OLG München, Beschluss vom 30.12.2011 - Verg 9/11
Fundstelle
openJur 2012, 119995
  • Rkr:
Tenor

1. Die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin gem. § 104 ZPO nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 04.08.2011 zu erstattenden Kosten des Beschwerdeverfahrens werden auf

2.455,21 €

(in Worten: zweitausendvierhundertfünfundfünfzig 21/100 Euro)

nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB hieraus seit 14.09.2011 festgesetzt.

2. Der Antrag auf Festsetzung der Kosten im Verfahren vor der Vergabekammer wird zurückgewiesen.

Gründe

1. Verpflichtung des Rechtspflegers am Oberlandesgericht München die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen:

Mit Beschluss des Senats vom 04.08.2011 wurden die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin auferlegt. Die Beschwerde wurde mit Schreiben des Antragestellervertreters vom 03.08.2011 zurückgenommen. Mit Schreiben vom 12.09.2011, eingegangen bei Gericht am 14.09.2011, hat die Antragsgegnervertreterin die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer und im Beschwerdeverfahren beantragt. Der Senat hat in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung, hier des § 516 Abs. 3 ZPO, nur über die Kosten des Beschwerdeverfahrens entschieden. Diese Entscheidung stellt keine Entscheidung in der Hauptsache dar. Nach dem Beschluss des OLG München vom 26.11.2008, Verg 21/08, hat der Rechtspfleger vor der Neuregelung durch das Vergabemodernisierungsgesetz die Festsetzung der Kosten im Verfahren vor der Vergabekammer vorgenommen, wenn eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen worden ist. Im zugehörigen Leitsatz ist diese Formulierung ausdrücklich enthalten und kann im entgegengesetzten Fall nichts anderes bedeuten, vgl. dazu auch Praxiskommentar Kartellvergaberecht "Der 4. Teil des GWB und VgV", Vavra, zu § 128 GWB, Rndnr. 33:

"Wird gegen eine Entscheidung der Vergabekammer in der Hauptsache oder zu Nebenentscheidungen sofortige Beschwerde eingelegt und trifft der Vergabesenat im Beschwerdeverfahren eine Sachentscheidung, setzte der Kostenbeamte des Oberlandesgerichts nicht nur die Kosten des Beschwerdeverfahrens, sondern auch des Nachprüfungsverfahrens fest, wenn im Beschwerdeverfahren eine Sachentscheidung ergangen war (OLG Düsseldorf vom 24.11.2004, Verg 80/04, OLG München vom 26.11.2008, Verg 21/08)"(Hervorhebungen nicht im Original).

Das Oberlandesgericht München hat in den Gründen des Beschlusses vom 22.09.2011, Verg 5/11, ausgeführt: "Auch nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes setzte die Vergabekammer nach gefestigter Rechtsprechung die Kosten für das Nachprüfungsverfahren dann nicht fest, wenn in einem Beschwerdeverfahren eine Entscheidung in der Hauptsache erging. In diesen Fällen war der Rechtspfleger des Oberlandesgerichts nicht nur für die Festsetzung der Kosten des Beschwerdeverfahrens, sondern auch des Nachprüfungsverfahrens zuständig (vgl. z.B. OLG München vom 26.11.2008 _ Verg 21/08)" (Unterstreichung nicht im Original). Auch aus dieser Entscheidung ist unmißverständlich zu ersehen, dass zwingend eine Entscheidung in der Hauptsache als Voraussetzung für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer gesehen wurde. Die dortige Formulierung: "Das Beschwerdegericht ist nach wie vor zu einer Kostenfestsetzung auch für die Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer befugt, soweit es mit einer Beschwerde befasst war (OLG München aaO)", kann aus dem Zusammenhang mit der obigen Formulierung nur so verstanden werden, dass das Befassen mit der Beschwerde eine Entscheidung in der Hauptsache darstellt. Im Übrigen wird in dieser Entscheidung auch ausdrücklich auf den Beschluss des OLG München vom 26.11.2008, Verg 21/08, verwiesen. Bei dem im Schreiben der Antragsgegnervertreterin vom 15.12.2011 zitierten Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 12.07.2011, Verg 23/10, handelt es sich um einen Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers, der nicht als bindende obergerichtliche Entscheidung angesehen werden kann. Im zugehörigen Beschwerdeverfahren hat der Senat im Übrigen eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen (vgl. Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 28.02.2011, Verg 23/10), so dass diese Entscheidung nicht auf den vorliegenden Fall Anwendung findet. Gleiches gilt für das Verfahren beim Oberlandesgericht München Verg 5/11. Auch hier hat der Senat am 31.03.2011 eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen.

