VG Augsburg, Beschluss vom 28.07.2011 - Au 5 S 11.784
Fundstelle
openJur 2012, 117058
  • Rkr:
Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Mit ihrem Antrag im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes wendet sich die Antragstellerin gegen eine arbeitszeitrechtliche Anordnung der Regierung von ..., Gewerbeaufsichtsamt.

1. Die Antragstellerin betreibt in ... ein Seniorenheim.

2. Bei einer Besichtigung am 29. März 2011 wurde seitens der Regierung von ..., Gewerbeaufsichtsamt, festgestellt, dass auf den von der Heimleitung vorgelegten Plänen Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz erkennbar waren, wie beispielsweise der unzulässige Wechsel von Spät- auf Frühschicht, so dass die Ruhezeit nicht eingehalten und damit die tägliche Arbeitszeit erheblich überschritten wurde. Pausenzeiten waren nicht ausgewiesen. Die von der Heimleitung vorgelegen Pläne zeigten offensichtlich die tatsächlichen Einsätze der Arbeitnehmer nicht auf. Personenbezogene Aufzeichnungen über geleistete Arbeitszeiten konnten von der Heimleitung auch auf Nachfrage nicht vorgelegt werden. Weiter wurde festgestellt, dass es immer wieder zu Verschiebungen der Dienste gekommen war, so dass die Ruhezeit von 10 Stunden nicht eingehalten wurde, Teildienste zu den eigentlichen Dienstzeiten hinzukamen und auch so die Höchstarbeitszeit von 10 Stunden werktäglich nicht eingehalten wurde. Der Heimleitung wurde insoweit mitgeteilt, dass eine Anordnung des Inhalts erlassen werde, die Arbeitszeit mit Beginn und Ende sowie Dauer und Lage der Pausen aufzuzeichnen. Auf die Niederschrift über die erfolgte Betriebsbesichtigung vom 29. März 2011 wird ergänzend verwiesen (Gerichtsakte Bl. 56, 57).

3. Mit erstem, an das Seniorenheim gerichteten Bescheid vom 6. April 2011 wurden Anordnungen hinsichtlich der täglichen Arbeitszeit sowie vorzunehmende Arbeitsschutzmaßnahmen verfügt. Auf den Inhalt des Bescheides vom 6. April 2011 wird vollumfänglich verwiesen.

Ein hiergegen gerichtetes Klageverfahren (Au 5 K 11.652) wurde nach Zurücknahme des Bescheides der Regierung von ... vom 6. April 2011 und der Abgabe von übereinstimmenden Erledigungserklärungen mit Beschluss des Gerichts vom 4. Juli 2011 eingestellt.

4. Mit weiterem Bescheid der Regierung von ... - Gewerbeaufsichtsamt - vom 18. Mai 2011 wurde die Antragstellerin verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass bei der Beschäftigung von Arbeitnehmern in ihrem Seniorenheim, die nicht unter die Ausnahmetatbestände des § 18 Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) fallen, die nachstehenden Anforderungen eingehalten werden. Die tägliche Arbeitszeit darf 10 Stunden nicht überschreiten (Ziffer 2.1.). Den Arbeitnehmern ist nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 10 Stunden zu gewähren (Ziffer 2.2.). Die tägliche Arbeitszeit aller in dem oben genannten Heim beschäftigten Arbeitnehmer ist für den Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis zum 31. September 2011 (richtigerweise 30. September) nach folgender Maßgabe wahrheitsgemäß aufzuzeichnen:

- Die tägliche Arbeitszeit mit Arbeitsbeginn und Arbeitsende sowie tägliche Ruhepausenzeiten mit Pausenbeginn und Pausenende. Die Aufzeichnungen sind dem Gewerbeaufsichtsamt bis spätestens 15. Oktober 2011 zu übersenden (Ziffer 2.3.). Ziffer 2.4. des Bescheides bestimmt weiter, dass die Aufzeichnungen nach Ziffer 2.3. mindestens für zwei Jahre ab Aufzeichnungsbeginn aufzubewahren sind. Über das von der Antragstellerin Veranlasste ist das Gewerbeaufsichtsamt bei der Regierung von ... bis spätestens 17. Juni 2011 schriftlich zu unterrichten.

Für die Anordnung in den Ziffern 2 und 3 wurde der sofortige Vollzug angeordnet.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass anlässlich der Besichtigung am 29. März 2011 festgestellt worden sei, dass in dem von der Antragstellerin betriebenen Seniorenheim die maximal zulässige Arbeitszeit von 10 Stunden werktäglich bei verschiedenen Mitarbeitern mehrfach in erheblichem Maße überschritten worden sei. Gleichzeitig sei die Mindestdauer der Ruhezeit wiederholt nicht eingehalten sowie der Ausgleich für Sonntagsarbeit innerhalb von zwei Wochen nicht gewährt worden. Die Heimleitung habe keine Rechtfertigungsgründe für die Arbeitszeitverletzungen vorbringen können. Sie habe mitgeteilt, dass für das Heim in ... keine tarifvertraglichen Regelungen vorlägen, um von den gesetzlichen Grundnormen des Arbeitszeitgesetzes abweichen zu können. Die Anordnungen nach Ziffer 2 beruhten auf § 17 Abs. 2 ArbZG. Danach könne die Aufsichtsbehörde die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung der sich aus dem Arbeitszeitgesetz ergebenden Pflichten zu treffen habe. Auf Grund der festgestellten, erheblichen und mehrfachen Verstöße seien die Anordnungen geboten und erforderlich, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und damit den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer in der ... Betriebsstätte sicherzustellen. Die Beschränkung der täglichen Arbeitszeit und die Verpflichtung zur Gewährung ausreichender Ruhezeiten wirke der Schädigung der Gesundheit und der Minderung der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer entgegen und vermindere die Unfallgefahr, soweit diese auf Übermüdung beruhe. Die Verpflichtung zum Führen von Arbeitszeitaufzeichnungen diene dazu, eine nachvollziehbare Dokumentation der tatsächlichen Arbeitszeiten einschließlich Ruhepausen und Ruhezeiten zu erhalten und darauf aufbauend die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen und die Erfüllung der gesetzlichen Pflichten zu überprüfen und sicherstellen zu können. Die sofortige Vollziehung der Anordnungen sei geboten, da die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen wegen der beschriebenen Gesundheits- und Unfallgefährdungen nicht aufgeschoben werden könne. Die Anordnung habe auch den Zweck, die Antragstellerin zu unmittelbar kraft Rechtsnorm bestehenden Pflichten anzuhalten.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides der Regierung von ... - Gewerbeaufsichtsamt - vom 18. Mai 2011 wird ergänzend Bezug genommen.

5. Gegen den vorbezeichneten Bescheid hat die Antragstellerin Klage erhoben, über die noch nicht entschieden worden ist (Au 5 K 11.783).

Daneben beantragt die Antragstellerin im Wege vorläufigen Rechtsschutzes

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage wiederherzustellen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen vorgetragen, dass der Bescheid vom 18. Mai 2011 schon nicht hinreichend bestimmt genug sei. Dem Bescheid sei nicht zu entnehmen, was mit „arbeitszeitrechtlichen Anforderungen“ gemeint sei. Auch sei der Antragstellerin keine ausreichende Gelegenheit gegeben worden, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen vor Bescheidserlass zu äußern. Weiter sei das besondere Interesse für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht ausreichend vom Antragsgegner begründet worden. Die Anordnung sofortiger Vollziehung entspreche keiner pflichtgemäßen Ermessensausübung bzw. sei die Ermessensausübung offensichtlich fehlerhaft. Auch ohne Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit seien die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes zu beachten. Die über das Arbeitszeitgesetz hinausgehenden angeordneten Maßnahmen seien ebenfalls nicht geeignet, ein besonderes Interesse an einer sofortigen Vollziehbarkeit zu begründen. Zudem habe es der Antragsgegner völlig außer Acht gelassen, einerseits mögliche Gesundheitsgefährdungen von Arbeitnehmern bei z.B. Überschreitung der werktäglichen Arbeitszeit von 10 Stunden oder Verkürzung der Ruhezeit von 10 Stunden mit dem Interesse der Bewohner an einer kontinuierlichen Betreuung abzuwägen.

Auf den weiteren Inhalt des Antragschriftsatzes vom 1. Juni 2011 wird ergänzend verwiesen.

6. Der Antragsgegner verteidigt den angefochtenen Bescheid und beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sei unbegründet. Die Begründung im Bescheid vom 18. Mai 2011 entspreche den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung sei in ausreichendem Maße im Bescheid dargelegt, eine Abwägung der betroffenen Belange sei erfolgt, das Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt worden. Auch lägen die Voraussetzungen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO vor. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei gerechtfertigt und notwendig, da ein erhebliches Interesse an der sofortigen Befolgung der angeordneten Maßnahmen bestehe. Zweck des Arbeitszeitgesetzes sei, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten. Bei den Anordnungen handele es sich im Wesentlichen um die Einhaltung der höchstzulässigen Arbeitszeit, der Mindestruhezeit und der Verpflichtung zur Aufzeichnung der Arbeits- und Ruhezeiten und Ruhepausen. Die getroffenen Anordnungen seien erforderlich, um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und damit den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu überprüfen und sicherstellen zu können. Daneben habe die Anordnung auch den Zweck, die Antragstellerin zur Erfüllung unmittelbar kraft Rechtsnorm bestehender Pflichten unverzüglich anzuhalten. Die Aufzeichnungspflicht sei auf vier Monate beschränkt und verursache, wie im Bescheid dargelegt, keinen großen Aufwand. Da aber Verstöße bei der Besichtigung durch das Gewerbeaufsichtsamt vorgelegen hätten, die Aufzeichnungen fehlerhaft gewesen und von der Heimleitung auch keine Rechtfertigungsgründe vorgebracht worden seien, sei der Erlass eines Bescheides unter Anordnung der sofortigen Vollziehung notwendig gewesen. Im Übrigen seien auch die Anordnungen im Bescheid vom 18. Mai 2011 rechtmäßig, die Klage gegen den Bescheid unbegründet. Die Anordnungen in Ziffer 2 seien eindeutig formuliert und beruhten auf § 17 Abs. 2 ArbZG.

Auf den weiteren Inhalt des Antragserwiderungsschriftsatzes der Regierung von Schwaben vom 10. Juni 2011 wird ergänzend Bezug genommen.

7. Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten, wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Akte des Verfahrens Au 5 K 11.652 und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.

1. Die Anordnung des Sofortvollzugs im verfahrensgegenständlichen Bescheid vom 18. Mai 2011 genügt den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Sie ist ausreichend begründet und daher nicht formell rechtswidrig.

Das in § 80 Abs. 3 VwGO normierte Erfordernis einer schriftlichen Begründung ist nicht nur formeller Natur. Es bedarf insoweit einer schlüssigen, konkreten Auseinandersetzung im Einzelfall unter substantiierter Darlegung der wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen, die zur Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung und damit zum Gebrauch der Anordnungsmöglichkeit aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO geführt haben (vgl. BayVGH vom 17.9.1982, BayVBl 1982, 756). Die streitgegenständliche Vollzugsanordnung genügt diesen Anforderungen, da sie sich mit den Besonderheiten des streitgegenständlichen Falles auseinandersetzt. Der Antragsgegner hat zutreffend im Kontext mit den Ergebnissen der Heimbesichtigung vom 29. März 2011, bei der festgestellt wurde, dass die Eintragungen in den Dienstplänen der Arbeitnehmer nicht der Realität ihrer tatsächlichen Arbeitseinsätze entsprachen, bei kurzzeitigen Änderungen auch nicht angepasst wurden und die Heimleitung auch keine Rechtfertigungsgründe für die Arbeitszeitverletzungen vorbringen konnte, das bestehende besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug dargelegt. Zutreffend ist ausgeführt, dass die arbeitszeitrechtliche Anordnung wegen der bestehenden Gesundheits- und Unfallgefährdungen auf Seiten der Arbeitnehmer zeitlich nicht aufgeschoben werden konnte. Damit hat der Antragsgegner auch bei der in § 80 Abs. 3 VwGO gebotenen einzelfallbezogenen Begründung sachgerecht auf den Schutzzweck des Arbeitszeitgesetzes in § 1, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer bei der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten und die Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern (§ 1 Nr. 1 ArbZG), rekurriert. Zutreffend hat der Antragsgegner auch darauf hingewiesen, dass die sich aus den Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes ergebenden Verpflichtungen zur Einhaltung der jeweiligen Arbeitszeiten bußgeldbewehrt nach § 22 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 3 ArbZG sind. Diese Bußgeldbewährung spricht letztlich für ein überwiegendes öffentliches Interesse an einer sofortigen Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Dies gilt insbesondere dann, wenn - wie hier - die Heimleitung keine Rechtfertigungsgründe für die unzweifelhaft festgestellten Arbeitszeitverletzungen vorbringen konnte. Mithin ist die Begründung der sofortigen Vollziehbarkeit einzelfallbezogen und nicht lediglich schematisch ohne Bezugnahme auf die Besonderheiten des zu entscheidenden Falles getroffen, jedenfalls ist sie nicht formelhaft bzw. schematisch erfolgt. Dass das so umschriebene besondere Vollzugsinteresse letztlich mit dem Interesse am Erlass der getroffenen Anordnungen identisch ist, steht dem angeordneten Sofortvollzug ebenfalls nicht entgegen. Dies ist ausnahmsweise dann nicht zu beanstanden, wenn der mit dem Verwaltungsakt angestrebte Gesetzeszweck ohne Vollzugsanordnung nicht erreicht werden kann, was im Gefahrenabwehrrecht stets in Betracht zu ziehen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. A. 2009, § 80 Rn. 92, 98). So verhält es sich auch hier, da der mit dem Arbeitszeitgesetz bezweckte Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer nicht erreichbar wäre, müsste die Aufsichtsbehörde zunächst die Bestandskraft einer auf die § 17 Abs. 4 ArbZG gestützten Anordnung abwarten. Dass der Gesetzgeber ungeachtet dessen nicht nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO verfahren ist, steht der Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses an einer sofortigen Vollziehung i. S. des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO in solchen Fällen nicht entgegen (VGH Baden-Württemberg vom 13.6.2006, Az.: 6 S 517/06; <juris>).

Insoweit ist letztlich auch unerheblich, dass die Begründung vergleichsweise knapp gehalten wurde.

2. Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO kommt der in der Hauptsache erhobenen Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu. Diese entfällt u.a. nur, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat.

Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache insoweit auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ganz oder teilweise anordnen, im Fall des Abs. 2 Nr. 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht hat hierbei eine eigene Ermessensentscheidung zu treffen. Bei der Entscheidung über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheides und dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Rechtsbehelfs. Maßgebliche Bedeutung bei dieser Abwägung kommt dabei den Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen gemachten Klage zu. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse der Antragstellerin regelmäßig zurück. Erweist sich hingegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, kann an dessen sofortiger Vollziehung kein öffentliches Interesse bestehen. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend abschätzbar bzw. sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs offen, bleibt es bei einer umfassenden Interessenabwägung.

3. Die Heranziehung dieser Grundsätze ergibt im vorliegenden Fall, dass der Antrag abzulehnen ist, weil die Klage zum einen voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Auch überwiegt das öffentliche Interesse sowie das Interesse des Antragsgegners an der sofortigen Vollziehung der Anordnung das Interesse der Antragstellerin an einer Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage.

Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage bestehen gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen streitgegenständlichen Bescheides der Regierung von Schwaben - Gewerbeaufsichtsamt - vom 18. Mai 2011 keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Bescheid nicht bereits deshalb formell rechtswidrig ist, weil die Antragstellerin nicht ausdrücklich vor Erlass der streitgegenständlichen Verfügung vom 18. Mai 2011 angehört wurde. Insoweit gilt es zu beachten, dass der Heimleitung bereits vor Erlass des ersten Bescheides vom 6. April 2011 mitgeteilt wurde, dass der Erlass einer entsprechenden arbeitszeitrechtlichen Regelung beabsichtigt sei. Insoweit dürfte bereits anzunehmen sein, dass die Antragstellerin als Betreiberin der entsprechenden Einrichtung Kenntnis von den vom Antragsgegner beabsichtigten Maßnahmen hatte. Selbst wenn dies in der Sache nicht zutreffen sollte, wäre ein diesbezüglicher Fehler nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens heilbar. Überdies bestand und besteht in den zwischenzeitlich geführten Klageverfahren Au 5 K 11.652 und Au 5 K 11.783 hinreichende Gelegenheit für die Antragstellerin, ihre Rechtsansicht zum erlassenen Bescheid des Antragsgegners zu äußern. Dem Anhörungserfordernis aus Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist damit in ausreichender Weise Rechnung getragen.

Auch gegen den Inhalt der in den Ziffern 2 und 3 getroffenen Anordnungen bestehen bei summarischer Prüfung keine Bedenken. Die in diesen des angefochtenen Bescheides vom 18. Mai 2011 getroffenen Anordnungen finden ihre Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 2 ArbZG. Danach kann die Aufsichtsbehörde - an der insoweit gegebenen Zuständigkeit des Gewerbeaufsichtsamtes bei der Regierung von ... bestehen keine Zweifel - die erforderlichen Maßnahmen anordnen, die der Arbeitgeber zur Erfüllung der sich aus diesem Gesetz ergebenden Pflichten zu treffen hat. Gegen den Inhalt der Anordnungen in Ziffer 2.1. und 2.2. bestehen keine Bedenken, da sie genau den in § 3 und § 5 ArbZG enthaltenen Mindestanforderungen entsprechen. Gemäß § 3 Satz 1 ArbZG darf die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer 8 Stunden nicht überschreiten. Satz 2 ermöglicht insoweit eine Verlängerung auf bis zu 10 Stunden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt 8 Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Insoweit orientiert sich die Anordnung in Ziffer 2.1. an der höchstzulässigen Grenze der Arbeitszeit der Arbeitnehmer in § 3 Satz 2 ArbZG. Zu der in Ziffer 2.2. geregelten Ruhezeit bestimmt § 5 Abs. 1 ArbZG, dass die Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden haben müssen. § 5 Abs. 2 ArbZG erlaubt abweichend von Abs. 1, dass die Dauer der Ruhezeit in Krankenhäusern und anderen Einrichtungen zur Behandlung, Pflege und Betreuung von Personen, in Gaststätten und anderen Einrichtungen zur Bewirtung und Beherbergung, in Verkehrsbetrieben, beim Rundfunk sowie in der Landwirtschaft wegen der Tierhaltung um bis zu 1 Stunde verkürzt werden kann, wenn jede Verkürzung der Ruhezeit innerhalb eines Kalendermonats oder innerhalb von 4 Wochen durch Verlängerung einer anderen Ruhezeit auf mindestens 12 Stunden ausgeglichen wird. Insoweit begegnet auch die Anordnung der Beachtung einer ununterbrochenen Ruhezeit von mindestens 10 Stunden keinen rechtlichen Bedenken. Sie entspricht der gesetzlichen Vorgabe in § 5 Abs. 2 ArbZG. Auch die in Ziffer 2.3. getroffene Anordnung, die tägliche Arbeitszeit im Zeitraum vom 1. Juni 2011 bis 30. September 2011 im Hinblick auf tägliche Arbeitszeit mit Arbeitsbeginn und Arbeitsende sowie tägliche Ruhepausenzeiten mit Pausenbeginn und Pausenende aufzuzeichnen, erweist sich bei summarischer Überprüfung als rechtmäßig. Aus § 16 Abs. 2 Satz 1 ArbZG ergibt sich, dass der Arbeitgeber verpflichtet ist, die über die werktägliche Arbeitszeit des § 3 Satz 1 ArbZG hinausgehende Arbeitszeit der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Obwohl § 3 Satz 1 ArbZG lediglich regelt, dass die werktägliche Arbeitszeit der Arbeitnehmer 8 Stunden nicht überschreiten darf, kann nach Auffassung des erkennenden Gerichts dennoch eine Aufzeichnung der werktäglichen Arbeitszeit mit Arbeitsbeginn und Arbeitsende sowie der Pausenzeit mit Pausenbeginn und Pausenende im Grundsatz verlangt werden. Nur dadurch ist nämlich gewährleistet, dass die Einhaltung der gesetzlichen Höchstarbeitszeiten durch die Aufsichtsbehörde auch tatsächlich überprüft werden kann. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ArbZG ist Arbeitszeit im Sinne des Gesetzes die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhezeiten. Daraus ergibt sich, dass sich nur in der Zusammenschau zwischen werktäglicher Arbeitszeit sowie den Pausenzeiten die tatsächliche tägliche Arbeitszeit ermitteln lässt (VG Augsburg vom 16.5.2007, Az.: Au 4 S 07.491; <juris>).

