Bayerischer VGH, Beschluss vom 23.11.2011 - 11 BV 11.1315
Fundstelle
openJur 2012, 119040
  • Rkr:
Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 22. April 2010 wird aufgehoben.

II. Die Klage wird abgewiesen.

III. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor Vollstreckungsbeginn Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.500,-- € festgesetzt.

Tatbestand

Die am 9. März 1990 geborene Klägerin, die nach Aktenlage bis dahin im Straßenverkehr nicht nachteilig in Erscheinung getreten war, erwarb am 22. November 2006 in Tschechien eine Fahrerlaubnis der Klasse A1. Im Feld 8 des ihr am gleichen Tag durch den Rat der Stadt Stíbro ausgestellten Führerscheins ist ein in der Bundesrepublik Deutschland liegender Ort eingetragen.

In der Folgezeit beantragte sie beim Landratsamt Schwandorf die Erweiterung dieser Fahrerlaubnis auf die Klassen B und A18. Die im Feld 8 des tschechischen Führerscheins vom 22. November 2006 genannte Gemeinde hielt am 2. November 2007 in den Akten fest, die Klägerin unterhalte dort von Geburt an ihren Hauptwohnsitz. Am 14. Januar 2008 händigte die Klägerin ihren tschechischen Führerschein dem Landratsamt zum Zwecke der "Umschreibung" in eine deutsche Fahrerlaubnis aus. Ihr Vater machte nach Aktenlage am gleichen Tag gegenüber dem Landratsamt mündlich geltend, die Klägerin habe sich "zum Zwecke einer Sprachenschulung" in Tschechien aufgehalten.

Im März 2008 erteilte ihr das Landratsamt eine Fahrerlaubnis der Klasse B, nachdem sie zuvor im Bundesgebiet die theoretische und praktische Fahrerlaubnisprüfung für diese Klasse erfolgreich abgelegt hatte.

Durch Bescheid vom 10. August 2009 stellte das Landratsamt fest, dass der der Klägerin am 22. November 2006 ausgestellte tschechische Führerschein sie nicht berechtige, in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge der Klasse A1 zu führen (Nummer 1 des Bescheidstenors). Unter der Nummer 2 des Tenors lehnte die Behörde den Antrag der Klägerin ab, diesen Führerschein in eine deutsche Fahrerlaubnis umzuschreiben. Zur Begründung führte das Landratsamt aus, die sich aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV ergebende Rechtsfolge trete kraft Gesetzes unabhängig davon ein, ob dem Inhaber einer von dieser Bestimmung erfassten Fahrerlaubnis zuvor eine deutsche Fahrerlaubnis entzogen worden sei. Da die tschechische Fahrerlaubnis der Klägerin in Deutschland ungültig sei, habe auch ihr Umschreibungsantrag abgelehnt werden müssen. Diesem Bescheid, der der Klägerin persönlich am 11. August 2009 zugestellt wurde, war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, der zufolge gegen ihn innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe entweder Widerspruch eingelegt oder unmittelbar Klage erhoben werden könne.

Am 14. August 2009 legte die Klägerin durch ihren anwaltlichen Bevollmächtigten gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Die Regierung der Oberpfalz vertrat nach der Vorlage dieses Rechtsbehelfs an sie gegenüber dem Landratsamt die Auffassung, ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 10. August 2009 sei unstatthaft. Mit Schreiben vom 26. August 2009, nach Aktenlage zur Post gegeben am gleichen Tag, führte das Landratsamt daraufhin gegenüber dem Bevollmächtigten der Klägerin aus, dem Bescheid vom 10. August 2009 sei nicht die zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt worden. Als Anlage zu dem Schreiben vom 26. August 2009 wurde eine Rechtsbehelfsbelehrung übersandt, wonach gegen diesen Bescheid innerhalb eines Monats nach seiner Bekanntgabe Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erhoben werden könne.

Mit Schreiben an das Landratsamt vom 7. Oktober 2009 erkundigte sich der Bevollmächtigte der Klägerin nach dem Stand des Widerspruchsverfahrens. In Beantwortung dieser Anfrage wies das Landratsamt den Bevollmächtigten der Klägerin am 9. Oktober 2009 schriftlich darauf hin, dass ihm mit Schreiben vom 26. August 2009 die für den Bescheid vom 10. August 2009 zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung übersandt worden sei.

Mit der am 23. Dezember 2009 zum Verwaltungsgericht Regensburg erhobenen Klage beantragte die Klägerin bei Schluss der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug, den Bescheid vom 10. August 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die beantragte Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis der Klasse A1 in eine deutsche Fahrerlaubnis der gleichen Klasse vorzunehmen.

Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen.

Durch Urteil vom 22. April 2010 hob das Verwaltungsgericht den Bescheid vom 10. August 2009 auf und verpflichtete den Beklagten, der Klägerin eine Fahrerlaubnis der Klasse A1 zu erteilen. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, die Klage sei zulässig, da die Klägerin nicht zutreffend über den gegen den Bescheid vom 10. August 2009 eröffneten Rechtsbehelf belehrt worden sei. Die in solchen Fällen geltende Jahresfrist habe sie eingehalten. Der Zugang der Schreiben vom 26. August 2009 und vom 9. Oktober 2009, mit denen das Landratsamt den hinsichtlich der Rechtsbehelfsbelehrung unterlaufenen Fehler zu heilen versucht habe, sei nicht nachgewiesen; das letztgenannte Schreiben erfülle zudem nicht die Anforderungen, die an eine wirksame Nachholung der Belehrung zu stellen seien. Begründet sei die Klage deshalb, weil ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis im Sinn von § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV, wie er hier vorliege, für sich alleine nicht genüge, damit eine ausländische EU-Fahrerlaubnis nicht anerkannt zu werden brauche. Berechtige die tschechische Fahrerlaubnis der Klasse A1 die Klägerin aber dazu, Kraftfahrzeuge im Inland zu führen, sei der Beklagte verpflichtet, ihr eine deutsche Fahrerlaubnis dieser Klasse zu erteilen, da auch die übrigen Voraussetzungen des § 30 FeV erfüllt seien.

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassen Berufung beantragt der Beklagte,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Für die Inlandsungültigkeit einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis reiche es aus, dass allein die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV erfüllt seien.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Durch Beschluss vom 13. August 2010 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof das ursprünglich unter dem Aktenzeichen 11 BV 10.1463 geführte Berufungsverfahren bis zum Abschluss des durch den Vorlagebeschluss des Senats vom 16. März 2010 (DAR 2010, 414) vor dem Europäischen Gerichtshof eingeleiteten Vorabentscheidungsverfahrens ausgesetzt. Nach dem Erlass des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Mai 2011 (DAR 2011, 385) wurde das Berufungsverfahren unter dem jetzigen Aktenzeichen fortgesetzt.

Mit Schreiben vom 4. Juli 2011 hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Klägerin unter Fristsetzung und unter Hinweis auf die prozessuale Wahrheitspflicht (§ 138 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 173 VwGO) aufgefordert, sich darüber zu erklären, ob sie sich die Behauptung ihres Vaters zu Eigen macht, sie habe sich zum Zweck einer Sprachenschulung in Tschechien aufgehalten. Bejahendenfalls wurde ihr aufgegeben, die Einzelheiten dieser Ausbildung detailgenau darzustellen und (vom Gericht näher bezeichnete) Nachweise hierüber vorzulegen.

Die Klägerin ließ diese gerichtliche Zuleitung unbeantwortet. Stattdessen machte sie mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 17. August 2011 geltend, in ihrem Fall bestünden besondere Umstände, die den sich aus der Eintragung eines deutschen Wohnortes in den tschechischen Führerschein ergebenden Anschein eines Verstoßes gegen das Wohnsitzerfordernis entkräften würden. Sie habe sich zusammen mit ihrem Ehemann im Auftrag einer schweizer Firma, bei der ihr Ehemann arbeite, fast ein Jahr lang in der Tschechischen Republik aufgehalten. Diese Hintergründe seien der tschechischen Behörde, die den Führerschein ausgestellt habe, mitgeteilt und belegt worden. Gleichzeitig legte die Klägerin dem Verwaltungsgerichtshof ein in tschechischer Sprache verfasstes Schreiben ihres Bevollmächtigten an den Rat der Stadt Stíbro vom 15. Juli 2011 vor, das nach ihrer Darstellung die Anfrage zum Gegenstand hatte, ob überprüft worden sei, dass sie sich zusammen mit ihrem Ehemann für mehr als sechs Monate beruflich in der Tschechischen Republik aufgehalten und dort gewohnt habe, und dass ihr und ihrem Ehemann deswegen eine tschechische Fahrerlaubnis erteilt worden sei. Der Rat der Stadt Stíbro erwiderte am 4. August 2011, die sich auf die Klägerin beziehende Akte befinde sich beim kriminalpolizeilichen Ermittlungsdienst in Tachov. Solange diese Untersuchung nicht abgeschlossen sei, könne der Rat der Stadt Stíbro der Klägerin keine Bestätigung über die Ausstellung des Führerscheins erteilen. Die Klägerin bat, ihr eine Frist von vier Wochen einzuräumen, da sie davon ausgehe, dass die ausstellende Behörde innerhalb dieser Zeitspanne eine Stellungnahme übermitteln werde.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, eine vom Rat der Stadt Stíbro erteilte Auskunft sei unabhängig von ihrem Inhalt entscheidungsunerheblich. Nach der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs handele es sich bei der Wohnsitzangabe in einem Führerschein um eine unbestreitbare Information, aufgrund derer sich unmittelbar feststellen lasse, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein (ABl L 237 vom 24.8.1991) aufgestellte Wohnsitzvoraussetzung im Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins nicht erfüllt war. Diese unbestreitbare Information sei, wie sich bereits anhand des Wortlauts aufdränge, unwiderleglich. Die einzige, bereits unmittelbar in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG angelegte Ausnahme von dieser Unwiderleglichkeit sei die Eigenschaft als Student. Wegen der Unwiderleglichkeit der im Führerschein enthaltenen, das Fehlen eines Wohnsitzes in Tschechien betreffenden Angabe könne die Klägerin keinen Gegenbeweis führen. Selbst wenn vor der Ausstellung dieses Dokuments ein Wohnsitz in Tschechien bestanden haben sollte, würde sich nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der formale Verstoß, der darin bestehe, dass vor der Erteilung der Fahrerlaubnis eine Prüfung der Wohnsitzvoraussetzung entweder unterlassen oder fehlerhaft durchgeführt worden sei, gegenüber der materiellen Rechtslage durchsetzen.

