Bayerischer VGH, Beschluss vom 24.10.2011 - 8 ZB 10.957
Fundstelle
openJur 2012, 118507
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 7.500,- € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger ist Eigentümer des an der Einmündung der N… Straße in den Z… Weg gelegenen Grundstücks FlNr. 724/47 der Gemarkung S… und betreibt dort einen Großhandel mit Reinigungsgeräten. Die Beklagte verlegte im Frühjahr 2008 ein Teilstück des Z… Wegs um rund 180 m in südwestliche Richtung und schloß dieses an die C… Straße an. Zugleich stellte sie einen Anschluss der zuvor eine Sackgasse bildenden N… Straße an den Z… Weg (neu) her.

Am 15. April 2008 beschloss der Ausschuss für Stadtplanung, Verkehr, Umwelt- und Wohnungsfragen der Beklagten die „Widmung“ des neu hergestellten Teilstücks des Z… Wegs als „Ortsstraße nach Art. 53 Nr. 3 BayStrWG“ im Wege der Verkehrsfreigabe nach Art. 6 Abs. 7 BayStrWG. Zugleich zog er unter Berufung auf Art. 8 Abs. 6 BayStrWG ein Teilstück des Z… Wegs mit dem Anfangspunkt „Einmündung in die E… Straße“ und dem Endpunkt „Verlängerung der Südostgrenze des Grundstücks FlNr. 758/3 Gemarkung S…“ ein. Die genannten „Verfügungen“ wurden im Amtsblatt der Beklagten vom 9. Februar 2009 veröffentlicht, wobei nunmehr eine Widmung des neuen Teilstücks des Z… Wegs als „Ortsstraße nach Art. 46 Nr. 2 BayStrWG“ erfolgt sein soll. Schließlich wurde die „Widmungsverfügung“ im Amtsblatt vom 16. März 2009 dahingehend „berichtigt“, dass eine Widmung zur Gemeindeverbindungsstraße vorliege.

Mit seiner zum Verwaltungsgericht Regensburg erhobenen Anfechtungsklage wandte sich der Kläger sowohl gegen die Widmung wie auch die Einziehung der genannten Teilstücke des Z… Wegs. In der Folge beantragte er zusätzlich hilfsweise die Feststellung von deren Rechtswidrigkeit. Er machte geltend, durch die straßenrechtlichen Maßnahmen würde ihm ein existentieller Standortvorteil genommen. Ferner seien Schäden an seinem Gebäude durch nunmehr die N… Straße nutzenden Schwerlastverkehr zu erwarten. Die Verlegung des Z… Wegs zerstöre darüber hinaus ein kartiertes Biotop. Schließlich diene die Einziehung ausschließlich den privatwirtschaftlichen Interessen eines im Gewerbegebiet ansässigen Herstellers von Senf zur Betriebserweiterung. Ihm hingegen sei unter Hinweis auf Natur- und Umweltschutzgründe die Erweiterung seines Betriebs in nordwestlicher Richtung wiederholt versagt worden.

Mit Urteil vom 4. März 2010 (Az. RO 2 K 09.377) hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Widmung des neugeschaffenen Teilstücks des Z… Wegs sei sie bereits unzulässig, da dem Kläger – das Vorliegen eines tauglichen Klagegegenstandes unterstellt – keine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO zukomme. Hinsichtlich der Einziehung erweise sich die Klage jedenfalls als unbegründet, da sie den Kläger nicht in seinen Rechten als Straßenanlieger verletze. Ohne Erfolg bleibe schließlich auch die hilfsweise erhobene, im Ergebnis aber unzulässige Feststellungsklage.

Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sowie das Vorliegen eines Verfahrensmangels geltend macht.

Während des Zulassungsverfahrens hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 31. Mai 2011 mitgeteilt, dass aus ihrer Sicht eine Erledigung der Hauptsache eingetreten sei, da mit Verfügungen vom 1. Juli 2010 und 6. Dezember 2010 eine nunmehr ordnungsgemäße Widmung, Einziehung und Umstufung von Straßenteilstücken im Bereich des Z… Wegs erfolgt sei, gegen die der Kläger seinerseits keine Einwendungen erhoben habe und die folglich in Bestandskraft erwachsen seien. Bereits vorab werde einer Erledigungserklärung des Klägers unter Verwahrung gegen die Kostenlast zugestimmt.

Mit Schriftsatz vom 2. September 2011 hat der Kläger daraufhin seinen Zulassungsantrag umgestellt; er begehrt nunmehr im Berufungsverfahren die Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitbefangenen Verfügungen der Beklagten „zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Antragsgegnerin“. Dem ist die Beklagte mit dem Hinweis auf ein fehlendes Feststellungsinteresse des Klägers entgegengetreten. Bislang habe letzterer weder gegenüber der Beklagten Schadensersatz geltend gemacht noch konkrete Schadenspositionen benannt. Ein etwaiger Amtshaftungsprozess erscheine offensichtlich aussichtlos.