5Im gegenständlichen Verfahren wurden am 04.08.2011 der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde auferlegt. Der Senat hat keine Entscheidung über die Kosten des Nachprüfungsverfahrens getroffen. Im Gegenteil wurde die Kostenentscheidung ausdrücklich auf die Kosten des Beschwerdeverfahrens beschränkt. Vor der Neuregelung durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz hat der Rechtspfleger am Beschwerdegericht die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer, wenn der Senat eine Entscheidung in der Hauptsache getroffen hat, vorgenommen. Dies war auch folgerichtig, denn es wäre fraglich gewesen, würde man der Argumentation der Antragsgegnervertreterin folgen, auf welcher gerichtlichen Kostengrundentscheidung über die Kosten der Vergabekammer der Rechtspfleger den Kostenfestsetzungsbeschluss zu erlassen hätte. Der Kostenbeamte des Oberlandesgerichts setzt die Kosten aufgrund der rechtskräftigen Kostengrundentscheidung des Oberlandesgerichts fest, vgl. §§ 120 Abs. 2, 78 Satz 3 GWB i.V.m. § 103 ff. ZPO. Nach § 78 Satz 3 ZPO finden ausdrücklich die Vorschriften der ZPO Anwendung. Eine Festsetzung von Kosten durch den Rechtspfleger am Oberlandesgericht kann nur aufgrund eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels erfolgen, vgl. Zöller 28. Aufl. zu § 104 ZPO, Rndnr. 1. Entscheidungen der Vergabekammern im Nachprüfungsverfahren sind keine für das Kostenfestsetzungsverfahren im Rahmen der Zivilprozeßordnung geeignete Titel, vgl. OLG Celle, Beschluss vom 08.12.2009, 13 Verg 11/09. Eine ausdrückliche gesetzliche Normierung, die den Rechtspfleger am Oberlandesgericht verpflichtet, Kostenfestsetzungsbeschlüsse zu erlassen aufgrund von Kostengrundentscheidungen der Vergabekammern, liegt nicht vor.

Auch gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt ist, ob der Kostenbeamte des Beschwerdegerichts nach der Neuregelung durch das Vergaberechtsmodernisierungsgesetz grundsätzlich überhaupt verpflichtend zuständig ist für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer.

Die Verpflichtung des Rechtspflegers für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer würde auch dem Gedanken des Gesetzgebers widersprechen, der gerade für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer durch die Schaffung des § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB die gesetzliche Grundlage dafür entzogen hat, dass die Vergabekammern ihre eigenen Kosten festsetzen, vgl. hierzu auch Bechthold 6. Aufl. zu 3 128 Abs. 4 Rndnr. 17 GWB:

"Folglich findet nach § 128 Abs. 4 Satz 5 GWB vor der Vergabekammer kein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren mehr statt. Dies hat zur Folge, dass der Erstattungsberechtigte zur Eintreibung seiner Kosten einen Vollstreckungstitel vor dem Zivilgericht erstreiten muss, wenn der Erstattungspflichtige die geltend gemachten Aufwendungen nicht akzeptiert (OLG Celle, Beschl. vom 08.12.2009, 13 Verg 11/09)".

In dem von der Antragsgegnervertreterin zitierten Ausschnitt der Entscheidung, Beschluss Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 22.11.2010 (Verg 55/09), wird in den Gründen in Ziffer 7. aufgeführt: "Dies hindert eine Kostenfestsetzung durch das Oberlandesgericht aber nicht. Es war bisher allgemein üblich, dass in denjenigen Fällen, in denen ein Nachprüfungsverfahren an das Beschwerdegericht gelangt ist, die im Verfahren vor der Vergabekammer entstandenen Aufwendungen der Verfahrensbeteiligten durch das Oberlandesgericht mit festgesetzt worden sind" (Unterstreichungen nicht im Original). In der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 02.05.2011, Verg 31/11, wird sogar ausdrücklich nur von der "Möglichkeit" der Festsetzung durch den Rechtspfleger am Oberlandesgericht gesprochen: "Durch dieses - insoweit nicht näher begründete - Gesetz ist lediglich die Kompetenz der Vergabekammer zur Festsetzung der Aufwendungen der Verfahrensbeteiligten, nicht aber die Möglichkeit des Rechtspflegers beim Beschwerdegericht entfallen, die genannten Aufwendungen festzusetzen (Senatsbeschluss vom 22.11.2010 - VII - Verg 55/09" (Unterstreichungen nicht im Original). Das Oberlandesgericht München hat in seiner Entscheidung vom 22.09.2011, Verg 5/11, ausgeführt: "Der Grund für diese Rechtsprechung lag darin, dass das Nachprüfungsverfahren vor der Vergabekammer mit dem verwaltungsrechtlichen Widerspruchsverfahren Ähnlichkeit besitzt und deshalb entsprechend § 164 VwGO der Rechtspfleger als Organ der ersten gerichtlichen Instanz die Kosten auch für das vorangegangene Nachprüfungsverfahren festsetzen sollte (vgl. OLG Düsseldorf vom 22.11.2010 _ Verg 55/09)... Das Beschwerdegericht ist nach wie vor zu einer Kostenfestsetzung auch für die Aufwendungen im Verfahren vor der Vergabekammer befugt, soweit es mit einer Beschwerde befasst war (OLG München aaO.)"(Unterstreichungen nicht im Original).

In diesen Entscheidungen mag das Beschwerdegericht nicht gehindert gewesen sein, mag es üblich gewesen sein, die Möglichkeit und die Befugnis gehabt haben, bzw. sollte es die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen, jedoch aus all diesen Formulierungen lässt sich keine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung des Rechtspflegers am Beschwerdegericht für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer ableiten.

Dies ist in der Anwendung der Vorschriften der ZPO für das Kostenfestsetzungsverfahren durch den Rechtspfleger am Oberlandesgericht für die Kosten vor der Vergabekammer auch folgerichtig. Im Zivilprozeßverfahren, das nach den oben genannten Vorschriften des GWB Anwendung findet, ist der Rechtspfleger ausdrücklich nicht für die Festsetzung der Geschäftsgebühr zuständig. Die Geschäftsgebühr gehört nicht zu den Kosten des Rechtsstreits und muss in voller Höhe eingeklagt werden, BGH NJW 2008, 1323 = MDR 2008, 592 betr Anspruchsabwehr, Beschluss des BGH vom 22.01.2008, VIII ZB 57/07.

