Bayerischer VGH, Urteil vom 14.09.2011 - 9 N 10.2275
Fundstelle
openJur 2012, 118111
  • Rkr:
Tenor

I. Die 2. Änderung des Bebauungsplans „Innenstadt“ Vorhaben- und Erschließungsplan Hochhaus A…straße – Tricyan Tower – Altstadt Nr. 25.2 – ist unwirksam.

II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Gegenstand des Normenkontrollverfahrens ist die 2. Änderung des Bebauungsplans „Innenstadt“ Vorhaben- und Erschließungsplan Hochhaus A…straße – „Tricyan Tower“.

Die Planung betrifft einen anstelle eines ehemaligen Verwaltungsgebäudes der Antragsgegnerin in Würzburg auf den Grundstücken Fl.Nrn. 10089, 10090 und Teilflächen der Grundstücke Fl.Nrn. 10103, 10088, 10091 und 10093/2 (A…straße … – …) zu errichtenden Neubau. Dort steht bisher ein ab 1929 als achtgeschossiges Bürogebäude im Auftrag der Antragsgegnerin errichteter Altbau („Ämterhochhaus“) mit einem rückwärtigen viergeschossigen Anbau. Das als Betonskelettbau errichtete damals erste Hochhaus in der Stadt sowie in Nordbayern überstand die Bombardierung am 16. März 1945 weitgehend unzerstört. Die Fassade wurde 1951 wieder instandgesetzt und steht als Einzeldenkmal in der Denkmalschutzliste. Mit einer Traufhöhe von 28 m übersteigt der Altbau die angrenzenden Bauten aus dem Barock und der Gründerzeit deutlich und sprengt insoweit die Maßstäblichkeit des Altstadtensembles.

Nachdem im August 2004 ein Betonteil des Gebäudes aus ca. 28 m Höhe herabgefallen war, erfolgte eine umgehende Untersuchung. Dabei wurde festgestellt, dass die erforderlichen Sicherheitsbeiwerte für eine dauerhafte Tragfähigkeit vieler schadhafter Betonteile nicht mehr gegeben waren. Hierauf erfolgte die Räumung des Gebäudes. Die Antragsgegnerin schrieb als Eigentümerin der Grundstücke im März 2007 ein Investorenangebotsverfahren aus mit dem Ziel, das Gebäude wegen irreparabler Schäden der Bausubstanz abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen.

Am 11. Dezember 2008 beantragte die Beigeladene bei der Antragsgegnerin die Einleitung des Aufstellungsverfahrens für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Die Antragsgegnerin stellte daraufhin den Vorhaben- und Erschließungsplan als Bebauungsplan der Innenentwicklung gemäß § 13 a BauGB auf und wendete dabei das vereinfachte Verfahren an. Die ortsübliche Bekanntmachung des Einleitungs- und des Auslegungsbeschlusses jeweils vom 22. Januar 2009 erfolgte unter dem 30. September 2009, die öffentliche Auslegung in der Zeit vom 8. Oktober 2009 bis 13. November 2009, die Fassung des Satzungsbeschlusses am 15. Juni 2010, die Ausfertigung des Bebauungsplans am 23. Juli 2010 und dessen öffentliche Bekanntmachung am 30. Juli 2010.

Das städtebauliche Konzept des im Bebauungsplan vorgesehenen Neubaus orientiert sich hinsichtlich seiner Nutzung am umgebenden Bestand. Auf den durch den Abriss des Ämterhochhauses freiwerdenden Grundstücken soll ein Wohn- und Geschäftshaus mit Einzelhandels- und Dienstleistungsnutzungen sowie Wohnungen in den Obergeschossen errichtet werden. Die Größe des Geltungsbereichs beträgt 0,093 ha, davon werden 0,077 ha als Kerngebiet festgesetzt. Der Geltungsbereich des Bebauungsplans umfasst die Grundstücke mit den Fl.Nrn. 10103 und 10089 (im Eigentum der Antragsgegnerin) sowie 10090 (im Eigentum der Beigeladenen). Außerdem befinden sich noch Teilflächen der Grundstücke Fl.Nrn. 10088, 10091 und 10093/2 im Geltungsbereich, die im Eigentum des Ursulinenklosters und in anderweitigem privatem Eigentum stehen.