Aus der Veröffentlichung im Amtsblatt der Beklagten vom 12. Juli 2010 (S. 109) ergibt sich, dass die Neubaustrecke des Z… Wegs mit dem Anfangspunkt „Buskehre in der Straße Z… Weg“ und dem Endpunkt „C… Straße“ zur Gemeindeverbindungsstraße und die Teilstrecke der N… Straße mit dem Anfangspunkt „Z… Weg“ und dem Endpunkt „Nordostgrenze des Grundstücks FlNr. 724/48 Gemarkung S…“ mit Verfügung vom 1. Juli 2010 zur Ortsstraße gewidmet wurden. Weiter enthält das Amtsblatt der Beklagten vom 20. Dezember 2010 (S. 307) die Einziehungsverfügung betreffend das Straßenteilstück des bisherigen Z… Wegs mit dem Anfangspunkt „E… Straße“ und dem Endpunkt „N… Straße“ nach Art. 8 BayStrWG sowie die Umstufung der verbleibenden Reststücke des (alten) Z… Wegs zur Ortsstraße.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Verfahrensakte der Beklagten verwiesen.

II.

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, da nach Erledigung der Hauptsache während des Zulassungsverfahrens (1.) die im Berufungsverfahren zu verfolgende Fortsetzungsfeststellungsklage mangels hinreichender Darlegung eines besonderen Feststellungsinteresses des Klägers unzulässig ist (2.).

1. Durch die bestandskräftige Widmung des 2008 neu errichteten Teilstücks des Z… Wegs durch die Beklagte mit Verfügung vom 1. Juli 2010 ebenso wie durch die bestandskräftige Einziehung eines Teilstücks des „alten“ Z… Wegs hat sich der Verwaltungsrechtsstreit um die Rechtmäßigkeit der Verfügungen vom 15. April 2008 erledigt, da deren Aufhebung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren für den Kläger keine Rechtwirkung mehr entfalten würde (vgl. BayVGH vom 31.3.2009 Az. 11 ZB 07.630 <juris> RdNr. 8 ff. m.w.N.). Aus dieser Veränderung der prozessualen Situation während des laufenden Berufungszulassungsverfahrens hat der Kläger die notwendige Konsequenz gezogen und seine Klage für das angestrebte Berufungsverfahren zulässigerweise auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2010, RdNr. 43 zu Vorbem. § 124). Diese umfasst auch den im erstinstanzlichen Verfahren hilfsweise begehrten Feststellungsausspruch, für den dem Kläger, so er ihn isoliert weiter verfolgte, jedenfalls das erforderliche Feststellungsinteresse fehlen würde.

2. Für die bei Durchführung eines Berufungsverfahrens zu treffende Feststellung der Rechtswidrigkeit der ursprünglich angefochtenen Verwaltungsakte besteht für den Kläger indes nur dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn im Zulassungsverfahren die Erheblichkeit der in Rede stehenden Rechtsfrage dargelegt, mithin ein besonderes Feststellungsinteresse im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO geltend gemacht wird (vgl. BayVGH vom 1.8.2011 Az. 8 ZB 11.345 <juris>; vom 21.12.2010 GewArch 2011, 217 f.; Niedersächsisches OVG vom 17.8.2006 NVwZ-RR 2007, 67 f.; Happ in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, RdNr. 78b zu § 124a). Ist – wie im vorliegenden Fall – das erledigende Ereignis nach Ablauf der Frist für die Begründung des Zulassungsantrags eingetreten, kann auch das Fortsetzungsfeststellungsinteresse noch nach Fristablauf dargelegt werden (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, RdNr. 341a zu § 124a m.w.N.)

An dem erforderlichen Vortrag zum Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Der Kläger führt im Schriftsatz vom 2. September 2011 lediglich aus, er beabsichtige die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die Beklagte. Eine derart vage Behauptung der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses reicht zur Begründung des besonderen Feststellungsinteresses nicht aus (vgl. OVG Mecklenburg-Vorp. vom 27.5.2010 ZfB 2010, 145 f.). Den Kläger trifft vielmehr die Verpflichtung, substantiiert darzutun, was er konkret anstrebt (Niedersächsisches OVG vom 12.11.2007 Az. 2 LA 423/07 <juris> RdNr. 8). Dem Erfordernis, insoweit konkrete Angaben zum behaupteten Schaden bzw. zur Schadenshöhe zu machen (Schmidt in Eyermann, VwGO, RdNr. 87 zu § 113; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, RdNr. 278 zu § 113), wird er, wie die Beklagte zutreffend einwendet, nicht einmal ansatzweise gerecht. Damit sind die Voraussetzungen des besonderen Feststellungsinteresses aufgrund der konkret beabsichtigten Führung eines Amtshaftungs- oder Entschädigungsprozesses nicht dargelegt. Auf die weitere, von der Beklagten thematisierte Frage der Erfolgsaussichten eines derartigen Haftungsprozesses kommt es daher nicht mehr entscheidungserheblich an. Schließlich zeigt der Kläger auch das Vorliegen der Voraussetzung einer der weiteren Fallgruppen des besonderen Feststellungsinteresses im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht auf. Der Zulassung der Berufung steht mithin die Unzulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage des Klägers entgegen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Streitwert bestimmt sich nach § 52 Abs. 1 GKG in Verbindung mit Nummer 43.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 7./8. Juli 2004.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das verwaltungsgerichtliche Urteil rechtskräftig, § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO.