem Zusammenhang spielt es deswegen auch keine Rolle, ob der besagte Eintrag auf Facebook letztendlich für den betroffenen Kunden direkt einsehbar war oder über Dritte an diesen zur Kenntnis gebracht wurde.

Zusammenfassend bleibt somit festzuhalten: Ein User darf bzw. kann aus genannten Gründen nicht auf ein „vertrauliches Kommunikationsmittel“ vertrauen, selbst wenn er „nur“ über seinen privaten Facebook-Account eine derart abwertend geschäftsschädigende Aussage verbreitet. Vielmehr muss er damit rechnen, dass solch eine Aussage - wie hier geschehen - ungewollt über den Adressatenkreis hinaus „öffentlich“ wird.

Ebenso wenig kann sich die Klägerin erfolgreich darauf berufen, dass sie die Aussage aus Verärgerung über den betroffenen Kunden als ihren privaten Telefonanbieter getroffen hat. Wie bereits dargelegt, ist hiervon gleichwohl das Verhältnis zu ihrem Arbeitgeber betroffen, zudem ändert dieser Umstand nichts an der Schwere des Verstoßes der Klägerin gegen ihre vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB).

Weiter kann sich die Klägerin in diesem Zusammenhang auch nicht auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt zum einen weder Formalbeleidigungen und bloße Schmähungen noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen. Zum anderen ist dieses Grundrecht nicht schrankenlos gewährleistet, sondern wird insbesondere durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss in ein ausgeglichenes Verhältnis mit diesem gebracht werden (BAG vom 12.01.2006 NZA 2006, 917 ff. m. w. N.; BAG, Urteil vom 10.12.2009, NZA 2010, 698 ff. m. w. n.). Solche - wie hier - in grobem Maße unsachlichen, geschäftsschädigenden Äußerungen mit ehrverletzendem Charakter fallen somit nicht in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG.

Da aufgrund des zerrütteten Vertrauensverhältnisses dem Arbeitgeber hier eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses bis zu einer Auflösung nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist nicht zumutbar ist, ist es rechtlich nicht relevant, dass der Arbeitsvertrag der Klägerin keinen bestimmten Einsatzort für die Klägerin vorsieht bzw. ob es für die Klägerin auf Dauer andere Einsatzmöglichkeiten gäbe.

Anhaltspunkte dafür, dass das Gewerbeaufsichtsamt bei Erlass des angefochtenen Bescheides die Grenzen des ihm zustehenden Ermessens überschritten hat, sind weder von der Klägerin ausreichend substantiiert vorgetragen worden, noch ersichtlich. Nach den Grundsätzen über das gelenkte bzw. intendierte Ermessen müssen, falls, wie hier, eine ermessenseinräumende Vorschrift dahin auszulegen ist, dass sie für den Regelfall von einer Ermessensausübung in einem bestimmten Sinne ausgeht, besondere Gründe vorliegen, um eine gegenteilige Entscheidung zu rechtfertigen. Liegt ein vom Regelfall abweichender Sachverhalt nicht vor, versteht sich das Ergebnis der Abwägung von selbst. Versteht sich aber das Ergebnis von selbst, so bedarf es insoweit nach Art. 39 Abs. 1 Satz 3 BayVwVfG auch keiner das Selbstverständliche darstellenden Begründung (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 5.7.1985, BVerwGE 82, 1, 6 und vom 25.9.1992, BVerwGE 81, 82, 90). Als eine ermessenslenkende Norm in diesem Sinne ist auch die hier einschlägige Vorschrift des § 9 MuSchG (vgl. OVG Münster vom 21.3.2000 NZA RR 2000, 406 ff. für die vergleichbare Vorschrift des § 18 Abs. 1 S. 2 BErzGG) anzusehen. Nur dann, wenn der Behörde außergewöhnliche Umstände des Einzelfalles bekannt geworden oder erkennbar sind, die eine andere Entscheidung möglich erscheinen lassen, liegt ein rechtsfehlerhafter Gebrauch des Ermessens vor, wenn diese Umstände von der Behörde nicht in die Abwägung einbezogen worden sind. Außergewöhnliche Umstände in diesem Sinne sind jedoch bei summarischer Prüfung nicht ersichtlich. Deshalb ist die Einschätzung des Gewerbeaufsichtsamtes, dass keine besonderen Gründe in der Person der geschützten Arbeitnehmerin vorliegen, die es rechtfertigen, ihrem privaten Interesse an der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses hier trotz Vorliegen eines „besonderen Falles“ den Vorrang vor dem berechtigten Kündigungsinteresse der Beigeladenen einzuräumen, verwaltungsgerichtlich nicht zu beanstanden.

Da die Klage aus genannten Gründen voraussichtlich keinen Erfolg haben wird, war die beantragte Prozesskostenhilfebewilligung abzulehnen.