Bayerischer VGH, Beschluss vom 09.11.2011 - 6 CS 11.1984
Fundstelle
openJur 2012, 119058
  • Rkr:
Tenor

I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 12. August 2011 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller steht als Beamter im Dienst der Antragsgegnerin und ist als Technischer Fernmeldeamtsrat (Besoldungsgruppe A 12) bei der Deutschen Telekom AG (DTAG) beschäftigt. Er war zuletzt von der DTAG ihrem Unternehmensteil Vivento zugewiesen und wurde dort ohne eine dauerhaft amtsangemessene Beschäftigung verwendet. Mit gerichtlichem Vergleich vom 10. März 2008 verpflichtete sich die Antragsgegnerin, den Anspruch des Antragstellers auf einen amtsangemessenen Dienstposten bis zum 31. Dezember 2008 zu realisieren.

Mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid der DTAG vom 16. Juni 2011 wurden dem Antragsteller mit Wirkung vom 15. Juli 2011 dauerhaft im Betrieb Technology des Unternehmens Telekom Deutschland GmbH in München als abstrakt-funktioneller Aufgabenkreis die Tätigkeit eines Referenten und konkret die Tätigkeit als „Referent Technik Vorleistungsportfolio“ zugewiesen. Über den hiergegen erhobenen Widerspruch ist bislang nicht entschieden.

Den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder herzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 12. August 2011 ab.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz weiter. Die Antragsgegnerin verteidigt den angegriffenen Beschluss und beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die von der Antragsgegnerin vorgelegte Sachakte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches zu Recht abgelehnt, weil die angefochtene Zuweisung vom 16. Juni 2011 bei summarischer Prüfung rechtmäßig erscheint und daher der Rechtsbehelf in der Hauptsache voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (vgl. § 122 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Die mit der Beschwerde innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), führen zu keiner anderen Beurteilung.

Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen sei noch ergänzt:

Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Sie enthält mit dem Verweis auf die aktuelle, nur zur Zeit bestehende Beschäftigungsmöglichkeit des Antragstellers im Betrieb Technology verbunden mit der Notwendigkeit, andernfalls zusätzliches Personal vom Arbeitsmarkt rekrutieren zu müssen, nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. BayVGH vom 15.10.2010 Az. 6 CS 10.737 [juris]) auf den konkreten Fall bezogene, hinreichende Gründe für das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug, die über das den Erlass des Verwaltungsakts rechtfertigende öffentliche Interesse hinausgehen.

Der Einwand, dem Antragsteller sei durch die Zuweisung kein bei einer Behörde angesiedeltes abstrakt-funktionelles Amt der Besoldungsgruppe A 12 übertragen worden, geht fehl. Die Beschwerde übersieht, dass es bei den privatrechtlich organisierten Unternehmen der DTAG keine Ämterstruktur gibt, wie sie § 18 BBesG für Behörden vorsieht. Daher müssen die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit an die organisatorischen Gegebenheiten der DTAG angepasst werden (vgl. BVerwG vom 26.3.2009 BVerwGE 133, 297 ff.). Diese Aufgabe leistet § 8 PostPersRG. Danach findet § 18 BBesG mit der Maßgabe Anwendung, dass gleichwertige Tätigkeiten bei der Aktiengesellschaft als amtsgemäße Funktionen gelten. Der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung umfasst daher die auf Dauer angelegte Übertragung einer gleichwertigen Tätigkeit i.S. von § 8 PostPersRG bei einer Organisationseinheit der DTAG oder – unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 PostPersRG – bei einem Tochter- oder Enkelunternehmen oder einer Beteiligungsgesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist der Beschäftigungsanspruch eines bei der DTAG beschäftigten Beamten bei einer Zuweisung nach § 4 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 PostPersRG erfüllt, wenn ihm eine nach diesem Maßstab gleichwertige Tätigkeit zugewiesen wird, also eine Tätigkeit, die dem Amt (nur) entspricht, aber kein Amt im Sinn von öffentlich-rechtlicher Organisation von Amtsaufgaben ist. Die Zuweisung muss sich sowohl auf das dem Statusamt entsprechende abstrakte Tätigkeitsfeld des Beamten als auch auf die dem Statusamt und dem abstrakten Tätigkeitsfeld entsprechende konkrete Tätigkeit (Arbeitsposten) beziehen; denn nur so ist sichergestellt, dass die sich aus dem Status des Beamten ergebenden Rechte bei der Beschäftigung bei einem Tochter- oder Enkelunternehmen der DTAG gewahrt werden können. Da die aufnehmenden Unternehmen weder Dienstherrenbefugnisse besitzen noch an die beamtenrechtlichen Vorgaben gebunden sind, muss die Verwendung der Beamten auf einem amtsangemessenen Arbeitsposten durch die Zuweisung selbst sichergestellt werden (vgl. BayVGH vom 9.8.2011 Az. 6 CS 11.1405 [juris] RdNrn. 13 f. m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt die streitige Zuweisung, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt hat.

Dass die Wertigkeit der dem Antragsteller zugewiesenen Tätigkeit auf einer „Bündelung“ beruht, ist entgegen der Ansicht der Beschwerde nicht zu beanstanden. Ist ein Dienstposten „gebündelt“ bewertet, d.h. zwei oder wie hier mehreren statusrechtlichen Ämtern derselben Laufbahngruppe zugeordnet, so ist er für jeden Beamten amtsangemessen, der sich in einem dieser Ämter befindet (BVerwG vom 25.1.2007 Az. 2 A 2.06 [juris]). Der hier den Statusämtern und den Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 zugeordnete „gebündelte“ Dienstposten eines Referenten stellt also für den Antragsteller eine amtsangemessene Tätigkeit dar. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2011 (Az. 2 C 19.10 NVwZ 2011, 1270 ff.) steht dem nicht entgegen. Es befasst sich mit einem Beförderungsranglistensystem auf der Grundlage gebündelter Dienstposten, nicht aber mit der hier in Streit stehenden Frage der amtsangemessenen Beschäftigung (vgl. BayVGH vom 7.11.2011 Az. 6 CS 11.1794; NdsOVG vom 4.10.2011 Az. 5 ME 263/11). Der Senat hält daher an seiner bisherigen Auffassung fest, dass die dem Dienstherrn insoweit eingeräumte organisatorische Gestaltungsfreiheit eine gebündelte Dienstpostenbewertung zulässt, die mehr als zwei statusrechtliche Ämter derselben Laufbahngruppe umfasst (vgl. BayVGH vom 9.8.2011 Az. 6 CS 11.1405 [juris] RdNr. 18; vom 20.6.2011 Az. 6 CS 11.925 [juris] RdNrn. 16 f. m.w.N.).

Abgesehen davon, dass dies nicht ohne weiteres auf die Rechtmäßigkeit der Zuweisung „durchschlagen“ würde, sind schon keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Betrieb Technology als aufnehmendes Unternehmen den Antragsteller in Widerspruch zu der Zuweisung – unterwertig – beschäftigen würde. Soweit der Antragsteller insoweit vor allem meint, eine Vielzahl der ihm zugewiesenen Tätigkeiten habe er bisher nicht ausgeführt und auch nicht ausführen können, weil sie gar nicht vorhanden seien, hat die Antragsgegnerin substantiiert das Aufgabenspektrum des „Referent Technik Vorleistungsportfolio“ dargetan und insoweit – wie auch zutreffend das Verwaltungsgericht – darauf hingewiesen, dass der Antragsteller nach Jahren der Nichtbeschäftigung erst einmal richtig ankommen müsse und nicht erwarten könne, schon in den ersten Arbeitsmonaten alles vermittelt zu bekommen.

Soweit der Antragsteller die Zuweisung aus gesundheitlichen Gründen vor allem wegen der Fahrzeiten zum Dienstort M. für unzumutbar hält, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Das Verwaltungsgericht hat sich ausführlich zur Frage der Zumutbarkeit der Dauer des Weges zur Arbeitsstätte geäußert und auf dieser Grundlage plausibel ausgeführt, dass die im fachärztlichen Attest vom 4. August 2011 genannten Vorgaben eingehalten werden. Dass die täglichen Fahrten vom Wohnort an den Arbeitsort in M. dem Antragsteller dennoch unzumutbar wären, ergibt sich auch unter Berücksichtigung der von der Beschwerde genannten Wegezeiten nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 1, §53 Abs. 2 Nr. 2 i.V. mit § 52 Abs. 1 und 2 GKG und beträgt nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Hälfte des Auffangwerts.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).