Bayerischer VGH, Urteil vom 13.12.2011 - 11 B 11.2336
Fundstelle
openJur 2012, 119782
  • Rkr:
Tenor

I. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass er nach wie vor berechtigt ist, von seiner am 15. Oktober 2004 erworbenen tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse A auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, wird die Berufung verworfen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger erwarb am 15. Oktober 2004 in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis der Klassen A und B. In das Feld 8 des ihm hierüber ausgestellten Führerscheins wurde ein in der Bundesrepublik Deutschland liegender Ort eingetragen.

Mit Schreiben vom 12. August 2008 führte das Landratsamt Nürnberger Land ihm gegenüber aus, er sei nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt, da auf der Grundlage von im Führerschein enthaltenen Angaben feststehe, dass sich im Zeitpunkt der Ausstellung dieses Dokuments sein ordentlicher Wohnsitz im Sinn von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl L 237 vom 24.8.1991) in der Bundesrepublik Deutschland befunden habe.

Am 14. August 2008 vermerkte das Landratsamt auf der Rückseite des tschechischen Führerscheins des Klägers:

"Herr R… ist nicht berechtigt, fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu führen."

Gegen das Schreiben vom 12. August 2008 und den "Versagungsvermerk" legte der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. August 2008, beim Landratsamt eingegangen am 1. September 2008, Widerspruch ein, da die Bekanntgabe der Rechtsmeinung der Behörde den Erlass eines Verwaltungsakts darstelle. Zur Begründung dieses Rechtsbehelfs bezogen sich die Klagebevollmächtigten auf das von ihnen am 5. September 2008 vor dem Verwaltungsgericht Ansbach eingeleitete Verfahren "gemäß § 80 VwGO bzw. § 123 VwGO".

Dieses Rechtsschutzgesuch lehnte das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 10. Oktober 2008 (Az. AN 10 S 08.1570) ab. Bei sachgerechter Auslegung sei von einem Antrag nach § 123 VwGO auszugehen. Zwar dürfte es sich bei dem auf dem Führerschein angebrachten Vermerk um einen feststellenden Verwaltungsakt handeln. Da er nicht für sofort vollziehbar erklärt worden sei, entfalte der hiergegen eingelegte Widerspruch jedoch aufschiebende Wirkung. Ein Anordnungsanspruch stehe dem Kläger deshalb nicht zu, weil er angesichts des sich aus dem tschechischen Führerschein selbst ergebenden Wohnsitzverstoßes gemäß § 28 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 FeV damaliger Fassung nicht berechtigt sei, von der durch dieses Dokument verkörperten Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen.

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde verwarf der Bayerische Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 15. Dezember 2008 (Az. 11 CS 08.2998) als unzulässig, da der Kläger entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO keinen bestimmten Antrag gestellt habe. Im Übrigen fehle es, wie der Verwaltungsgerichtshof hilfsweise festhielt, auch an einer den gesetzlichen Erfordernissen genügenden Beschwerdebegründung.

Die am 5. Februar 2009 zum Verwaltungsgericht Ansbach erhobene Klage, mit der der Kläger die Feststellung beantragte, dass er nach wie vor berechtigt sei, von seiner am 15. Oktober 2004 erworbenen tschechischen Fahrerlaubnis der Klassen A und B auch auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, wies das Verwaltungsgericht durch Gerichtsbescheid vom 27. April 2009 als unbegründet ab. Ob das Schreiben des Landratsamts vom 12. August 2008 und der am 14. August 2008 auf dem Führerschein des Klägers angebrachte Vermerk als Verwaltungsakte zu qualifizieren seien, so dass der Kläger gemäß § 43 Abs. 2 VwGO vorrangig eine Anfechtungsklage hätte erheben müssen, könne offen bleiben. Da er u. a. wegen des aus dem Führerschein ersichtlichen Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis nicht berechtigt sei, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, sei die Klage jedenfalls unbegründet.