Nach der Begründung des Bebauungsplans orientiert sich die Kubatur des Neubaus am abzubrechenden Bestand. Ein schlanker hoher Turm anstelle des noch bestehenden Ämterhochhauses solle einen Akzent im Straßenraum setzen und greife als Arkade über die Linie der angrenzenden Bebauung hinaus in den Straßenraum. Der Turm sei umgeben von einem niedrigeren, L-förmigen Baukörper mit einem passagenartigen, überdeckten Innenhof, der sich zur A…straße hin öffne und so ausreichend Raum für Schaufenster der Erdgeschossnutzungen biete. Als Art der baulichen Nutzung werde ein Kerngebiet festgesetzt, in dem Tankstellen und Vergnügungsstätten ausgeschlossen seien. Kein Gebäudeteil dürfe die Höhe von 206,00 m über NN überschreiten. Die zulässige Grundflächenzahl wird mit 1,0 im Rahmen des für Kerngebiete zulässigen Höchstwerts festgesetzt. Die Geschossflächenzahl 6,0 begründe sich durch die Ausbildung des Turms als städtebaulichen Akzents gemäß dem bestehenden Vorgängerbau. Es werde geschlossene Bauweise festgesetzt, durch die Festsetzung von Baugrenzen würden auch die Grenzabstände geregelt. Die Abstandsflächen ergäben sich durch die eng gefassten, gestaffelten Baugrenzen und die maximal zulässigen Höhenfestlegungen für jeden Gebäudeteil. An der Nordgrenze zum Nachbargrundstück Fl.Nr. 10086 stelle der geplante, ca. 34 m hohe Turm wie auch das bestehende Hochhaus eine Grenzbebauung zum Hauptgebäude dar. Da der Turm hier an die Brandwand grenze, mit der Hoffassade abschließe und an der A…straße nicht weiter vorspringe als der bisherige Bau, ergebe sich für das Nachbargrundstück gegenüber dem Bestand keine Verschlechterung. Die höhere Trauf- und Gesamthöhe stelle aufgrund der angrenzenden Brandwand keine wesentliche Beeinträchtigung dar. Zur Hoffläche dieses Anwesens erfolge eine Höhenstaffelung mit einer eingeschossigen Grenzbebauung. Das erste bis dritte Obergeschoss sei jeweils um ca. 2,75 m, das vierte Obergeschoss nochmals um ca. 2,75 m zurückversetzt. Dies stelle eine Verbesserung gegenüber dem Bestand dar, bei dem die nicht gestaffelte Grenzbebauung eine Höhe von ca. 19 m in Form einer geschlossenen Fassade erreiche.

Die Antragsteller sind in Erbengemeinschaft Eigentümer des an den überplanten Bereich unmittelbar nördlich angrenzenden Grundstücks Fl.Nr. 10086 (A…straße …). Im Rahmen der öffentlichen Auslegung in der Zeit vom 8. Oktober 2009 bis 13. November 2009 sowie der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange haben sie Einwendungen erhoben, die jedoch nur teilweise berücksichtigt wurden.

Zur Begründung ihres Normenkontrollantrags tragen sie vor, das Verfahren sei fehlerhaft. Die Voraussetzungen für ein Bebauungsplanverfahren nach § 13 a BauGB seien nicht erfüllt, weil in der Voruntersuchung zur Umweltverträglichkeitsprüfung die Auswirkungen auf Denkmale, Denkmalensembles etc. als „nicht erheblich“ eingestuft worden seien. Das im Rahmen der „überschlägigen Prüfung“ im Sinn von § 3 c Satz 1 UVPG gewonnene Ergebnis stehe in Widerspruch zu der Tatsache, dass der Neubau neben der erheblich höheren Baumasse (tieferes Hineinreichen in die Häuserzeile) auch in der vorgesehenen Höhe wesentlich kompakter im Stadtbild in Erscheinung trete.

Gleiches gelte für die behauptete, aber nicht gegebene „Nachvollziehbarkeit“ hinsichtlich des Schutzguts Wasser. Die Antragsteller hätten bereits im Planaufstellungsverfahren das Fehlen eines Gutachtens gerügt, inwiefern der Abriss des Ämterhochhauses die Statik des Gebäudes der Antragsteller gefährde, wobei hier insbesondere der Aspekt der Veränderung bestehender Grundwasserverhältnisse durch den Abriss/Neubau zu beachten sei.

Es liege auch ein Verstoß gegen das denkmalrechtliche Rücksichtnahmegebot vor. Dem Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals könne nach der Rechtsprechung ein Anspruch auf Schutz vor Beeinträchtigungen der Denkmalwürdigkeit seines Anwesens durch Vorhaben in der Umgebung zustehen. Für das im geschützten Altstadtensemble der Antragsgegnerin gelegene Anwesen der Antragsteller entfalte der öffentliche Belang des § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB drittschützende Wirkung. Diese habe die Antragsgegnerin im Rahmen der Abwägung verkannt und nur die nachbarschützenden Belange der Abstandsflächen, der Verschattung, des Brandschutzes und der Statik berücksichtigt.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ermächtige Art. 6 Abs. 5 Satz 3 1. Halbsatz BayBO nicht zu einem gänzlichen Verzicht auf die Einhaltung von Abstandsflächen. Auch bei einer Abstandsflächenverkürzung auf Null durch die Festsetzung geschlossener Bauweise müssten neben den allgemeinen Anforderungen des Bauplanungsrechts, insbesondere den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse, die materiell-rechtlichen bauordnungsrechtlichen Anforderungen, nach denen eine ausreichende Belichtung, Besonnung und Belüftung zu gewährleisten ist, eingehalten werden. Außerdem müsse zum Schutz des Wohnfriedens, z.B. auch gegen Einblicke Dritter, ein entsprechender „Sozialabstand“ eingehalten werden. Aus der Begründung des Bebauungsplans könne jedoch nur geschlossen werden, dass die Besonnungs- und Belichtungsbeeinträchtigung der Balkone und der dahinterliegenden Fenster im Anwesen der Antragsteller im Rahmen der Abwägung keine Berücksichtigung gefunden hätten. Mit der Verkürzung des einzuhaltenden Mindestlichteinfallswinkels von 45 Grad gehe darüber hinaus eine das Maß des Zumutbaren überschreitende Verschattung einher. Nicht zuletzt gehe von dem Bauvorhaben wegen der erfolgten Verkürzung der Abstandsflächen eine „erdrückende Wirkung“ aus. Bei den in den beiden obersten Geschossen vorgesehenen Fensterbändern handle es sich um brandschutzrechtlich gemäß Art. 28 Abs. 8 Satz 1 BayBO unzulässige Öffnungen in einer Brandwand.