4. Die Anordnung, insoweit die entsprechenden Aufzeichnungen bis spätestens 15. Oktober 2011 beim Gewerbeaufsichtsamt vorzulegen, war auch erforderlich und verhältnismäßig. Nach den bei der Betriebsbesichtigung am 29. März 2011 festgestellten Zuständen in der Form, dass die Eintragungen in den Dienstplänen die maximal zulässige Arbeitszeit von 10 Stunden bei verschiedenen Mitarbeitern mehrfach in erheblichem Maße überschritten haben und auch die Mindestdauer der Ruhezeit wiederholt nicht eingehalten wurden, macht eine Anordnung, die den Arbeitgeber zur Einhaltung der gesetzlichen Mindestanforderungen anhält, erforderlich. Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten der Antragstellerin kann der Antragsgegner insoweit nicht darauf verwiesen werden, lediglich stichprobenartige Überprüfungen und, soweit Verstöße festgestellt werden, eine Ordnungswidrigkeitenahndung nach § 22 ArbZG vorzunehmen. Dies wäre mit dem Schutzgedanken des Arbeitszeitgesetzes, wie er in § 1 zum Ausdruck gebracht ist, nicht vereinbar. Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer muss es daher möglich sein, den festgestellten Verstößen gegen die Bestimmungen in §§ 3 und 5 ArbZG mit einer zeitlich befristeten Anordnung entsprechende Aufzeichnungen zu führen, wirksam zu begegnen. Zutreffend hat der Antragsgegner insoweit auch darauf hingewiesen, dass der damit verbundene Aufwand nicht unverhältnismäßig ist. Der Antragstellerin wird insoweit keine bestimmte Form der Dokumentation vorgeschrieben, so dass es auch möglich ist, die entsprechenden Eintragungen in den Dienstplänen handschriftlich vorzunehmen. Ebenfalls ist bei der zu treffenden Entscheidung zu berücksichtigen, dass die Aufzeichnungspflicht zeitlich begrenzt ist und für lediglich 4 Monate angeordnet wurde.

Die in Ziffer 2.4. getroffene Aufbewahrungsfrist orientiert sich an der in § 16 Abs. 2 Satz 2 ArbZG normierten Frist und ist insoweit ebenfalls nicht zu beanstanden.

5. Ziffer 3. des Bescheides schließlich findet seine Rechtsgrundlage in § 17 Abs. 4 ArbZG. Dieser eröffnet für die Aufsichtsbehörde konkret die Möglichkeit, Auskünfte zu verlangen; dies gilt insbesondere für Arbeitszeitnachweise. Nachdem die Antragstellerin nach den am 29. März 2011 getroffenen Feststellungen ihren gesetzlichen Pflichten bislang nicht in ausreichender Weise nachgekommen ist, war es dem Antragsgegner nicht verwehrt, einen förmlichen Bescheid zu erlassen, der die Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes von der Antragstellerin verlangt. Da sich der Bescheid im Wesentlichen mit dem Verlangen der schon kraft Gesetzes bestehenden Verpflichtungen eines ordnungsgemäßen Arbeitgebers befasst, sind auch keine Anhaltspunkte für einen fehlerhaften Gebrauch des Ermessens zu erkennen. Das Gericht weist allerdings darauf hin, dass sich die in Ziffer 3. des angegriffenen Bescheides getroffene Frist (15.Juni 2011) infolge Zeitablaufs erledigt hat. Insoweit ist der Antragstellerin von Seiten des Antragsgegners eine neue Frist zur Vorlage zu setzen. Da der Sofortvollzug jedoch zu Recht verfügt wurde, vermag dieser Umstand an der Rechtmäßigkeit der Anordnung an sich nichts zu ändern.

6. Schließlich spricht auch die gebotene Interessensabwägung zu Gunsten der sofortigen Vollziehbarkeit. Es besteht ein öffentliches Interesse an der Einhaltung der Arbeitszeiten, die ihrerseits nur dann wirksam überprüft werden kann, wenn von den Arbeitgebern Daten vorgelegt werden. Das Interesse liegt sowohl im Schutz einzelner Arbeitnehmer im Hinblick auf deren persönliche Gesundheit und Wohlbefinden sowie auch im Interesse der Allgemeinheit, nicht für Krankheitskosten, die durch unverträgliche Arbeitszeiten verursacht wurden, einstehen zu müssen (Neumann in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung, Bd. II, Stand Juli 2010, § 1 ArbZG RdNr. 3; VG München vom 8.10.2007, Az.: M 17 S 07.4268; <juris>). Das Interesse der Behörde besteht in der ungehinderten Durchführung ihrer Schutz- und Überwachungspflicht, zu der sie die notwendigen Mitwirkungen einfordern können muss. Demgegenüber hat das Interesse der Antragstellerin zurückzustehen (vgl. VGH BW vom 13.6.2006, Az.: 6 S 517/06; <juris>). Nochmals ist von Seiten des Gerichts darauf hinzuweisen, dass der Antragsgegner angesichts der festgestellten Verstöße gegen die Mindestanforderungen des Arbeitszeitgesetzes nicht darauf verwiesen werden kann, jeweils im Einzelfall ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Antragstellerin zu initiieren. Im Hinblick auf den hohen Rang des Schutzgutes in § 1 Nr. 1 ArbZG überwiegt das öffentliche Interesse an einer zuverlässigen Einhaltung der Arbeitszeiten die Interessen der Antragstellerin, zumindest vorläufig von den im Bescheid vom 18. Mai 2011 angeordneten Maßnahmen verschont zu bleiben. Im Hinblick darauf, dass es sich im Wesentlichen bei den Anordnungen um die bloße Beachtung der gesetzlichen Mindestanforderungen handelt, ist ein vorrangiges Interesse der Antragstellerin insoweit nicht anzuerkennen.

Soweit der Bescheid vom 18. Mai 2011 von der Antragstellerin darüber hinausgehend eine entsprechende Dokumentation der Arbeitszeiten ihrer Arbeitnehmer verlangt, ist der damit verbundene Aufwand gering und kann keine andere Entscheidung im Rahmen der Interessensabwägung begründen.

7. Nach alldem war der Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 1, § 53 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Ausgehend von Ziffer II.1.5 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) hat das Gericht dabei in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eine Halbierung des in der Hauptsache gebotenen Streitwertes vorgenommen.