Mit der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung beantragte der Kläger mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 30. April 2010:

Der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 27. April 2009 wird dahin abgeändert, dass festgestellt wird, dass der Kläger nach wie vor berechtigt ist, von seiner am 15. Oktober 2004 erworbenen tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse B auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.

Zur Begründung macht er geltend, die Anwendung des § 28 Abs. 4 FeV alter Fassung in teleologisch reduzierter Form sei wegen fehlender Einzelfallprüfung sowie im Hinblick auf eine frühere Anerkennung seiner ausländischen Fahrerlaubnis rechtswidrig. Ergänzend bezieht er sich auf die Ausführungen in dem der Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung dienenden Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. Mai 2009.

Mit Schreiben vom 5. Mai 2010 bat der Verwaltungsgerichtshof die Klagebevollmächtigten um Klarstellung bis zum 25. Mai 2010, ob die im ersten Rechtszug erstrebte, sich auf die Fahrerlaubnisklassen A und B beziehende Feststellung jetzt nur noch für die Klasse B beantragt werde. Mit Schreiben vom 11. Mai 2010, hier eingegangen am 27. Mai 2010, korrigierten die Klagebevollmächtigten den im Schriftsatz vom 30. April 2010 gestellten Sachantrag dahingehend, "dass es sich um die tschechische Fahrerlaubnis der Klassen A und B handeln soll".

Der Beklagte beantragt:

I. Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass er nach wie vor berechtigt ist, von seiner am 15. Oktober 2004 erworbenen tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse A auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen, wird die Berufung verworfen.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Zur Begründung des Antrags I macht er geltend, der sich auf die Fahrerlaubnisklasse A beziehende Feststellungsantrag sei nicht innerhalb der am 25. Mai 2010 endenden Berufungsbegründungsfrist gestellt worden. Soweit die Berufung zulässig sei, habe das Verwaltungsgericht zutreffend entschieden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die vom Verwaltungsgericht beigezogene, den Kläger betreffende Fahrerlaubnisakte verwiesen.

Gründe

Über die Berufung konnte gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da sich beide Beteiligte damit einverstanden erklärt haben.

1. Soweit der Kläger ausweislich der Zuschrift seiner Bevollmächtigten vom 11. Mai 2010 die gerichtliche Feststellung der Inlandsgültigkeit auch seiner tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse A erstrebt, war die Berufung gemäß § 124 a Abs. 3 Satz 5 i.V.m. § 124 a Abs. 6 Satz 3 VwGO zu verwerfen, da der Kläger einen dahingehenden Antrag erstmals nach dem Ablauf der Berufungsbegründungsfrist gestellt hat.

Wurde - wie hier - die Berufung durch den Verwaltungsgerichtshof zugelassen, muss dieses Rechtsmittel nach § 124 a Abs. 6 Satz 1 VwGO innerhalb eines Monats ab der Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung (sie erfolgte am 22.4.2010) begründet werden. Da nach § 124 a Abs. 6 Satz 3 VwGO u. a. § 124 a Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend gilt, hat auch in diesem Fall die Berufungsbegründung einen bestimmten Antrag zu enthalten.

Da der 22. Mai 2010 auf einen Samstag fiel und der darauffolgende Montag gesetzlicher Feiertag (Pfingstmontag) war, endete die Berufungsbegründungsfrist im gegebenen Fall mit dem Ablauf des 25. Mai 2010. Bis dahin lag dem Verwaltungsgerichtshof nur der im Schriftsatz der Klagebevollmächtigten vom 30. April 2010 formulierte Berufungsantrag vor, der sich ausschließlich auf die Fahrerlaubnisklasse B bezog. Mit Schreiben vom 5. Mai 2010, den Klagebevollmächtigten zugestellt am 7. Mai 2010, hat der Verwaltungsgerichtshof diese aufgefordert, bis zum 25. Mai 2010 - d.h. innerhalb offener Berufungsbegründungsfrist - mitzuteilen, ob die alleinige Erwähnung der Klasse B im Berufungsantrag Ausdruck einer bewussten Beschränkung des Streitgegenstandes sein sollte. Die Klagebevollmächtigten haben diesen fürsorglichen Hinweis jedoch weder zum Anlass genommen, um die vom Gericht angeregte Klarstellung innerhalb offener Berufungsbegründungsfrist vorzunehmen, noch haben sie deren Verlängerung beantragt (vgl. zu dieser Möglichkeit § 124 a Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 6 Satz 3 VwGO). Vielmehr ging dem Verwaltungsgerichtshof ein sich auf die Fahrerlaubnisklasse A erstreckender Berufungsantrag erst zwei Tage nach Fristablauf zu. Dass sie das Schreiben vom 11. Mai 2010 vorab als Fernkopie übersandt haben (ein solcher Eingang ist beim Verwaltungsgerichtshof nicht feststellbar), haben die Klagebevollmächtigten nicht einmal behauptet, nachdem die Landesanwaltschaft Bayern am Ende des Abschnitts I der Berufungserwiderung vom 9. Juni 2010 die fehlende Vorabübersendung der Zuschrift vom 11. Mai 2010 mittels Fernkopie geltend gemacht hatte.

Wurde - wie hier - die Zulassung der Berufung unbeschränkt beantragt und hat das Oberverwaltungsgericht diesem Begehren uneingeschränkt entsprochen, so liegt, wenn der Berufungskläger in der Berufungsbegründungsschrift den Umfang dieses Rechtsmittels beschränkt, darin noch keine teilweise Rücknahme der Berufung; vielmehr besitzt er die Möglichkeit, sich noch bis zum Ende der Berufungsbegründungsfrist endgültig festzulegen, inwieweit er die erstinstanzliche Entscheidung angreift (Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, RdNr. 69 zu § 124 a). Diesbezüglich Klarheit zu schaffen, diente die gerichtliche Anfrage vom 5. Mai 2011. Von der Gelegenheit, bis zum 25. Mai 2010 zum Ausdruck zu bringen, ob der im ersten Rechtszug gestellte Klageantrag uneingeschränkt aufrecht erhalten werden soll, haben die Bevollmächtigten des Klägers indes keinen Gebrauch gemacht. Eine Auslegung dahingehend, dass ein ggf. schon damals vorhandener Wille zur vollumfänglichen Weiterverfolgung des ursprünglichen Klagebegehrens bereits im Schriftsatz vom 30. April 2010 mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck gekommen sei, verbietet sich angesichts der eindeutigen Fassung des damals gestellten Antrags und der Tatsache, dass weder die in diesem Schriftsatz enthaltene Berufungsbegründung noch die dort in Bezug genommene Begründung des Zulassungsantrags irgendwelche Ausführungen enthalten, die sich speziell auf die Fahrerlaubnis der Klasse A beziehen und die deshalb erkennen ließen, dass es dem Kläger weiterhin auch um die Klärung der Inlandsgültigkeit dieses Teils seiner Fahrerlaubnis zu tun war. Mit dem Ablauf des 25. Mai 2010 durften das Gericht und der Beklagte deshalb davon ausgehen, dass der Kläger den Umfang der Berufung im Schriftsatz vom 30. April 2010 bewusst beschränkt hatte. Ein dahingehendes Verständnis ist umso mehr gerechtfertigt, als in jenem Schriftsatz nicht einmal die (vollständige) "Aufhebung" des Gerichtsbescheids vom 27. April 2009, sondern nur dessen "Abänderung" beantragt worden war.

2. Soweit die Berufung zulässig ist, erweist sie sich als nicht begründet, da die vom Kläger erhobene Feststellungsklage nachträglich - nämlich seit dem Ablauf des 14. August 2009 - unzulässig geworden ist. Das Verwaltungsgericht hat die Klage deshalb im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Nachträglich unzulässig geworden ist die Feststellungsklage deswegen, weil das Landratsamt durch den am 14. August 2008 auf dem Führerschein des Klägers angebrachten Vermerk ihm gegenüber mit verbindlicher Wirkung ausgesprochen hat, dass die durch dieses Dokument verkörperte ausländische Fahrerlaubnis im Bundesgebiet ungültig ist. Damit hat die Behörde eine hoheitliche, auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts ergangene und auf Herbeiführung einer unmittelbaren Rechtswirkung nach außen gerichtete "Regelung" im Sinn von Art. 35 Satz 1 BayVwVfG getroffen. Diese Maßnahme ist deshalb als feststellender Verwaltungsakt anzusehen.

Für die Abgrenzung, ob es sich bei einem behördlichen Ausspruch, durch den Rechte oder Pflichten einer Person festgestellt werden, um eine bloße behördliche Meinungsäußerung oder aber um eine "regelnde Feststellung" (vgl. zu diesem Terminus BVerwG vom 15.11.1974 BVerwGE 72, 226/232) handelt, kommt es neben dem Wortlaut der Erklärung vor allem auf den Zusammenhang an, in dem eine solche Äußerung ergeht (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, RdNr. 92 a zu § 35). Maßgeblich ist namentlich, ob die Rechte bzw. Pflichten, auf die sich der fragliche Ausspruch bezieht, strittig sind bzw. sie als klärungsbedürftig angesehen werden (Kopp/Ramsauer, ebenda), und ob sie in einer auf Rechtsbeständigkeit angelegten Weise geklärt werden sollen (Kopp/Ramsauer, a.a.O., RdNr. 92 zu § 35).

Bereits die apodiktische sprachliche Gestalt des Vermerks vom 14. August 2008 zeigt, dass das Landratsamt damit nicht eine unverbindliche Rechtsmeinung kundtun wollte. Die gewählte Formulierung lässt vielmehr keinen Zweifel daran aufkommen, dass die Inlandsungültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis des Klägers damit endgültig und abschließend ausgesprochen werden sollte. Für diese Willensrichtung spricht auch, dass das Landratsamt am Ende des vorangegangenen Schreibens vom 12. August 2008 ausdrücklich angemerkt hat, dieses Schriftstück diene der Information, und ein Rechtsbehelf dagegen sei nicht möglich. Damals war mithin noch keine verbindliche Feststellung, sondern nur eine Aufklärung des Klägers über die Rechtslage gewollt. Im Schreiben vom 12. August 2008 hielt die Behörde jedoch auch fest, sie werde einen kostenpflichtigen Bescheid erlassen, wenn der Kläger nicht innerhalb von sieben Tagen ab der Zustellung jenes Schreibens der darin enthaltenen Aufforderung nachkomme, seinen tschechischen Führerschein zur Eintragung eines Vermerks vorzulegen, der die fehlende Fahrberechtigung des Klägers im Inland zum Ausdruck bringt. Das zeigt, dass es sich die Behörde angelegen sein ließ, die verfahrensrechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, die ihr zur Verfügung stehen, um ihrer Auffassung von der Inlandsungültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis erforderlichenfalls auch gegen den Willen des Betroffenen Geltung zu verschaffen. Da der Kläger dem Vorlageverlangen der Behörde nach Aktenlage ohne weiteres nachkam, erübrigte sich zwar der Erlass eines die Vorlage anordnenden Verwaltungsakts. Gerade vor dem Hintergrund dieses Ablaufs aber verbietet sich die Annahme, mit dem auf dem Führerschein angebrachten Vermerk habe das Landratsamt nicht auch in der Sache selbst von der der öffentlichen Verwaltung grundsätzlich zustehenden Prärogative Gebrauch machen wollen, rechtliche Gegebenheiten, die zwischen ihr und Privatrechtssubjekten strittig sind, einseitig und mit dem Anspruch auf Verbindlichkeit zu regeln.