Die Antragsteller beantragen,

die 2. Änderung des Bebauungsplans „„Innenstadt“ (Vorhaben und Erschließungsplan Hochhaus A…straße, Tricyan Tower, Altstadt Nr. 25.2) für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der im Hinblick auf die Geltendmachung der Verletzung von Abstandsflächen und Brandschutzvorschriften zulässige Antrag sei unbegründet. Eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht gegeben gewesen. Der Genehmigungsbehörde stehe im Rahmen der hier lediglich durchzuführenden allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls eine gerichtlich nur beschränkt überprüfbare Einschätzungsprärogative zu, ob das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben könne. Der Kriterienkatalog der Anlage 2 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz spreche von der Beurteilung der Merkmale eines Vorhabens. Welches Vorhaben hierbei einer Beurteilung unterzogen werde, richte sich allein nach den planerischen und textlichen Festsetzungen des Vorhaben- und Erschließungsplans. Der streitgegenständliche Plan enthalte jedoch gerade keine Festsetzungen zur Tiefe des Gebäudes, so dass geplante Untergeschosse nicht Gegenstand des Bebauungsplans seien und (nur) in einem gesonderten wasserrechtlichen Verfahren geprüft würden.

Die Planrechtfertigung sei gegeben. Es solle in Fortentwicklung der städtebaulichen Ordnung und Entwicklung mit dem Bebauungsplan und einer sich daraus ergebenden Bebauung (Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses) das Ziel der innerstädtischen Aufwertung der A…straße mit Auswirkung auf die engere südliche Innenstadt erreicht werden. Die derzeitige bauliche Situation könne nur als städtebaulicher Missstand qualifiziert werden, der sowohl das Stadtbild als auch den Nahbereich der A…straße empfindlich beeinträchtige.

Zwar seien an einen Vorhaben- und Erschließungsplan inhaltlich grundsätzlich die gleichen Anforderungen zu stellen wie an einen qualifizierten Bebauungsplan. Zu den erforderlichen Mindestfestsetzungen gehörten jedoch nicht solche zur Tiefe des Bauwerks.

Die den Denkmalschutz betreffenden Belange seien von der Antragsgegnerin zutreffend ermittelt und fehlerfrei abgewogen worden. Nach den im Jahre 2005 im Auftrag der Antragsgegnerin durchgeführten Materialprüfungen und Begutachtungen sei es weder möglich, auf konventionelle Weise die Fassaden des Gebäudes des Ämterhochhauses dauerhaft instand zu setzen, noch könnte eine Sanierung des Ämtergebäudes ohne Verlust der originalen Grundrisse und Raumhöhen, also der bauzeitlichen Innenarchitektur und Denkmalsubstanz und somit der Denkmaleigenschaft realisiert werden, was auch vom Bayerischen Landratsamt für Denkmalpflege bestätigt worden sei. Vor diesem Hintergrund habe die Antragsgegnerin das öffentliche Interesse an der Weiterentwicklung des Stadtbilds, der Erzielung städtebaulicher Verbesserungen sowie der Aufwertung der südlichen Innenstadt höher bewertet als die Belange des Denkmalschutzes, der faktisch auch durch eine Sanierung nicht mehr gewährleistet werden könnte. Damit liege aber kein Verstoß gegen das Abwägungsgebot vor. Dem Denkmalschutz komme neben anderen und gegenüber den in § 1 Abs. 6 BauGB aufgeführten Belangen keine vorrangige oder gar höhere Bedeutung zu. Mit der Festsetzung der maximalen Gebäudehöhe von 206,00 über NN werde die Höhe des noch stehenden Ämtergebäudes lediglich um 4% überschritten. Weder von der A…straße noch von der Alten Mainbrücke noch von der Festung oder jedem anderen Ort der Stadt aus werde ein Betrachter diese unerhebliche Erhöhung wahrnehmen. Das Ämtergebäude habe sich über Jahrzehnte durch seine Höhe, seine Dachform und seine Fassadengestaltung deutlich von der Umgebungsbebauung abgehoben und damit auch die Stadtsilhouette Würzburgs mitgeprägt. Da sich der Neubau bezüglich Höhe, Bauvolumen, überbaubarer Grundstücksfläche und Auswirkung auf das Stadtbild am Altbau orientiere, also lediglich eine zeitgemäße Formensprache des Altbestands darstelle, sei der Vorwurf eines Verstoßes gegen das Gebot denkmalverträglicher Umgebungsbebauung gegenstandslos.

Es liege kein völliger Verzicht auf das Abstandsflächenrecht vor, weil planungsrechtlich Baugrenzen und damit zugleich auch die Lage der Außenwände und die Höhenentwicklungen festgesetzt würden. Darüber hinaus sei in zulässiger Weise eine geschlossene Bauweise festgesetzt, so dass das Gebäude grundsätzlich ohne seitlichen Grenzabstand errichtet werden könne. Auch die Forderung nach ausreichender Belichtung, Belüftung und Besonnung werde gewahrt. Insgesamt werde der Neubau aus Sicht der Tageslichtplanung als eine Verbesserung gegenüber dem Bestand angesehen.

Eine „erdrückende Wirkung“ des Neubaus sei nicht zu besorgen, weil die rückwärtige Fassade des Turms in der Flucht der Hoffassade liege und damit nicht in den Hof hineinrage. Der der Schmalseite des Hofs gegenüber liegende rückwärtige Gebäudeteil könne nach den Festsetzungen nur mit einem Geschoss niedriger ausgeführt werden als dies beim Bestand gegeben sei.

Hinsichtlich einer Gefährdung der Standsicherheit werde bemerkt, dass das alte Ämtergebäude und das Gebäude der Antragsteller über getrennte eigene Außenwände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze verfügten. Die Nichtbeeinträchtigung der Statik der Nachbargebäude müsse im Baugenehmigungsverfahren geprüft werden und sei Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung.

Die Beigeladene unterstützt die Position der Antragsgegnerin, hat jedoch keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat zur Feststellung der örtlichen Verhältnisse im Bereich des Bebauungsplans und in dessen Umgebung einen Augenschein durchgeführt. Auf die Niederschrift vom 23. Mai 2011 wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der vorgelegten Bebauungsplanakten sowie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2011 Bezug genommen.

Gründe

Der Normenkontrollantrag hat in der Sache Erfolg. Der streitbefangene Bebauungsplan der Antragsgegnerin ist bereits deshalb unwirksam, weil das erforderliche Verfahren nicht eingehalten wurde.

1. Der Normenkontrollantrag ist zulässig. Ob eine Erbengemeinschaft als solche im Sinn von § 61 Nr. 2 VwGO beteiligungsfähig und demgemäß auch nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt sein kann, ist in der Rechtsprechung und in der Kommentarliteratur umstritten (bejahend: Schmidt in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, RdNr. 9 zu § 61; BayVGH vom 15.9.1983 BayVBl 1984, 186; verneinend: Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, RdNr. 10 zu § 61; BayVGH vom 31.3.1978 BayVBl 1979, 20; VGH BW vom 9.11.2000 Az. 2 S 2324/98 <juris>, RdNr. 20; vgl. auch zur mangelnden Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit einer Erbengemeinschaft BGH vom 17.10.2006 NJW 2006, 3715). Dies bedarf indessen keiner weiteren Vertiefung. Denn der Antrag stützt sich auf die Eigentümerstellung der Mitglieder dieser Erbengemeinschaft am Grundstück Fl.Nr. 10086 der Gemarkung … (A…straße …). Kraft dieser (Mit-)Eigentümerstellung sind die einzelnen Mitglieder der Erbengemeinschaft jeweils für sich Träger von Nachbarrechten, die ihnen eine Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO verleihen.

Das in ihrem gemeinschaftlichen Eigentum stehende Grundstück liegt zwar außerhalb des Bebauungsplanumgriffs. Die Antragsteller können jedoch gleichwohl geltend machen, in abwägungserheblichen Belangen verletzt zu sein. Sie können sich insoweit zumindest auf das denkmalschützerische Rücksichtnahmegebot berufen. Denn ihr Anwesen steht selbst im geschützten Altstadtensemble der Antragsgegnerin unter Denkmalschutz, so dass ihnen nach der Rechtsprechung ein Anspruch auf Schutz vor Beeinträchtigungen der Denkmalwürdigkeit dieses Anwesens durch die Planungen auf den Nachbargrundstücken im Planbereich zustehen kann (vgl. BVerwG vom 21.4.2009 BVerwGE 133, 347 = NVwZ 2009, 1231). Darüber hinaus sind auch sonstige abwägungserhebliche nachbarliche Belange ersichtlich, in denen sie verletzt sein könnten. Hier ist insbesondere der Belang der Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Grundstücks zu nennen, der durch die massive Überplanung in der unmittelbaren Nachbarschaft beeinträchtigt sein könnte. Schließlich wirft die Neuerrichtung eines Gebäudekomplexes dieser Größenordnung unter Abbruch eines ähnlich massiven Bestands für die unmittelbaren Nachbargrundstücke u.U. Probleme der Standsicherheit auf, die in die Abwägung hätten eingestellt werden müssen. Eine Antragsbefugnis der Antragsteller ist deshalb gegeben; sie wird auch von der Antragsgegnerin nicht ernsthaft in Abrede gestellt.

2. Der Normenkontrollantrag ist begründet. Denn zu Unrecht hat die Antragsgegnerin zur Aufstellung des Bebauungsplans ein beschleunigtes Verfahren gemäß § 13a BauGB anstelle des normalen Planaufstellungsverfahrens durchgeführt.

2.1 Die Antragsgegnerin hat die 2. Änderung des Bebauungsplans „Innenstadt“ (Vorhaben- und Erschließungsplan Hochhaus A…straße, Tricyan Tower, Altstadt Nr. 25.2) als Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren gemäß § 13a des Baugesetzbuchs (-BauGB-, hier anzuwenden i.d.F. der Bekanntmachung vom 23.9.2004, BGBl I 2414, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Wasserrechts vom 31.7.2009, BGBl I 2617) aufgestellt und dabei gemäß § 13a Abs. 2 Nr. 1 BauGB die Vorschriften des vereinfachten Verfahrens nach § 13 Abs. 2 und 3 Satz 1 BauGB angewandt. Dies bedeutet insbesondere, dass von einer Umweltprüfung (§ 2 Abs. 4 BauGB), von einem Umweltbericht (§ 2a BauGB), von Angaben zu umweltbezogenen Informationen (§ 3 Abs. 2 BauGB) und von einer zusammenfassenden Erklärung nach § 10 Abs. 4 BauGB abgesehen werden konnte.

2.2 Zwar liegt die Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses Verfahrens gemäß § 13a Abs. 4, § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB – Festsetzung einer zulässigen Grundfläche im Sinn von § 19 Abs. 2 der Baunutzungsverordnung (BauNVO) oder einer Größe der Grundfläche von weniger als 20.000 m² – hier vor, weil der streitbefangene Änderungsbebauungsplan insgesamt nur eine Grundfläche von 930 m² umfasst (vgl. § 13a Abs. 1 Satz 2 und 3 BauGB). Das beschleunigte Verfahren ist jedoch ausgeschlossen, wenn durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) unterliegen. Ob die Planung ein derartiges Vorhaben ermöglicht, beurteilt sich nach §§ 3a ff. UVPG i.V.m. der Anlage 1 zu diesem Gesetz. Die Antragsgegnerin ist selbst der Auffassung, dass die Planung einem Vorhaben gilt, das unter Nrn. 18.8, 18.6.2 Anlage 1 UVPG fällt und für das demnach gemäß § 3c UVPG durch eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls festzustellen war, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Das Ergebnis dieser Vorprüfung ist einer gerichtlichen Kontrolle indessen nur eingeschränkt zugänglich. Denn gemäß § 3a Satz 4 UVPG ist die Einschätzung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung unterbleiben kann, im gerichtlichen Verfahren nur darauf hin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist. Das Gericht hat somit zu prüfen, ob erstens eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden hat, und ob zweitens das Ergebnis der Vorprüfung Rechtsfehler aufweist, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Letzteres ist anzunehmen, wenn die Vorprüfung entweder Ermittlungsfehler aufweist, die so schwer wiegen, dass sie auf die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses durchschlagen, oder wenn das Ergebnis außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzungen liegt (vgl. auch OVG Hamburg vom 24.2.2010 Az. 5 Bs 24/10 <juris> RdNr. 19, UPR 2010, 455).

2.3 Die Antragsgegnerin hat vorliegend zwar eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls nach den Vorgaben von § 3c, Anlage 1 und 2 UVPG durchgeführt (BBPl-Akten Bl. 326 ff., 428 ff.), deren Ergebnis ist aber nicht nachvollziehbar, weil es sich zum einen teilweise außerhalb des Rahmens zulässiger Einschätzung bewegt und zum anderen auf einem Ermittlungsausfall fußt, der auf die Nachvollziehbarkeit durchschlägt.

2.3.1 Die Vorprüfung hatte gemäß Anlage 2 UVPG u.a. standortbezogen das Kriterium des Denkmalschutzes in den Blick zu nehmen (2.3.11: In amtliche Listen oder Karten verzeichnete Denkmäler, Denkmalensembles, Bodendenkmäler oder Gebiete, die von der durch die Länder bestimmten Denkmalschutzbehörde als archäologisch bedeutende Landschaften eingestuft worden sind). Zu diesem Kriterium vermerkt die Vorprüfung (BBPl-Akten Bl. 331, 433):

„Das denkmalgeschützte 'Ämterhochhaus' wurde wegen Schäden in Tragkonstruktion und Bausubstanz schon im Jahr 2005 geräumt und gesichert, es steht seitdem leer. Im Rahmen der Gesamtmaßnahme werden beide Gebäude abgebrochen und neu bebaut. Der Geltungsbereich liegt im denkmalgeschützten Ensemble 'Altstadt Würzburg'. Der Neubau greift das Hochhausmotiv wieder auf und führt die planerische Intention des 'Ämterhochhauses' fort. Daher ist – bei einer vergleichbaren Höhe des Neubaus – nicht von einem erheblichen Eingriff in das Denkmalensemble der Altstadt auszugehen.“

Diese Ausführungen lassen letztlich nur erkennen, dass die Höhe des geplanten neuen Baukörpers gesehen, ein „erheblicher Eingriff“ in das denkmalgeschützte Altstadtensemble der Umgebung aber wegen der gleichartigen Höhe des bestehenden, abzubrechenden Altbaus an gleicher Stelle ausgeschlossen wurde. Die Vorprüfung greift damit aber deutlich zu kurz und lässt wesentliche Aspekte des Denkmalschutzes unberücksichtigt.

Bei dem unter Denkmalschutz stehenden Altbau handelt es sich um eine städtebauliche Dominante, die das gesamte Stadtbild maßgeblich mitprägt. Das Gebäude überragt sämtliche Bauten in der Umgebung und setzt sich auch in seiner konkreten Gestaltung deutlich von der umgebenden Bebauung ab. Es kann „schon auf Grund seiner Höhenentwicklung als Fremdkörper und 'städtebauliche Sünde' gelten“ (Stellungnahme des Bayerischen Landesamts für Denkmalschutz vom 17.3.2009, BBPl-Akten Bl. 77). Auch die Antragsgegnerin sieht in dem Bestand einen städtebaulichen Missstand (vgl. z.B. Stellungnahme der FA II/Bauleitplanung zum Schreiben des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege vom 20.10.2009, BBPl-Akten Bl. 361 f.). Sie ist aber der Auffassung, dass dieser Bestand mit seinen gegebenen Auswirkungen auf das Stadtbild einen Neubau mit ähnlichen Ausmaßen in zeitgemäßer Formensprache unter denkmalschützerischen Gesichtspunkten rechtfertigt. Hierbei geht sie jedoch selbst davon aus, dass sich auch dieser geplante Neubau „gestalterisch von der Umgebung absetzt“ und „den sonst dominierenden Türmen der Kirchen und des Rathauses eine weitere Dominante in Form eines Wohn- und Geschäftshauses hinzugefügt wird und dass sich dadurch das Stadtbild verändern wird“ (vgl. Stellungnahmen der FA II/Bauleitplanung zu den im Verfahren vorgebrachten Bedenken und Anregungen, BBPl-Akten Bl. 362, 375, 382). Zudem räumt sie ein, dass „das bestehende Ämterhochhaus aufgrund seiner Form und Dacheindeckung unauffälliger in Erscheinung tritt, als der geplante Neubau“ (BBPl-Akten Bl. 378). Letztlich hält die Antragsgegnerin den durch den geplanten Neubau gegebenen denkmalschützerisch bedeutsamen Eingriff ohne weiteres bereits deshalb für zulässig, weil ein solcher schon durch den bestehenden Altbau erfolgt sei. In der abschließenden Gesamteinschätzung ihrer Vorprüfung führt sie aus (BBPl-Akten Bl. 333, 435):

„Aus den Merkmalen des Vorhabens ist keine UVP-Pflicht abzuleiten, da keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Dies wird insbesondere durch die Merkmale des Standortes bestätigt, weil insgesamt von einer sehr starken Vorbelastung der Schutzgüter ausgegangen werden muss und die Eingriffsfläche sehr gering ist. Diese Auswirkungen wurden aber bereits durch die vorhandene Bebauung verursacht und sind bereits erfolgt und zulässig. Für die Neubebauung des Geltungsbereiches sind diese Auswirkungen daher nicht von Belang.“

Dies zeigt indessen, dass die Antragsgegnerin die Bedeutung der zu beurteilenden Belange, insbesondere des Belangs des Denkmalschutzes, in der konkreten Situation grundlegend verkannt hat. Denn die Planung geht davon aus, dass das vorhandene Gebäude abgebrochen und die frei werdende Fläche neu bebaut werden soll. Damit gibt es jedoch bereits nach der planerischen Intention keine „Vorbelastung“ mehr durch diesen Bestand. Die Planung einer neuen „städtebaulichen Dominante“ an gleicher Stelle, also eines Gebäudes, das das Stadtbild prägt und die Nachbargebäude weithin überragt, muss deshalb in Bezug auf die Belange des Denkmalschutzes so betrachtet und beurteilt werden, als wäre der Altbau nicht existent. Aus dem Bestand ergibt sich somit auch nicht ohne weiteres eine Begründung für die Planung eines Neubaus mit ähnlicher Kubatur und Höhenentwicklung.

Mit der Beurteilung, dass der geplante Nachfolgebau keinen erheblichen Eingriff in das Denkmalensemble der Altstadt darstellen soll, weil dessen Höhe mit dem Bestand vergleichbar ist und er „das Hochhausmotiv wieder aufgreift“, überschreitet die Antragsgegnerin den Rahmen zulässiger Einschätzung. Denn hierbei wird der von den Fachstellen der Antragsgegnerin selbst herausgearbeitete Gesichtspunkt, dass mit der Neuplanung eine städtebauliche Dominante geschaffen wird, die das Stadtbild verändert, ebenso außer Acht gelassen, wie die Auswirkung des geplanten Neubaus auf die unmittelbare Umgebung des denkmalgeschützten Altstadtensembles entlang der A…straße. Dass der geplante Bau nachhaltige Auswirkungen auf Stadtbild und denkmalgeschützte Umgebung hat, liegt auf der Hand und wird auch – wie aus den vorstehend zitierten Fachstellen der Antragsgegnerin ersichtlich – von der Antragsgegnerin selbst nicht ernstlich in Abrede gestellt. Dies gilt schließlich sogar im Vergleich zum abzubrechenden Altbau. Der geplante Baukörper darf dessen Firsthöhe nicht nur um 1,21 m überschreiten, sondern kann – im Gegensatz zum Bestand – sogar mit einem Flachdach versehen werden. Dies hat zur Folge, dass der Neubau die Traufhöhe des Altbestands um mehr als 5 m überschreiten und daher schon aufgrund seiner Höhenentwicklung im Stadtbild wesentlich massiver und höher in Erscheinung treten kann.

Dass die Beachtung der Denkmalschutzbelange vorliegend eine Umweltverträglichkeitsprüfung erfordert hätte, kann auch nicht damit in Abrede gestellt werden, dass die Gestaltung des geplanten Neubaus (allein) im Baugenehmigungsverfahren zu beurteilen ist und deshalb im Rahmen der Planung nicht berücksichtigt werden muss. Denn der Sinn der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG, festzustellen, ob aufgrund der besonderen örtlichen Gegebenheiten gemäß den in der Anlage 2 Nr. 2 UVPG aufgeführten Schutzkriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu erwarten sind (§ 3c Satz 2 UVPG) kann nur dann erreicht werden, wenn die hier inmitten stehenden Aspekte vollständig in den Blick genommen werden, nicht aber, wenn – wie geschehen – die Betrachtung von vornherein mit dem Hinweis auf die Detailprüfung in einem nachfolgenden Genehmigungsverfahren eingeschränkt wird.

2.3.2 Letzteres gilt schließlich auch für die Beurteilung der mutmaßlichen Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser (Nr. 1.2 der Anlage 2 UVPG). Die Möglichkeit, dass der Neubau ins Grundwasser eingreift, ist im Verfahren verschiedentlich aufgezeigt worden. So findet sich bereits in der Notiz des Planungsbüros W… vom 28. April 2008 über ein Abstimmungsgespräch im Rathaus am 24. April 2008 (BBPl-Akten Bl. 8 ff.) nach der Angabe der Grundwasserstände der folgende Hinweis (a.a.O. Bl. 9):

„Nach aktuellem Planungsstand reicht das Gebäude mit seinen Untergeschossen somit ca. 9 - 10 m unter den Grundwasserspiegel. Hierfür ist ein Wasserrechtsverfahren notwendig. Auch muss eine eventuelle Aufstauwirkung des Grundwassers durch das Gebäude (Beeinträchtigung von Nachbargebäuden) hierbei geprüft werden.“

In der Stellungnahme vom 20. Oktober 2009 hat ferner das Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg, das als Träger öffentlicher Belange im Verfahren beteiligt wurde, unter Verweis auf den vorausgegangenen Schriftverkehr (BBPl-Akten Bl. 163) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bei einem Eingriff ins Grundwasser ein wasserrechtliches Verfahren durchzuführen ist. Die Antragsgegnerin hat indessen diese Anregung nicht aufgegriffen, sondern zu dem Hinweis des Wasserwirtschaftsamt lediglich ausgeführt (BBPl-Akten Bl. 359):

„Das Erfordernis eines notwendigen Wasserrechtsverfahrens ist bekannt, dieses wird im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens durchgeführt.“

In der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls vermerkt die Antragsgegnerin zu diesem Aspekt nur:

„Die mögliche Beeinträchtigung des Grundwassers durch die geplanten Untergeschosse ist nicht Gegenstand des Bebauungsplans und wird in einem gesonderten wasserrechtlichen Verfahren geprüft.“

(BBPl-Akten Bl. 329, 431)

„Eventuelle Auswirkungen auf das Schutzgut Wasser (Untergeschosse im Grundwasserbereich) sind nicht Gegenstand der Bauleitplanung, sondern eines gesonderten wasserrechtlichen Verfahrens, das die Zulässigkeit regelt.“ (BBPl-Akten Bl. 333, 435).

Insoweit liegt indessen ein Ermittlungsausfall vor, der auf die Nachvollziehbarkeit des Ergebnisses der Vorprüfung durchschlägt. Ein Gebäude der geplanten Höhe bedarf in aller Regel einer Fundamentlage, die in tiefere Schichten des Bodens und damit möglicherweise auch ins Grundwasser eingreift. Die Antragsgegnerin hat sich – etwa in der Begründung des Bebauungsplans – auch nicht dazu verhalten, dass der geplante Baukörper u.U. auch ohne Eingriff ins Grundwasser ausgeführt werden könnte. Vielmehr geht die Begründung des Bebauungsplans vom Nachweis der für das Vorhaben notwendigen Stellplätze in einer Tiefgarage aus (BBPl-Begründung S. 9, BBPl-Akten Bl. 399), die gemäß der beigefügten Lageplan-Skizze (BBPl-Akten Bl. 400) unter dem Gebäude liegen soll. Bei dieser Sachlage erscheint jedoch die vollständige Ausblendung der möglichen Auswirkungen auf das Grundwasser im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls willkürlich. Wäre dies zulässig, bestünde die Gefahr, dass die gesetzliche Regelung in der Konsequenz leerläuft. Denn wenn der Planungsträger mehr oder weniger willkürlich mögliche Auswirkungen seiner Planung im Rahmen der Vorprüfung des Einzelfalls mit dem Hinweis auf nachfolgende Genehmigungsverfahren unberücksichtigt lassen könnte, stünde ihm mit der Vorprüfung ein Instrument zur Verfügung, mit dessen Hilfe er letztlich nach Belieben das durchzuführende Verfahren – normales Bebauungsplanverfahren oder beschleunigtes/vereinfachtes Verfahren – steuern könnte. Dies widerspräche aber deutlich der Zielsetzung der gesetzlichen Regelungen. Zudem könnte auf diese Weise die Abwägung maßgeblicher Belange durch das nach dem Gesetz berufene Gremium umgangen und die Entscheidung insoweit auf die Baugenehmigungsbehörde und die im Rahmen des Genehmigungsverfahrens einzuschaltenden Fachbehörden verlagert werden.

2.4 Die Bedeutung der allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalls wird letztlich auch bestätigt durch die Regelung gemäß § 214 Abs. 2a Nr. 4 BauGB. Die Beurteilung, dass der Ausschlussgrund für die Anwendung des beschleunigten Verfahrens nach § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB nicht vorliegt, gilt nämlich nur dann als zutreffend, wenn das Ergebnis nachvollziehbar ist, andernfalls besteht jedoch ein für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlicher Mangel. Weil das Ergebnis der von der Antragsgegnerin durchgeführten Vorprüfung des Einzelfalls aus den dargelegten Gründen nicht nachvollziehbar ist, liegt somit ein zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führender Mangel vor und die Durchführung des falschen Verfahrens ist nicht nach § 214 BauGB unbeachtlich.

3. Nachdem bereits der aufgezeigte Verfahrensfehler zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans führt, müssen die weiteren von den Antragstellern gerügten Mängel nicht näher geprüft werden. Bezüglich der im bisherigen Verfahren hervorgetretenen Tendenz, möglichst viele kritische Punkte des beabsichtigten Neubaus nicht schon im Stadium der Bauleitplanung, sondern erst im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens zu klären, ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dies vor dem Hintergrund des Gebots der Konfliktbewältigung nicht uneingeschränkt zulässig ist. Zwar darf der Planungsträger Konflikte unbewältigt lassen, wenn mit hinreichender Sicherheit erwartet werden kann, dass diese in einem nachfolgenden Genehmigungsverfahren gelöst werden können. Eine derartige Erwartung ist aber in aller Regel nur dann begründet, wenn im Stadium der Planung wenigstens überschlägig Ausmaß und Art des Konflikts bekannt sind. Dies kann hingegen fraglich sein, wenn hierzu keinerlei Ermittlungen stattgefunden haben, sondern der Planungsträger sich von vornherein mit dem Verweis auf nachfolgende Genehmigungsverfahren zufrieden gibt.

4. Die Antragsgegnerin hat gemäß § 154 Abs. 1 die Kosten des Normenkontrollverfahrens zu tragen.

Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt. Sie ist deshalb nicht mit Kosten der übrigen Beteiligten zu belasten (§ 154 Abs. 3 VwGO), hat aber ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.

Gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO ist Nr. I der Entscheidungsformel nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils in derselben Weise zu veröffentlichen wie der Beschluss über den Bebauungsplan bekannt zu machen wäre (§ 10 Abs. 3 BauGB).

Beschluss

Der Streitwert für das Normenkontrollverfahren wird auf 50.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 7 GKG).