Bayerisches LSG, Urteil vom 28.09.2011 - L 18 U 354/09
Fundstelle
openJur 2012, 117938
  • Rkr:
Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.08.2007 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Ehefrau des Klägers (E) hatte am 10.11.2003 einen Unfall, bei dem sie eine Commotio cerebri sowie eine Humeruskopffraktur rechts erlitt. Ausweislich des Durchgangsarztberichtes von 11.11.2003 war E beim Verlassen ihrer Fußpflegepraxis gestolpert und 2 Stufen hinuntergestürzt.

Ausweislich einer Meldung der E an ihre Krankenversicherung war sie auf dem Weg zur Toilette in der Fußpflegepraxis über eine sich dort befindliche Stufe gestolpert und auf die rechte Seite gefallen.

In der Unfallanzeige an die Beklagte vom 26.01.2004 schilderte E den Unfall wie folgt: "In meiner Fußpflege, beim Gang zum WC, stolperte ich über die sich dort befindende Stufe, stürzte nach rechts, schlug auf die rechte Körperseite, verletzte dabei meinen Arm, Hand, Schulter und Kopf (die gesamte rechte Körperseite)".

Die Beklagte zahlte zunächst Verletztengeld. Am 29.04.2004 ermittelte die Beklagte im Beisein der E und des Klägers in der Praxis der Versicherten. In dem daraufhin erstellten Aktenvermerk vom 30.04.2004 ist ausgeführt, die Versicherte habe glaubhaft geschildert, dass sie gegen 16:30 Uhr nochmals schnell zur Toilette, die sich im Badezimmer befinde, laufen wollte. Im Badezimmer sei sie an einer Stufe abgerutscht und mit der rechten Körperseite auf die Badewanne gefallen. Handschriftlich ist in den Bericht eingefügt, dass sie "zur Verrichtung der Notdurft" zur Toilette habe laufen wollen.

In einem weiteren Vermerk vom 06.05.2004 ist ausgeführt, dass die E durch den Kläger telefonisch mitteilen ließ, dass sie über eine kleine Schwelle von ca. 4 cm Höhe gestolpert sei, die vor dem Eingang zur Toilette sich befinde. Außerdem habe sie auf diesem Weg eine Waschschüssel dabei gehabt, in der sich Fußnägel der letzten Patientin befunden haben sollen, um diese auf der Toilette weg zu kippen.

Mit Bescheid vom 10.05.2004 (Widerspruchsbescheid vom 27.09.2004) lehnte es die Beklagte ab, das Ereignis vom 10.11.2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Nach den Ermittlungen der Beklagten sei die Klägerin an der Stufe im Badezimmer gestolpert und habe daher nicht mehr unter Versicherungsschutz gestanden.

Am 13.10.2004 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Die Geschäftsräume der Fußpflegepraxis bestünden aus 3 Behandlungsräumen, einem Vorraum mit Wartebereich sowie einem Badezimmer mit Toilette. Letztere werde unter anderem zum Entleeren der Waschschüsseln sowie für die erforderlichen Hygienemaßnahmen der Klägerin nach einer Fußbehandlung genutzt. Am 10.11.2003 habe sich die Klägerin gegen 16:30 Uhr nach der Behandlung der letzten Patientin mit einer Waschschüssel zum Badezimmer begeben, um diese dort zu entleeren und um sich selbst die Hände zu reinigen. Beim Betreten des Badezimmers sei sie über die dort befindliche Stufe gestolpert und gestürzt. Der Inhalt des Aktenvermerks vom 30.04.2004 sei unrichtig. Im Rahmen der Ortsbesichtigungen hätten die Mitarbeiter der Beklagten weder den Zweck angesprochen, warum die Klägerin sich auf dem Weg zum Badezimmer befunden habe, noch habe die Klägerin beziehungsweise ihr Ehemann eine entsprechende Zweckbestimmung angegeben. Für die Richtigkeit der Angaben der Klägerin spräche bereits der Beweis des ersten Anscheins. Der ursprüngliche Aktenvermerk enthalte überhaupt keine Zweckbestimmung. Zudem habe die Beklagte mit Bescheid vom 03.02.2004 den Unfall der Klägerin als Arbeitsunfall anerkannt. Der Bescheid vom 10.05.2004 sei schon aus formellen Gründen rechtsfehlerhaft. Zuvor hätte nämlich die frühere Anerkennung als Arbeitsunfall gemäß § 45 SGB X aufgehoben werden müssen.