Dem Verwaltungsgerichtshof hat außer den in beiden Rechtszügen angefallenen Gerichtsakten der die Klägerin betreffende Vorgang des Landratsamts Schwandorf vorgelegen.

Gründe

Über die zulässige Berufung konnte der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 130 a Satz 1 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss befinden, da er sie einstimmig für begründet erachtet. Im Hinblick darauf, dass der Sachverhalt - soweit es auf ihn entscheidungserheblich ankommt - feststeht und die durch den Rechtsfall aufgeworfenen Fragen geklärt sind, bedurfte es auch keiner mündlichen Verhandlung. Die Beteiligten wurden zu dieser Verfahrensgestaltung mit gerichtlichem Schreiben vom 10. August 2011 und, nachdem sie sich in der Folgezeit erneut zur Sach- bzw. zur Rechtslage geäußert hatten, nochmals mit Schreiben vom 2. November 2011 gehört.

1. Die Klage ist zulässig, obwohl die Klägerin das auf Aufhebung des Bescheids vom 10. August 2009 gerichtete Klagebegehren erst am 23. Dezember 2009 beim Verwaltungsgericht anhängig gemacht hat und der auf Verpflichtung des Beklagten zur Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis abzielende Antrag erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellt wurde. Denn beide Rechtsschutzbegehren wurden innerhalb offener Klagefrist eingereicht.

Hinsichtlich des in der Nummer 1 des streitgegenständlichen Bescheids enthaltenen feststellenden Ausspruchs ist jedenfalls bei isolierter Betrachtung ein Vorverfahren gemäß Art. 15 Abs. 2 AGVwGO unstatthaft, da insoweit keine "personenbezogene Prüfungsentscheidung" im Sinn von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 6 AGVwGO vorliegt (vgl. BayVGH vom 19.3.2009 Az. 11 CE 08.3100 <juris> RdNr. 17; vom 24.3.2009 Az. 11 CS 08.3273 <juris> RdNr. 12; vom 28.4.2009 Az. 11 CS 09.350/11 C 09.355 <juris> RdNr. 20; vom 27.5.2010 Az. 11 CE 10.318 <juris> RdNr. 7). Dahinstehen kann, ob die ursprüngliche Rechtsauffassung des Landratsamts zutrifft, hinsichtlich der in der Nummer 2 dieses Bescheids getroffenen Regelung bestehe das durch Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 Nr. 6 AGVwGO eröffnete Wahlrecht zwischen der Einlegung eines Widerspruchs und der sofortigen Erhebung einer Verpflichtungsklage deshalb, weil bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis auf der Grundlage des § 30 FeV im Hinblick auf die durch diese Vorschrift nicht abbedungene Bestimmung des § 22 Abs. 2 FeV eine Eignungsüberprüfung des Bewerbers prinzipiell erforderlich ist (vgl. zu dieser Überlegung der Behörde den zweiten Absatz in Abschnitt II des Vorlageschreibens an die Regierung vom 14.8.2009). Sollte dieser Rechtsmeinung zu folgen sein, der gleichsam eine "abstrakte" (d.h. eine auf das durch die zu vollziehende Norm vorgegebene Prüfprogramm abstellende) Betrachtungsweise zugrunde liegt, wäre die dem Bescheid vom 10. August 2009 ursprünglich beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung jedenfalls insoweit richtig gewesen. Sollte - was der Senat ebenfalls ausdrücklich dahinstehen lässt - darüber hinaus davon auszugehen sein, dass eine Rechtsbehelfsbelehrung, die auf das durch Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO eröffnete Wahlrecht hinweist, einem Bescheid stets dann beizufügen ist, wenn auch nur einer von mehreren in diesem Bescheid zusammengefassten Verwaltungsakte dem Katalog des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO unterfällt, wäre die vom Landratsamt verwendete Rechtsbehelfsbelehrung sogar zur Gänze richtig. Anders verhielte es sich, wenn beim Vollzug des Art. 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO - wie das die Regierung der Oberpfalz ersichtlich für geboten erachtet - von einer "konkreten Betrachtungsweise" auszugehen sein sollte und deshalb darauf abzustellen wäre, ob die Behörde im Rahmen der von ihr getroffenen Entscheidung tatsächlich personenbezogene Eignungs- oder Befähigungsmerkmale geprüft hat (bzw. sie solche Merkmale hätte prüfen müssen). Das wäre im gegebenen Fall zu verneinen, da das Landratsamt einen aus § 30 Abs. 1 FeV herrührenden Anspruch der Klägerin mit dem zutreffenden Argument verneint hat, ihre tschechische Fahrerlaubnis sei im Bundesgebiet ungültig, so dass für die ansonsten veranlasste Überprüfung ihrer Fahreignung kein Raum mehr war.