Auch hat die Geschäftsgebühr für die Kosten vor der Vergabekammer zumindest kostenrechtlich gesehen den gleichen Charakter wie die Geschäftsgebühr im Zivilprozeßverfahren. Beide Gebühren werden für vorgerichtliche Tätigkeiten des Anwalts beansprucht. In beiden Fällen muss die Geschäftsgebühr im Rahmen eines Zivilprozeßverfahrens eingeklagt werden, die Gebühr für die Kosten vor der Vergabekammer in jedem Fall, wenn sich kein Beschwerdeverfahren anschließt. Die Notwendigkeit einer unterschiedlichen Handhabung bei der Festsetzung im Rahmen der Zivilprozeßordnung für den Rechtspfleger am Beschwerdegericht ist hier nicht erkennbar. Der Argumentation der Antragsgegnervertreterin, dass es für die Zuständigkeit und die Verpflichtung des Rechtspflegers am Beschwerdegericht auf die analoge Anwendung der Vorschriften der VwGO ankommt, kann nicht gefolgt werden. Im Übrigen betrifft die zitierte Entscheidung des BGH X ZB 1/09, vom 29.09.2009, die Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts. Bei Gesetzesanalogie wird eine Rechtsnorm auf einen ähnlichen Sachverhalt angewendet. Ist dagegen eine gesetzliche Regelung auf einen bestimmten Sachverhalt begrenzt, so verbietet sich ein Analogieschluss auf andere Fälle, vgl. Creifelds, Rechtswörterbuch, 18. Aufl. Dies ist zumindest nach neuer Rechtslage der Fall. Wie oben ausgeführt, ist die Kostenfestsetzung durch den Rechtspfleger am Beschwerdegericht ausdrücklich durch die Verweisung im GWB auf die Vorschriften der ZPO geregelt. Durch dies und die oben genannte obergerichtliche Entscheidung des BGH vom 22.01.2008 ist für eine analoge Heranziehung von Vorschriften der VwGO zumindest hinsichtlich der gesetzlichen Verpflichtung des Rechtspflegers die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen kein Raum. Dem steht auch die in der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 22.10.2010, Verg 55/09, zitierte Entscheidung des BGH vom 29.09.2009, XZB 1/09 (NZBau 2010, 129 = NJW 2010, 76 = VergabeR 2010, 75 Rndnr. 4) nicht entgegen. Nur weil dort der BGH keine Bedenken gegen die Kostenfestsetzung durch das Beschwerdegericht erhoben hat, kann daraus keine ausdrückliche gesetzliche Verpflichtung des Rechtspflegers für die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer hergeleitet werden. Vielmehr wurde dort nur davon gesprochen, dass die Festsetzung der Gebühren vor der Vergabekammer durch den Rechtspfleger am Beschwerdegericht "üblich" sei. Von einer ausdrücklichen verpflichtenden Zuständigkeit ist dort nicht die Rede: "Vielmehr hat der Rechtspfleger beim Beschwerdegericht - wie bundesweit in den Fällen, in denen ein Nachprüfungsverfahren in die Beschwerdeinstanz gelangt ist, üblich - in entsprechender Anwendung von § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO die vor der Vergabekammer entstandenen Kosten (mit-)festgesetzt" (Unterstreichung nicht im Original).

Der Gesetzgeber hat aufgrund der Entscheidung des BGH über den Ausschluss der Festsetzung der Geschäftsgebühr im gerichtlichen Verfahren auch im RVG folgerichtig mit der Schaffung des § 15 a RVG reagiert. Diese Vorschrift betrifft die Anrechung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr. Auch daraus ergibt sich, dass eine Geschäftsgebühr nur als materiellrechtlicher Anspruch geltend gemacht werden kann. Es ist auch aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit erforderlich, dass in der Anwendung der Vorschriften des Kostenfestsetzungsverfahrens der Zivilprozeßordnung, in der eine Festsetzung der Kosten der Geschäftsgebühr ausscheidet, der Rechtspfleger am Oberlandesgericht nicht eine, entgegen der Entscheidung des BGH über die Geschäftsgebühr, Entscheidung über die Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer, die auch mit der Geschäftsgebühr beantragt werden, trifft.