Mit Bescheid vom 21.12.2004 hat die Beklagte festgestellt, dass die Verwaltungsakte vom 03.02.2004, 12.02.2004, 26.02.2004, 11.03.2004 und 20.04.2004 über die Gewährung von Verletztengeld für den Zeitraum vom 11.11.2003 bis 20.04.2004 rechtswidrig sind (Ziffer 1) und mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen (Ziffer 2). Zudem wurde der Bescheid vom 10.05.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 mit Wirkung für die Zukunft zurückgenommen (Ziffer 3) und gleichzeitig die Anerkennung des Ereignisses vom 10.11.2003 als Arbeitsunfall abgelehnt und festgestellt, dass für die Zukunft kein Anspruch auf Leistungen bestehe (Ziffer 4). Der Bescheid enthielt den Hinweis, dass er nach § 96 SGG Gegenstand des laufenden Klageverfahrens werde.

Das SG hat den Kläger sowie den Mitarbeiter der Beklagten, der die Ortseinsicht vom 29.04.2004 durchgeführt hatte, als Zeugen gehört und die Klage (gegen den Bescheid vom 21.12.2004) mit Urteil vom 14.08.2007 abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob die Bescheide über die Gewährung von Verletztengeld auch eine rechtlich bindende Aussage über die Anerkennung als Arbeitsunfall träfen oder ob die Gewährung einer Leistung nach dem SGB VII grundsätzlich nicht zugleich die Feststellung eines Arbeitsunfalles im Sinne eines eigenständigen Verfügungssatzes regle. Zur Überzeugung des Gerichts stehe es nach dem Beweismaßstab des Vollbeweises fest, dass die Klägerin einen privaten, krankenversicherten Unfall im Sinne des Gesetzes erlitten habe. Bei ihrem Unfall vom 10.11.2003 sei die Klägerin in der Toilette zur Verrichtung der Notdurft gewesen. Während des Aufenthalts in der Toilette bestehe kein Unfallversicherungsschutz. Die E sei in der Toilette gestürzt. Dies habe sie bei der Unfallmeldung bei der Barmer Ersatzkasse angegeben und ebenfalls in der Unfallanzeige vom 26.01.2004. Auch in der Besprechung in der Praxis am 29.04.2004 habe sie angegeben, dass sie im Badezimmer an einer Stufe abgerutscht sei. Das Gericht habe keine Bedenken, dem Zeugen Glauben zu schenken. Dagegen sei es vom Wahrheitsgehalt der Aussagen des Klägers nicht überzeugt. Ein geändertes Unfallgeschehen oder ein anderer Grund für das Aufsuchen der Toilette sei erst genannt worden, als von Seiten der Beklagten die Gründe der Ablehnung mitgeteilt worden seien. Die Aufhebung der Bewilligungsbescheide hinsichtlich des Verletztengeldes sei nach § 45 SGB X zu Recht erfolgt. Die Bescheide seien objektiv rechtswidrig gewesen, da tatsächlich ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Auf ein schutzwürdiges Interesse könne sich die E nicht berufen, zumal die Beklagte den Bescheid nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben habe. Wolle man der Rechtsprechung folgen, wonach die genannten Bescheide über die Gewährung von Verletztengeld keine Feststellung eines Arbeitsunfalles im Sinne eines eigenständigen Verfügungssatzes beinhalteten, dann hätte der Bescheid vom 10.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09. 2004 nicht aufgehoben werden müssen. Allerdings sei das Vorgehen der Beklagten insoweit nicht zu beanstanden, dies umso mehr, als die Ablehnung des Anspruchs auf Leistungen gegen die Beklagte lediglich für die Zukunft festgelegt worden sei.