Sollte davon auszugehen sein, dass dem Bescheid vom 10. August 2009 eine entweder teilweise oder sogar zur Gänze zutreffende Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt war, hätte die Klägerin hiergegen innerhalb der Frist des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO einen zumindest partiell statthaften Widerspruch eingelegt. Da über diesen Rechtsbehelf nicht entschieden wurde, konnte die Klägerin jedenfalls nach Ablauf der in § 75 Satz 2 VwGO bezeichneten Frist - wie geschehen - in zulässiger Weise Klage erheben.

Sollte die Durchführung eines Vorverfahrens hinsichtlich des Bescheids vom 10. August 2009 demgegenüber entweder zur Gänze oder jedenfalls hinsichtlich der Nummer 1 des Tenors gemäß Art. 15 Abs. 2 AGVwGO ausgeschlossen gewesen sein, wäre die vom Landratsamt verwendete Rechtsbehelfsbelehrung (teilweise oder vollständig) unrichtig gewesen, so dass nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Erhebung sowohl der Anfechtungs- als auch der Verpflichtungsklage ein Jahr ab der Bekanntgabe des Bescheids zur Verfügung stand. Diese Zeitspanne war auch am 22. April 2010 noch nicht abgelaufen.

Das Verwaltungsgericht ging zutreffend davon aus, dass die Schreiben des Landratsamts vom 26. August 2009 und vom 9. Oktober 2009 den Fehler, der der Behörde bei der Auswahl der zutreffenden Rechtsbehelfsbelehrung ggf. unterlaufen ist, nicht zu heilen vermochten. Hinsichtlich des letztgenannten Schreibens folgt das schon daraus, dass es nicht wirksam zugestellt wurde. Denn der anwaltliche Bevollmächtigte der Klägerin hat das dem Schreiben des Landratsamts vom 9. Oktober 2009 beigefügte Empfangsbekenntnis selbst auf die ihm mittels Postzustellungsauftrags übermittelte Aufforderung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2011 hin nicht zurückgesandt; auch hat er ersatzweise keine schriftliche Erklärung darüber abgegeben, wann ihm das Schreiben vom 9. Oktober 2009 zugegangen ist. Die Voraussetzungen, unter denen ein Zustellungsmangel nach Art. 9 VwZVG als geheilt gilt, lassen sich insoweit ebenfalls nicht nachweisen. Gleichfalls nicht gesichert ist, dass der Klagebevollmächtigte das Schreiben vom 26. August 2009 erhalten hat. Auf einen unterbliebenen Zugang dieser Benachrichtigung deutet vor allem hin, dass der Klagebevollmächtigte bei seiner Nachfrage vom 7. Oktober 2009 ersichtlich immer noch davon ausging, der von ihm eingelegte Widerspruch stelle einen zur Anfechtung des Bescheids vom 10. August 2009 statthaften Rechtsbehelf dar.

2. Die Berufung ist begründet. Das Landratsamt hat in der Nummer 1 des Bescheids vom 10. August 2009 zutreffend festgestellt, dass die Klägerin nicht berechtigt ist, auf der Grundlage des ihr am 22. November 2006 in Stíbro ausgestellten Führerscheins (bzw. nach Maßgabe der diesem Dokument zugrunde liegenden Fahrerlaubnis) Kraftfahrzeuge der Fahrerlaubnisklasse A1 im Bundesgebiet zu führen. Da sie zudem auch gegenwärtig keinen Anspruch darauf besitzt, dass diese Fahrerlaubnis in eine deutsche Fahrerlaubnis der gleichen Klasse "umgeschrieben" (d.h. ihr eine deutsche Fahrerlaubnis der Klasse A1 unter den in § 30 FeV bezeichneten erleichterten Voraussetzungen erteilt) wird, war das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Inlandsungültigkeit der tschechischen Fahrerlaubnis der Klägerin ergibt sich aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Die Eintragung eines in der Bundesrepublik Deutschland liegenden Ortes im Feld 8 des Führerscheins vom 22. November 2006 beweist, dass die Behörde, die dieses Dokument ausgestellt hat, selbst davon ausging, dass die Klägerin damals in Deutschland wohnte.

Aufgrund dieser Eintragung steht zur Überzeugung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zugleich fest, dass sich ihr "ordentlicher Wohnsitz" im Sinn von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG seinerzeit nicht in der Tschechischen Republik befand. Zwar werden im Feld 8 eines EU-Führerscheins, sofern der jeweilige Mitgliedstaat dort überhaupt Eintragungen vornimmt, nach dem Anhang Ia zur Richtlinie 91/439/EWG nur der "Wohnort" oder der "Wohnsitz" (sowie ggf. die Postanschrift) des Inhabers vermerkt. Der Europäische Gerichtshof geht jedoch selbst davon aus, dass aus der Erwähnung eines nicht im Ausstellermitgliedstaat liegenden Ortes im Führerschein darauf geschlossen werden darf, dass sich im Zeitpunkt der Ausstellung dieses Dokuments der "ordentliche Wohnsitz" dieser Person nicht in diesem Land befunden hat. In seinen Urteilen vom 26. Juni 2008 (Wiedemann u. a., C-329/06 und C-343/06, Slg. 2008, I-4635, RdNr. 72; Zerche u. a., C-334/06 bis C-336/06, Slg. 2008, I-4691, RdNr. 69) hat er jeweils festgehalten, dass der Aufnahmemitgliedstaat befugt ist, die Anerkennung der von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Fahrerlaubnis dann abzulehnen, wenn sich "auf der Grundlage von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststellen lässt, dass die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439 aufgestellte Wohnsitzvoraussetzung zum Zeitpunkt der Ausstellung dieses Führerscheins nicht erfüllt war". Wenn in dieser Aussage im Anschluss an die Erwähnung der in einem ausländischen EU-Führerschein selbst enthaltenen Angaben als weitere eine Nichtanerkennung rechtfertigende Erkenntnisquellen die "anderen vom Ausstellermitgliedstaat stammenden unbestreitbaren Informationen" aufgeführt werden, so folgt daraus, dass der Europäische Gerichtshof Eintragungen in einem EU-Führerschein, die den Schluss auf die Nichterfüllung der Wohnsitzvoraussetzung zulassen, als eine "Teilmenge" der sonstigen vom Ausstellermitgliedstaat stammenden "unbestreitbaren Informationen" ansieht. Auch einschlägige Angaben in einem EU-Führerschein sind nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs mithin der Sache nach unbestreitbare, den Schluss auf eine Missachtung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG erlaubende Informationen (deren Herkunft vom Ausstellermitgliedstaat ohnehin außer Frage steht). Als in einem EU-Führerschein enthaltene Informationen, die einen Schluss auf die Nichtbeachtung des Wohnsitzerfordernisses zulassen, kommen aber nur die Eintragungen im Feld 8 eines solchen Dokuments in Frage, da nur sie sich überhaupt mit der Frage des Aufenthalts des Inhabers befassen.

Dafür, dass der Europäische Gerichtshof einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG ohne weiteres als dargetan ansieht, wenn im Feld 8 eines EU-Führerscheins ein nicht im Gebiet des Ausstellermitgliedstaates liegender Ort genannt wird, sprechen auch folgende Ausführungen im Urteil dieses Gerichts vom 13. Oktober 2011 ("Apelt", C-224/10, DAR 2011, 629/630):

"[34] In jedem Fall geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass sich der in diesem Führerschein ausgewiesene Wohnsitz in Deutschland befindet. Die Nichtbeachtung der den ordentlichen Wohnsitz betreffenden Voraussetzung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439 kann es bereits für sich genommen rechtfertigen, dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins ablehnt.

[35] Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs geht nämlich hervor, dass die Art. 1 Abs. 2, 7 Abs. 1 Buchst. b sowie 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439 es einem Aufnahmemitgliedstaat nicht verwehren, es abzulehnen, in seinem Hoheitsgebiet den von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein anzuerkennen, wenn aufgrund von Angaben in diesem Führerschein feststeht, dass die den ordentlichen Wohnsitz betreffende Voraussetzung nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie nicht beachtet wurde (…).

[36] Folglich waren die deutschen Behörden berechtigt, die Anerkennung eines Führerscheins, wie er Herrn A. von den tschechischen Behörden für Fahrzeuge der Klasse B ausgestellt wurde, abzulehnen."

Der Europäische Gerichtshof hat mithin aufgrund der Tatsache, dass in dem Führerschein, der dem durch das Urteil vom 13. Oktober 2011 (a.a.O.) abgeschlossenen Vorlageverfahren zugrunde lag, ein in Deutschland liegender Ort eingetragen war, selbst auf das Nichtvorhandensein eines ordentlichen Wohnsitzes und auf die daraus resultierende Nichtanerkennungsbefugnis des Aufnahmemitgliedstaates geschlossen. Hierbei war sich der Gerichtshof offenbar durchaus des Umstands bewusst, dass in das Feld 8 eines Führerscheins nur der "Wohnsitz" (bzw. der "Wohnort") eingetragen wird, während Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG jeweils vom "ordentlichen Wohnsitz" sprechen. Denn die vorstehend durch Fettdruck hervorgehobene unterschiedliche Wortwahl im Satz 1 der Randnummer 34 des Urteils vom 13. Oktober 2011 einerseits (dort werden die im streitgegenständlichen Führerschein enthaltenen Eintragungen referiert) und im Satz 2 dieser Randnummer sowie in der Randnummer 35 andererseits findet sich in gleicher Weise z.B. auch in der englischen und der französischen Fassung jener Entscheidung. In Übereinstimmung mit der Terminologie des Anhangs Ia der Richtlinie 91/439/EWG ist dort im Satz 1 der Randnummer 34 jeweils von "residence" bzw. "résidence" die Rede, während der Gerichtshof im Satz 2 dieser Randnummer und in der Randnummer 35 - wie in der englischen und französischen Fassung des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und des Art. 9 der Richtlinie 91/439/ EWG - die Begriffe "normal residence" bzw. "résidence normale" verwendet.