Nachdem durch den Wegfall der Verweisung in § 128 Abs. 4 Satz 4 GWB auf § 80 Abs. 3 Satz 1 VwVfG ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren vor der Vergabekammer nicht mehr stattfindet, ist auch aus diesem Grund der Kostenbeamte des Oberlandesgerichts nicht verpflichtet die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen, so auch, Praxiskommentar Kartellvergaberecht "Der 4 Teil des GWB und VgV", Vavra, zu 128 GWB, Rndnr. 33:

"Bisher hatte der Kostenbeamte auch die Kosten für das Verfahren vor der Vergabekammer festzusetzen, wenn im Beschwerdeverfahren eine Sachentscheidung ergangen war (OLG Düsseldorf vom 24.11.2004, Verg 80/04; OLG München vom 26.11.2008, Verg 21/08). Nachdem es nun kein Kostenfestsetzungsverfahren vor der Vergabekammer mehr gibt, wird der Kostenbeamte des Oberlandesgerichts hierzu nicht mehr verpflichtet sein, obwohl dies - zur Vermeidung unnötiger weiterer Prozesse - sehr sinnvoll wäre. Wie auch vor der Vergabekammer gilt auch hier, dass ohne Kostengrundentscheidung kein Kostenfestsetzungsbeschluss ergehen darf, weil die Kostengrundentscheidung die Grundlage für die Kostenfestsetzung bildet (BayObLG vom 27.09.2002, Verg 18/02)" (Unterstreichungen nicht im Original).

2. Festsetzung von Kosten aufgrund einer Vergütungsvereinbarung:

Getrennt und ohne Ableitung einer gegenteiligen Rechtspflicht zu den obigen Ausführungen zur Verpflichtung des Rechtspflegers am Oberlandesgericht, kann eine Festsetzung von Kosten aufgrund einer Vergütungsvereinbarung nicht erfolgen. Die im Schreiben von der Antragsgegnervertreterin vom 15.12.2011 zitierten Entscheidungen treffen keine Aussage darüber, dass eine Festsetzung von Kosten aufgrund einer Vergütungsvereinbarung, bzw. von fiktiven Geschäftsgebühren, zulässig sei. Im Gegenteil, wird hier zum Teil ausdrücklich nur von den gesetzlichen Gebühren gesprochen, die laut ausdrücklicher anwaltlicher Versicherung nicht entstanden sind. Die anderen Entscheidungen betreffen die Anrechnung der Geschäftsgebühr, die unstreitig ausdrücklich vom BGH (Beschluss vom 18.08.2009, VIII ZB 17/09) entschieden und gesetzlich durch den § 15 a RVG geregelt wurde. In entsprechender Anwendung des § 91 Abs. 2 ZPO sind nur die gesetzlichen Gebühren und Auslagen festzusetzen. Bei dem Anspruch auf Erstattung der Kosten aus einer Vergütungsvereinbarung handelt es sich um einen materiellrechtlichen Anspruch, der im Klagewege durchzusetzen ist. Die Vorschriften der §§ 3 a ff. RVG betreffen nur das Verhältnis des Mandanten zum Rechtsanwalt und nicht das Verhältnis zum erstattungspflichtigen Dritten. Im Kostenfestsetzungsantrag vom 12.09.2011 wird auf Seite 2 des Antrags für die notwendigen Aufwendungen vor der Vergabekammer eine Geschäftsgebühr gem. Nr. 2301 VV RVG geltend gemacht. Auf Seite 4 des Antrags wird jedoch anwaltlich versichert, dass eine solche Gebühr nicht zur Entstehung gelangt sei und eine Vergütungsvereinbarung zwischen der Antragsgegnerin und ihrem Verfahrensbevollmächtigten abgeschlossen wurde. Es ist kein Vergleich der Vergütungsvereinbarung mit mit den Geschäftsgebühren möglich. Dies geht auch aus den Gründen der zitierten Entscheidung des BGH vom 18.08.2009, VIII ZB 17/09, hervor:

"...Ein vertraglich vereinbartes Pauschalhonorar, das sich wesentlich vom gesetzlichen Gebührentatbestand unterscheidet, lässt sich deshalb mit den ansonsten anfallenden gesetzlichen Gebühren bereits strukturell nicht vergleichen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Oktober 1986, aaO). Das gilt hier um so mehr, als sich bei einer vereinbarten Pauschalvergütung in der Regel auch kaum ermitteln lässt, welcher Anteil einer anzurechnenden gesetzlichen Geschäftsgebühr entsprechen würde."..."Ebenso wenig verlangt § 91 ZPO eine Erweiterung der in der Vorbemerkung 3 Abs. 4 VV RVG vorgesehenen Anrechnungsmöglichkeiten auf vereinbarte Pauschalhonorare...Vielmehr knüpft § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO umgekehrt für eine Kostenerstattung an die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts und darüber unmittelbar an die genannte Anrechnungsbestimmung an. Sind hiernach die Anrechnungsvoraussetzungen nicht gegeben, kommt auch im Rahmen der Kostenfestsetzung keine darüber hinausgehende Kürzung der Verfahrensgebühr in Betracht.."

Eine Festsetzung von Gebühren, die aufgrund anwaltlicher Versicherung nicht entstanden sind, kann nicht erfolgen. Eine Festsetzung von fiktiven Gebühren ist unzulässig. Die Beantragung der Festsetzung der Kosten vor der Vergabekammer im Rahmen einer Vergütungsvereinbarung kann, entgegen der Ausführung der Antragsgegnervertreterin, nicht anders verstanden werden, da ansonsten nur die Festsetzung fiktiver Gebühren in Betracht kommen würde. Für diese Festsetzung der "gesetzlichen Gebühren" fehlt im Übrigen in den Schriftsätzen der Antragsgegnervertreterin jeder Vortrag, wie hoch die Vergütungsvereinbarung sei. Im Falle einer niedrigeren vereinbarten Vergütung würde der Erstattungspflichtige benachteiligt werden, wenn die Höhe der gesetzlichen Gebühren nicht erreicht würde. Es wäre auch auch nicht die Aufgabe des Rechtspflegers zu prüfen, ob diese Vereinbarung wirksam ist oder die gesetzlichen Gebühren erreicht wurden. Insgesamt zu den obigen Ausführungen unter Ziffer 2. vgl., Baumbach/Lauterbach 70. Aufl. zu § 91 ZPO, Rndnr. 42; Zöller 29. Aufl. zu § 91 ZPO, Rndnr. 13 (Erfolgshonorar); Gerold/Schmidt 19. Aufl. zu § 3 a, Rndnr. 64 ff.; ausdrücklich in Göttlich Mümmler zum RVG, 3. Aufl. (V) Vergütungsvereinbarung Ziff. 7.1.

Durch das Fehlen einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, dass der Rechtspfleger vor dem Oberlandesgericht grundsätzlich verpflichtet ist, die Kosten vor der Vergabekammer festzusetzen, ferner, ohne Ableitung einer gegenteiligen Rechtspflicht zur Verpflichtung des Rechtspflegers, insbesondere im vorliegenden Fall, durch das Fehlen einer gerichtlichen, zur Zwangsvollstreckung geeigneten, Kostengrundentscheidung über die Kosten vor der Vergabekammer, sowie ebenfalls unabhängig davon, durch das Vorliegen einer Vergütungsvereinbarung, die nicht festgesetzt werden kann, ist der Antrag auf Erstattung der Kosten vor der Vergabekammer zurückzuweisen.

3. Kosten des Beschwerdeverfahrens:

Die mit Schreiben vom 12.09.2011 beantragten notwendigen Aufwendungen im Beschwerdeverfahren können antragsgemäß festgesetzt werden. Eine Anrechnung auf die Verfahrensgebühr kommt beim Vorliegen einer Honorarvereinbarung nicht in Betracht, BGH 18.08.2009, VIII ZB 17/09. Die Voraussetzungen des § 15 a Abs. 2 RVG wurden nicht geltend gemacht, vgl. zur Kostenerstattung bei Vergütungsvereinbarung, Gerold/Schmidt, 19. Auflage zu § 15 a RVG, Rndnr. 33. Wäre entgegen obiger Ausführungen die Festsetzung der gesetzlichen Gebühren in Betracht gekommen, hätte zwingend eine Anrechnung vorgenommen werden müssen, Beschluss des BGH vom 29.09.2009, X ZB 1/09.