Auch die Bevollmächtigten des Klägers gingen, wie ihr Schreiben an das Landratsamt vom 29. August 2008 zeigt, davon aus, dass die Behörde mit der Anbringung des Vermerks auf dem tschechischen Führerschein einen Verwaltungsakt erlassen hat (der dem Kläger mit der Rückgabe dieses Dokuments bekanntgegeben wurde). Sie haben gegen diesen Verwaltungsakt jedoch den unstatthaften Rechtsbehelf des Widerspruchs eingelegt und ihn nicht, wie es geboten gewesen wäre, innerhalb eines Jahres ab seiner Bekanntgabe an den Kläger (vgl. zur Maßgeblichkeit dieser Frist § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO) mit einer ohne Durchführung eines Vorverfahrens zu erhebenden Anfechtungsklage angegriffen.

Gemäß Art. 15 Abs. 2 AGVwGO entfällt in Bayern seit dem 1. Juli 2007 landesweit das Vorverfahren, soweit in Art. 15 Abs. 1 AGVwGO nichts anderes geregelt ist. Verwaltungsakte, durch die die Inlandsungültigkeit einer ausländischen Fahrerlaubnis festgestellt wird, unterfallen keiner der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO aufgeführten Ausnahmetatbestände; insbesondere handelt es sich nicht um "personenbezogene Prüfungsentscheidungen" im Sinn von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 6 AGVwGO, da aus solchen Anlass nicht über die Fahreignung oder die Fahrbefähigung des Betroffenen zu befinden ist (vgl. BayVGH vom 19.3.2009 Az. 11 CE 08.3100 <juris> RdNr. 17; vom 24.3.2009 Az. 11 CS 08.3273 <juris> RdNr. 12; vom 28.4.2009 Az. 11 CS 09.350/11 C 09.355 <juris> RdNr. 20; vom 27.5.2010 <juris> Az. 11 CE 10.318 RdNr. 7).

Die Bestandskraft des Verwaltungsakts, der der Anbringung des Vermerks auf dem Führerschein des Klägers zugrunde liegt, hat zur Folge, dass die zunächst in zulässiger Weise erhobene Feststellungsklage mit dem Ablauf des 14. August 2009 unzulässig geworden ist. Zwar steht der Grundsatz der Subsidiarität einer Feststellungsklage (§ 43 Abs. 2 VwGO) ihrer Zulässigkeit dann nicht entgegen, wenn - wie hier - davon ausgegangen werden darf, dass der Träger öffentlicher Gewalt, gegen den Rechtsschutz begehrt wird, eine ihm ungünstige Gerichtsentscheidung auch ohne dahinter stehenden Vollstreckungsdruck respektieren wird (vgl. z.B. Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, RdNr. 119 zu § 43). Anders verhält es sich jedoch dann, wenn ohne Beachtung der durch § 43 Abs. 2 VwGO angeordneten Subsidiarität die für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen geltenden Sonderregelungen unterlaufen würden (BVerwG vom 7.5.1987 BVerwGE 77, 207/211 sowie - speziell unter dem Blickwinkel einer andernfalls möglichen Umgehung der für die Erhebung einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage geltenden Fristen - BVerwG vom 5.12.2000 BVerwGE 112, 254/256).

Von der Erhebung einer Anfechtungsklage durfte der Kläger zudem schon deshalb nicht absehen, weil für den Fall des Erfolgs seines Feststellungsantrags zwei einander widersprechende feststellende Hoheitsakte (nämlich ein die Inlandsungültigkeit seiner tschechischen Fahrerlaubnis feststellender, bestandskräftiger Verwaltungsakt und ein die gegenteilige Rechtsfolge aussprechendes Feststellungsurteil) im Raum gestanden wären. Unterlässt es der durch einen belastenden Verwaltungsakt Betroffene, ihn fristgerecht mit einer Anfechtungsklage anzugreifen und wird diese behördliche Maßnahme deshalb bestandskräftig, kommt das Gericht im Feststellungsprozess an der Tatbestandswirkung dieses Verwaltungsakts (nämlich daran, dass die darin ausgesprochene Rechtsfolge im Verhältnis zwischen dem Rechtsträger der Behörde und dem Betroffenen bereits bestandskräftig feststeht) nicht vorbei (Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, RdNr. 42 zu § 43).