Bestätigt wird dieses Ergebnis dadurch, dass der Europäische Gerichtshof in der Randnummer 24 des Urteils vom 19. Mai 2011 (a.a.O., S. 386) im Anschluss an die in der Randnummer 23 jener Entscheidung erfolgte Wiedergabe der beiden in den Urteilen vom 26. Juni 2008 (a.a.O.) aufgestellten Kriterien, die den Aufnahmemitgliedstaat zur Nichtanerkennung einer im EU-Ausland erteilten Fahrerlaubnis berechtigen (d.h. der "Angaben im Führerschein" sowie der "anderen vom Ausstellermitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen"), davon spricht, in derartigen Fällen sei "die Wohnsitzvoraussetzung vom Ausstellermitgliedstaat offensichtlich nicht beachtet" worden.

Durch einen Führerschein, in dessen Feld 8 ein nicht im Ausstellerstaat liegender Ort eingetragen ist, wird mithin nach deutschem Verwaltungsprozessrecht der volle Beweis der Nichtbeachtung des Wohnsitzerfordernisses im Sinn von § 418 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 98 VwGO erbracht (vgl. zur Anwendbarkeit des § 418 Abs. 1 ZPO auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren BVerwG vom 15.7.1986 BayVBl 1987, 123; vom 7.10.1993 BayVBl 1994, 251; Geiger in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, RdNr. 27 zu § 98; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, RdNr. 18 zu § 98). Die Beweisregel des § 418 Abs. 1 ZPO greift auch bei ausländischen Urkunden ein (BVerwG vom 15.7.1986, a.a.O.; BGH vom 13.11.2001 NJW 2002, 521/522). In dem durch den Untersuchungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) geprägten verwaltungsgerichtlichen Verfahren bedeutet das, dass in solchen Fällen - sofern sich nicht die Unrichtigkeit des Schlusses aus der im Feld 8 enthaltenen Eintragung auf das Land des ordentlichen Wohnsitzes des Inhabers nachgerade aufdrängt - von Amts wegen durchzuführende Ermittlungen darüber, ob der Ausstellerstaat tatsächlich gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG verstoßen hat, nicht veranlasst sind.

Aus § 418 Abs. 2 ZPO i.V.m. § 98 VwGO folgt allerdings, dass es dem Beteiligten, zu dessen Nachteil sich die Beweisregel des § 418 Abs. 1 ZPO auswirkt, unbenommen bleibt, den Beweis der inhaltlichen Unrichtigkeit der im ausländischen Führerschein bezeugten Tatsache zu führen. Verwehrt ist ihm dieser Gegenbeweis nur insoweit, als die Beweisregel des § 417 ZPO reicht, d.h. hinsichtlich der Tatsache, dass die Behörde, die den ausländischen Führerschein ausgestellt hat, darin einen nicht im Hoheitsgebiet dieses Staates liegenden Ort eingetragen hat (vgl. zur Reichweite der Beweiswirkung des § 417 ZPO Leipold in Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1999, RdNr. 1 zu § 417; Schreiber in Münchener Kommentar zur ZPO, 3. Aufl. 2008, RdNr. 5 zu § 417; zum Ausschluss eines Gegenbeweises hinsichtlich der von § 417 ZPO umfassten Beweiswirkung mit Ausnahme des Nachweises der Unechtheit der öffentlichen Urkunde Leipold in Stein/Jonas, a.a.O., RdNr. 3 zu § 417; Schreiber in Münchener Kommentar zur ZPO, a.a.O., RdNr. 7 zu § 417; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 32. Aufl. 2011, RdNr. 2 zu § 417). Da sich die Beweiswirkung des § 417 ZPO nicht auf die inhaltliche Richtigkeit der behördlichen Erklärung erstreckt, steht es dem Inhaber eines ausländischen EU-Führerscheins insbesondere unbenommen, nicht nur den Nachweis zu führen, dass er tatsächlich im Ausstellermitgliedstaat gewohnt hat, sondern dass sich im Zeitpunkt der Ausstellung eines solchen Dokuments auch sein ordentlicher Wohnsitz im Sinn der Richtlinie 91/439/EWG dort befunden hat.

An einen auf die Widerlegung der Beweisregel des § 418 Abs. 1 ZPO abzielenden Gegenbeweis sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen (BGH vom 29.10.1986 NJW 1987, 1335). Erbracht ist dieser Beweis nur, wenn der volle Nachweis eines anderen Geschehensablaufs geführt wird (BVerwG vom 16.5.1986 NJW 1986, 2127/2128); der bloße Nachweis, dass der Inhalt der öffentlichen Urkunde möglicherweise unrichtig ist, genügt nicht (BVerwG vom 25.3.1982 Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 20).

In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist zu fordern, dass ein Beweisantritt, mit dem der Gegenbeweis im Sinn von § 418 Abs. 2 ZPO geführt werden soll, substantiiert ist (BVerwG vom 16.5.1986, a.a.O., S. 2128). Nach dem Vorbringen des Beweisführers muss ferner jedenfalls eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Unrichtigkeit der in der öffentlichen Urkunde bezeugten Tatsache sprechen (BVerwG vom 15.1.1970 Buchholz 310 § 70 VwGO Nr. 5; vom 13.11.1984 NJW 1985 1179/ 1180). Darüber hinaus muss sich aus dem Vorbringen des beweisbelasteten Beteiligten ergeben, dass die Auswertung des Erkenntnismittels, auf das er sich zum Zwecke der Widerlegung des Inhalts der öffentlichen Urkunde bezieht, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit die Unrichtigkeit der darin bezeugten Tatsachen ergeben wird (Lang in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010 RdNr. 243 zu § 98). Andernfalls könnte nämlich die Beweiskraft einer öffentlichen Urkunde stets durch die bloße Behauptung des Gegenteils unter Benennung z.B. des ausstellenden Amtsträgers als Zeugen entwertet werden (BVerwG vom 13.11.1984, a.a.O., S. 1180).

Das Vorbringen, mit dem die Klägerin darzutun versucht, dass es trotz der Eintragung im Feld 8 des ihr am 22. November 2006 ausgestellten Führerscheins nicht zu einem Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis gekommen ist, genügt diesen Anforderungen nicht einmal entfernt. Sie hat namentlich weder einen förmlichen Beweisantrag gestellt noch auch nur eine Beweisanregung formuliert, die der Verifizierung des nunmehrigen Vorbringens dienen sollen, ihr ordentlicher Wohnsitz habe sich am 22. November 2006 in der Tschechischen Republik befunden (vgl. zu der unter dieser Voraussetzung bei einem anwaltlich vertretenen Beteiligten eintretenden Verringerung der Anforderungen an die gerichtliche Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen z.B. BVerwG vom 26.6.1975 Buchholz 232 § 26 BBG Nr. 17; vom 22.2.1988 NVwZ 1988, 1019/1020). Nachzugehen wäre diesem Vorbringen deshalb nur dann, wenn sich eine dahingehende Sachverhaltsaufklärung angesichts des Vorbringens der Klagepartei aufdrängen würde.

Davon kann hier keine Rede sein. Die Klägerin hat, als das Landratsamt anlässlich des von ihr gestellten Antrags nach § 30 FeV die Inlandsgültigkeit ihrer tschechischen Fahrerlaubnis bezweifelte, durch ihren Vater zunächst sinngemäß geltend gemacht, die Begründung eines ordentlichen Wohnsitzes in Tschechien sei in ihrem Fall deshalb entbehrlich gewesen, weil sie sich als Sprachschülerin in jenem Land aufgehalten habe und deshalb die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG bezeichnete Ausnahme eingreife. Diese Erklärung ihres Vaters muss sie sich zurechnen lassen, da sie ihrem Vater - wenn auch erst nachträglich - eine sich auf das Verwaltungsverfahren beziehende Vollmacht erteilt hatte (vgl. Bl. 29 der Akte des Landratsamts); hierin liegt eine konkludente Billigung des bisherigen Tätigwerdens des Vertreters. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof die Klägerin zu einem substantiierten diesbezüglich Vortrag und zur Angabe von Beweismitteln aufgefordert hatte, hat sie dieses Ersuchen, obwohl es mit einer Präklusionsandrohung im Sinn von § 87 b Abs. 2 VwGO verbunden war, ohne Angabe von Gründen unerledigt gelassen. Das rechtfertigt die Annahme, dass diese Einlassung nicht den Tatsachen entsprach.

Erstmals nachdem das Berufungsgericht am 10. August 2011 darauf hingewiesen hatte, dass eine Entscheidung nach § 130 a VwGO in Betracht kommt, hat die Klägerin sodann behauptet, sie habe sich mit ihrem Ehemann mehr als sechs Monate lang in Tschechien aufgehalten. Gründe irgendwelcher Art, warum sie diesen Gesichtspunkt nicht bereits im Verwaltungsverfahren, spätestens aber während des erstinstanzlichen Rechtsstreits vorgetragen hat, wurden weder genannt noch sind sie erkennbar. Erkenntnismittel, die die Richtigkeit dieser Behauptung stützen, wurden nicht vorgelegt, obwohl bei einer beruflichen Abordnung in das Ausland praktisch unausweichlich Schriftstücke in großer Zahl (Meldebescheinigungen, Verträge über die Anmietung von Wohnraum, Unterlagen über die Erstattung von Umzugs- oder Reisekosten durch den Arbeitgeber des Ehemannes u.v.a.m.) anfallen, durch die ein solcher Aufenthalt ohne weiteres hätte belegt werden können.