E hat gegen dieses Urteil am 17.09.2007 Berufung eingelegt. 2008 ist sie verstorben. Der Kläger hat das Verfahren als Rechtsnachfolger weitergeführt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.08.2007 aufzuheben, den Bescheid vom 10.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.12.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Unfall vom 10.11.2003 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 14.08.2007 zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakten beider Instanzen verwiesen

Gründe

Die form- und fristgerecht erhobene und auch ansonsten zulässige (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) Berufung der 2008 verstorbenen E, die durch den Kläger als ihren Rechtsnachfolger fortgeführt wird, ist unbegründet.

Gegenstand des Rechtsstreits ist eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG), mit der unter Aufhebung der Ablehnungsentscheidung der Beklagten in Ziffer 3 und 4 des Bescheides vom 21.12.2004 die gerichtliche Feststellung begehrt wird, dass das Ereignis vom 10.11.2003 ein Arbeitsunfall war. Die Ziffern 3 und 4 des Bescheides vom 21.12.2004 wurden gemäß § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens, da die entsprechenden Verwaltungsakte den zuvor angegriffenen Verwaltungsakt vom 10.05.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.09.2004 ersetzt haben. Soweit der Bescheid vom 21.12.2004 in Ziffern 1 und 2 darüber hinaus die Verwaltungsakte vom 03.02.2004, 12.02.2004, 26.02.2004, 11.03.2004 und 20.04.2004 aufgehoben hat, gilt dies allerdings nicht. Diese für E begünstigenden Verwaltungsakte waren nicht Gegenstand des anhängigen Klageverfahrens, so dass ihre Aufhebung auch nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens werden konnte.

Die Berufung ist unbegründet, weil das angefochtene Urteil zu Recht festgestellt hat, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Ereignis vom 10.11.2003 nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) handelte und die Voraussetzungen des § 45 SGB X für die Aufhebung der Entscheidungen über die Gewährung von Verletztengeld gegeben waren. Der Senat weist daher die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 155 Abs. 2 SGG).

Ergänzend ist lediglich auf das Folgende hinzuweisen:

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 des SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit), § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII. Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 18.11.2008, B 2 U 27/07 R ). Der innere Zusammenhang zwischen dem konkreten unfallbringenden Verhalten und dem generell versicherten Tätigkeitsbereich des Versicherten ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu der nach dem Gesetz der Unfallversicherungsschutz reicht (vgl. BSG, Urteil vom 10.10.2006, B 2 U 20/05 = SozR 4-2700 § 8 Nr 19). Für die tatsächlichen Grundlagen der anzustellenden Wertentscheidung ist der volle Nachweis zu erbringen; bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss also der volle Beweis für das Vorliegen der versicherten Tätigkeit als erbracht angesehen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 20.02.2001, B 2 U 6/00 R = EzS 40/627und BSG, Urteil vom 02.04.2009, B 2 U 13/07 R, SozR 4-2700 § 8 Nr 26 mit weiteren Nachweisen). Der geringere, mit der hinreichenden Wahrscheinlichkeit umschriebene, z.B. für Kausalitätsfragen geltende Überzeugungsgrad reicht insofern nicht aus. Eine Tatsache ist zur vollen Überzeugung bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen, d.h. wenn ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse überschauender Mensch keine Zweifel hat (vgl. z.B. BSG vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B 4; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 118 Rn 5, § 128 Rn 3 mwN; Bereiter-Hahn, Gesetzliche Unfallversicherung, § 8 Rn 10.1 mwN). Für die wertende Entscheidung, ob die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist, kommt der Handlungstendenz des grundsätzlich Versicherten, so wie sie durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird, besondere Bedeutung zu (vgl. BSG, Urteil vom 12.04.2005, B 2 U 11/04 R = SozR 4-2700 § 8 Nr 14). Denn aufgrund der Handlungstendenz kann beurteilt werden, ob der Versicherte mit seiner konkreten Verrichtung zur Zeit des Unfalls eine dem Versicherungsschutz unterfallende Tätigkeit ausüben wollte.