Gründe, die die Nichtigkeit des Verwaltungsakts nach sich ziehen, der in der Eintragung des Vermerks auf dem tschechischen Führerschein des Klägers zum Ausdruck kommt, liegen nicht vor.

3. Nur hilfsweise ist bei alledem festzuhalten, dass die Klage, wäre sie nach wie vor zulässig, auch unbegründet wäre. Die tschechische Fahrerlaubnis des Klägers ist nach § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV in Deutschland ungültig, da sich aus dem Feld 8 des zugehörigen Führerscheins ergibt, dass die ausstellende Behörde bei der Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis gegen das unionsrechtliche Wohnsitzerfordernis (Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG) verstoßen hat. Unerheblich ist, dass dieses Erfordernis damals noch nicht in das Recht der Tschechischen Republik übernommen worden war, es vielmehr erst ab dem 1. Juli 2006 in die dortige Rechtsordnung eingefügt wurde. Denn es kommt allein darauf an, dass gegen das durch die Richtlinie selbst vorgegebene Wohnsitzkriterium verstoßen wurde (so ausdrücklich BVerwG vom 11.12.2008 BVerwGE 132, 315/323).

Obwohl über die Inlandsgültigkeit einer vor dem 19. Januar 2009 erworbenen ausländischen EU-Fahrerlaubnis zu befinden ist, ist bei der Beurteilung der Rechtslage auf die durch die Dritte Verordnung zur Änderung der Fahrerlaubnis-Verordnung (a.a.O.) geschaffene Fassung des § 28 Abs. 4 FeV abzustellen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof macht sich insoweit die Ausführungen unter der Randnummer 11 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 2011 (Az. 3 C 25.10 <juris>) und unter der Randnummer 12 des ebenfalls am 25. August 2011 im Verfahren 3 C 9.11 (juris) erlassenen Urteils des gleichen Gerichts zu Eigen. Von einer Wiedergabe der Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts kann abgesehen werden, da diese Entscheidungen beiden Beteiligten bekannt sind (die Klagebevollmächtigten haben u. a. in der Streitsache 3 C 9.11 den dortigen Kläger vor dem Bundesverwaltungsgericht vertreten, der Beklagte war am Verfahren 3 C 25.10 beteiligt).

Ebenfalls geklärt ist aufgrund der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. August 2011 (a.a.O.), dass die in einem anderen EU-Mitgliedstaat erworbene Fahrerlaubnis bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV unmittelbar kraft dieser Bestimmung nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt, ohne dass es zusätzlich einer Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedarf. Auf die Ausführungen z.B. in den Randnummern 16 bis 37 des im Verfahren 3 C 25.10 am 25. August 2011 erlassenen Urteils wird insoweit Bezug genommen.

Eine Anerkennung der tschechischen Fahrerlaubnis durch den Beklagten hat entgegen dem Vorbringen in der Berufungsbegründung nach Aktenlage nie stattgefunden. Insbesondere hat das Landratsamt keine Erklärung abgegeben, durch die dem Kläger im Widerspruch zur objektiven Rechtslage die Befugnis zugesprochen wurde, von dieser Fahrerlaubnis im Bundesgebiet Gebrauch zu machen, oder in der das Bestehen einer solchen Befugnis deklaratorisch bestätigt wurde. Von der am 15. Oktober 2004 erworbenen Fahrerlaubnis hat das Landratsamt erst am 7. April 2006 durch ein Schreiben der Polizeiinspektion Lauf a. d. Pegnitz vom 3. April 2006 Kenntnis erhalten. Wenn die Behörde damals davon absah, Maßnahmen gegen den Kläger zu ergreifen, so geschah das nachweislich (vgl. Bl. 122 und 124 der den Kläger betreffenden Fahrerlaubnisakte) deshalb, weil sie sich im Hinblick auf den Beschluss des Europäischen Gerichtshofs vom 6. April 2006 (Halbritter, C-227/05, ZfS 2006, 416) hieran gehindert sah.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in den Abschnitten II.46.1 und II.46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004 (NVwZ 2004, 1327).