Verstärkt wird der Eindruck, dass die Klägerin erneut einen nicht zutreffenden Sachverhalt behauptet hat, durch den Umstand, dass auch die Behauptung ihres Bevollmächtigten, er habe in Tschechien nachgefragt, ob überprüft worden sei, dass sich die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann mehr als sechs Monate lang beruflich in jenem Land aufgehalten und sie dort gewohnt habe, nicht zutrifft. Die vom Verwaltungsgerichtshof veranlasste Übersetzung der Anfrage vom 15. Juli 2011 hat nämlich ergeben, dass der Rat der Stadt Stíbro nicht etwa derartige konkrete Tatsachen mitteilen, sondern er lediglich in allgemein gehaltener Form bestätigen sollte, dass der Führerschein der Klägerin "nach den gültigen Rechtsvorschriften zum Erwerb der Fahrerlaubnis ausgestellt wurde".

Vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass die Klägerin zu jenem großen Personenkreis gehört, denen ein in Stíbro tätiger Fahrprüfer in den Jahren von 2004 bis 2006 unter Mitwirkung Dritter auf unrechtmäßige Weise Fahrerlaubnisse verschafft hat (vgl. die als Blatt 7 bis 17 in der Akte des Landratsamts befindlichen, von deutschen und tschechischen Polizeidienststellen stammenden Schriftstücke). Verstärkt wird dieser Verdacht durch den Umstand, dass der Rat der Stadt Stíbro am 4. August 2011 ausgeführt hat, der die Klägerin betreffende Vorgang befinde sich nach wie vor bei der Kriminalpolizei. Dieser Vorgang gehört offenbar zu jenen 1.500 sich auf Ausländer beziehenden Fahrerlaubnisakten, die die Abteilung für Wirtschaftskriminalität der Kriminalpolizei Tachov eigener Darstellung zufolge am 8. Februar 2007 bei der Führerscheinstelle der Stadt Stíbro sichergestellt hat.

Erfordert es das Vorbringen in der Zuschrift des Klagebevollmächtigten vom 17. August 2011 aber nicht, gerichtliche Maßnahmen zur Aufklärung der Richtigkeit der dort aufgestellten Behauptung zu ergreifen, kann auf sich beruhen, ob die am 26. Juni 2008 und in der Zeit danach erlassenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, in denen die Erkenntnismittel bezeichnet wurden, die den Aufnahmestaat zur Nichtanerkennung einer ausländischen EU-Fahrerlaubnis berechtigen, so zu verstehen sind, dass Angaben im Führerschein oder andere, vom Ausstellermitgliedstaat herrührende unbestreitbare Informationen, die den Schluss auf eine Missachtung des Wohnsitzerfordernisses bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis gestatten, unmittelbar kraft europäischen Rechts keinem Gegenbeweis zugänglich sein sollen. Denn in diesem Fall müsste dem Vorbringen im Schriftsatz vom 17. August 2011 erst recht nicht nachgegangen werden. Ebenfalls dahinstehen kann, ob ein solcher Gegenbeweis, sollte er unter europarechtlichem Blickwinkel überhaupt geführt werden können, nur durch bestimmte Beweismittel (z.B. durch Erklärungen von Behörden des Ausstellerstaates) erbracht werden kann.

Auf sich beruhen kann vor diesem Hintergrund ferner, ob der Verwaltungsgerichtshof überhaupt gehalten gewesen wäre, mit einer Entscheidung über die Berufung zuzuwarten, bis die vier Wochen verstrichen waren, innerhalb derer die Klägerin hoffte, die von ihr angeforderte Erklärung der Stadtverwaltung Stíbro beibringen zu können. Jedenfalls nachdem seither das Dreifache der von ihr in diesem Zusammenhang benannten Zeitspanne verstrichen ist, besteht für ein weiteres Zuwarten keine Notwendigkeit mehr.

Auf den Umstand, dass gegen die Klägerin vor dem Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis im Bundesgebiet keine Maßnahme im Sinn von Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG ergriffen wurde, kommt es in vorliegendem Zusammenhang nicht an. Denn nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 19. Mai 2011 (a.a.O.) genügt der bloße, in bestimmter Weise nachgewiesene Verstoß gegen das sich aus Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/439/EWG ergebende Wohnsitzerfordernis, um die Nichtanerkennungsbefugnis des Aufnahmemitgliedstaates auszulösen.

Besitzt die Klägerin aber keine im Bundesgebiet gültige Fahrerlaubnis der Klasse A1, kann sie nicht verlangen, dass ihr eine entsprechende deutsche Fahrerlaubnis unter den in § 30 Abs. 1 FeV bezeichneten erleichterten Voraussetzungen erteilt wird. Denn diese Möglichkeit besteht nach dem Wortlaut der genannten Bestimmung nur für Inhaber einer ausländischen EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland berechtigt oder berechtigt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe im Sinn von § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Wegen der Streitwerthöhe wird auf den zwischen den Beteiligten des gleichen Verfahrens ergangenen Beschluss des Senats vom 17. Juni 2010 (Az. 11 C 10.1352 <juris>) verwiesen.