Der Senat konnte sich auf der Grundlage der Angaben der verstorbenen E, ihres Ehemannes und des sonstigen Akteninhalts nicht die notwendige Überzeugung bilden, dass die E am 10.11.2003 einen Unfall bei Ausübung einer versicherten Tätigkeit erlitten hat. E hat zunächst beim Durchgangsarzt berichtet, sie sei beim Verlassen des Geschäfts gestolpert und gestürzt, um dann später anzugeben, sie sei "auf dem Weg zur Toilette" bzw. "zum WC" über eine sich dort befindliche Stufe gestolpert und gestürzt. Diese Aussage hat sie bei der durch die Beklagte durchgeführten Ortseinsicht bestätigt und konkretisiert, dass sie über die Stufe gestolpert sei, die sich in dem Badezimmer befindet. Aufgrund dieser Angaben der E, die erheblich voneinander abweichen, ohne dass es hierfür eine nachvollziehbare Erklärung der E gibt, kann sich der Senat nicht die notwendige Überzeugung vom tatsächlichen Unfallhergang bilden. Wollte man mit dem SG die Angaben der E bei der Ortseinsicht der Beklagten vom 29.04.2004 zugrunde legen, dann hat sich der Sturz nach der Badezimmertür ereignet, und zwar, als die E die Toilette zur Verrichtung einer privaten Tätigkeit aufgesucht hat und deshalb nicht unter Versicherungsschutz stand. Die hierzu später von der E bzw. dem Kläger gemachten Angaben, die E sei über eine Schwelle gestürzt, die sich vor der Badezimmertüre befunden habe und die E habe die Toilette aufgesucht, weil sie eine Waschschüssel habe ausleeren müssen, die sie bei der letzten Kundin gebraucht habe, sind unglaubhaft. Dies ergibt sich für den Senat bereits aus dem zeitlichen Ablauf der Angaben der E und dem Umstand, dass im allgemeinen Sprachgebrauch der "Gang zur Toilette" impliziert, dass dort die Notdurft verrichtet werden soll. Wenn der Gang einer anderen Verrichtung dient, wie hier dem angeblichen Ausleeren der Waschschüssel, liegt es daher auf der Hand, auf diese andere Verrichtung zur Verdeutlichung der Aussage hinzuweisen. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als die Beklagte extra einen Augenscheinstermin angesetzt hatte, um den Geschehensablauf vor Ort aufzuklären. Wenn die E die Toilette aus einem dienstlichen Grund aufgesucht hätte, hätte sie dies nach Überzeugung des Senats spätestens bei diesem Termin angegeben. Gleiches gilt in noch stärkerem Maße hinsichtlich des Ortes des Unfalls. Insoweit hat die E ausweislich des Protokolls dieses Augenscheinstermins ausdrücklich auf die Stufe im Badezimmer und nicht auf die Schwelle im Flur hingewiesen. Der Senat kann zudem nicht nachvollziehen, wie die E mit der rechten Seite auf die Badewanne gefallen sein soll, wenn sie über die Schwelle vor der Badezimmertüre gestolpert wäre. Diese Schwelle befand sich ausweislich der Lageskizze auf Blatt 80 der Beklagtenakte in einem rechten Winkel zur Badewanne versetzt rechts vor dieser Wanne, so dass es nahegelegen hätte, dass die E bei einem Stolpern auf dieser Schwelle entweder rechts neben die Wanne oder allenfalls mit der linken Körperseite auf die Wanne gefallen wäre. Die Erklärung, die der Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 28.09.2011 hierzu gegeben hat, dass die E noch einen Haltegriff links neben der Türe zu fassen bekommen habe und sich deshalb im Sturz nach links drehte, um dann mit der rechten Seite auf die Badewanne zu fallen, überzeugt nicht. Zum einen war davon bei keiner Schilderung zuvor die Rede, zum anderen ist nicht nachvollziehbar, dass die E, wenn sie wie vom Kläger behauptet eine Schüssel in den Händen hielt, bei einem Stolpern über die Schwelle den sich in ungünstiger Lage neben der Badezimmertür befindlichen Griff noch hätte erreichen können. Auch unter Berücksichtigung des Beweisnotstandes, der sich aus dem Tod der E ergibt, ergibt eine freie Beweiswürdigung (vgl. BSG vom 07.09.2004, B 2 U 25/03 R, juris-Rn.21, 23 f), unter Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles, dass sich der Unfall nicht bei einer versicherten Tätigkeit, sondern allenfalls im Badezimmer ereignet hat, das die E zur Verrichtung der Notdurft aufgesucht hatte. Der Senat schließt sich daher der vom SG nach Einvernahme des Zeugen Scheuermann vorgenommenen Beweiswürdigung an.

Nach dem Ergebnis dieser Beweiswürdigung liegt unter keinem denkbaren Gesichtspunkt eine versicherte Tätigkeit vor. Insbesondere ist die Verrichtung der Notdurft auf der Toilette eine typisch persönliche Verrichtung die in keinem sachlichen Zusammenhalt mit der Arbeit steht und daher nur bei Mitwirkung von besonderen, hier nicht vorliegenden Betriebsgefahren versichert sein kann (vgl Holtstraeter in Kreikebohm u. a., Kommentar zum Sozialrecht, 1. A. 2009,Rdnr. 57 zu § 8 SGB VII; BSG, Urteil vom 27.08.1981, 2 RU 47/79). Die Abgrenzung zwischen der versicherten Tätigkeit und der privaten Verrichtung erfolgt mit Durchschreiten der Badezimmertüre. Dies wird deutlich, wenn man sich die überzeugende Rechtsprechung des BSG zu der räumlichen Grenzziehung zwischen dem versicherten dienstlichen und dem unversicherten privaten Bereich vor Augen führt. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, entschieden, dass der Weg zur oder von der Arbeit sowie zur oder von der Nahrungsaufnahme mit dem Durchschreiten der Außentür des Hauses, in dem z.B. die Wohnung oder die Gaststätte bzw. Kantine liegt, endet bzw. beginnt. Der Versicherungsschutz erstreckt sich damit nicht auf Unfälle auf Wegen in dem Gebäude, in dem z.B. die Wohnung oder Gaststätte liegt (vgl. zur Wohnung: BSGE 2, 239, 243 f; 22, 240, 242 f; 63, 212, 213; SozR 3-2700 § 8 Nr 3; zur Kantine, Gaststätte: BSG Urteil vom 26. April 1973 - 2 RU 213/71 -; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 15). Hinsichtlich der Wohnung ist auch dann, wenn diese in einem Mehrfamilienhaus liegt, die Außentür des Gebäudes maßgebend (vgl. schon BSGE 2, 239, 243 f); bei einer Gaststätte, die sich in dem Obergeschoss eines Einkaufszentrums befindet, ist auf die Außentür des Einkaufszentrums abgestellt worden (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 15). Bei dieser auf objektive Merkmale gegründeten klaren Grenzziehung zwischen dem versicherten Weg und dem unversicherten Bereich hat sich das BSG ausschlaggebend von dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit und dem Streben nach einer möglichst einheitlichen Rechtsprechung leiten lassen und keine Ausnahmen zugelassen. Die Grenze "Außentür des Gebäudes" trennt klar den öffentlichen Verkehrsraum von dem übrigen Bereich ab, z.B. dem Haus des Versicherten, in dem seine Wohnung ist, oder dem Gebäude, in dem die von ihm zur Nahrungsaufnahme ausgewählte Gaststätte liegt. Nichts anderes gilt, wenn der Versicherte während der Arbeitszeit sich zur Verrichtung der Notdurft auf die Toilette zurückzieht. Die Toilettentür trennt den "öffentlichen" vom privaten Bereich ab, mit Durchschreiten dieser Tür stehen die Verrichtungen daher nicht mehr unter Versicherungsschutz. Da sich der Sturz der E nach der Badezimmer- bzw. Toilettentüre ereignet hat, fällt er somit nicht mehr unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, zumal besondere Betriebsgefahren nicht ersichtlich sind. Insbesondere stellt die im Badezimmer befindliche Stufe, über die die E gestolpert ist, keine solche besondere Betriebsgefahr dar, da diese der E bekannt war und sich dadurch keine unvorhersehbare Gefahr verwirklichte.

Nach den oben dargelegten Grundsätzen hat die Beklagte zu Recht die Anerkennung des Ereignisses vom 10.11.2003 als Arbeitsunfall versagt, so dass die Berufung gegen das klageabweisende Urteil vom 14.08.2007 zurückzuweisen ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Revisionszulassungsgründe (§ 162 SGG) sind nicht ersichtlich.